Wer meine Beiträge sonst etwas anstrengend findet: Gebt diesem hier vielleicht eine Chance! Dragon Quest Builders 2 taucht ja eher selten in den JRPG Challenges auf, und ich bin mir relativ sicher, dass so einige Leute hier ihren Spaß damit hätten. Daher heute einfach mal die drei Punkte, die in meinen Augen für das Spiel sprechen! Den ersten Teil habe ich übrigens nicht gespielt, und ich habe es auch nicht vor. Ich glaube, es gibt ein paar nette Verbindungen, aber nötig ist es auf keinen Fall.
Dragon Quest Builders 2
Der Motor unter der Haube
Ich habe ja nie so richtig Minecraft gespielt, aber DQB2 hat ein verdammt beeindruckendes Spielsystem. Abseits von Menschen, Monstern und süßer Deko besteht die ganze Welt aus Blöcken, und man kann so ziemlich alles zerhauen, wieder aufbauen etc. Es gibt eine UNZAHL an Materialien, es gibt viele Tools, um das Ganze laufen zu lassen, und vor allem: Praktisch die gesamte Story ist ein einziges Tutorial, und zwar ein verdammt gutes. Manchmal vielleicht ein bisschen zu idiotensicher, aber meistens trifft es den perfekten Moment, um den Spieler*innen ein wenig Raum für Kreativität und Ausprobieren zu lassen. "Man kann alles zerhauen" gilt übrigens auch für die Story selbst. Ich stand so einige Male in Regionen, in denen ich noch nichts verloren hatte, weil ich mich einfach durch einen Berg gebuddelt hatte. Das ist nicht immer sinnvoll, aber immer cool; zumal es auch so einige Dinge zu entdecken gibt, von versteckten Truhen über superstarke Monster bis hin zu sehr cool gemachten Baurätseln!
Und trotz allem ist DQB2 nicht nur Minecraft. Es hat ein sehr basales, aber spaßiges Rollenspielsystem, mit Dungeons, Ausrüstung und allem. Es hat Dekooptionen, die fast schon an die Sims erinnern – Fans haben ABARTIGE Dinge mit diesem System gebaut! Es hat die Möglichkeit, sich mit Monstern anzufreunden, und viele haben nützliche Fähigkeiten außerhalb des Kampfes. Es hat sogar funktionierende Mechanismen in Richtung Sim City und Harvest Moon! Und alles greift gut ineinander. Ich sammle Gemüsesamen, die Bäuerin baut sie in meinem aufgebauten Dorf an, mein Koch "baut" eine Mahlzeit daraus und ich kann mich wiederum mit dieser Mahlzeit heilen. Oh, und mit den kleinen Herzen, die er hinterlässt, kann ich neue Materialien freischalten. Das einzige, was in diesem Mix untergeht, ist die Kamera. Ich bezweifle, dass es besser gegangen wäre, aber gerade in geschlossenen Räumen kann sie manchmal lächerlich schlecht funktionieren. ^^
Es ist ein überraschend ordentliches Dragon Quest
Mich hat so einiges an diesem Spiel überrascht, und am meisten wahrscheinlich, dass die Story nicht nur ein "Mittel zum Zweck" ist, sondern durchaus für sich allein stehen kann. Sie ist klassisch im besten Sinne, mit erprobten Tropen, sympathischen Figuren, lustigen Ideen und so einigen Momenten, die durchaus emotional inszeniert sind – Dragon Quest eben. Knuddelig lustiges Writing hat die Serie ja sowieso schon immer, und das ist natürlich auch hier der Fall. Ich habe sehr oft geschmunzelt, geprustet oder "gegroant", weil sie ein blödes Wortspiel an das nächste reihen als gäbe es keinen Morgen. Die Übersetzung hat sicherlich auch gewohnt urdeutsche Dragon-Quest-Qualität. Natürlich wird die Story kaum einen JRPG-Fan auf dem falschen Fuß erwischen, und sie wird einen auch nicht so sehr zerstören wie irgendein emotionaler Indie-Hammer, aber wenn man (dicke Spoiler!) auf der dritten Insel immer wieder gefallene Dorfbewohner beerdigen muss, mit denselben mühsamen Schritten, oder wenn es Malroth am Ende doch noch gelingt, ein Heilkraut zu bauen ... das ist schon richtig gut! Die besten Szenen machen tatsächlich auch intensiv Gebrauch vom Spielsystem – die Story läuft nicht "nebenbei", sondern das Bauen, der Kern des Gameplays, ist immer Teil der Geschichte. Meistens auf eine quirkige Art und Weise, fast wie in einem Shonen-Manga, in dem alle Konflikte mit dicken Blöcken gelöst werden, aber manchmal halt auch so durchdacht und mit einer narrativen Effektivität, dass man einfach seinen Hut ziehen muss.
Prachtvolle Prioritäten und perfektes Pacing
"Perfekt" ist ein großes Wort, also relativiere ich direkt mal am Anfang: DQB2 ist viel zu lang. Es macht Sinn, dass dieses Spiel lang ist (Stichwort Tutorial), aber selbst die Hauptstory – bei der es hier wahrscheinlich nicht bleibt! – frisst sicherlich 60 Stunden oder so. Und irgendwie komplex ist sie ja jetzt auch nicht. Außerdem weiß ich nicht, wer meinte, dass man Malroths innere Stimme jedes Mal 20 (!) Sekunden (ich habe GEZÄHLT!) auf dem Bildschirm zeigen sollte, ohne sie wegdrücken zu können, aber diese Person sollte lebendig eingemauert werden. Mit Minecraft-Blöcken natürlich.
