Wer sagt denn, dass Weltherrschaft immer mit irren Allmachtsphantasien und totaler Zerstörung zu tun haben muss?
Warum sollte jemand die Welt beherrschen wollen?
Warum sollte jemand das Kaiserreich beherrschen wollen?
Warum sollte jemand seinen Landstrich beherrschen wollen?
Weil es möglich ist. Weil Menschen nach mehr streben und mehr nehmen wenn sie es kriegen können. Einige glauben, dass sie es verdient haben, andere sind erzogen es einfach als grundlegend erstrebenswert anzusehen, andere brauchen die Herrschaft als Werkzeug um etwas zu erreichen. Die Weltherrschaft ist nur die Level99-Version der Herrschaft über die größte Sandkiste auf dem Spielplatz. Irgendwer versucht immer irgendwas zu erreichen, das ist menschlich. Der König aus dem Nachbarland ist menschlich und schon aus Prinzip glaubwürdig wenn er alles will, weil es reicht alles zu wollen um menschlich zu sein. Wären wir ein Volk aus blauen Weltraumschlümpfen im Einklang mit der Natur könnten wir fragen "Warum, was sollte er damit wollen?" aber ehrlich~ wir sind Menschen. Ambition hat uns von der Höhle zur Skyline gebracht, vom Knochen-Knüppel in der Hand zur Entschlüsselung unseres eigenen Genpools.
1. Saurons: Der Sauron unter den Weltherrschern folgt dem klassischen Motiv ("weil wegen") und eignet sich vor allem als Bösewicht, der nur selten eingeblendet wird. Er ist der Schwarze Mann im Schrank, das Monster unter dem Bett und als solcher schon hinreichend konturiert.
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Sauron himself ist ein Grenzfall, weil HdR ein Klassiker ist. Das Buch selber entstand schon vor Jahrzehnten und einfach saurons Motive umzudeuten, wäre sinnlos gewesen, weil das Buch grade deshalb so beliebt ist, weil es ist, wie es ist.
In Projekten, die auf aktuelleren Vorlagen beruhen, findet sich das Motiv Weltherrschaft grundsätzlich aber dennoch nicht mehr all zu oft.
Zitat
2. Nazi-Sith: Solche Weltherrscher haben konkret gefasste Ziele und benötigen die Macht als Mittel. Sie wähnen sich als Heiler, als Veredler, als konstruktive Widerstandsbrecher, finden manch andere zum Ausmerzen doof oder ertragen vielleicht einfach nicht die Gesellschaft von Nicht-Sklaven. Solche Leute darf man natürlich auch selbst spielen, sei es ironisch gebrochen wie in "Evil Genius", sei es als interessante Spielerfahrung wie in "Civilization". Natürlich habe ich dort immer ausschließlich für die Zwecke des Guten (also meines Willens) die Weltherrschaft an mich gerissen.
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Auch die Sith entstammen einer Zeit, in der die Medienwelt noch eine andere, war als heute. Und das die Nazis seit jeher als Sinnbild für Größenwahn herhalten müssen, ist ja nichts Neues. Obwohl mir ehrlich gesagt außer diesem ... öh ... Flugscheiben-Film (hab den Namen schon wieder vergessen ... irgendwas mit Iron?), aber auch kein Beispiel aus der jüngeren zeit einfällt. Es mag sein, das das theme hin und wieder noch aufgegrifen wird ... ich sagte ja auch nie, dass es ganz verschwunden sei. Aber es kommt eben nicht mehr so oft vor, wie früher.
Vor 2 Jahrzehnten war die Weltherrschaft in der Phantasik noch DAS Standard-Motiv für jeden Schurken, der was auf sich hielt. Davon ist heute nur noch wenig über geblieben.
Zitat
3. Marsianer: Wir sind im Weg. Die Welt wird in Gänze für den Eroberer benötigt, er will gar nicht beherrschen, sondern komplett für sich in Beschlag nehmen. Der Menschheit droht nicht die Knote eines fremden Willen, sie soll komplett vernichtet werden. Meist spielt man gegen solche Leute (X-Com), gelegentlich findet sich aber auch ein Spiel, in dem man die Gegenseite verkörpern darf ("Plague Inc.").
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Das wiederum würde ich nicht unbedingt mit der Weltherrschaft gleichsetzen. Es geht dabei ja eher um Vernichtung. Das angreifende Volk sucht neuen Lebensraum - oder neue Rohstoffquellen - und versucht, die bereits vorhandenen Besetzer auszurotten um sich selber breit zu machen. Das ist ein zwar grausames, aber durchaus logisches Motiv.
