#204 – Digimon Story: Time Stranger (PC)
Gestartet: 12.09.2025 (Demo)
Beendet (Cleared!): 25.11.2025
Beendet (Finished!): 25.11.2025
Warum gerade dieses Spiel?
Von der Digimon-Reihe hab ich schon viele Spiele gespielt – Digimon World 4, World DS, World Dusk, Digimon World 1, Cyber Sleuth, Hacker’s Memory und Next Order. Time Stranger wurde März ’25 angekündigt und seit dem Zeitpunkt ein Hype-Titel, trotz den BAMCO-typischen DLCs an Tag 1 und weiteren Ankündigungen. Über 450 implementierte Digimon und ein neuer Ansatz, der die digitale Welt Iliad und das reale Toyko miteinander verbindet, ließen das Digimon-Herz höher schlagen. Bisher fanden Spiele (zumindest die oben genannten entweder in Iliad (DW4, Dusk, DS, Next Order) oder in Toyko (Cyber Sleuth, Hacker’s Memory) statt, aber nicht in beidem gleichzeitig. Mein Verhältnis zu Time Stranger ist ein wenig kompliziert – ich finde, es hat wenig, es wirklich heraussticht bei gleichzeitig üblem Design-Versagen: Speziell die Digifarm.
Spielweise:
- Schwierigkeit war Hard, das war die höchste Schwierigkeit für den ersten Durchlauf. Es gab sonst noch Normal & Easy. Das Spiel war einfach, gerade gemessen an den nahezu unbegrenzten Möglichkeiten der Digifarm. Schwierigkeit Mega und Mega+ wurden nach dem Durchspielen freigeschaltet, bei letzterer haben die ersten Digimon schon Lv80+ und fast Maximalwerte. Warum fügt man sowas in der Form ein und warum war das nicht schon beim ersten Durchspielen verfügbar?
- Die Protagonistin hieß Xelia und war weiblich. Ich find immer noch, dass sie furchtbar aussieht – das hat aber zumindest in-universe einen Grund. Ihr Kanon-Name ist Kanan, dieser wird fürs Review verwendet, wenn mit ihr gesprochen wird, wird sie stattdessen meist „Agent“ genannt.
- Das Team-Limit war dieses Mal 6 statt 11, dementsprechend wurden auch 6 Digimon verwendet - MetalSeadramon (Zilarius) / UlForceVeedramon (Sarya) / Lilithmon (Shiara) / Examon (Chirood) / HerculesKabuterimon (Merik) / Bacchusmon (Iralyne). MetalSeadramon ist immer noch mein persönlicher Favorit, Bacchusmon war innerhalb der Story ziemlich cool und Lilithmon war das letzte wie auch dieses Mal ziemlich übertrieben. Den Rest hab ich alleine wegen dem Aussehen ins Team genommen. Die Talent- und Bindungs-Werte bei jedem dieser Digimon lagen bei jeweils 100 (%).
- Die restlichen Digimon wurden überwiegend in eines der sechs Haupt-Digimon integriert, indem deren Daten absorbiert wurden. Gab permanente Werte und Level, war vermutlich der Grund, dass jegliche Form von Digivolution beim Erreichen des Mega-Levels kein Problem mehr war – selbst auf Lv1 nicht.
- Die Digifarm wurde betrieben und zwar bis zum Erbrechen. Es wäre damit auch kein Problem gewesen, die Stats des Haupt-Teams weiter zu erhöhen (bis auf 9,999), aber ich hab eher drauf gesetzt, den Digi-Dex weiter aufzufüllen. Das Unschöne an der Digfarm - Werte zu erhöhen, ging ohne wirkliche Begrenzung. Das einzige nennenswerte Limit gab es in Form von Geld (10k => 250 Stats), Zeit (45 Min => 250 Stats) oder durch unterlegene Trainingsgeräte, die man aber ab ~30% des Spiels ersetzen konnte. Dazu noch den Geld-DLC, den man dazukaufen konnte. Ich hoffe, ich muss dazu nichts weiter sagen.
- Agentenfähigkeit / Kreuzungskunst war die erste, dann die letzte (Feld). Die erste buffte alle Werte für 2 Runden durch, die letzte stattdessen für 3 Runden und gab noch ein Schild für alle, das zwei Angriffe abgefangen hat. Total kaputt.
- Agentenrang war 10 – der höchste. Erforderte den Abschluss aller Nebenquests. Hat man eine einzige verpasst, blieb man auf Rang 9.
