Das Spiel
Da in einem Pulse Heiligtum, welches in der Nähe des Küstenstädtchens Bodhum seit Jahrhunderten steht, ein Pulse Fal'Cie gefunden wurden, werden sämtliche Bewohner zwangsdeportiert. Endstation: Pulse.
Zum Hintergrund. Die Handlung spielt auf Cocoon, einer Sphäre von der Größe eines Mondes die über dem Planeten Pulse schwebt. In dieser leben die Menschen relativ sorglos unter der Obhut der Sanktum Fal'Cie. Fal'Cie sind mächtige Wesen, die die Menschen zu ihren Sklaven machen können, den so genannten L'Cie. Als solcher muss dieser ein bestimmtes Ziel erfüllen welches ihm von seinem Herren aufgetragen wurde, ansonsten verwandelt er sich in ein Monster.
Für die Menschen auf Cocoon stellt Pulse die Hölle dar. Alles was von dort kommt gilt als die Brut des Bösen, das gilt besonders für die dort lebenden Fal'Cie und deren L'Cie Handlangern. Jeglicher Kontakt gilt als Verunreinigung und Gefahr für die Allgemeinheit, weswegen in solch einer Situation nichts dem Zufall überlassen wird und das "Geschwür" mitsamt dem gesunden Gewebe entfernt wird.
Warum unter diesen Voraussetzungen noch niemand auf die Idee kam, in den Jahrhunderten in denen eingangs erwähntes Heiligtum bereits lichterloh neben der Stadt steht, mal reinzuschauen bzw. warum dieses Ungetüm überhaupt neben einer bewohnten Stadt aufgestellt wurde, obwohl man über dessen Herkunft bescheid wusste und eine gängige Pulse-Phobie grassiert, darüber zerbricht man sich besser nicht den Kopf. Denn generell lassen sich alle Ungereimtheiten in der Geschichte mit folgender Deus Ex Machina erschlagen:
Touché werte Autoren, da habt ihr echt ein tolles Totschlagargument gegen eure Inkompetenz geschaffen.
Neben den Bewohnern soll auch das Heiligtum entsorgt werden. Dort eingeschlossen befindet sich Serah (ein Hungerhaken der mit bloßem Auge kaum wahrzunehmen ist), welche einige Tage zuvor von dem Fal'Cie zu einem L'Cie erwählt wurde. Um sie zu befreien dringen ihr Verlobter Snow (von Beruf Weltverbesserer) sowie ihre Schwester Lightning (Fräulein Griesgram), unterstützt von dem Piloten Sazh, in das Heiligtum ein. Ebenfalls eher unfreiwillig stoßen die beiden Kinder/Jugendlichen/Nervensägen Hope und Vanille zu ihnen. Diese fünf Charaktere stehen bereits von Anfang an zur Verfügung. Etwas später, ungefähr zur Hälfte des Abenteuers, schließt sich ihnen noch die taffe Fang an. Die Rettungsaktion verläuft allerdings nicht nach Plan. Als sie Serah erreichen fällt diese in eine Kristallstarre, die Worte, sie sollen Cocoon retten, mitgebend. Zu allem Überfluss wird die gesamte Truppe zu den neuen L'Cies des Fal'Cie bestimmt. Als Ziel erhalten sie lediglich eine vage Vision von der Zerstörung Cocoons durch ein Monster namens Ragnarök. Verwirrt ob ihrer wahren Bestimmung, ergreifen sie erst einmal die Flucht vor dem Sanktum und suchen dabei nach einer Lösung für ihre missliche Lage. Die Jagd quer durch Cocoon und noch viel weiter beginnt.
