Die Design-Philosophie hinter Breath of the Wild war "Wenig Mechaniken, die aber dafür sehr oft verwendet werden". Das sieht man an allen Ecken und Enden im Spiel.
Der übliche Zelda-Spielablauf wurde gestrichen. Breath of the Wild ist ein komplett nicht-lineares Spiel. Die ersten Spielstunden verbringt man auf dem Vergessenen Plateau, das gewissermaßen als Tutorial fungiert. Danach hält einen allerdings niemand davon ab, sofort zu Ganon zu laufen und ihm den Garaus zu machen, was allerdings ziemlich schwer werden dürfte, denn BotW hat ein Stat-System, das unbalancierter nicht sein könnte.
Equipment (Hose, Oberteil, Kopfschutz), das Link im Spielverlauf findet, hat einen Defensivwert, und sämtliche Waffen und Gegneraktionen einen Offensivwert. Der Schaden wird dabei durch einfache Subtraktion ermittelt (ein Herz steht für 4 HP). Gerade zu Spielbeginn sind die meisten Attacken dazu geeignet, Link mit 1-2 Treffern ins Gras beißen zu lassen. Dazu kommt, dass seine Waffen nach ein bis zwei dutzend Treffern zerbersten, und Link sich neue Schwerter, Breitschwerter, Bögen, Schilder, Lanzen, Keulen oder Äxte suchen muss. Das Master-Schwert lässt sich zwar auch finden, allerdings erst, wenn Link 13 Herzen oder mehr hat, und selbst dann ist es nicht die stärkste Waffe des Spiels, und hat auch nur eine begrenzte Anzahl an Einsätzen, gefolgt von einem 10minütigem Cooldown. "Early Game Hell" war noch nie so passend wie hier. Das ist allerdings auch nicht schlimm, denn wenn man eine Sache nicht schafft, kann man sich immer eine andere suchen.
Zum Glück sind alle Gegner hier auf einem globalen Cooldown, der allerdings gnadenlos ist; wer ein Gegnerlager räumt und während eines Blutmondes dort übernachtet, wird umgeben von Monsterhorden wieder aufwachen. Zudem ersetzt das Spiel die wenigen Gegnertypen nach und nach durch stärkere Varianten, die an der Farbe (Rot -> Blau -> Schwarz -> Weiß -> Silber -> Gold (nur im Master-Modus)) zu unterscheiden sind. Die Gegner leveln nach einem unsichtbaren System auf; für jedes besiegte Monster gibt es einen unsichtbaren "Punkt", und pro Monstertyp und -farbe maximal 10. Sind genügen Punkte erreicht werden bestimmte (aber nicht alle!) Monster beim nächsten Blutmond aufgewertet. Fun Fact: Der genaue Cooldown für den Blutmond ist 2 Stunden, 48 Minuten und 15 Sekunden (Zeit im Menü zählt nicht); ist diese Zeit vergangen wird die nächste Nacht ein garantierter Blutmond.
Links Arsenal wird ergänzt duch die "Items". Diese sind nicht, wie früher, physikalische Gegenstände, sondern mehr "Apps" auf seinem Shiekah-Stein (der eigentlich nur ein Hyrule'sches Handy ist). Das Stasis-Modul z.B. kann Gegenstände einfrieren, worauf hin man diese mit einer Waffe bearbeiten kann. Sämtliche Energie wird in einem Vektor gespeichert, wodurch man z.B. einen Felsen nach vorne oder einen Baumstamm nach oben schnellen lassen kann. Nicht nur, dass die Physics Engine des Spiels dafür sorgt, dass man dadurch Schaden macht, man kann sich so auch fortbewegen - sofern man den Fall Damage überlebt. Magnet erlaubt das Manipulieren von Metallgegenständen, zweierlei Bomben (Rund und Eckig) braucht man für Rätsel und Kämpfe, Eissäulen schieben Fallgitter hoch und können erklettert werden. Wer fällt, den kann Links Segeltuch retten, mit dessen Hilfe man beeindruckende Distanzen zurücklegen kann - so lange die Ausdauer hält.
Ich kann gar nicht betonen, wie viel Content das Spiel hat. Hyrule hat mehrere Quadranten, die auf der Weltkarte durch das Erklimmen von Türmen freigelegt werden, und im Spiel gibt es insgesamt 124 Schreine zu finden, welche die Dungeons ersetzen (allerdings meist auch kürzer sind). Am Ende eines Schreins findet man ein Abzeichen, von denen sich jeweils 4 gegen einen Herz- oder Ausdauercontainer eintauschen lassen. Wer einen der 4 Vahs - die quasi die Hauptdungeons im Spiel sind - bezwingt, erhält nicht nur ebenfalls einen weiteren Herzcontainer, sondern auch noch eine Spezialfähigkeit eines der 4 Recken, deren Cooldown später durch eine weitere Sidequest noch verringert werden kann.
Eine weitere Hauptquest beinhaltet die Suche nach Links Erinnerungen, die man in Form von leuchtenden Stellen in Hyrule findet. Diese belohnen euch nicht nur mit einer Zwischensequenz auf Deutsch oder Japanisch, sondern schalten auch eine weitere Filmsequenz nach dem Abspann frei, wenn man noch einige andere Bedingungen erfüllt hat. Wem selbst das nicht reicht, der wird mit 90 Sidequests, und der Krog-Quest lange beschäftigt sein - 900(!) gilt es hier zu finden, und wer genug davon gefunden hat, der kann seine Waffen-, Schild- und Bogentaschen erweitern.
Geradezu erfrischend ist der Schwierigkeitsgrad. Breath of the Wild ist wahrlich kein leichtes Spiel. Das komplexe Crafting-System, das ermöglicht, 60+ Mahlzeiten mitzuführen, welche Gesundheit und Stamina wiederherstellen und Link buffen können, relativiert dies jedoch, und erlaubt so eine Anpassung der Herausforderungen für jeden Geschmack (ba-dum-tish!). Wem das Maingame selbst jetzt noch zu leicht ist, für den gibt es den optionalen Master Mode.
Ärgerlich ist jedoch eine Änderung der westlichen Lokalisation. Im Original war Links Quest-Tagebuch in der Ich-Form geschrieben und beinhaltete so dringend nötiges Character Building, das unter anderem auch seine im Rest des Spiels nur angedeutete Liebesbeziehung zu Zelda noch etwas verdeutlichte. In der westlichen Version wurden daraus neutrale Einträge im Stil einer Gebrauchsanleitung. |