- Das Brett der Agentenfähigkeiten wurde komplettiert – rund 70% davon sind aber komplett unnötig. Wichtig äußerten sich Treuebindungen für die letzte Kreuzungsfähigkeit, Bindungen der Tapferkeit (Ang+), mit entsprechenden Digimon und Bindungen der Weisheit (Int+), ebenso mit passenden Digimon dafür – war bei mir vorhanden.
- Die Äußeren Labyrinthe – im Endeffekt Minigames der Form Objekt-Verteidigung, Wettrennen, Durchhalten gegen Monsterwellen und Boss Rush, hab ich überwiegend erledigt, aber nicht vollständig. Gerade bei den Wettrennen gab’s paar richtig üble. Jedes dieser Minigames gab noch eine Zusatzbelohnung, wenn man sie auf spezielle Weise abgeschlossen hat.
- Die Kartenkämpfe hab ich am Anfang noch erledigt, später nicht mehr. Die spielten sich auch reichlich eigenartig – sehr vom Zufall durchsetzt. Kartensammlung: 380/451 (=84,3%).
- Das Postgame, den Olympus XII-Gauntlet hab ich gemacht – das war einer der wenigen Kämpfe, die man nicht im Auto-Kampf bestreiten konnte. 14 Gegner in Wellen von drei Monstern. Item-Anwendung, X-Aura und X-Revive regeln. Außerdem gab’s noch den Kampf gegen die vier Bosse des äußeren Labyrinths – Apocalymon, Gabumon, Agumon und Imperialdramon. Die lagen alle ziemlich fix.
- Achievement-Fortschritt: (39/46 = 84,8%). 100% waren nicht drin, dafür muss man das Spiel zweimal durchspielen. Gefehlt haben mir die Digimon-Komplettierung, Die Kartensammlung, ein eigenes Jupitermon EM, die Komplettierung der Äußeren Labyrinthe und Durchspielen auf Mega+.
- Ich hab auf Deutsch gespielt.
- Game Over hatte ich zwei, eines gegen Parrotmon (den ersten nennenswerten Boss) und eines gegen Titamon/SkullBaluchimon (bei dem man den zwei Phasen-Kampf vermutlich nicht kommen sieht). Der Rest des Spiels war vernachlässigbar von der Schwierigkeit her. Versagen bei Minispielen gaben übrigens auch Game Over, aber ohne Auswirkungen. Man konnte Kämpfe eh neustarten, und dabei sogar die Schwierigkeit reduzieren.
- Spielzeit (bis der Abspann gesehen wurde): 048:50 h (Cleared!), Digimon-Level: 66
- Spielzeit (100%): 049:31 h (Finished!): Digimon-Level: 79
Story:
Die ADAMAS-Organisation – ein Geheimdienst, der sich verschrieben hat, Anomalien, unnatürliche Phänomene innerhalb von Tokyo zu untersuchen. Vor 8 Jahren erschütterte ein Vorfall von gewaltigem Ausmaß, das sogenannte Shinjuku-Inferno das Gebiet Nishi-Shinjuku und wurde seitdem von der Regierung durch eine hohe Mauer abgeriegelt. Die Bevölkerung denkt zwar weiterhin, dass die Regierung etwas verbergen will, wird aber in der Regel schnell abgewimmelt, wenn es zu Aufruhr kommt. Hin und wieder findet man aber noch einzelne Videos auf Social Media, aufgenommen von Passanten, die es nicht lassen konnten, das abgesperrte Gebiet und die Vorgänge darin zu filmen – unter anderem die Existenz von Phasenelektronen-Lebensformen, oder auch „Digimon“. Adamas hat einige auffällige neue Gesichter angeheuert, Kanan Yuki und ihren Operator Dan – und beauftragt sie, mehr über das Shinjuku-Inferno herauszufinden, wie es zustande kam und wer es verursacht hat.
Während ihrer Untersuchungen ums Shinjuku-Inferno trifft Kanan auf ein junges Mädchen namens Inori Misono, die sich irgendwie im schwer zerstörten Shinjuku verlaufen hat. Kanan bekommt von ihrem Operator die Mission, Inori um jeden Preis zu schützen, da sie selbst als Anomalie gilt – in ihrem Verhalten, ihrer Präsenz und sonst eigentlich auch. Eigentlich sollte sie gar nicht hier sein. Jedoch scheitert dieser Auftrag krachend, als die ersten Digimon Kanan und Inori angreifen und die beiden durch die Zeit reisen lassen – 8 Jahre in die Vergangenheit, als Shinjuku noch nicht zerstört war. Außerdem wurde Kanan Zeugin eines Eierdiebstahls – ein mysteriöser Schatten hat das kostbare Ei des Großen Hüters mitgehen lassen, das die Menschenwelt mit ins Verderben reißen kann. Die Wächter des Eis – Minerva, Luna und Corona sind nicht begeistert davon, dass Kanan ausgerechnet dann aufgekreuzt ist, als das Ei gestohlen wurde und ziehen ihre Schlüsse daraus.