Tja und so tritt die Gruppe die Flucht nach vorne an. Sprichwörtlich, denn ihr Weg führt sie praktisch nur in eine Richtung. Das Leveldesign könnte nicht spartanischer sein, im Grunde folgt man immer nur einem linearen Weg - oder besser gesagt einem Schlauch. Hier und da gibt es mal eine wenige Meter lange Abzweigung, aber das war es dann auch schon. Teilweise habe ich mir schon überlegt, einen Gummi an den Joystick zu spannen, denn das Spiel hätte genauso gut auf Autopilot laufen können. Damit man sich nicht verläuft sind überall abseits des Weges unsichtbare Wände verteilt an denen man abprallt. Die Höhe war dann der Maschinenbaum-Wald, in dem Lichtsäulen den Weg weisen. "Damit man sich nicht verläuft", wie einer der Charaktere meint. Welch Hohn, ist das gesamte Gebiet doch ebenfalls ein geradliniger Schlauch. Erst im letzten Drittel wird das Spiel dann etwas offener. Dort befindet man sich auf einer weiten Steppe mit Abzweigungen zu zahlreichen optionalen Gebieten. Leider ist hier kaum etwas los, die Visionen der Gamedesigner haben, um diesen Platz zu füllen, lediglich für belanglose Monster-Kill-Quests gereicht die man von Kristallstatuen entgegennimmt. Auch die Dungeons werden ab hier etwas verwinkelter und man muss schon einige Male vor und zurück laufen um Schalter zu betätigen die neue Wege freigeben. Nichts Weltbewegendes, aber im Vergleich zum vorherigen Rest fast schon eine Offenbarung.
Noch schlimmer als die streng linearen Gebiete ist allerdings, dass man praktisch nur in Dungeons unterwegs ist. Selbst wenn man mal in einer Stadt ankommt wird darin fast nur gekämpft. Sich in Ruhe mit den Einwohnern zu unterhalten, die Umgebung zu besichtigen oder etwas einzukaufen ist nicht drin. Man kämpft in dem Spiel wirklich ununterbrochen, nur um sich eine Zwischensequenz anzuschauen auf die dann weitere Kämpfe folgen. Ein kräftezehrender, schlauchender (hoho) Prozess. Zumal sich die Dungeons auch gefühlt endlos in die Länge ziehen. Hätte man sie nur halb so lang gemacht und dafür ein oder zwei richtige Städte integriert, wäre das Spiel wesentlich ergiebiger geworden.
Noch schlimmer als die eh schon als "noch schlimmer" bezeichnete Linearität sind aber die Charaktere. Die meiste Zeit über agieren diese äußerst dumm und nur um des Dramas Willen. Man ist mit einem Haufen unsympathischer Flachpfeifen unterwegs die alle paar Schritte einen dümmlichen One-Liner von sich geben! Naja, Fang mit ihrer "Berliner Schnauze" ist ganz in Ordnung aber selbst die hat ihre Tage. Im Laufe der Geschichte haben sie zwar alle ihre Momente die ihnen das nötige Profil verpassen und etwas vom stereotypen Auftreten nehmen, aber diese sind nur von kurzer Dauer und schon bald verfallen sie wieder in ihre üblichen Verhaltensmuster.
Anfangs wird die spielbare Party noch von der Handlung vorgegeben. So teilt sich die Gruppe regelmäßig auf und man ist häufig in Zweierteams unterwegs die sich untereinander auch immer wieder durchmischen. Erst nach etwas über der Hälfte des Spiels kann man die Gruppe selbst bestimmen.