Bei der klassischen Weltherrschaft geht es demgegenüber aber eigentlich eher um Unterdrückung, weniger um totale Vernichtung.
Zitat von Corti
Weil es möglich ist. Weil Menschen nach mehr streben und mehr nehmen wenn sie es kriegen können. Einige glauben, dass sie es verdient haben, andere sind erzogen es einfach als grundlegend erstrebenswert anzusehen, andere brauchen die Herrschaft als Werkzeug um etwas zu erreichen. Die Weltherrschaft ist nur die Level99-Version der Herrschaft über die größte Sandkiste auf dem Spielplatz. Irgendwer versucht immer irgendwas zu erreichen, das ist menschlich. Der König aus dem Nachbarland ist menschlich und schon aus Prinzip glaubwürdig wenn er alles will, weil es reicht alles zu wollen um menschlich zu sein. Wären wir ein Volk aus blauen Weltraumschlümpfen im Einklang mit der Natur könnten wir fragen "Warum, was sollte er damit wollen?" aber ehrlich~ wir sind Menschen. Ambition hat uns von der Höhle zur Skyline gebracht, vom Knochen-Knüppel in der Hand zur Entschlüsselung unseres eigenen Genpools.
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Der Begriff "Ambition" past hier meiner Ansicht nach nicht, weil Nonsense in sofern Recht hat, dass zwischen dem Individuum und der Weltherrschaft immer ein grauenvoller, logistischer aufwand steht.
Klar ist es menschlich, mehr zu wollen, keine Frage. Aber so lange "Allmachtsphantasien" keine Rolle spielen, wägen die meisten menschen TROTZDEM immer noch ab, ob das Ziel mit einem realistischen Aufwand zu erreichen ist. Als gutes Beispiel mögen hier die Nazis dienen. Deutschland hatte Anno dazumal die modernste und größte Streitmacht der Welt. Nicht einmal die Amerikaner waren nur annähernd so gut bewaffnet. Aber trotz dieser Power und ihrer grenzenlos Grausamkeit gegenüber subversiven Elementen haben es die Nazis über Jahre hinweg nicht geschafft, Frankreich wirklich unter Kontrolle zu bringen. Und das war nur EIN LAND.
Wenn ich ein Land wirklich BEHERRSCHEN will ... wie wiel Zeit ist nötig, um meine Eroberung in mein Land zu Integrieren? 10 Jahre? 20 Jahre? Und selbst damit wird es nicht klappen. Man schaue sich nur an, was derzeit in der Ukraine los ist. Russische Bevölkerungsgruppen, die über Jahrzehnte hinweg friedlich waren, begehren plötzlich gegen die Regierung auf. Unterdrücke ich das Identitätsgefühl eines Volkes, um es kontrollieren zu können, erzeuge ich damit ein Pulverfass. Ein einziger Funke lässt ein solches dann explodieren.
Und das auch noch Jahrzehnte nach einer Zugehörigkeitsänderung.
Den Römern erging es damals nicht anders. Über Jahrhunderte Hinweg ein großes Reich aufgebaut. Aber irgendwann waren die Kaiser nicht mehr "stark" genug, und alles ist zerfallen, weil die "Identität" jedes einzelnen Staates wieder durchgebrochen ist. Oder Dshingis kahn. genau dasselbe. War die Mongolei einstmals das größte Landreich der Welt udn so mächtig, das die Chinesen aus Angst vor ihnen eine 1000 Kilometer Lange Mauer gebaut haben, ist das Reich nach dem Tod von Dshingis Kahn innerhalb weniger Jahre zerfallen. Oder das osmanische Reiche? Persien? Alexanders Mazedonien? Das britische Commonwealth? Jedes dieser Reiche hatte nur einen sehr, sehr kurzen Bestand.
Die Geschichte lehrt uns mehrfach, dass man Nationen nicht einfach unterdrücken kann. Je schneller ich expandiere, desto größer ist die Gafahr eines Super-Gaus, weil meine Truppen irgendwann nicht mehr ausreichend sind, um das bereits eroberte Territorium auch unter Kontrolle zu halten. Sobald ich als selbsternannter Herrscher in eine Solche Schwächephase eintrete, fliegt mir ein teil meines Reiches um die Ohren. Und dass ist nicht selten der Ausgangspunkt eines Domino-Effektes, der dann alles zum Einstürzen bringt.