Kanan bekommt nun die undankbare Aufgabe, in der Vergangenheit das Shinjuku-Inferno um jeden Preis zu verhindern, da der Kollaps weitreichende Folgen für weitere Großstädte hatte. Die Menschheit kämpft in der Zukunft an drei Fronten – der Krieg zwischen Digimon und Titanen, Menschen im Umgang mit Digimon und der Besitz einer mächtigen Waffe, die die Digimon auslöschen soll, da sie nichts als Ärger verursachen, zu mächtig sind und man sich nicht von ihnen abhängig machen will. Hilfe bekommt Kanan dabei von einem Aegiomon namens Coo, das auf Inoris Wunsch reagiert hat, stärker zu werden und Dinge zu beschützen. Fest steht nur, dass Kanan im Umgang mit den Anomalien vorsichtig agieren muss, insbesondere bei Inori und Coo und sich absolut nicht beeinflussen lassen darf. Findet sie den einen Weg nicht, der das Shinjuku-Inferno in der Zukunft verhindert, führt das zu einer Apokalypse gigantischen Ausmaßes …
Story-Eindruck:
Die Story selbst ist nicht unbedingt ideal aufgebaut, stellt aber definitiv den besseren Teil von Time Stranger dar. Die erste Hälfte des Spiels, die in der Vergangenheit spielt, wird überwiegend dafür verwendet, Verbündete kennenzulernen, die in der zweiten Hälfte relevant werden. Wichtig hierbei sind Forscher wie Dr. Simmons, der eine oder andere Zivilist und überwiegend Digimon wie Venus und Neptune, Apollo und Diana, Meruki, Juno, die Bärenbrüder … und noch ein paar – insgesamt 12, die Olympus XII. Die Essenz ist auch jedes Mal gleich – diese zwölf Digimon spielen eine entscheidende Rolle irgendwo im Konflikt ums Shinjuku-Inferno, werden sie vernichtet, kippt die Geschichte Richtung Apokalypse. Daher spielt sich Time Stranger in der zweiten Hälfte bisschen wie ein Bad End Simulator – man nibbelt entweder selbst ab oder erlebt erst den Niedergang der Welt in verschiedensten Weisen und führt ihn in besonders dämlichen Fällen sogar herbei, nur um anschließend den entscheidenden Kniff zu machen und das Ende der Welt abzuwenden. Das Problem hierbei ist ganz klar – gerade die erste Hälfte spielt sich ziemlich öde und schnarchig, da man nur nach und nach die späteren Verbündeten kennenlernt und für diese irgendwelche Aufgaben erledigt, die zweite Hälfte abzüglich dem Ende spielt sich nach Schema F und verkommt zum Abklappern der einzelnen Storyabschnitte rund um die Digimon. Dabei stellen sich nicht nur den NPCs, sondern auch allgemein ein paar Fragen – wie wurde Kanan zum Time Stranger und welche Rolle spielen Aegiomon und Inori?
