Bei Secret of Mana handelt es sich um ein Remake eines SNES-Spiels von 1993, genauer gesagt ein sogenanntes Shot-for-Shot-Remake, welches, mit Ausnahme der Aufwertung der Grafik von 2D auf 3D, das Original so detailgetreu wie möglich reproduzieren will.
Der Soundtrack zu SoM stammte ursprünglich von Hiroki Kikuta und beinhaltet eine Reihe von witzigen, epischen oder chaotischen Themes. Die Remixes sind jedoch ein bunter Haufen. Um fair zu sein: Wenige der neu remixten Stücke sind tatsächlich schlecht. Das Problem ist auch überhaupt nicht "Muh Nostalgia", sondern Inkonsistenz. Square-Enix hat sich nicht Lumpen lassen, und ganze 14(!) verschiedene Komponisten - darunter auch Kikuta selbst - angeheuert, um den Sountrack zu modernisieren. Heraus kam eine ganze Palette an qualitativ stark schwankenden Werken, die meist im Vergleich zum Original entweder ihre Melodien oder ihre Gegenmelodie vermissen lassen. Da man jedoch jederzeit zum Originalsoundtrack wechseln kann ist das nichts, was ich dem Spiel großartig anlaste.
In Secret of Mana läuft mit drei Charaktern auf einer Oberwelt herum, tötet Monster, betritt Städte und Dungeons und levelt seine Charaktere. Bis auf die erste Spielstunde, deren Ablauf durch verschiedene Pfade variieren kann, ist das Spiel streng linear, Sidequests gibt es so gut wie keine. Früh schon findet man die insgesamt 8 Waffentypen, zwischen denen man jederzeit wechseln kann. Jede Waffe hat mehrere Angriffsanimationen, von denen per Zufall mit jedem Angriff eine ausgeführt wird. Im Spielverlauf findet man bis zu 8 Orbs für jede Waffe, durch einen Besuch beim Schmied erhöht man so ihr Maximallevel. Wird eine Waffe jedoch aufgewertet, so geht ihre Vorstufe für immer verloren, was ärgerlich ist, wenn diese gegen bestimmte Gegnertypen stark war oder Statuseffekte verursachen konnte.
Neben den 3 Charakteren erhält man im Spielverlauf - teilweise recht spät - noch 8 Elementargeister, die für 2 der 3 Charaktere jeweils 3 Zaubersprüche mitbringen (Randi geht leer aus). Prim erhält dabei Defensivmagie, und Elfe Popoi Angriffszauber, und wie auch die Waffen werden die Elementargeister stärker, je öfter man sie einsetzt - der Maximallevel der Magie erhöht sich im Storyverlauf automatisch. Defensivmagie ist bis auf wenige Ausnahmen eher nutzlos, denn die meisten Monster sind keine Gefahr für die Gruppe, während Angriffsmagie darunter leidet, dass Damage-per-Second wesentlich nützlicher ist als Burst, denn dadurch wird der billigste Zauber auch der effektivste. Aus dem gleichen Grund sind übrigens auch die Spezialattacken der Waffen nutzlos, denn die lädt man auf indem man, je nach Spezialattacken-Level, die Angriffstaste 5-20 Sekunden lang gedrückt hält.
Die Story von Secret of Mana ist gut gemachter Kitsch. Legendäre Schwerter, ein böses Imperium, die 4 Evil Henchmen und versunkene Kontinente! Die Übersetzung ist diesmal wesentlich besser, jedoch wurde die komplette Story sowie die Zaubernamen aus dem Englischen übersetzt, im Gegensatz zu Namen, Gegnern und anderen Begriffen, welche aus dem Japanischen übersetzt wurden. Außerdem haben es sich die Übersetzer aus mir völlig unerfindlichen Gründen nicht nehmen lassen, Anspielungen auf die unseelige SNES-Übersetzung einzubauen, in Form von einigen Zitaten und sogar Charakternamen wie Raffi, Lunar und Ranul. Wenigstens hält sich das in Grenzen, denn Fans der alten Version sind durch die Bank weg unglücklich mit der neuen Übersetzung, während Fans einer originalgetreueren Übersetzung an finstere Zeiten erinnert werden. Newcomer dürften sich aber kaum daran stören.
Pogopuschel sind also passé, aber dafür wurde das japanische SNES-Skript auch so gut wie nicht aufpoliert - die Story ist durch die neue Übersetzung zwar verständlicher, aber gerade gegen Ende immer noch inkohärent - neue Charaktere werden eingeführt, stellen sich der Party entgegen und sind auch schon wieder tot. Was dem Spiel jedoch gut tut sind optionale Partygespräche wenn man in einem Inn übernachtet, zumal man die meisten davon noch nicht mal verpassen kann.