Dazu kommt, dass manche Flecken Erde eine Eroberung nicht einmal wert sind. Warum sollte ich als rational denkernder Mensch Mittel investieren, um einen Landstrich zu befrieden, der weder nutzbares Ackerland noch Bodenschätze bietet? Der Regierungschef, dem ich diesen wertlosen Fetzen Erde wegnehme, ist vermutlich sogar noch froh, dass er ihn los ist. Und ich habe die rebellischen Einwohner an der Backe. Für ... nichts.
Die Theoretische Begründung "Weltherrschaft, weil er Mensch ist" ist also sinnlos. Jeder halbwegs rational denkende Mensch wird erkennen, dass dieses Konstrukt nicht für ihn zu erreichen ist. Absolute Weltherrschaft erfordert entweder einen so gewaltigen, logistischen Aufwand, dass dieser unmöglich zu stemmen ist, oder sie erfordert viel Zeit bei einer langsamen Expansion ... 100 jahre, vielleicht 1.000. Und auch dann werde ich niemals Weltherrscher sein. Höchstens meine Nachkommen irgendwann.
Noch schlimmer als Weltherrschaft finde ich das Motiv der "Zerstörung" der Welt, wenn es doch offensichtlich ist, dass der Antagonist nichts davon hat (Ausnahmen gibt es, zB Kefka mit seinem Monument des Nihilismus).
Mir gefallen Geschichten, in denen die Motive des Antagonisten verständlich und nachvollziehbar sind. Damit will ich aber Geschichten mit diesen Weltenzerstörern oder Welteneroberer "ohne Plan was danach kommt" nicht verteufeln. Da geht es in der Regel um anderes. Aber das sollte dem Spielersteller auch bewusst sein. Er muss sich fragen, was die Aufgabe des Antagonisten ist. Natürlich ist er immer ein Widerstand. Aber was für einer? Was überwindet der Held mit ihm genau? Einen persönlichen Konflikt? Angst? Schwäche? Isolation? Hass?
Oft ist es daher nicht nötig, dass eine Figur rundum ausgearbeitet ist. Es geht vielmehr darum, wie sie die Geschichte spannend macht. Wir können schliesslich auch keine perfekt ausgearbeitete Figur erschaffen. Das wäre viel zu komplex und der Geschichte nicht dienlich. Eine Figur muss nur so ausgearbeitet wie nötig sein. Und das hängt eben von der Geschichte als Ganzes ab.
Zitat
Deshalb sind auch Schurken mit edlen Absichten so schwer glaubhaft umzusetzen. Wenn dem Konsumenten gegenüber nämlich der Eindruck entsteht, die Verbrechen die der Schurke begeht, wären ein akzeptabeles Opfer hinsichtlich seiner Motive, dann fällt es ihm schwerer, mit dem Helden mitzufiebern ... denn im Extremfall möchte er sogar, dass der Schurke am Ende erfolg hat.
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In solchen Fällen wird in der Regel damit gearbeitet, dass es kein wirkliches "richtig" oder "falsch" gibt, sondern eben verschiedene Ansichten aufeinander treffen. Ich persönlich finde dies viel spannender, weil ich eben nicht 100% hinter dem Helden stehe oder, sollte der Held gut konstruiert sein, seine Zweifel teile. Wird eine nicht nur negativ belastete Beziehung zum Antagonisten aufgebaut, fühlt sich der Konflikt für mich stärker an. Es entstehen Skrupel, Zweifel. Man stellt sich die Frage, wie die Welt denn aussehen würde, wenn der Antagonist gewonnen hätte.
Das mit Abstand stärkste Beispiel eines solchen Antagonisten findet sich in Shadow Hearts Covenant. Noch Jahre, nachdem ich das Spiel gespielt habe, fühle ich mit dem Antagonisten mit. Auch Jahre später kann ich an seinem "bösen Plan" nichts böses erkennen und ich denke, hätte er Erfolg gehabt, wäre die Welt von Shadow Hearts eine bessere geworden. Hinzu kommt, dass für die Umsetzung seines Planes nicht einmal Opfer erforderlich gewesen wären. Im Gegenteil: Es wären Millionen, wenn nicht Milliarden gerettet worden. Auch der Held hätte keinen Nachteil dadurch erfahren. Im Gegenteil: Er hätte seine grosse Liebe nicht opfern müssen. Und dennoch kann ich auch die Sichtweise des Helden verstehen. In meinen Augen eine fantastische Konstellation von Protagonist und Antagonist. Bis zum Ende verstehen sie die Absichten des Gegenübers und kämpfen unter dem Einsatz ihres Lebens für die eigenen, ohne voreinander den Respekt zu verlieren.