Das Schicksal der Olympus XII – für die Geschichte relevante Digimon
Zunächst mal zum oben erwähnten Dreifrontenkrieg: Die erste Hälfte wird überwiegend von Kämpfen zwischen Digimon und Titanen beherrscht. Titanen sind im Grunde böse, besessene Digimon, die es auf die Kontrolle über Digiwelt Iliad abgesehen haben – was deren Herrscher, Juno und Meruki aus logischen Gründen nicht wirklich passt. Eine Rolle spielen auch die Strömungen der Digiwelt sowie Chronomons Essenz, aber im Grunde genommen nur bedingt – wer die Strömungen beherrscht und Chronomons Essenz besitzt, ein magisches Artefakt, das ermöglicht, Abläufe zu verändern und Geschichten umzuschreiben, beherrscht die Digiwelt und eigentlich auch die Menschenwelt gleich mit, da beide Welten voneinander abhängen. Was ganz gut umgesetzt ist - Die Titanen versuchen in der ersten Hälfte noch so ziemlich alles, um beides in ihre Finger zu kriegen. So wird Meruki zum Beispiel schwer vergiftet und opferte sich im Kampf gegen die Titanen, was der Restfraktion aber nichts mehr bringt, weil sie ohne ihren Anführer einfach überwältigt wird. Kanan hätte hier rechtzeitig ein Gegenmittel beschaffen müssen, ordnete die Prioritäten jedoch falsch ein. Ein anderer Fall handelt von Venus und Neptune, zwei Freunde aus alten Zeiten, die sich jedoch aufgrund ihrer Abstammung als Feinde gegenüberstehen. Venus versuchte, nicht wissend, dass es sich bei dem Titanen-Anführer des Ozeans um ihren ehemaligen Freund Neptune handelt, ihm ein Friedensgeschenk in Form von Sedativum zu schicken – was aber durch Lana, einem aufsteigenden Stern bei den Titanen auf der Suche nach Macht durch tödliches Gift ausgetauscht und von Kanan überbracht wurde. Neptune geht im Anschluss drauf, Venus gibt sich der Verzewiflung hin, der Ozean wird rot und sondert giftige Dämpfe ab, während Inori, Kanan und Aegiomon noch in der Gegend sind – ihr Ende, das beim nächsten Mal verhindert werden muss. Im Allgemeinen setzen die Titanen eh ziemlich auf Heimtücke: Bacchus, der viel zu stark herüberkommt, aber eben auch eine ziemliche Schnapsdrossel ist, bekommt gleich ein starkes Schlafmittel in das nächstbeste Weinglas hinein pipettiert. Während er pennt, wird sein ganzes Dorf vernichtet, sodass er keinen Bock mehr hat, mit dieser Schuld zu leben. Wie schon erwähnt – es gibt zwölf dieser Geschichten und die alle abzuhandeln zieht sich gewaltig. Einige werden zusammen abgehandelt, aber der Kern ist, dass jemand intervenieren und die ganzen Bad Endings verhindern muss, nämlich Kanan.
Über Kanan, Inori und Aegiomon
Kanan ist bekannt für eine ganze Reihe an seltsamen Eigenschaften – sie kann durch die Zeit reisen, auch ohne das aus dem Digi-Ei des Großen Hüters geschlüpfte Aegiomon, das für Zeitsprünge sowie Zeitmanipulation bekannt ist und Geschehnisse zu seinen Gunsten abändern kann. Außerdem wird immer wieder von bestimmten Charakteren angemerkt, dass sie mit ihrem „Cosplay“ wie ein Anime-Charakter aussieht und nicht wie jemand, der exakt so unter Leute geht. Nicht darunter fällt zwar der wiederkehrende Kontakt mit dem Operator, der von den NPCs einfach so hingenommen wird, reicht ja aber auch so. Kanan wurde zum Time Stranger, als das Ei des großen Hüters im Intro von einem finsteren Schatten gestohlen wird – sie ist eine Reinkarnation von Chronomon, erschaffen aus Erinnerungen an den Anime "Agent Alpha", ähnlich wie auch Aegiomon selbst und genauso wie diese Schatten - auch alles Klone von Aegiomon, die lediglich besagen, dass sich Kanan und Aegiomon dieses Mal auf dem Holzweg befinden. Chronische Verzweiflung spielt auch an mehreren Stellen eine nicht zu verachtende Rolle, besonders, wenn es um Inori geht. Sie hat Mutter und Bruder in einem von Digimon verursachten Unfall verloren, wobei Aegiomon diesem verstorbenen Bruder (Yuu) verdächtig ähnelt. Nachdem Aegiomon ihr Partner wird, verhält sie sich ihm bezüglich äußerst klammernd und überfürsorglich. Inori erträgt aufgrund ihrer Vergangenheit noch einen Verlust nicht, umgekehrt aber genauso - Aegiomon will sie um jeden Preis vor Unheil beschützen. Als ein weiteres Bad Ending eintrifft, dreht Aegiomon einmal zu viel die Zeit zurück, Inori fällt in eine Raum-Zeit-Spalte, Aegiomon ist unfähig, sie zu retten und gibt sich ganz schön der Verzweiflung hin, indem es anfängt, die Welt einfach zu vernichten. Es wird auch stark impliziert, dass Aegiomon Chronomons Verzweiflung aus unerfüllten Wünschen verkörpert und durch zunehmende Verbitterung mehr Fähigkeiten erlangt, bis hin zum Auslösen des Shinjuku-Inferno, als Aegiomon beschlossen hat, dass eine Welt ohne Inori einfach zerstört gehört. Oben genannte Olympus XII-Vorfälle dienen auch überwiegend dazu, Aegiomon wachsen zu sehen, entweder in Form von Kanan oder Aegiomon selbst.