Allerdings bin ich jemand, der extrem sensibel für gestreckte Spiele ist, und hier habe ich echt gut durchgehalten. DQB2 ist nämlich richtig hervorragend darin, seine Story, seine Mechanismen, seinen optionalen Content und überhaupt all die komplexen Dinge, die dieses Spiel ausmachen, aufzuteilen, zu portionieren und in einer Art und Weise zu pacen, in der man jederzeit gut unterhalten ist. Man denkt sich, dass man langsam genug an seinem Dorf gebaut hat? DQB2 weiß es bereits und wirft einem die nächste Story-Insel zu. Eine Insel fängt an zu nerven? Wahrscheinlich ist man nah dran, sie abzuschließen. Die Story oder das Gameplay haben gerade nicht sooo viel zu bieten? Die jeweils andere Seite dieser Medaille kann den Spielspaß einwandfrei ausgleichen. Und vielleicht am beeindruckendsten: Man glaubt, die grundlegend extrem gut funktionierende Grundstruktur des Spiels durchschaut zu haben, und ist ein wenig desillusioniert davon? DQB2 wirft ein paar frische Ideen in den Ring, die einen schließlich bis zu einem zufriedenstellenden Ende führen. Und ganz ehrlich: Das ist alles SO. VIEL. WERT. Ich habe immer "Nervmomente", aber hier waren mir die Entwickler meistens einen Schritt voraus.
Fazit
Also ja, Dragon Quest Builders 2 ist ein großes, liebevolles Spiel aus vielen faszinierenden Bausteinen, die man sehr durchdacht zu einem großen Ganzen kombiniert hat. Kein Spiel, das ich nach dem Durchspielen noch mal einlegen werde (YMMV), und kein Spiel, das ich in zwanzig Jahren als eins meiner Lieblingsspiele aufzählen werde, aber definitiv ein spaßiges, abwechslungsreiches und beizeiten sogar eingängiges Vergnügen, das man eigentlich ohne Einschränkung empfehlen kann. Und wer wahlweise Dragon Quest oder aber Rollenspiele UND solche "Bastelspiele" mag, für den ist das Ganze sowieso ein Muss.
Edit: Huh, meine Meinung hat sich scheinbar ganz schön verbessert seit dem letzten Post. Ist wohl kein Spiel für einen schnellen Eindruck. ^^
Danke für deine Eindrücke! Ich hatte auch den Eindruck, dass es nach dem ersten Teil, der sogar in Mainstream-Medien recht präsent war, ziemlich untergegangen ist.
Ich hatte mir das Spiel direkt zum Release im Dezember 2018 geholt, aber nur ca. 2 Stunden gespielt und der Funke war noch nicht so richtig übergesprungen. Lang aber vermutlich daran, dass ich in Japan war und eigentlich gar nicht so viel Lust hatte, viel Zeit in ein langes Spiel zu investieren.
Der erste Teil hatte mir ja sehr viel Spaß gemacht. Dragon Quest XI hat mich hingegen ziemlich gelangweilt. Ich denke, eines Tages könnte mich die Lust auf ein DQB aber durchaus wieder ereilen und dann würde ich mir vielleicht noch mal die westliche Fassung kaufen, denn die Lokalisierung (ob Deutsch oder Englisch) gehört für mich irgendwie auch zur Serie dazu.
Deine Eindrücke teilen übrigens auch gefühlt die meisten anderen Spieler, aber trotzdem hat es irgendwie nicht gerecht, um das Spiel auch nur annähernd so bekannt zu machen wie den Vorgänger.
P.S.: Finde das Design der Hauptcharaktere leider furchtbar.
Deine Eindrücke teilen übrigens auch gefühlt die meisten anderen Spieler, aber trotzdem hat es irgendwie nicht gerecht, um das Spiel auch nur annähernd so bekannt zu machen wie den Vorgänger.
P.S.: Finde das Design der Hauptcharaktere leider furchtbar.
...
Ja, es ist irgendwo schade, aber ich finde es auch verständlich. Das Konzept ist ja so schon recht ... high concept, und davon dann ein zweiter Teil? Das dürfte sich nicht allzu vielen Leuten erschließen, zumal wahrscheinlich ein großer Teil des Reizes weg ist, wenn man einen Teil durch hat. (Nur blöd, wenn es der erste ist. ) Das Charakter-Design ist tatsächlich so ein interessanter Fall. Mir hat es schon sehr geholfen, den weiblichen Hauptcharakter zu nehmen, und ich muss sagen, nach, kA, dreißig Stunden oder so hatte ich mich daran gewöhnt. Irgendwo passt es dann auch zum Block-Design, jedenfalls mehr als klassisches 3D-Dragon-Quest-Design. Will sagen: Ja, es ist furchtbar.
Yakuza 0
Das war jetzt mein siebtes Yakuza (wenn man Dead Souls mitzählt) in knapp zehn Jahren, and it shows.
Inhaltlich ist in meinen Augen einer der uninteressanteren Teile, aber dafür auch simpler und ... durchschaubar? Keine neuen Hauptcharaktere oder Städte, weniger krasse Twists aus dem Nix und generell ein netter Fokus auf eine Hauptstoryline, die man wohl tatsächlich mal in drei Sätzen zusammenfassen könnte. Ein echt schöner Einstiegspunkt für neue Spieler*innen eben. Dafür ist es aber halt auch weniger faszinierend. So krasse "Auffrischungen" der Reihe wie durch Okinawa in Teil 3 oder Harukas Gameplay und Taigas Sapporo in Teil 5 gibt es hier kaum, dafür deutlich mehr vom Altbekannten in gewohnter Qualität. 80er-Japan ist zwar interessant und cool eingebunden, aber es hat nicht denselben Reiz. Als "alter" Spieler will ich lieber weiter nach vorn gehen.