In solchen Fällen wird in der Regel damit gearbeitet, dass es kein wirkliches "richtig" oder "falsch" gibt, sondern eben verschiedene Ansichten aufeinander treffen. Ich persönlich finde dies viel spannender, weil ich eben nicht 100% hinter dem Helden stehe oder, sollte der Held gut konstruiert sein, seine Zweifel teile. Wird eine nicht nur negativ belastete Beziehung zum Antagonisten aufgebaut, fühlt sich der Konflikt für mich stärker an. Es entstehen Skrupel, Zweifel. Man stellt sich die Frage, wie die Welt denn aussehen würde, wenn der Antagonist gewonnen hätte.
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Das ist richtig. Das Problem an diesem vorgehen ist aber, das dann in den meisten Fällen eine zweite Ebene in die Handlung eingeflochten wird, um die motive des Protagonisten zu stärken. Und dabei handelt es sich dann in 90% aller Fälle - wie in meinem beispiel mit Assassins Creed - um das inzwischen AUCH extrem ausgelutschte Rache-Motiv.
Lässt der Autor zwei Handelnde Figuren gegeneinander Antreten, deren Absichten und Motive für einen außenstehenden betrachter gleichwertig sind, führt dies meistens dazu, das der Protagonist im Verlauf der Handlung durch den Antagonist einen persönlichen verlust erleidet, der den Zuschauer wiederum stärker an den Protagonisten bindet. Solche Geschichten sind daher auch nicht zwingend wirklich "besser" oder kreativer als solche, mit einem klar als böse definierten Antagonist.
Vor 2 Jahrzehnten war die Weltherrschaft in der Phantasik noch DAS Standard-Motiv für jeden Schurken, der was auf sich hielt. Davon ist heute nur noch wenig über geblieben.
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Bei "Star Wars" und dem "Herrn der Ringe" hast du dich für meine Begriffe etwas zu sehr an ihrer Entstehungszeit abgearbeitet. Ich halte ihre anhaltende Popularität - ist ja angesichts der Eintrittsgelder kaum von der Hand zu weisen - für ein vielsagenderes Kriterium darüber, ob Welteroberer heutzutage immer noch akzeptierte Bösewichte abgeben. Den Leuten gefällt's.
Da du noch nach aktuellen Nazi-Beispielen gefragt hast:
"Wolfenstein - The New Order" ist gerade im Anflug. Ob es ein Verkaufserfolg wird, kann ich natürlich noch nicht sagen. Die geschickt arrangierten Trailer allerdings stoßen bereits auf Interesse.
"South Park - Stab der Wahrheit" ist Ubisofts erstes Nummer-1-Spiel im Jahr 2014 und setzt auf eine geradezu beängstigende konventionelle Mischung des Welterobererstandards: [SPOILER] Außerirdische infizieren die Welt mit Nazizombies.
Im Kino standen in letzter Zeit eher die Indiana-Jones-Bösewicht-Nazis im Rampenlicht. Sowohl "Captain America - The First Avenger" als auch "Inglourious Basterds" waren mehr vergnügliche Stereotypen-Collage (inkl. Herrschaftsstreben) als ernsthafte Auseinandersetzung. Vielleicht ist die Verwendung des Filmmaterials aus "Der Untergang" auf Youtube (Hitler fährt Mario Kart und dergleichen) ein zusätzlicher Hinweis auf die aktuell gepflegte Lieblingsweise des Umgangs mit Filmnazis. Sie werden eher als Kernbösewichte denn als Vertreter einer gesschichtswissenschaftlich analysierten Gruppierung dargestellt.
Soviel als Ausriss. Ich wollte nur demonstrieren, dass das Thema "Weltherrschaftsbösewicht in schwarzer Uniform" nach wie vor sehr präsent ist. Medienübergreifend behaupte ich also: Viele Spieler können nach wie vor etwas damit anfangen und haben Spaß an solchen Konstellationen.
Zitat von lucien3
In solchen Fällen wird in der Regel damit gearbeitet, dass es kein wirkliches "richtig" oder "falsch" gibt, sondern eben verschiedene Ansichten aufeinander treffen. Ich persönlich finde dies viel spannender, weil ich eben nicht 100% hinter dem Helden stehe oder, sollte der Held gut konstruiert sein, seine Zweifel teile. Wird eine nicht nur negativ belastete Beziehung zum Antagonisten aufgebaut, fühlt sich der Konflikt für mich stärker an. Es entstehen Skrupel, Zweifel. Man stellt sich die Frage, wie die Welt denn aussehen würde, wenn der Antagonist gewonnen hätte.