Als Abschluss noch, was Chronomon mit Aegiomons Verzweiflung vorhatte und wie sich diese äußert:
Ob Homeostasis noch als Postgame-Boss getaugt hätte, weiß ich nicht, aber allgemein fühlte sich das Ende schon ein wenig unbefriedigend an. Man hat zwar die Ketten eines gegeißelten Gefangenen gesprengt - aber auch nur das, nicht mehr und nicht weniger. Zucht und Ordnung herrschen wieder in der Digi-Menschen-Welt, zumindest bis zum nächsten Kollaps.
Gameplay:
1) Allgemein
In Time Stranger wurde ein etwas anderer Fokus gesetzt: Zugänglichkeit, gerade bezogen auf die Digifarm und Digivolution. Die frustrierenden Zeiten von Dusk, DS und selbst Cyber Sleuth und Hacker's Memory sind vorbei - man soll weniger leveln, sich nur mit seinem Haupt-Team beschäftigen und Ressourcen in das Hauptteam investieren - damit man im Anschluss Zugang zu jedem Digimon hat, das man haben will. Dadurch geht nicht nur ein Stück Identität der einzelnen Digimon verloren, man wird auch nicht weiter damit belangt, sich mit dem Digivolution-System auseinanderzusetzen, das es in den Vorgängern noch gab. Viel wurde auch hier durch Goodies vereinfacht, wie z.B. bei Agentenfähigkeiten, die notwendige Werte für Digivolution herabsetzten. Gleich vorweg: Man kommt mit so ziemlich jedem (Ultimate-/Mega-)Digimon durch, im Endeffekt sind die reine Kosmetik.
Die Digifarm, ehemals ein Ort gewesen, in dem man sich mit dem Digimon beschäftigen konnte, verkommt hier zur Randerscheinung. Man muss sich nicht mal mit ihr auseinandersetzen, um das Spiel durchspielen zu können, wenn man aber die Möglichkeiten der Digifarm nutzt, bietet das Spiel keinerlei Herausforderung. Wie beschrieben, geht das nahezu endlos, limitiert ist man durchs Geld. Die Digifarm lässt den Spieler auch ein bisschen Platz für kosmetische Aspekte, wie Palmen, Scheißhäuser, Fässer, Hydranten, und was man noch alles so findet. Einfluss hat's keinen - man könnte theoretisch die ganze Digifarm zu einem einzelnen Ozean umformen und dann Maschinen-Digimon darauf positionieren, die eigentlich untergehen müssten. Passiert natürlich nicht. Was sonst noch ging, war das Training: Für 10,000 Digidollar oder alternativ 45-90 Minuten Echtzeit konnte man einen beliebigen Stat um rund 250 an einem C-Trainings-Gerät erhöhen (Boxsack für Ang+, Laufband für Spd+, das Übliche eben). Diese Stats äußerten sich nicht permanent und gingen bei Digivolution verloren - außer auf dem Mega-Level oder drüber, dann war's egal. Persönlichkeit konnte ebenfalls über das Training abgeändert werden, wenn man das wollte, manchmal gab's einen neuen Passiv-Effekt dafür. Das führte zu Folgendem - die C-Trainingsgeräte konnte man ab 30% des Spiels, nach dem ersten oder zweiten Dungeon herstellen und genau ab dann spielte sich jeglicher Bosskampf wie ein schlechter Witz. Man brauchte die entsprechenden Stats lediglich nur für die Digivolution, ergo, wenn man versucht hat, den Digi-Dex auszufüllen. Digivolution hatte z.T. absurde Anforderungen, die Lv1-Digimon meist nicht erfüllten. Man konnte Digimon noch auf eine andere Weise stärken: Durch Absaugen von Daten anderer Digimon. Alles was man sonst noch über Scan oder andere Methoden rekrutiert hat und was man nicht selbst digitieren wollte, wurde entweder zu Geld (was sich nicht mal gelohnt hat, zu wenig) oder zu Perma-Werten für eines von sechs Haupt-Digimon.