Kommen wir zum Kampfsystem. Von nun an werde ich es hier im Bericht nur noch als Krampfsystem bezeichnen. Ehrlich, ich haben selten so einen Müll gespielt die dieses "Ding" mit welchem man sich das ganze Spiel über herumschlagen muss. Das Krampfsystem ist eine einzige, chaotische Katastrophe. Es passiert viel zu viel gleichzeitig und wird schnell unübersichtlich. Wenn mal ein paar Charaktere und Gegner auf dem Bildschirm sind kann ich kaum noch ausmachen was jetzt überhaupt vonstatten geht. Eben noch alles OK, sind meine HP plötzlich im roten Bereich und ehe ich auf die Heilerrolle umgeschaltet habe, bin ich nach der dämlichen Umschaltanimation auch schon tot. Umgekehrt kam es sogar vor dass ich in einem Bosskrampf gegen mehrere Gegner gleichzeitig gekrampft habe und gar nicht mitbekommen habe dass einer der Kontrahenten bereits besiegt wurde, da ich vollkommen mit den Anzeigen und dem Umschalten der Rollen beschäftigt war. Die sich planlos (aka „cineastisch“) umherdrehende Kamera, die ständig Charaktere und Gegner ins Off drängt, macht die Sache nicht gerade besser. In jedem Actionkampfsystem, von Ys bis Tales etc. habe ich gefühlt eine bessere Übersicht und Kontrolle als hier. Ebenfalls Grund zur Freude ist, wenn der Gegner Flächenangriffe einsetzt und der Zufallsgenerator die Partymitglieder zusammenklumpen lässt, bzw. wenn man selbst Flächenangriffe wirken möchte und die Gegner sich genau in diesem Moment auseinander bewegen. Diese Verklumpungen haben mir schon den ein oder anderen Tod gebracht, während der zweite Versuch ohne unstrategisch agierende KI mit Leichtigkeit zu gewinnen war.
Die Charaktere sind in ihren Aktionen an ihre jeweilige aktive Rolle gebunden. Diese Rollen lassen sich in bis zu sechs verschiedenen Sets, den so genannten Paradigmen, beliebig mischen. Was sich zuerst großzügig anhört, entpuppt sich schnell als herbe Einschränkung, wenn man mal eine Konstellation an Rollen bräuchte, die man sich von dem Krampf nicht zurechtgelegt hat. Denn die KI macht nur das was ihre Rolle vorgibt. Ja, man steuert die Charaktere nicht selbst, bis auf eingeschränkt den gerade aktiven Hauptcharakter, sondern gibt ihnen durch die Rollen Richtlinien vor wie sie sich verhalten sollen. Man kann nicht einmal auf die Spezialfähigkeiten der anderen Charaktere zugreifen. Was die Rollen betrifft greift der Brecher mit elementlosen physischen und magischen Attacken an und erhöht passiv den Angriff der Gruppe, der Verheerer hingegen setzt auf elementare Schwachstellen und füllt die Schockleiste schneller auf. Letzteres ist wichtig da gerade größere Brocken nur im Schockzustand wirklich viel Schaden nehmen. Andere Rollen wie der Augmentor oder Manipulator buffen bzw. debuffen nur und auch der Heiler macht lediglich das was seine Rollenbeschreibung aussagt. Gibt es nichts zu heilen oder zu buffen, so gehen die Charaktere nicht in den Angriff über sondern stehen nur noch unbeweglich da. Zeit, das Paradigma zu ändern und in der Animationsphase den Gegnern schutzlos ausgeliefert zu sein. Man kann dem Hauptcharakter zwar individuelle Befehle erteilen, da dies in dem Durcheinander aber viel zu lange dauert, verwendet man zu 99% die Auto-Krampf Funktion.
Ich bin schon lange in keinem RPG mehr so oft gestorben wie in diesem Spiel. Ich weiß nicht wie viele dutzende Male ich bereits den Löffel abgegeben habe. Ich denke mal dass der Todeszähler in die Hunderte geht. Eigentlich sterbe ich nur in den Souls-Teilen so oft, mit dem Unterschied dass ich dort das Gefühl der Kontrolle habe genau weiß was ich falsch mache, während ich hier schlicht aufgrund des Chaos sterbe. Dass es bereits Game-Over bedeutet wenn der Hauptcharakter stirbt tut sein Übriges. Immerhin haben die Entwickler gemerkt was für einen unspielbaren Müll sie da zusammengeschustert haben und so wird man nach dem Tod, ohne Verluste, direkt vor dem Krampf wieder abgesetzt, so dass man ihn noch einmal versuchen bzw. sich besser darauf vorbereiten und die ein oder andere Buff-Pille einnehmen kann.
