Persona 5 Strikers
~ Ersteindruck ~
In Persona 5 Strikers habe ich nun den ersten Dungeon abgeschlossen, Zeit meine bisherigen Gedanken über das Spiel auszuformulieren.
Zuerst einmal handelt es sich hierbei um ein vollwertiges Persona und keine billig hingeschluderte Abzocke, welches nur optisch an Persona 5 erinnert, ansonsten aber alles auf ein Minimum reduzieren würde. Nein, es fühlt sich von Anfang an wie eine echte Fortsetzung an, wie die zweite Staffel einer Serie die fortgeführt wird. Es gibt wieder viele langwierige Dialogsequenzen, alle Charaktere verhalten sich wie im Vorgänger, man kann frei in der Stadt herumlaufen und einkaufen, Dungeon-Aufenthalte werden durch Dialoge aufgelockert und es muss auch immer wieder in die Realität gewechselt werden, um zusätzliche Nachforschungen anzustellen. Personas werden gesammelt, gelevelt, erhalten neue Fähigkeiten und werden im Velvet Room zu mächtigeren Vertretern fusioniert. Im Kampfsystem wurde das komplette Elemente- und Zustandskrankheitensystem implementiert, man muss also mit den Elementar- und technischen Schwächen arbeiten. Auch das Menü ist wieder übertrieben stilisiert (fast schon zu viel des Guten, denn einige Animationen dauern mir etwas zu lange). Untermalt wird das Geschehen vom aus Persona 5 bekannten Soundtrack, mehreren Arrangements und auch neuen, tollen Stücken.
Das einzige was fehlt sind der Tagesablauf, der nun nur noch storybedingt vonstatten geht (man kann also beliebig zwischen Dungeon und Realität wechseln), sowie die Social Links. Aber irgendwie macht das das Spiel auch entspannter, wenn man sich nicht erst einen ausführlichen Wochenplan erstellen muss, wann welcher Charakter gerade pässlich ist, wann man Zeit für Nebenaktivitäten übrig hat die die Social Skills erhöhen, wann man in den Dungeon geht und Nebenquests abschließt und man bei Antworten auch nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen muss, um die höchstmögliche Anzahl an Social Points zu erhalten. In gewisser Weise könnte man vielleicht sagen, dass das Spiel zu den Prä-Persona 3-Ursprüngen zurückkehrt.
Um noch etwas Negatives zu erwähnen: kann bitte mal jemand diese Textboxen mit Hintergrundgesprächen der Passanten in der Stadt ausschalten, die ständig den Bildschirm zukleistern?!(Der ja mit den ganzen Anzeigen auch so schon vollgestopft genug ist, aber man kann zumindest die Steuerungsinfos abschalten...)
Zum Roadtrip-Aspekt kann ich noch nicht viel sagen, da die Handlung bisher noch im vertrauten Tokio spielte und es erst jetzt richtig losgeht. Die Bande hat jedenfalls ein Reiseziel, doch da sich dieses auf Hokkaido befindet (und die Autofahrt laut Google Routenplaner über 16 Stunden dauern soll), machen sie voraussichtlich ein oder zwei Zwischenstopps in Städten die auf dem Weg liegen.
Die größte Änderung ist, dass das rundenbasierte Kampfsystem gegen ein Actionbasiertes ersetzt wurde. Da das Spiel hauptsächlich von Omega Force, den Machern der Warriors-Serie entwickelt wurde, hatte ich die Befürchtung, dass es zu sehr in diese Richtung gehen könnte. Hier kann ich aber komplette Entwarnung geben. Die Warriors-Einflüsse sind minimalst und außer dass in Kämpfen auch mal ein bis zwei Dutzend Gegner anwesend sein können (selten auch mal drei Dutzend), sind diese quasi kaum vorhanden. Zuerst einmal befindet man sich in richtigen Dungeons die vergleichbar mit denen aus Persona 5 aufgebaut sind und die immer wieder kleinere Gimmicks parat haben, um weiterzukommen, anstatt den platten Schlachtfelder-Quadraten aus der Warriors-Serie. Wie in Persona 5 laufen hier einzelne Gegner umher, mit denen man eine Kampfhandlung starten kann, so dass das Spiel in den Kampfmodus wechselt. Das bedeutet, dass das aktuelle Gebiet durch Barrieren eingezäunt wird und eine Gegnergruppe erscheint, so als würde man einen Kampf in Persona 5 starten, nur dass man sich hier innerhalb der Begrenzungen eben frei bewegen darf. Man kann die Gegner durch Ausnutzen der Umgebung oftmals sogar überraschen, um ihnen gleich zu Beginn des Kampfes mit einem Gruppenangriff einen Teil der Lebensenergie abzuziehen. Die Gegner stehen auch nicht nur herum und lassen sich vermöbeln, sondern selbst die ganz kleinen (nicht alle, aber die meisten) greifen den Spieler aktiv mit ihren Zaubern an. Generell fühlt es sich mehr nach einem herkömmlichen Action-Kampfsystem als nach Warriors-Massenschlachten an.