Die japanische Sprachausgabe ist fantastisch, ua. Kenshou Ono als Randi, Rie Kugiyama als Rusalka. Der Showstealer ist jedoch Jouji Nakata als Thanatos, der einigen noch als Kirei Kotomine aus Fate/Stay Night bekannt sein dürfte. Die englische Sprachausgabe kann ich nicht beurteilen, soll aber laut diversen Aussagen auf Reddit und Gamefaqs von stark schwankender Qualität sein.
Die originalgetreue Reproduktion des alten Spiels mit all seinen Fehlern zeugt von Kreativlosigkeit - ein kaputtes System gehört nun einmal repariert oder ersetzt! Beim beim Versuch, zumindest ein, zwei der alten Probleme anzugehen wurde aber nicht nur verschlimmbessert, sondern auch neue Probleme eingeführt:
Secret of Mana kennt so gut wie keine Unverwundbarkeitsframes, Gegner wie Charaktere können im Kampf ge-stun-locked werden, und während man noch am Boden liegt kann eine Figur weitere Angriffe einstecken - fair geht anders. Square-Enix hat versucht, das Problem zu lösen, indem sie die Aggro der Monster einfach weeeeit nach unten geschraubt haben, was jedoch dazu führt, dass man nun mit der neuen, praktischen Sprint-Funktion einfach durch die Dungeons rennen kann ohne sich mit den Monstern auseinandersetzen zu müssen.
Das gilt zumindest so lange, bis man auf Gegner mit Projektilwaffen trifft, die durch die Fähigkeit, im 360°-Winkel anzugreifen, zu Maschinengewehr-Snipern werden. Der Geisterwald wird dadurch zum Spießrutenlauf. Gegner mit Magie können außerdem weiterhin Stunlocks verursachen, und man ist fast froh, dass auch im Remake weiterhin nur maximal 3 Gegner auf einmal auf dem Bildschirm sein können - zumindest so lange, bis die Party-AI versucht, unsichtbare, noch nicht gespawnte Gegner zu attackieren.
Waffen haben teils massives Startup-Lag, mit Projektilwaffen muss man sehr genau zielen lernn, und zu allem Überfluss sind die Partikeleffekte mancher Waffen auch noch wesentlich größer als ihre Hitboxen. Diese Effekte braucht es aber, denn in 3D-Secret-of-Mana geht der Überblick wesentlich schneller verloren als ihm eh schon chaotischen Original. Selbst das Pathfinding ist sogar schlechter als früher Charaktere bleiben an Tischkanten hängen und können nun sogar off-screen verloren gehen
Letztendlich, I shit you not, wurden sogar - vermutlich unabsichtlich - schwere Fehler reproduziert, die das Original bereits hatte, wie z.B. dass man einen Charakter permanent verliert, wodurch Storysequenzen nicht mehr getriggert werden, aber auch neue Bugs wie Hardlocks und Spielabstürze - im Schnitt 1x pro Spielstunde - würden das Spiel buchstäblich unspielbar machen, würde die Autosave-Funktion nicht am Anfang jedes Raums speichern.
Warum hat Square-Enix die Zwischensequenz entfernt, wenn man mit der Kanone reist? Warum gibt es nur 2 Shortcut-Tasten für Zauber, während 2 Tasten des PS4-Controllers ungenutzt bleiben? Warum sind die Shortcuts ausschließlich im Single-Player verfügbar sind, wo doch der Multiplayer MASSIV von ihnen profitiert hätte? Warum kann man im Shop nicht sehen, ob ein Ausrüstungsgegenstand die Stats erhöht oder senkt? Warum musste das alte Kampfsystem 1:1 reproduziert werden?
All diese Fragen lassen ein Spiel erkennen, dass 2 Schritte nach Nordwest und dafür 3 Schritte nach Süd-Ost-Ost macht. Secret of Mana 2018 ist definitiv kein "upgrade", es ist ein "sidegrade". Das Remake-Team hatte den Anspruch, ein 25 Jahre altes Werk 1:1 in 3D nachzubauen, und dabei ein Spiel abgeliefert welches weder den Zauber von damals einfängt, noch eine neue Generation zu verzaubern mag. Puristen, Alte Hasen oder Newcomer - "Secret of Mana (2018)" ist wahrlich ein Spiel für niemanden. Das Original ist inzwischen eine Fußnote in der JRPG-Geschichte, das Remake ist noch nicht einmal das, denn es verblasst einfach ob der schieren Konkurrenz - 40€ kann man wahrlich besser anlegen. |