"Mehr vom Altbekannten" ist generell wieder mal Segen und ewiger Fluch der Reihe. Ich will gar nicht mehr zählen, wie viele komplexe Substories und Minispiele es inzwischen gibt ...? Ich meine, Majimas Hostessen-Make-Up würde man im Apple Store wahrscheinlich für 4,99€ (und mit zahlreichen Mikrotransaktionen) verkaufen, und wenn mir jemand vor diesem Spiel gesagt hätte, dass ich Spaß an Pocket Cars haben werde, hätte ich ihm wahrscheinlich herablassend die Wange getätschelt. Außerdem habe ich beim Bowling ein Huhn gewonnen, das jetzt als Real Estate Advisor in meiner Firma arbeitet. Ich überspringe mal die tausend Details, die man noch nennen könnte, und sage einfach noch mal das, was ich auch schon bei Teil 5 gesagt habe: Die späteren Yakuza-Teile sind seltsam, abartig groß, und ich hätte gerne mehr Fokus. Denn ehrlich gesagt ist es ein Wunder, wie hochqualitativ der ganze Kleinkram ist – und ich kann mir lebhaft vorstellen, wie viel Luft da noch nach oben wäre, wenn ich nicht in JEDEM Teil Shogi und 15 andere Minispiele spielen könnte. (Vielleicht würde ich sie dann auch mal spielen.) Ich freue mich insofern auf Teil 6, der soll ja überschaubarer sein.
Eine Verbesserung allerdings hat mich regelrecht angesprungen: Man hat sich diesmal Mühe gegeben, die ganzen Einzelteile besser zu verbinden. Da sich meine Fähigkeiten durch Geld verbessern lassen, habe ich eine ernsthafte Motivation, mich auf Kiryus Immobilien-Plot einzulassen. Im Rahmen dieses Plots kriege ich einen echt guten Eindruck der Stadt und finde außerdem neue Substories. In diesem Substories wiederum erhalte ich sowohl neue Angestellte für meine Firma als auch Charakterpunkte, die ich benutzen kann, um all das zu vereinfachen. Und das ist neu und wirklich absolut GROSSARTIG! Ich hatte in den Teilen davor oft Motivationsprobleme für den Nebenkram, aber hier bin ich wirklich angenehm durch die ersten fünfzig Stunden gerauscht. Erst danach war es dann zu viel.
Letztlich noch eine seltsame Beobachtung: Yakuza war ja schon immer eher konservativ, um es mal freundlich auszudrücken. Zero ist da noch mal schlimmer? xD Wir haben hier schon gemutmaßt, dass es eine bewusste Entscheidung ist, weil 80er und so, aber meine Fresse ... Makotos Rolle und allgemein das Frauenbild sind definitiv der ideologische Tiefpunkt dieser sieben Spiele.
Also ja, eigentlich alles wie erwartet, alles wie immer! Gutes Yakuza, wenn auch nicht mein Lieblingsteil, dafür ausnahmsweise auch mal ein guter Einstieg für Neulinge.
Neues Achievement!
Ich besitze ein Stadtviertel und möchte schreien
Und Leute ... Jetzt gerade Sakura Wars ...
Mein Herz macht immer noch einen Sprung, wann immer sie den Titeltrack über ein altes Klischee legen. Es ist perfekt!
Ein bisschen mehr Objektivität frühestens, wenn ich durch bin.
Frühestens.
Dank Days of Play kostet Dragon Quest Builders 2 momentan 19,99 Euro.
Und Dank dir bin ich jetzt kurz davor mir das zu gönnen, La Cipolla.
Aber warum müssen die Dragon Quest Spiele immer so verflucht lange sein?
Now: Doom: The Dark Ages / Done: Metaphor: ReFantazio Now: Doctor Who Staffel 15 / Done: Win or Lose Staffel 1 Now: One-Punch Man Band 20 / Done: Dai Dark Band 2 RPG-Challenge 2025 / Now:Clair Obscur Expedition 33
Dank Days of Play kostet Dragon Quest Builders 2 momentan 19,99 Euro.
Und Dank dir bin ich jetzt kurz davor mir das zu gönnen, La Cipolla.
Aber warum müssen die Dragon Quest Spiele immer so verflucht lange sein?
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Überholte Genre-Konventionen, befürchte ich ... ^_~'' Ich selbst habe nur Dragon Quest VIII, Dragon Quest Monsters, Dragon Quest Monsters Joker und DQB2 durchgespielt, während ich einige andere Teile mehr oder weniger zufrieden nach ein paar Stunden abgebrochen habe. Imho so eine ganz typische Reihe für Dip & Dash, ohne unbedingt alles spielen zu müssen. Freut mich auf jeden Fall, dass mein Eindruck die Chancen von DQB2 ein bisschen verbessert hat!
Unterdessen geht es munter weiter mit der emotionalen Achterbahnfahrt, die Sakura Wars bietet. Ich mag es tatsächlich SEHR, und auch deutlich mehr als den letzten Teil, aber meine Fresse, da sind schon einige Loopings dabei. Und ich lasse mir Zeit, um es richtig zu genießen ... weshalb es unterdessen auch noch einen kleinen Indie-Trip gibt, sogar mit nem tatsächlichen Schiff!
Return of the Obra Dinn
Synopsis! 1800 oder so. Die Obra Dinn liegt im Hafen, ein Geisterschiff, und du musst herausfinden, was mit den ~60 Besatzungsmitgliedern passiert ist. Dafür hast du eine Liste mit Namen, Schiffsposten und Herkunftsländern, ein paar Zeichnungen und Karten sowie ein leeres Tagebuch, das es zu füllen gilt. Vor allem aber hast du eine Uhr, die es dir erlaubt, die letzten Worte und den Todesmoment einer Leiche als virtuelles Standbild zu durchstöbern (Man denke an Quicksilver in X-Men: Days of Future Past!) – und ebenso alle Leichen, die sich wiederum in diesem Standbild finden lassen.