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Wir hatten kürzlich eine Diskussion im Forum, ob soviel eingebetteter Sinn für Graustufen wirklich erzählerisch stärker als die Märchenvariante vom Dunklen Herrscher sei. Als naheliegendes - wenngleich lösbares - Problem fällt mir zunächst die Frage nach der Heldenmotivation ein, sollte der Gegner von eigentlich recht akzeptablen Ansichten durchdrungen sein. Man könnte den Helden als unbeirrbaren Trottel darstellen, man könnte die Handlung als klassische Tragödie aufziehen, man könnte den Konflikt in sich zusammenfallen lassen, man könnte den Finalkampf als Rhetorenwettbewerb austragen, man könnte den Helden als eigentlich Bösen behaupten oder oder oder. Mir macht es allerdings mehr Spaß, den Schurken zu bezwingen. Mit einem Schwert. Und einem Raketenwerfer. Und zum Schluss fällt der Schurke schreiend in die Tiefe und der Held kriegt das Mädchen. Wieder und wieder.
Bei "Star Wars" und dem "Herrn der Ringe" hast du dich für meine Begriffe etwas zu sehr an ihrer Entstehungszeit abgearbeitet. Ich halte ihre anhaltende Popularität - ist ja angesichts der Eintrittsgelder kaum von der Hand zu weisen - für ein vielsagenderes Kriterium darüber, ob Welteroberer heutzutage immer noch akzeptierte Bösewichte abgeben. Den Leuten gefällt's.
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Von Herr der Ringe habe ich ja das Buch gelesen. Außerdem habe ich Star Wars, sowie die Filme zu Herr der Ringe gesehen. Ich denke, man muss hier auch noch darauf achten, worauf eine Werk seinen Fokus legt. Wenn der Bösewicht sowieso weniger eine Rolle spielt, dann reicht es, dass eine Bedrohung da ist. In Herr der Ringe tritt Sauron ja nun nicht wirklich auf. Die Geschichte hat auch nicht zum Thema Sauron zu bekämpfen. Dieser Ring soll vernichtet werden. Dazwischen liegt stark der Fokus auf den gut inszenierten Schlachten und auch der sehr guten Musik(im Film). Da ist es eigentlich total egal, wie der Bösewicht gestaltet ist. Er tritt sowieso vertreten durch seine Armeen von bösartigen Kreaturen auf - und selbst dort muss nicht darauf geachtet werden dass, irgendwelche gut ausgearbeiteten Charaktere vorhanden sind(sind es ja bei Herr der Ringe nicht). Die Geschichte zieht einfach Meiner Meinung nach viel Unterhaltungswert allein daraus, dass man die Menschen zeigt und wie diese mit der Bedrohung umgehen und ihre alten Bündnisse erneuern.
@Andy:
Selbstverständlich ist Eroberung keine einfache Sache. Aber das macht es ja nicht weniger reizvoll. Bedeutet es dadurch nicht viel mehr Ruhm und Legendenstatus für den Eroberer, dessen Familie und Mitstreiter? Dass Länder auch Jahre nach der Besetzung aufbegehren ist Tatsache, ohne diesen Funken der Revolution, der auszubrechen droht gäbe es ja für den Helden auch keine Unterstützung im Kampf gegen den Weltherrscher. Ich denke nicht, dass die Schwierigkeit der Sache jemanden aufhält, der die Möglichkeit und die Psyche dazu hat es zu versuchen. Ich weiß nicht ob Alexander der Große wirklich die bekannte Welt wollte, oder ob er sich in Persien dachte "hey, ich bin so weit und es lief ganz gut, bis zum Ganges schaff ich es auch noch!", ich weiß, dass Alexander ein schlauer Kerl war, weil er eroberte Länder nicht seine Kultur aufgezwungen, sondern ihre Kultur der seinen hinzugefügt hat. Die Schwierigkeit und wie damit umgegangen wird kann den Herrscher in der Geschichte interessant machen.
Das ist soweit richtig, trotzdem bleibe ich dabei:
"Weil ich Mensch bin" ist in meinen Augen nunmal kein plausibler Grund um nach der Weltherrschaft zu streben
Sicher KANN es Leute geben, die das versuchen würden. Aber Paul Pansenkötter, der bierschlürfend auf seiner Terrasse liegt und den Kindern beim Toben im HGarten zu schaut, ist auch ein mensch und wird ohne zweifel auch Ambitionen haben. Nur ist "Weltherrschaft" wohl kaum eine davon
Angesichts der Lehren, die wir aus unserer Geschichte ziehen, muss einfach doch konkret gesagt werden: Wenn jemand wirklich die Weltherrschaft wollen würde, dann ist da schlicht eine übermäßige Portion Größenwahn und Allmachtsphantasie im Spiel. Und das hast du ja verneint. Die meisten Menschen werden versuchen, die Ziele zu erreichen, die sie realistisch auch erreichen können. Und den Rest maximal in ihrer Phantasie ausleben ... oder in Maker-Spielen
Wenn tatsächlich jemand versuchen würde, eine Weltherrschaft unter seiner unmittelbaren Kontrolle zu etablieren, dann ist da längst der Blick für die Realität verloren gegangen.