Ich spiele auf dem Schwierigkeitsgrad "Schwer" und in meinen ersten Zock-Sessions wurde mir noch gehörig der Hintern versohlt. Hätte ich diesen Text vor dem Wochenende verfasst, hätte ich darüber gejammert, wie unfair das Kampfsystem doch sei. Kämpfe mit mehreren mittelstarken Gegnern konnten schon mal in reinstes Chaos ausarten, in denen mich die einen - oder deren kleine Begleiter - immer aus dem Toten Winkel mit Zauber angriffen und mir dabei fast die Hälfte der Lebensleiste abge- und/oder mich mit Zustandskrankheiten überzogen haben, während ich versuchte mich einem der anderen zu nähern. Es war schwer den Überblick zu behalten, wenn sich alle Gegner kreuz und quer über die Kampfarena verteilten und ich habe die Third-Person-Kamera verflucht, da ich sie für ein solches Treiben zu unübersichtlich hielt und eine Draufsicht wie in Diablo für sinnvoller befand. Selbst wenn die Gegner direkt vor mir standen konnte ich in dem Effektgewitter kaum ausmachen, wenn Angriffe auf mich zukamen und habe teilweise ohne es zu bemerken Lebensenergie verloren. Dabei noch die ganzen Zusatzanzeigen im Blick zu behalten war ein Ding der Unmöglichkeit. Vor allem war ich aufgeschmissen, wenn Joker mal wieder das Zeitliche segnete und ich zu einem der mir spielerisch unbekannten Partymitglieder wechseln musste. Ich habe Kämpfe sogar etwas gecheest, indem ich Jokers Fähigkeit nutzte, von weit weg auf den Gegner zu schießen und dadurch einen Folgeangriff zu erhalten, mittels dem er den Abstand schnell per Sprung überwinden- und kurzzeitig angreifen konnte, ehe ich mich wieder verdünnisierte. Das hat dazu geführt dass ich bereits nach der Hälfte des ersten Dungeons Jokers Meisterkünste komplett aufgelevelt hatte. Ich bin Anfangs viel Game Over gegangen und musste Zwischenbosse ein bis zweimal wiederholen (man kann verlorene Kämpfe sofort mit angepasster Party erneut versuchen oder vom letzten Speicherpunkt starten, ohne dass der Fortschritt verloren geht). Stellenweise kam ich mir als Spielball der Gegner vor, fast schon wie in den frühen Souls-Tagen. Ohnmächtig, als würde das gesamte Spieldesign gegen den Spieler arbeiten.
Nach etwas Übung denke ich mittlerweile aber, dass ich das Kampfsystem zumindest einigermaßen unter Kontrolle habe. Ich habe ein Gespür für die Position der Gegner entwickelt, so dass sie mich nicht mehr so leicht überrumpeln können. Ich nutze viel häufiger die Schwächen der Gegner durch meine Fähigkeiten aus und versuche nicht, nur SP-sparende Kombos zu verwenden. Es haben sich mittlerweile auch einige Heilgegenstände angesammelt, so dass ich die Lebenspunkte in brenzligen Situationen regenerieren kann oder die SP wieder auflade, wenn sie verbraucht sind. Die Blicke wandern nun selbst in den wuseligsten Situationen immer wieder zu den Anzeigen und ich bemerke zeitnah, wenn ein Partymitglied seine Hilfe anbietet. Vor allem aber habe ich jeden der acht spielbaren Charaktere so lange gespielt, bis mindestens deren erste Meisterkunst freigeschaltet wurde, um ein Gefühl für deren besondere Gameplay-Eigenheiten zu erhalten. Und das hat sich ausgezahlt, denn obwohl sie noch immer langwierig waren, habe ich die Bosse im letzten Abschnitt des Dungeons sowie den Endboss ohne Game Over geschafft und hatte dabei auch das Gefühl, die Kämpfe jederzeit unter Kontrolle zu haben. Solange die Kampfverhältnisse nicht komplett nachteilig sind, z.B. eine große Gegnergruppe die man auf engstem Raum bekämpfen muss, komme ich nun also wesentlich besser zurecht.
Aber gut, mal sehen ob das Spiel auf diesem Niveau bleibt oder ob es im nächsten Dungeon gleich den nächsten Tritt in die Magengrube für mich bereithält.
Abschließend kann ich also sagen, dass ich mich sofort wieder zuhause wie in Persona 5 gefühlt habe, nur das mir das Kampfsystem zuerst mächtig den Hintern versohlt hat, bevor ich es nach und nach zu beherrschen gelernt habe.
Das Merkwürdigste an dem Spiel ist wohl, dass ich nach beinahe anderthalb Jahren mit der Trails of Cold Steel-Serie jetzt ständig die Trails-Charaktere aus der englischen Synchronisation heraushöre.