Also ja, wir bewegen uns wieder mal in dieselbe Richtung, die auch Her Story und Telling Lies einschlagen: Krimi- bzw. Deduktionsspiele, die klassische Adventures hinter sich lassen und es wirklich erfordern, mit eigenen Ideen zu eigenen Schlussfolgerungen zu kommen. Und Obra Dinn ist DEFINITIV das bisher anspruchsvollste davon! Ich würde so weit gehen und sagen: Ich habe noch nie ein so schweres "Denkspiel" ohne das Internet durchgespielt! Dieses hier hat seine Motivationskurve allerdings fest im Griff. Damit meine ich nicht, dass die Kurvenlage GUT ist, aber sie reißt einen einfach durchgängig mit. Man denkt erst, man hätte es kapiert, dann fragt man sich, wie zur Hölle es klappen soll, spürt nach einer kleinen Pause aber auch, dass man es durchschauen KANN! – und schließlich setzen sich die Puzzle-Teile langsam zusammen und man fühlt sich wie kleiner nautischer Sherlock Holmes. How Long To Beat sagt irgendwas von 10 Stunden ... Ich hab 14 gebraucht und behaupte jetzt einfach mal, dass die ""GAMER"" (pöh!) das Internet benutzt haben oder nur nicht zeigen wollten, wie sehr sie daran geknabbert haben. Die einzige offensichtliche Schlussfolgerung also!
Die Story soll hier ungespoilert bleiben, denn meine Fresse, einige Standbilder sind atmosphärisch as fuck und haben einen gewaltigen "Oooh ... (WOW!)"-Effekt. Sagen wir einfach, dass Freunde von realer Geschichte und Seemannsgeschichten auf ihre Kosten kommen werden, und dass ein paar geheimnisvollere Elemente auch mit dem Ende des Ganzen mutig im Dunkeln gelassen werden. Ein bisschen wirkt es sogar, als wolle man hier eine ganze Reihe von Spielen eröffnen, und da wäre ich ja mal sowas von dabei! Return of the Obra Dinn ist trotz allem ein abgeschlossenes, rundes Erlebnis für jeden, der seine Rätselspiele gerne ein wenig ungewöhnlich hat.
Sakura Wars war ja schon immer so eine faszinierende Mischung aus Dating Sim und Taktikspiel, vor dem Hintergrund eines alternativhistorischen Japans in den 1930ern. Dazu kommt die Prämisse, eine Truppe von unerfahrenen Schauspielerinnen zusammenzubringen und sie in ihren rundlichen Steampunk-Mechas gegen religiös-mechanische Dämonen ins Feld zu führen ... JAP, ich war voll dabei, und das bin ich immer noch! *___* Im nächsten Abschnitt schaue ich mir die Philosophie dieses Soft Reboots noch ein bisschen genauer an, aber eigentlich weiß ich fast alle Änderungen zu schätzen.
Die Story hat wie gehabt das Feeling einer klassischen Anime-Serie ohne allzu große Überraschungen. Das funktioniert, weil der Fokus auf den Charakteren und ihren Beziehungen liegt, und weil mir diese deutlich besser gefallen als im letzten Teil. Fast alle im Hauptcast sind cool und/oder interessant, und auch der Nebencast ist zumindest unterhaltsam. Auch gibt es mit den Kampftruppen der anderen Länder und einem nahenden Wettkampf ein paar neue Ideen, aber wie gesagt, generell sollte man storytechnisch bloß nicht zu viel erwarten. Das ist alles nur der Backdrop.
Spielerisch sieht es schon spannender aus! Statt einem Taktiksystem haben wir diesmal handfeste Button-Smasher-Action mit jeweils zwei rundlichen Mechas inmitten feindlicher Dämonen. Diese Action kommt nicht mal ansatzweise an wirklich gute Genre-Spiele ran, und die Genre-Liebhaber würden wohl über die rudimentären Mechanismen lachen, aber ich hatte gerade mit dieser Simplizität eine Menge Spaß – in einem Genre-Mix will ich mich nicht länger als nötig mit Frust oder dem Einüben irgendwelcher Strategien beschäftigen. Ein paarmal habe ich die Level aber auch wiederholt, um bessere Ratings zu bekommen, weil es mit der Zeit einfach ordentlich flutscht (ein paar pervers schlechte Teile wie den Luftkampf mal ausgenommen). Und obwohl ich erst skeptisch war, ob ein "Team-Genre" nicht besser zur Narrative passt, muss ich sagen: Eigentlich geht es in Sakura Wars mehr um die persönlichen Beziehungen als um das Team. Passt!
Das Herzstück der Reihe bleibt also die Dating Sim, und hier merkt man einfach, dass jahrelange Erfahrung eine Menge wert ist. Die flutscht nämlich so richtig. Den ganzen Cringe, der damit einhergeht, hebe ich mir mal für den dritten Abschnitt auf, aber am Ende des Tages wissen diese Leute einfach, wie sie Charaktere sympathisch machen, wie sie auf dieser seeeltsamen Linie zwischen Wish Fulfillment, Dumm-Dreistigkeit, Subtilität und ernsthafter Psychologie herumtänzeln, wie sie die Arcs der Frauen timen und wie sie all das in die Hauptstory einbinden. Macht Spaß und hat sogar ein paar emotionale Momente!
Und ganz groß: Obwohl das Charakterdesign von Kousuke Fujishima natürlich unangefochten altehrwürdig ist, ist es inzwischen auch einfach irgendwo ... alt. Und genau für dieses Design nun den Bleach-Zeichner Tite Kubo ins Boot zu holen, war eine hervorragende Entscheidung. Der hat nämlich nicht nur einen sehr ikonischen Stil (genau wie sein Vorgänger), er ist auch extrem gut darin, hübsche Menschen in stylischen Klamotten zu zeichnen. Und machen wir uns nichts vor, das zählt hier eine MENGE.
Was ich letztlich noch positiv hervorheben möchte, sind die Prioritäten des Spiels. Man merkt zwar, dass das Ganze wahrscheinlich nur eine mittelgünstige AA-Produktion war, aber dafür haben sie eine Menge aus ihrem Geld geholt. Es gibt genau das notwendige Minimum an Gegner-Varianz, die Anime-Sequenzen setzen genau dann ein, wenn sie die Handlung am effektivsten unterstreichen, die Gesichter sind großartig animiert und generell hat man eine Menge Energie in lebhafte Romantik-Szenen gesetzt. Kleine Details wie die wechselnden Theater-Poster im Flur sorgen für Atmosphäre, Tokyo als Setting ist toll und mit Koi-Koi sowie den Bromides gibt es genau EIN gut ausgebautes Minispiel und genau EIN Set an Collectibles, mit denen man ein bisschen mehr Zeit in dieser Welt verbringen kann. Selbst die Spielzeit, wahrscheinlich irgendwo zwischen 20 und 25 Stunden, ist praktisch perfekt. Meine Güte, ich verstehe jetzt, was es mit Hanafuda-Karten auf sich hat!