Zitat von real Troll
Bei "Star Wars" und dem "Herrn der Ringe" hast du dich für meine Begriffe etwas zu sehr an ihrer Entstehungszeit abgearbeitet. Ich halte ihre anhaltende Popularität - ist ja angesichts der Eintrittsgelder kaum von der Hand zu weisen - für ein vielsagenderes Kriterium darüber, ob Welteroberer heutzutage immer noch akzeptierte Bösewichte abgeben. Den Leuten gefällt's.
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Auch bei StarWars ist das Allmachts-Syndrom aber inzwischen ziemlich verwässert. Die Sith mögen nach wie vor die Bösen sein, Antagonist waren in den Letzten drei Filmen aber pro Forma die Handelsföderation und diese Rebellenliga. Und deren Ziele "kippen der Handelssteuer" und "Unabhängigkeit von der republik" sind weit von "Herrschaft über alles" entfernt. Noch vor 20 Jahren hätte der Plot "Palpatine will alles" vermutlich ausgereicht, um die Kinos zu füllen. Heute versetzte man das ganze mit einer subtilen Verschwörungs-Story.
Zitat
Ich wollte nur demonstrieren, dass das Thema "Weltherrschaftsbösewicht in schwarzer Uniform" nach wie vor sehr präsent ist. Medienübergreifend behaupte ich also: Viele Spieler können nach wie vor etwas damit anfangen und haben Spaß an solchen Konstellationen.
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Und mir geht es darum, aufzuzeigen, dass das Thema zwar noch vorhanden sein mag, inzwischen aber nicht mehr so dominant ist. Vor 20 Jahren hat Weltherrschaft als alleiniges Kriterium für eine Handlung ausgereicht. Heute präsentieren uns Spiele, wie etwa FF10 und FF12, statt des klassischen Welteroberers wahlweise einen Seymor, der ganz offensichtlich geistesgestört ist oder einen Vayne, dem es weniger um absolute Kontrolle geht, als darum die Herrschaft der Götter über die Sterblichen zu brechen.
Bei Indiana Jones liegst du übrigens falsch, denn der letzte Jones-Schurke waren mitnichten die Nazis, sondern die Russen. Und die strebten zuerst einmal nicht nach der Weltherrschaft, sondern lediglich nach dem Wissen, wie diese zu erlangen wäre. Einmal ganz abgesehen davon, dass diese Russenfrau, die den letzten Antagonisten geben durfte, zwar zweifellos intelligent war, aber trotzdem auch gehörig einen an der Klatsche hatte.
Das Thema mag also durchaus noch präsent sein. Aber seltener als früher. Und da, wo es noch präsent ist, wird es heute oft unter einem anderen Licht betrachtet. Als Tolkien seinen HdR schrieb, durften Weltherrscher in Spe noch mächtige, verschlagene Schurken sein, wie ein Saruman oder halt auch Palpatine. Wo potentielle Weltherrscher heute auftreten (ohne, das eine entsprechende Vorgeschichte vorhanden wäre) werden Sie meistens mit einer gehörigen Portion Größenwahn und geistiger Verwirrtheit assoziiert ... das ist grade bei Nazi-Story übrigens Usus. Die Nazis sind sind ja so was wie ein Synonym für Geisteskranke Möchtegern-Weltherrscher.
Auch das ... die Nazis als rationale und schlaue Feinde darzustellen, statt als Irre, wäre vor 20 oder 30 Jahren wohl noch einfacher gewesen.
Solche Geschichten sind daher auch nicht zwingend wirklich "besser" oder kreativer als solche, mit einem klar als böse definierten Antagonist.
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Nein, sind sie tatsächlich nicht. Wie gesagt, mag ich sie lieber, aber für besser halte ich sie nicht.
Beispielsweise fand ich Blue Dragon (zumindest in der ersten Hälfte) wirklich toll mit dem Bösewicht Dr. House, ähm Nene, der einfach böse ist weil er böse ist. Ich habe ihm abgenommen, dass er die Menschen einfach gern leiden sieht und weshalb war mir da eigentlich egal und habe mich darauf gefreut, dem Kerl die Leviten zu lesen.