Es gab eigentlich zwei große Hubs - Zentralstadt (in der Vergangenheit) und das Dorf der Rebellion (in der Gegenwart). In beiden Städten konnte man überwiegend dasselbe machen - Leute zu Kartenkämpfen herausfordern, Trainings-Gegenstände herstellen, einkaufen. Die Atmosphäre in Zentralstadt hinterließ ein eher wohlwollendes Gefühl, während das Dorf der Verbannten ganz gut die Verzweiflung einfängt, die zu diesem Zeitpunkt herrscht - überall hocken oder liegen verwundete Digimon, die Hoffnungslosigkeit verströmen. Das zieht sich auch durch die Dungeons durch - mit gefühlten drei Ausnahmen Schlauchdungeons, aber dafür merkt man gut, wie lebendig der Abgrund (dämlicher Name für ein Wasserparadies mit Steinstrand im Übrigen) in der Vergangenheit und wie trostlos er in der Gegenwart er herüberkommt. Gerade in der Gegenwart lebt da nix mehr, weil alles versifft und versumpft ist. Man sieht's auch deutlich in der Art der Digimon, die auftauchen: In der Vergangenheit Crabmon und Coelamon (Schalentiere und Fische), in der Gegenwart Sukamon, Raremon und Numemon - ergo Kackhaufen und Schlammbatzen. Noch 'ne Spur weiter rein - es gibt sogar eine Nebenquest genau dafür. Man soll einen Spezialtrank herstellen und braucht dafür reines Wasser, muss demnach zu der einen Stelle in diesem Gebiet, an dem sich keines dieser drei Digimon befindet und das beim Questgeber abliefern, der den Trank im Anschluss probiert und fast kübelt, wenn man ihm Dreckswasser in den Trank mischt und einen erneut ins Wasserparadies schickt, mit der Bitte, man möge das nächste Mal keinen Pfusch bei der Arbeit abliefern und genauer gucken. Ähnlich äußerten sich auch andere Formen von Nebenquests - viel bezog sich auf Geschehnisse innerhalb der Story, paar andere waren nur Abklappern von Zielen, wie z.B. die Arena, die je nach Spielfortschritt immer wieder ein paar neue Herausforderer bekommen hat. Negatives bzgl. Nebenquests zeigte sich va. im Pacing - kurz vor Ende wurde man nochmal mit rund 35 Nebenquests beschmissen. Als Belohnung gab es Agentenpunkte und paar kleine Goodies (Heilitems, Angriffe, Stat UPs), die man nicht unbedingt brauchte. Agentenpunkte jedoch schalteten weitere Felder auf dem Agentenbrett frei - und während ich der Meinung bin, dass 70% des Brettes komplett unnötig waren, wurde die Wichtigkeit der restlichen 30% umso mehr betont. Dazu gehören der Weisheits- und der Tapferkeits-Baum, sowie ungefähr 5-6 Kreuzungskünste.
Zuletzt noch zu einigen Minigames, die man erledigen konnte, oder das besser gleich gelassen hat. Äußere Dungeons (Zwischendimensionen, quasi) wurden innerhalb des Spiels absolut unterbenutzt, dafür fanden eine ganze Reihe an Minispielen darin statt - Durchhalten gegen Monsterwellen, Boss Rush, Objekt-Verteidigung und Wettrennen. Monsterwellen und Boss Rush hingen überwiegend von den eigenen Stats ab und äußerten sich dementsprechend ungefährlich. Objekt-Verteidigung (... ein Stück Fleisch, auf das 30 Digimon in Wellen flogen) hing davon ab, welche Bewegungsform bei den Gegenspielern dominierte - den Spieler ignorierende Flieger hat man fast nicht mehr eingefangen bekommen, und erreichte ein gegnerisches Digimon das Fleisch, flimmerte schon der Game Over-Bildschirm. Wettrennen waren nahezu unmöglich, weil man für die Zusatzbelohnung auch nicht auf Digimon oder Hindernisse stoßen durfte. Außerdem gab's noch das Kartenspiel - 5 Karten gegen 5 Karten, werden gegeneinander eingesetzt, die höhere gewinnt ... zumindest in der Regel, in Abhängigkeit der Typen (Serum/Datei/Virus) und manchmal auch nicht, keine Ahnung, warum. Hin und wieder hat ein Lv4-Virus gegen ein Lv7 Serum gewonnen, was eigentlich nicht sein dürfte. Das Kartenspiel war eh ziemlich undurchsichtig und brachte auch keine wirklichen Belohnungen, außer eine Nebenquest ganz am Ende, das haben andere Minispiele deutlich besser hinbekommen (Es'owa aus SO6 z.B.).