How to reboot the Kirschblütenkriege
Sakura Wars ist eine Reihe, deren Originaltitel "Sakura Taisen" schon immer um ein Vielfaches schöner war – die "Kirschblütenkriege" haben was, zumal Kriege ja oft so unangemessen blumige Namen bekommen. Dass auch der Name der Protagonistin dazu passt, ist da nur ein netter Bonus ... was ohne Japanischkenntnisse und mit der Übersetzung "Sakura Wars" natürlich gänzlich verloren geht. Ich meine, was zur Hölle soll dieser Titel bitte aussagen? Es gibt einen Krieg, in dem ein Mädchen namens Sakura eine wichtige Rolle spielt? Toll. Faszinierend! Und ganz besonders toll natürlich in den Teilen, in denen Sakura nicht mal vorkommt.
Das Reboot allerdings ergänzt den Titel um zwei neue Ebenen, die ihn plötzlich sehr viel verdaubarer machen, und die tatsächlich auch darauf hinweisen, dass man sich ernsthafte Gedanken über die Frage gemacht hat, wie sich eine solche Reihe rebooten lässt. Erklären muss ich ich das leider in einem Kasten, aber zwei Dinge vorweg ...
1.) Es ist in meinen Augen gut gelungen!
2.) Wenn wir mal ganz ehrlich sind, spielt kein Mensch auf dieser Welt diese Spiele für ihre Mysterien oder Twists, also können alle außer den militantesten Spoiler-Puristen beruhigt auf den Kasten klicken.
Ein Zyniker könnte an dieser Stelle vermuten, dass ich zu viel in eine blöde Anime-Handlung voller Badehausszenen interpretiere, und das mag stimmen. Aber es wird halt wirklich klar, dass dieses Reboot nicht ausschließlich ein Cash Grab ist, sondern auch eine ernsthafte Liebe für das Franchise und seine Vergangenheit in sich trägt, ohne sich aber vor mutigen Änderungen zu verschließen. Und das weiß ich sehr zu schätzen!
Cringe
Es gibt leider zu viele Seltsamkeiten in ALLEN Bereichen des Spiels, um einen gut strukturierten Text daraus zu machen, aber es ist auch zu viel und vor allem ZU FUCKING CRINGE, um es zu ignorieren. Also gibt es hier eine Liste, die leider nicht mal ansatzweise einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann.
– die Anime-Klischees der 90er Jahre, völlig unverblümt und schamlos
– aktuelle Anime-Klischees, bis hin zu Shonen-esquen Kochszenen und einem Idol-Konzert mit Leuchtstäben
– eine Menge "motivierendes Geschrei"
– eine Spielmechanik für Geschrei, in der man den Regler nur in Ausnahmefällen nicht bis zum Anschlag aufdrehen sollte
– Eskalation! Eskalation! Eskalation!
– Deus Ex Mechas
– 2/3 des Humors funktionieren besser als sie funktionieren sollten (oder dürften)
– 1/3 des Humors fällt spektakulär flach
– seltsame (aber Gott sei Dank inkonsistente) Anklänge von japanischem Nationalismus und Exceptionalism
– Handlung in den 1940ern und ein Berliner Mecha-Team mit seichter Nazi-Optik, aber ein bequemes Aussparen internationaler Konflikte
– allgemein wird so einiges ausgespart, was irgendwie unbequem oder unpassend für die Zeit sein könnte
– alles Böse ist dämonisch
– ein Hauptantagonist ohne irgendwelche Anzeichen von Charakter (aber mit einem coolen Design!)
– der 20-jährige Hauptcharakter ist ein riesiger Creep, hat aber leider immer noch mehr "Charakter" als die letzten beiden
– von fünf Romance-Optionen sind alle jünger als er; eine ist 13, eine ist 19, die anderen sind 16 oder 17
– die 19-jährige wird benutzt, als wäre sie 40
– eine. ist. 13 ... natürlich; FUCK Japan (GOTT SEI DANK sind die schlimmsten Romance-Szenen optional)
– die 13-jährige ist auch abseits dieser Fragwürdigkeit ein schrecklicher Charakter mit einem schrecklichen Arc
– die beste Romance-Option ist offensichtlich die, in der der Hauptcharakter am häufigsten ins Gesicht geschlagen wird
– nicht mal ein Ansatz von Eifersucht, egal wie hart man sich durch die Gegend romanced
– jede der fünf hat eine im Brustbereich individuell geschnittene Uniform (nennt man das dann eigentlich noch "Uniform"?!)
– meine Lebensgefährtin hat jedes Mal genervte Geräusche gemacht, wenn Anastasias Brüste im Bild waren
– ich habe wohl auch Geräusche gemacht
– hier heißen die Collectibles "Bromides", beim Witcher wären es "Sex Cards"
– von jeweils drei Optionen in den Romance-Dialogen gibt es IMMER eine peinliche oder übergriffige Option
– manchmal gibt es auch drei auf einmal :<
– es wird keine EINZIGE Gelegenheit ausgelassen, für Klischees, für Fan Service, für NICHTS
– Das hat nichts mit dem Spiel an sich zu tun, aber ich habe soeben herausgefunden, dass der 51-jährige Kousuke Fujishima eine 20-jährige Cosplayerin geheiratet und geschwängert hat, was in meinen Augen auch schon ziemlich harter Cringe ist.
Also ja, das neue Sakura Wars ist harte emotionale Arbeit. Man muss praktisch alle Ansprüche von Niveau und Anstand hinter sich lassen, die man in den Jahren seines Lebens mühsam angesammelt hat. Embrace the cringe ... OR PERISH!