Ach und die Esper-Krämpfe unter Zeitdruck sind eine Zumutung! Selbst wenn ich die Lösung kannte musste ich die ersten paar mehrfach wiederholen, bei den restlichen hat es dann jeweils beim zweiten Anlauf geklappt, allerdings auch nur nachdem ich mich vor den Krämpfen mit bestimmten Gegenständen gebufft hatte um mir einem Vorteil zu verschaffen. Als Belohnung darf man sie dann immerhin im Krampf einsetzen - wenn sie doch nur nicht so nutzlos wären. Bestenfalls um die Party zu heilen taugen sie, aber selbst dafür gibt es effizientere Alternativen. Naja, man darf sowieso immer nur die Esper des gerade aktiven Hauptcharakters beschwören.
Was das RPG-System hinter dem Spiel betrifft so wurde so viel wie nur irgendwie möglich wegrationalisiert. Als Attribute gibt es nur noch Stärke, Magie und HP. Ansonsten kann man noch Skills für die jeweiligen Rollen erlernen. MP gibt es keine, im Krampf wird alles reingeschmissen was verfügbar ist, ohne Rücksicht auf Verluste. Um Ressourcen braucht man sich keine Sorgen zu machen, in jedem Krampf beginnen die Charaktere wieder mit vollen HP und ohne Zustandsveränderungen. Was die Ausrüstung betrifft so gibt es nur noch eine Waffe und ein Accessoire, wobei bei letzterem weitere Slots freigeschaltet werden können. Es werden zwar weitere Waffen im Verlauf des Spiels gefunden, diese sind aber zum Großteil nicht besser als die vorherigen Pendants sondern bieten eine andere Ausrichtung der Spielweise. Um Waffen zu verbessern muss man diese mit Gegenständen aufwerten. Viel gewinnt man dadurch nicht, ich habe das aber auch nicht stringent durchgezogen da mir das System irgendwann zu blöd wurde. Ich spiele doch kein Atelier und eine reine Beschäftigungstherapie brauche ich auch nicht.
Da es keine wirklichen Städte gibt, gibt es natürlich auch keine Geschäfte in denen man einkaufen könnte. Stattdessen kauft man "online" an den Speicherpunkten bei virtuellen Versandhändlern ein. Durch das Erreichen neuer Kapitel erhält man Zugang zu weiteren Läden und deren Sortimente vergrößern sich. Wie praktisch...
Fazit
Ach es gibt noch so viel über was ich in dem Spiel meckern könnte, die ruckhafte Bewegung und störrische Kamera habe ich z.B. noch gar nicht angesprochen, aber ich glaube ich belasse es jetzt dabei. Ich habe mir die ganzen Jahre über die Frage gestellt ob Final Fantasy 13 wirklich so schlecht wie sein Ruf ist und kann das nun mit einem klaren "Ja!" beantworten.
Ich frage mich wirklich was bei der Entwicklung dieses Spiels schief gelaufen ist. Wer ist auf die Idee gekommen dass es cool wäre, einen Schlauchsimulator mit stark simplifizierten RPG-Elementen zu entwickeln und da auch noch den Titel eines Final Fantasies draufzuklatschen?
Das ist der mit großem Abstand mieseste Teil der Final Fantasy Hauptreihe den ich jemals gespielt habe, mal von dem Spin-Off Müll 10-2 abgesehen. Und doch, in dem ganzen Meer an hanebüchenen Momenten hat es tatsächlich seine seltenen Augenblicke in denen es glänzen kann. Zwischen den ganzen plump agierenden Charakteren, den Schläuchen und den Michael Bay-artigen Videosequenzen in denen man bei dem ganzen Bombast-krach-Bumm nichts erkennt. Daher kann ich es zumindest nicht komplett als Schrott abtun und es stolpert haarscharf an einer Nullnummer vorbei. Die direkten Nachfolger brauche ich mir nun aber wirklich nicht geben, zumindest vorerst.
Wertung: ★☆☆☆☆ (1/5)
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