@ Corti
Ja, genau darum geht es mir ja: Wann kann so ein Spielbestandteil etwas Gefallensteigerndes beitragen? Wie muss er gestaltet werden, um welche Spielweise zu erhalten, die welche Vorliebe bedienen soll? Die Sid-Meyer-Formel der "interessanten Entscheidungen" mag man da durchaus anlegen, weil es schon etwas konkreter als "muss halt den Spielspaß steigern" klingt. Wobei ich hier niemanden im Verdacht habe, explizit "langweilige Entscheidungen" als Ideal zu verfechten.


@ caesa_andy
Die Spitzfindigkeit, Blindheit sei als Zustandseffekt doch bitte anders zu sehen, übergehe ich mal. Es geht mir doch gerade um die Spielsituationen, in denen die Trefferwahrscheinlichkeit einen spielerischen Mehrwert haben kann. Blindheit ist eine Variante.

Bleibt der Punkt des Entscheidungspotentials. Du gibst ihn als absolut aus und wiederholst ihn wohl auch deshalb ständig, weil du fürchtest, ich verstehe dich nicht. Nur habe ich deine Position durchaus wahrgenommen, schreibe ja selbst just in dem von dir zitierten Beitrag vom Frustpotential durch Unbeeinflussbarkeit (was du nachher sogar selbst zitierst).
Die unbedingte Unterworfenheit des Spielgeschehens unter die Entscheidungen des Spielers ist aber weder der heilige Gral der Kriegskunst (gut, was Clausewitz, Moltke und Murphy sagen, kann dem an Spielspaß interessiertem Entwickler egal sein). Noch ist es das eherne Gesetz des Taktikgenres. Schaden variiert - auch ganz unabhängig von der vorgenommenen Zugfolge, auch mal bis runter auf Null, weil beispielsweise der Panzer die Feindeinheit mit Pech eben nicht wirft. Gerade das fördert Absicherungssicherungsstrategien. In besonders knackigen Spielen müssen sogar alle Züge einer Runde erst geplant werden und werden dann auf einmal ausgeführt. Den Misserfolg als Variante in die Planung einzubeziehen, Alternativlösungen zu entwickeln, sind durchaus anregende Herausforderungen. Durch den Gruppenkampf habe ich immer die Alternative in Form der Gefährtenhandlung im System. Gehören Luftschwinger zur Kampfweise des Spiels, bietet mir der Gruppenkampf inhärente Möglichkeiten, damit planerisch umzugehen. Die Gefährtenaktion ist eine Entscheidung.

Selbst die zunächst banal erscheinende Standardtrefferwahrscheinlichkeit von 95% kann ein Schritt in diese Richtung sein, wenn der Prozentwert statt bloßer Willkür eine planerisch relevante Systematik verheißt, die dem Spieler zudem vernünftig kommuniziert wird.
Beispiel: Nicht nur der Schaden, auch die Trefferwahrscheinlichkeit kann vom Verhältnis aus Gegnerart und gewählter Waffenart beeinflusst werden. Surrende Mücken erwischen sich mit der Klatsche besser als mit der Nagelbolzenpistole, entsprechend ist die Trefferrate. Das geht selbst mit dem Standardsystem (Waffenduplikate mit unterschiedlichen Trefferraten vorhalten und gegnerentsprechend zuteilen). Der Spieler ist dem in dieser Form ebenfalls nicht einfach einflusslos ausgesetzt.

Interessant wird es noch einmal, wenn die seelischen Kosten für den Spieler kalkuliert werden sollen. Ein schlechter Verlierer wird viel unwirscher auf Patzer reagieren als eine Frohnatur. Ein gewinnendes Spiel, das den Spieler durch ergänzende Stärken bei der Stange hält, kann sich einen Kampfzuschnitt sicher eher leisten, bei dem der Spieler die gottgleiche Kontrollgewalt (meint nicht: generell herausforderungsbefreit) nicht ausüben darf.

Nur nebenbei: Falls Zeit und Muße mal zusammentreffen und du mit der angejahrten Grafik leben kannst, hole "Jagged Alliance 2" (Die Zwei ist wichtig) ruhig nach. Als Entwickler schadet es nichts, die Glanzlichter der Nachbargenres zu kennen. Das Spiel ist eines der besonders hellen.