2) Nicht vorhandene Schwierigkeit, das Auto-5x-Kampfsystem und ein geskripteter letzter Boss
Der ganze Kampfablauf in Time Stranger hat mich nicht beeindruckt zurückgelassen. Vielleicht spielten auch falsche Erwartungen eine Rolle, bezogen auf die anderen Digimon-Spiele: Cyber Sleuth und Hacker's Memory rückten mit ziemlich unschönen Bossen an (Eater Eve, UlForceVeedramon HM) und Next Order ist geplagt vom Auto-Kampfsystem, das gerne mal irgendwelche Digimon in Stücke riss, die sich gegen den nächstbesten Feuer-7-AoE nicht wehren konnten. Bei Time Stranger dagegen hatte ich keine Probleme dieser Art. Das Spiel spielt sich vom Anfang bis zum Ende gleich öde, man nutzt nur Hell crusher 3 statt 1 oder 2 und die Gegner sehen nur etwas gefährlicher oder bedrohlicher aus. Fordernde Bosse im engeren Sinne - sodass man sie nicht im Auto-Kampf erledigen konnte (im Übrigen ein absolut niedriger Maßstab) gab es vielleicht zwei bis drei im Hauptgame (Titamon/SkullBaluchimon, Parrotmon fallen mir ein) und Apocalymon/den Gauntlet im Postgame. Das ist nicht, was ich von Digimon erwarte. Es hilft hierbei auch nicht, dass mehrere Aktionen pro Runde ermöglicht wurden, unter der Argumentation, man würde das später mal brauchen. Nein, braucht man nicht. Item-Anwendung bis zu 3x/Runde war komplett lächerlich, die Kreuzungskünste im Allgemeinen genauso, man konnte trotzdem noch regulär angreifen. Zuletzt noch zu der fünffachen Geschwindigkeit, in der das Kampfsystem ablief - alleine die Notwendigkeit dessen besagt schon, dass das Kampfsystem seine Schwächen hat. Das alles, während Hard den höchsten verfügbaren Schwierigkeitsgrad darstellte und man für Mega(+) nochmal über ein 50h-Abenteuer gehen durfte – danke, aber nein danke.
Grundsätzlich wurde die Einzigartigkeit jedes Digimons durch einen Aspekt betont - den Signaturangriff, ergo z.B. Lilithmons Phantomschmerz, MetalSeadramons Energiefluss oder HerkulesKabuterimons Gigastoß. Im schlechtesten Fall war das nur ein stärkerer Angriff mit keinen weiteren Effekten, im besten verursacht dieser zusätzliche Statusveränderungen oder Debuffs. Als Beispiel: Phantomschmerz untersagte jegliche Heilung für drei Runden und verursachte tödliches Gift. Für den letzten Boss war das zwar irrelevant, aber man wird gar nicht glauben, was alles an Bossen paralysiert, gelähmt, verwirrt oder vergiftet werden konnte. Natürlich nutzten Bosse das in ähnlicher Art und Weise: Dianamon lullte ganz gerne die gesamte eigene Party ein, sodass sie anschließend ein paar Angriffe auf eine schlafende Party ohe Gegenwehr loslassen konnte. Dem ist man mit Schutz gegen Statusveränderungen beigekommen, ansonsten sah's eher düster aus. Was gegen jede Art von Gegner Wirkung gezeigt hat, war die Umkehr-Statusveränderung: Die änderte Stärken in Schwächen um und umgekehrt, sowohl bei den Elementen (Wasser > Feuer wurde zu Feuer > Wasser) als auch bei dem Typendreieck (Virus > Datei > Serum > Virus). Beides zusammen addierte sich auch bis zu fünffachem Schaden auf, den ein einzelner Angriff anrichten konnte. Aus diesem Grund war's auch sinnvoll, die vier zusätzlichen Angriffs-Slots mit möglichst vielen Elementen zu belegen, um eine Antwort auf jedes Element zu haben. Elementschwächen und -Resistenzen konnte man nicht einsehen, sondern musste man einmal ausprobieren. Logik hat hier aber auch gut funktioniert - Maschinen zeigten Anfälligkeit gegen Blitz, Dunkelheit gegen Maschinerie, Feuer gegen Wasser und Pflanzen gegen Feuer - nicht besonders spannend.