Fazit
Ob es das wert ist? Ich bereue nichts, aber ich liebe auch den absolut spaßigen und gut gemachten Genre-Mix, weiß das behutsame Reboot zu schätzen und habe eine MENGE Nostalgie für die Serie. Die Charaktere und ihr Miteinander haben mir diesmal sehr gut gefallen, das neue Kampfsystem macht einfach Spaß – auch wenn man hieran ruhig noch etwas feilen darf – und das Drumherum stimmt auch. Den harten Anime-Bullshit und die Fragwürdigkeiten en masse kann ich aber definitiv nur unter diesen Vorzeichen tolerieren. Alles andere muss man dann mit sich selbst ausmachen.
Die Tage folgt dann sicher noch ein kurzes Review des Tie-In-Animes ...
Neues Achievement!
Nach zwanzig Stunden klingt selbst der Theme Song nach einem Guilty Pleasure
Ach ja: War dieses Spiel erfolgreich ...? Ich glaube, die Zahlen auf den Inseln sehen ziemlich gut aus, und bei dem minimalistischen Marketing im Westen würde ich einfach mal davon ausgehen, dass man nicht unbedingt mit gewaltigem West-Erfolg gerechnet hat. Ich hoffe also ganz optimistisch auf einen zweiten Teil?
Und genau für dieses Design nun den Bleach-Zeichner Tite Kubo ins Boot zu holen, war eine hervorragende Entscheidung. Der hat nämlich nicht nur einen sehr ikonischen Stil (genau wie sein Vorgänger), er ist auch extrem gut darin, hübsche Menschen in stylischen Klamotten zu zeichnen. Und machen wir uns nichts vor, das zählt hier eine MENGE.
...
Böse Zungen würden sogar behaupten, dass die hübschen Menschen in stylishen Klamotten das einzig gute an Bleach waren *g*
Zitat
– die Anime-Klischees der 90er Jahre, völlig unverblümt und schamlos
– aktuelle Anime-Klischees, bis hin zu Shonen-esquen Kochszenen und einem Idol-Konzert mit Leuchtstäben
...
Also haben sie quasi die besten Klischees der 90 bis hin zur Neuzeit? Awesome. Wobei ich zugegeben mit den alten Klischees besser klarkomme. Ich muss ja zugeben, dass mich die Reihe immer ein wenig angelächelt hat, aber ich mir nie den Arschritt geben konnte, mal einen Teil auszuprobieren.
Zitat
– von fünf Romance-Optionen sind alle jünger als er; eine ist 13, eine ist 19, die anderen sind 16 oder 17
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COUNT ME IN!
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Errr...ich meine natürlich
Zitat
FUCK Japan
...
Man, wenn ich Deine Zusammenfassung lese, klingt das eigentlich GENAU nach Trash nach meinem Geschmack. Weil es ein Reboot ist muss man schätze ich auch die vorherigen Teile nicht kennen? Bzw. hält es sich im groben an die Handlung vom ersten (einem?) Teil der Reihe? Wie war das Kampfsystem eigentlich früher: war das T-RPG ein wenig anspruchsvoller, oder war es genauso seicht wie das jetzige KS, nur dass das jetzige schneller von der Hand geht?
Ich musste ungefähr 2 Sekunden nachdenken, welches Gif die Schwierigkeit des Spiels am besten einfängt, dann ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen.
Also ja, der letzte Teil war auch schon recht simpel, da bin ich glaub ich nicht ein einziges Mal gestorben, und das war hier eigentlich genauso. Es ist nur halt ein komplett anderes Genre (Action, davor war es Strategie mit Aktionspunkten). Allerdings kriegst du halt ein Rating für jede Action-Szene, und in allen Kategorien ein perfektes S zu kriegen, wird mit der Zeit doch schon spannend. Darin lag dann auch der Spaß für mich, dass dieses "flutschende Spielen" entsprechend anerkannt wird. Was ich bei so einem Spiel ehrlich gesagt auch besser finde – da will man sich gar nicht 40 Stunden mit aufhalten oder drei Mal hintereinander einen Kampf voller Story verlieren.
Wegen dem Kennen der vorherigen Teile: Es geht definitiv auch ohne, vor ALLEM, wenn man es auch für den Trash spielen will und es nicht zuuu ernst nimmt ... ^__~ Die Hauptcharaktere sind halt alle neu, und obwohl es direkte Verbindungen und Bezüge gibt, bleibt die Story eigentlich immer durchschaubar. Am ehesten könnte vielleicht stören, dass man das Gefühl kriegt, etwas verpasst zu haben, nämlich die "Basis-Variante" des Konzepts, während das hier sozusagen schon eine """"klug"""" weitergedachte Fortsetzung ist.
Ich glaube, wenn man auf Nummer sicher gehen will, kann man auch mal in die ersten ein, zwei Folgen des TV-Animes von 2000 gucken, da sollte man einen guten Eindruck des Originals kriegen, auch wenn der Anime selbst nicht so wahnsinnig geil ist. Oder man klickt sich einfach mal auf Youtube durch die verschiedenen Intros und ein paar Szenen. Ich bin ja auch nur durch die (noch SEHR viel schlechteren) OVAs (auf Ebay-CDs mit Raubkopie-Qualität aus, äh, Vietnam? xD) und Filme zu dem Franchise gekommen. ^^
Oder man spielt die Fan-Translation des ersten Teils. Muss ich aber selbst auch noch machen.
Zitat
Böse Zungen würden sogar behaupten, dass die hübschen Menschen in stylishen Klamotten das einzig gute an Bleach waren *g*
...
Ich würde noch die Konzeptarbeit ergänzen, aber ja, um es positiver auszudrücken: Zumindest für das Charakterdesign würde ich ihn jederzeit anheuern.