Ein grosser Unterschied in Spielen und Filmen gerade in der Fantasy Sparte zur Realität sind die übertriebenen Machtverhältnisse. In der Realität ist ein Grossreich so labil und anfällig auf Revolutionen, da der Herrscher schliesslich auch nur ein Mensch ist und grundsätzlich von jedem getötet werden könnte. In der Fiktion ist das meistens nicht so. Sauron konnte nur durch die Vernichtung des Rings besiegt werden, Voldemort war fast unsterblich, gegen einen Cel konnte auch die gesamte Armee der Erde nichts ausrichten. Ein solcher Schurke hat weitaus weniger zu fürchten. Er gleicht mehr einem Kind, dem der Ameisenhaufen hilflos ausgeliefert ist und allein der üblicherweise auserwählte Held stellt für ihn einen Widerstand dar. Insofern muss er nichts tun, um sein dunkles Reich zusammenzuhalten. Er muss höchstens ab und zu wieder ein Exempel statuieren und zeigen, wie unheimlich böse er ist, und die Untertanen sind still. Insofern erübrigen sich auch viele Überlegungen und das Konstrukt wird etwas einfacher
Das Thema mag also durchaus noch präsent sein. Aber seltener als früher.
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Von mir aus.
Übersieh in der Motivlage der Weltherrschaftsstreber aber nicht einen erzählerisch fruchtbaren Umstand. Es gibt nicht nur den wahnsinnigen Gelächtermann und den sardonisch lächelnden Meisterplaner. Wenn der Held lediglich gegen böse Persönlichkeiten antreten sollte, könnte man das auch in einem anderen Rahmen als dem der drohenden Welteroberung aufziehen. Sie bietet jedoch die dramaturgische Möglichkeit, etwas Überindividuelles zu erzählen, einen Kampf für ein Prinzip, einen Wert an sich, dem ein Freiheitsraum erhalten werden solle.
Das Welteroberungsthema kann eben auch so gelesen werden: Freiheit gegen Ordnung, Alternativen gegen Monopol, Wahlmöglichkeit gegen Kontrolle. Das finde ich nach wie vor interessant (einige Zeitgeistler meinen sogar, es sei gerade wieder richtig interessant). Ob das nun weiterhin in den bereits etablierten Formen erzählt wird (Dunkler Herrscher, Nazis, der militärisch-industrielle Komplex, Geheimdienste) oder noch weitere Varianten gebiert, werde ich ja sehen. Auch Angst vor Fremdbestimmtheit, weil man sich das Verstehen oder Beherrschen einer anrollenden massiven Neuheit nicht zutraut (z. Bsp. genetische Veränderungen als soziale Schichtung), kann mit der Idee der Weltherrschaft spielen. Spielt ja bereits längst damit, wie Science-Fiction-Filme der letzten Jahrzehnte zeigen.
Bei Indiana Jones liegst du übrigens falsch, denn der letzte Jones-Schurke waren mitnichten die Nazis, sondern die Russen. Und die strebten zuerst einmal nicht nach der Weltherrschaft, sondern lediglich nach dem Wissen, wie diese zu erlangen wäre. Einmal ganz abgesehen davon, dass diese Russenfrau, die den letzten Antagonisten geben durfte, zwar zweifellos intelligent war, aber trotzdem auch gehörig einen an der Klatsche hatte.
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Der Film war doch kein schlechter Traum...? Q__Q"
Wenn man genauer sein will, kamen Nazis auch nur im 1. und 3. Indiana Jones vor.
Strenggenommen könnte man Indys Gegenspieler aber auch beliebig austauschen, da ihre Ziele nun auch nicht so spezifisch auf die eine Gruppierung gemünzt sind, höchstens vom zeitlichen Hintergrundrahmen her.
Und in dem Sinne wollten auch die Russen in Indy 4 die Weltherrschaft. Nur halt mit den coolen Gedankenkontroll-Kräften der Kristallschädel-Aliens und nicht Artefakten jüdisch-/christlicher Mythologie.
Zitat
Auch das ... die Nazis als rationale und schlaue Feinde darzustellen, statt als Irre, wäre vor 20 oder 30 Jahren wohl noch einfacher gewesen.
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Ich finde allerdings nicht, dass die Nazi-Schurken so großartig "irre" sind. Red Skull und Armin Zola z.B. waren zwar durchaus größenwahnsinnig, aber eindeutig Genies und besonders letzterer war mit seiner Intelligenz vielen um einiges voraus (wobei das vielleicht auch eher dem irren Wissenschaftler zuzuordnen wäre).