Vielleicht noch zum Abschluss bisschen was über die Kämpfe selbst: Bosse besaßen grundsätzlich ziemlich irre HP-Werte (schön, damit die fünffache Geschwindigkeit des Kampfsystems als etwas Positives empfunden werden kann), aber selten eine wirkliche Art von Gimmick - häufig ging's nur um Schaden, Buffs und ziemlich viele Züge hintereinander. Das ist ein Punkt, den Digimon-Games ganz gut umsetzen: Man spielt zwar in der Regel in einem Team von dreien oder vieren gegen einen einzigen Gegner, dieser hat aber auch Züge in einem ähnlichen Ausmaß. Das hätte an dieser Stelle schon ausgereicht, aber man hat beschlossen die Balance zusätzlich zu kippen. Bei Items gab's alles Wünschenswerte: Volle HP-/SP-Heilung für alle Mitstreiter, Wiederbelebung und Ailment-Heilung. Viel mehr brauchte man nicht. Die letzte Kreuzungsfähigkeit konnte ähnlich wie Items neben dem eigentlichen Angriff durchgeführt werden, buffte alle Mitstreiter für drei Runden und gab ihnen ein 2-Layer-Schild, das sämtlichen Schaden abgefangen hat, aber keine Ailments. Man konnte auch stattdessen zusätzlichen Schaden gegen alle anrichten, was einem bei Boss-Schilden zugutekam. Hat man die nicht durchbekommen, war's gegen Anfang vielleicht noch Game Over, später haben sich Versagen hierbei nicht weiter ausgewirkt. Der letzte Boss, Chronomon war nebenbei ziemlich episch aufgezogen, mit wunderschönen Animationen und mit in die Story selbst integrierten Fähigkeiten, die er zur Schau stellt - dafür aber auch komplett geskriptet, man kann fast gar nicht verlieren. Bin mir nicht ganz sicher, wie ich dem gegenüber stehen soll. Der Postgame-Superboss-Gauntlet gegen eine stärkere Form von Aegio-Jupitermon neben noch 13 weiteren Digimon war zwar ganz cool, aber auch nicht so spannend, als dass er irgendwas reißt. Schön, dass das einer von gefühlt fünf Kämpfen war, bei dem man mit dem Auto-Modus nicht weitergekommen ist, das ist aber auch echt ein niedriger maßstab - gerade für einen Superboss.
Fazit (4,0/10):
Time Stranger warb zu Release mit strategischem Gameplay und einer Neuinterpretation der Digifarm. Von dem strategischen Gameplay ist nicht viel übrig geblieben (lies: es ist ein Witz) und die Digifarm war in vielerlei Hinsicht nicht durchdacht. Mal ganz davon ab, dass man Digivolutionen währenddessen nicht mal nachgucken konnte, sondern erst mal ins Menü gehen durfte. Warum so umständlich?
Wenn ich eine Sache nennen müsste, die mich an Time Stranger ärgert, ist's wohl der abgeänderte Fokus bei der Digivolution von Digimon. Man kann munter experimentieren, muss nicht auf Verbindungen zwischen Digimon achtgeben, kann seine Digimon ohne Ende mit Stats vollpumpen, begrenzt durch die Moneten - was ich einfach für kein gutes System halte. Nur unwesentlich besser spielt sich das Kampfsystem, und zwar das ganze Spiel über - man zimmert mit Erstschlag drauf, den Rest erledigt der Auto-Kampf. Das funktionierte selbst bei Bosskämpfen und die fünf Szenarien, in denen das nicht so war, waren eher die Ausnahme als die Regel.
Die Story empfand ich gegen Ende hin als ... ja, vielleicht nicht gelungen, gerade wegen dem dümpeligen Anfang, aber zumindest okay - läuft ein wenig zu glatt ab, aber naja. Reibungen unter den Partymitgliedern gibt's fast keine und eigentlich wegen dem spärlich greifbaren Antagonisten auch sonst nicht allzu viel. Der Bad End Simulator in der zweiten Hälfte zeigt zwar Wirkung, dauert aber auch eine Spur zu lange, bestimmt für 1/3 des Spiels - dafür dass die Entwicklung der einzelnen Olympus XII nur eine Fassade ist. Time Stranger hat auch ganz gut umgesetzte Aspekte, wie bemerkenswerte Umgebungsunterschiede in Dungeons der Vergangenheit und der Gegenwart oder eben ein Großteil der Nebenquests, aber zum Einen sind die nur ein Teilaspekt ... und dann werden die von der Designentscheidung runtergezogen, 35 Stück davon nur wegen Plot-Convenience ans Ende zu klatschen. Ne, so bitte nicht.

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