Lustigerweise hat mich ein Freund drauf hingewiesen, dass der japanische Titel NOCH eine Ebene hat, die in der Übersetzung verloren geht: "Sakura-tai" war wohl der Name der Schauspielerinnentruppe aus Hiroshima, die Pate für die Idee des Spiels stand, was Sakura Taisen gleich zu einem mehrfachen Wortspiel macht. <3
Ich bin ja auch nur durch die (noch SEHR viel schlechteren) OVAs (auf Ebay-CDs mit Raubkopie-Qualität aus, äh, Vietnam? xD) und Filme zu dem Franchise gekommen. ^^
Oder man spielt die Fan-Translation des ersten Teils. Muss ich aber selbst auch noch machen.
...
Waren das noch die prä-Kazaa-Zeiten? *g*
Nach den Eindrücken denke ich, dass man mit dem neuen Teil dann doch ganz gut fahren kann, weil ichs ja vor allem für Cringe spielen würde
Und wenn das KS vorher auch nicht anspruchsvoll war, nur vermutlich langsamer (weil Strategie), dann kann ich darüber wegsehen. Schätze das spielt man eh nicht wegen des Gameplays^^
Klingt schon nach einer amüsanten Mischung, sofern man es aushalten kann
Kommt zumindest mal auf die Liste für später.
Und da das Christmas Cake Alter bei 25 liegt, ist es ja kein Wunder, dass sie schon mit 13 anfangen müssen xD. Ich hätte ja vielleicht noch die kleine Hoffnung, dass diese Option dann zumindest etwas harmloser gestaltet wäre, aber die Chancen stehen vermutlich schlecht.
The Witcher III The Witcher III – Hearts of Stone The Witcher III – Blood and Wine
Es gibt so Spiele, bei denen es sich irgendwie falsch anfühlt, eine allzu klare Meinung zu haben, selbst wenn man sie 180 Stunden lang gespielt hat ...? Bei Witcher III liegt es einfach daran, dass dieses Spiel und seine Metaebene so verdammt vielseitig und komplex sind, und dass selbst diese Komplexität noch diverse Ebenen hat ...?
Ich will sagen: Es ist ja allgemein bekannt, dass es ein gottverdammt gutes Spiel ist, und gerade in diesem Licht fühlt es sich nach Verschwendung an, ein paar Jahre nach der Veröffentlichung allzu viel Meinung darüber zu schreiben. Am ehesten in die Nähe eines treffenden Reviews kommt für mich vielleicht wieder Super Bunnyhops Video – und selbst bei ihm merkt man, dass er nicht versucht, eine "gestreamlinete" Gesamtaussage zusammenzukriegen, sondern eher seine Gedanken sammelt. ^^
Ich will mich daher auf ein paar Fragen konzentrieren, die ich persönlich interessant finde.
Für wen ist dieses Spiel?
Es ist ziemlich wild, wie groß das Franchise inzwischen geworden ist, aber ehrlich gesagt fand ich die Frage schon spannend, als ich den ersten Teil in der winzigen Fachbesucherkabine der Games Convention in Leipzig angespielt habe. xD
Die Witcher-Reihe ist auf der einen Seite EINDEUTIG ein klassisches West-RPG, mit ganz viel Bioware-Einfluss und ganz viel Fantasy. Aber andererseits hat es nicht nur den europäischen (oder genauer: Ostblock-)Märchen-Twist und die "kleinformatige" Monsterjäger-Core-Story, sondern hatte auch von Anfang an so seeeeltsame Erzählstrukturen und Dramaregeln, manchmal ziemlich weit weg von Hollywood, Heldenreise & Co. – wodurch es oft angenehm überraschen kann. Gerade die Finalszenen der ersten beiden Teile haben das für mich ganz hervorragend verdeutlicht, und Teil 3 geht zum Glück wieder genau denselben Weg. Ich will sagen: Wer mal was inhaltlich und erzählerisch anderes will, das dennoch tief im West-RPG-Bereich verankert ist, der kommt um den Witcher nicht herum.
Ein Teilaspekt davon ist auch, dass hier nicht immer alles erklärt wird, oder nur sehr langsam. Das gilt für das Setting, aber es gilt sogar für die Story, wodurch man seit Teil 1 immer so ein angenehm exotisches Gefühl hat, in eine wirklich fremde Welt und in die komplexe Geschichte wirklich faszinierender Personen einzutauchen. "Sense of Wonder" ist hier mal wieder das Schlüsselwort, und daran scheitern andere RPGs ja wirklich regelmäßig.
Der Witz ist, dass dieser Sense of Wonder der Reihe inzwischen auf eine andere Art und Weise hilft, die sicherlich nicht geplant war: Egal, wie viel Witcher man schon kennt, man fühlt sich selten wirklich verloren, zumindest im negativen Sinne. Ich dachte beim Spielen erst, dass der dritte Teil ohne die ersten beiden ziemlich überwältigend sein muss, aber inzwischen glaube ich, dass es gar nicht so wild sein dürfte. Schließlich habe ich die Bücher nicht gelesen, die Serie nur angefangen, und tatsächlich trägt all dieser Kontext, der mir offensichtlich fehlt, eher noch dazu bei, mich in dieses Spiel hineinzuziehen. Man braucht keine Bücher, keine Serie, eigentlich nicht mal Teil 1+2. In einem gewissen Sinne trägt die Komplexität des Franchises also dazu bei, es zugänglicher zu machen. Man muss sich nur ins tiefe Wasser trauen. ^^
Oh, aber man braucht Ausdauer zum Schwimmen. Selbst The Witcher III, das absolute Vorzeigekind des Open-World-Genres, ist in meinen Augen immer noch 1/3 zu lang. ^_~ Und natürlich, abermals, wonk as fuck, aber das kennen wir ja seit Teil 1.
Was ist das für ein Spiel?
Viele RPGs legen ihren Fokus auf die Handlung und/oder die Charaktere, und manche eher auf die Welt, das Eintauchen und das Erobern. Und ich muss sagen: Gerade letzteres funktioniert für mich nur sehr selten, und ganz oft sabotieren sich die beiden Seiten auch gegenseitig. Die Elder Scrolls bspw. hatten für mich nie irgendeinen Sense of Wonder, die ersten Fallout-Teile u.ä. konnte ich auch nicht lange spielen. Bei Bioware hat mich meistens genervt, dass die typischen drei Planeten/Regionen etc. von der Hauptstory abgelenkt haben. Es gibt Positivbeispiele, aber das sind Ausnahmen, und selbst die sind selten konsistent.