Es gibt da jedenfalls mMn zwar oft klischeehafte Motivationen, aber durchaus klar und rational durchdacht.
Wirklich "irre" war in den Filmen der letzten Jahre eigentlich auch nur der Joker aus "The Dark Knight", wenn ihr mich fragt. ö.Ö
Die Star Wars Plotline würde ich auch nicht für "gute Schurken-Pläne" hernehmen, da vieles von Palpatines Plänen darauf basiert, dass jeder andere zu dumm/zu faul ist, ihn anzuzeigen oder überhaupt seine Hologramm-Anrufe aufzuzeichnen. Es ist ja nicht, als könnte man ihn großartig verwechseln... xD
Persönlich mag ich ja sehr die Schurken (egal in welcher geistigen oder machttechnischen Verfassung), die gerne Ränke schmieden und entsprechend auch manipulativ agieren, aber durch umfangreiche Vorbereitungen und guter Improvisation ihre Ziele erreichen können.
Man hat aber leider viel zu oft Charaktere, die
a) das Drehbuch/den Plot gelesen haben
b) auf die plotbedingte Dummheit der Helden vertrauen können
c) sich allen möglichen Mumpitz aus dem Arsch ziehen können, wenn der Plot es verlangt
Negativ in Erinnerung geblieben sind mir da die Antagonisten der großen Shounen-Serien "Naruto" und "Bleach", die, obwohl man ihnen alle Knochen bricht, ihre Armee vernichtet und ihr geheimes Versteck sprengt, immer noch einen auf "Just as I planned..." machen.
Da leidet dann die Glaubwürdigkeit massiv, wenn die massivste Ressourcenverschwendung auf Seite des Antagonisten "vorgesehen" war. xD
Dann doch lieber eine geheime Trumpfkarte, die nur in Notfällen ausgepackt wird. In solchen Fällen kann der Antagonist dann auch gerne noch halbtot entkommen. Die Helden sollten nur auch irgendwie überhaupt etwas erreicht haben.
Worauf auch noch geachtet werden sollte: Wenn der Antagonist die Helden irgendwie zu etwas zwingen/manipulieren will, sollte das für die Helden auch eine nachvollziehbare Option darstellen (vielleicht sogar die einzige).
Positiv-Beispiel: Dormin aus "Shadow of the Colossus"
Negativ-Beispiel: Barthandelus aus "Final Fantasy 13"
Also mein Rat:
Gestaltet eure Weltenbeherrschenden Antagonisten auch so, dass sie im realistischen Maße eine Bedrohung darstellen können.
Oft reicht Improvisationsvermögen und "thinking outside of the box", damit sie für Helden und Spieler problematisch werden.
Der Rest ist eigentlich persönlicher Geschmack und vom Spiel und der Story abhängig.
Bei einem Epos erwarte ich schon etwas ausgearbeitete Motivationen, für ein simples Adventure reicht auch ein simpleres Design (sofern sich der Antagonist nicht selbst ein Bein stellt xD ).
Also mein Rat:
Gestaltet eure Weltenbeherrschenden Antagonisten auch so, dass sie im realistischen Maße eine Bedrohung darstellen können.
Oft reicht Improvisationsvermögen und "thinking outside of the box", damit sie für Helden und Spieler problematisch werden.
Der Rest ist eigentlich persönlicher Geschmack und vom Spiel und der Story abhängig.
Bei einem Epos erwarte ich schon etwas ausgearbeitete Motivationen, für ein simples Adventure reicht auch ein simpleres Design (sofern sich der Antagonist nicht selbst ein Bein stellt xD ).
MfG Sorata
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Find ich klasse!
Genau meine meinung!
Nur ich würde den Hauptgegner immer eine gute Motivation verpassen. Wenn das Spiel länger als 5 Minuten geht, ist ein lahmarschiger Bösewicht genau so ein Grund zum abschalten wie eine zähe Story, oder langweiliges gameplay.
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"Wenn du zu lange in einen Abgrund siehst, sieht der Abgrund irgendwann zurück."
Nun ja, es ist müßig, ewig darüber zu diskutieren.
Der Punkt ist: Der Plan des Antagonisten sollte auch charakterlich ineinandergreifen (z.B. durch Menschenkenntnis und gezielte Manipulation) und nicht voraussetzen, dass Leute etwas tun, weil es so im Text steht.
Und die Helden sollten den Antagonisten auch nicht nur durch das "Herz der Karten" o.ä. überwinden können. xD