Der Witcher allerdings pendelt auf eine interessante Art und Weise zwischen diesen Reizen umher: Der zweite Teil etwa ist ganz eindeutig ein Story-Spiel – scheinbar auch aus Geldgründen –, der erste eine eher klassische Mischung. Der dritte Teil wiederum hat sich, so meine Vermutung, ERNSTHAFTE Gedanken über die Frage gemacht, wie man diese zwei Reize verbinden kann, ohne dass sie sich gegenseitig in die Beine grätschen. Die ersten 2/3 des Spiels bspw. sind eigentlich eine einzige Schnitzeljagd quer durch die Welt, die an der Oberfläche nur peinlich wenig mit der Story zu tun hat. Wenn man drüber nachdenkt, wird es aber erst durch diese lose Verbindung möglich, die Welt ohne allzu viele "Störgeräusche" zu erkunden und auch komplexe Nebenhandlungen zu erfahren, u.a. weil die Hauptstory noch überhaupt nicht interessant geworden ist – was natürlich nur funktioniert, weil der Neben-Content selbst verdammt interessant ist. Diese Struktur ist nicht immer logisch (Willst du nicht mal langsam deine Ziehtochter suchen statt Karten zu spielen ...?), aber wenn nach, äh, 70 Stunden oder so der storyintensive Part beginnt, kennt man die Welt bereits so richtig gut, und hat auch Bock auf mehr Story IN DIESER WELT, ohne sich aber zu ärgern, dass man Erkundungskram verpasst. In anderen Spielen hört das Spiel meistens schon fast wieder auf, oder man backtrackt nur noch, aber hier baut die Story wirklich ein bisschen auf der Erkundung auf, und läuft dann angenehm unterbrechungsfrei. Es wirkt einfach durchdacht.
That being said, The Witcher ist auch eindeutig die Geschichte eines bestimmten Mannes. Kein generischer Avatar, nicht mal ein blasses "Chosen One"-Bioware-Ding, sondern eben Geralt, der Witcher, und wenn man hier Entscheidungen trifft, geht es um die Frage, welche Entscheidungen Geralt in den Augen des Spielers treffen sollte. Und das erfordert natürlich auch, dass diese Entscheidungen über "rechtschaffen guter Geralt" und "Vollidiot Geralt" hinausgehen ...
Und ja, die Witcher-Reihe macht Dark Fantasy wirklich fucking gut, aus zwei Gründen: Sie versteht, dass "Dark" ein spezifisches Geschmäckle ist, nicht der gesamte Brei. Die depressive Spielwelt und die schweren Entscheidungen können nur funktionieren, wenn all das auch positive Seiten, schöne Momente und sogar potenziell angenehme Ergebnisse haben kann. Ich meine ... man kann in Witcher III ein HARDCORE-Happy-End erreichen, das sich ernsthaft verdient anfühlt! In diesem Sinne versteht die Reihe auch, dass nicht alle Entscheidungen auf Teufel komm raus bitterböse Dilemmas sein müssen, sondern dass böse Dilemmas aus sich selbst, aus echten Konstellationen erwachsen, und auch nicht aller 5 Minuten. Und dass es manchmal einen vernünftigen Kompromiss geben kann, oder einen ruhigen Moment, oder echte positive Emotionen. Und umso härter hauen dann die echten Dilemmas rein.
The Witcher ist für all seine Sex-Cards, seine alten Klischees, seine FUCKING pubertären Gewaltanimationen und seine blöden Witze eben doch ein angenehm erwachsenes Spiel, zumindest in den Momenten, in denen es wirklich zählt.
Wie passen die DLCs mit rein?
Kurzform: Alle sagen, man soll die DLCs mitnehmen, und obwohl Witcher III perfekt (!) abgeschlossen ist, würde ich das uneingeschränkt unterstreichen. Was für ein Grundspiel mit 100+ Stunden eine echte Ansage ist, gerade für meine Verhältnisse ...? yet here we are
Hearts of Stone ist praktisch wieder eine recht geradlinige Story à la Witcher II, aber eine VERDAMMT gute. Und ehrlich gesagt? Das war nach dem Hauptspiel genau das richtige. Ich hatte noch nicht wieder Bock, irgendwelche Umgebungen abzugrasen, aber bei so einer netten kleine Nebenhandlung mit wirklich faszinierenden Charakteren und Szenen war ich sofort dabei. Ich mag das Ende von Witcher II extrem gern, aber ich glaube, im Großen und Ganzen ist dieser DLC mein Höhepunkt der Trilogie.
Blood and Wine wiederum ist dann wieder mehr von Teil 3, und das ist – ebenfalls – genau richtig, zumindest als letzter DLC nach Hearts of Stone. Wenn ALLES an Teil III ein bisschen kürzer gewesen wäre, hätte ich den radikalen Wechsel in Umgebung und Tonfall wahrscheinlich sogar richtig großartig gefunden, aber so war die Luft ein bisschen raus; was ehrlich nicht am DLC selbst lag. Der hat coole Höhepunkte und vor allem coole Charaktere, auch wenn er nicht so ganz an die besten Momente der restlichen Reihe heranreicht. In einem gewissen Sinne also ein ruhiges Ausklingen, was auch noch mal von den grooooooooßartigen letzten beiden Szenen unterstrichen wird ... Und ja. Ja, doch, das passt. =3
Bloß nicht drüber nachdenken, was Yennefer zu der ganzen potenziellen Vögelei in den DLCs sagen würde.
Damit verkünde ich, dass nun offiziell ALLE Fragen zu Witcher III beantwortet wurden.
Ich, äh, spiele immer noch Hades. Oh, und ich habe mit Smash Bros Ultimate ein neues Sakurai-Spiel (Heißt: abartig rund, durchdacht und umfangreich!), also in diesem Jahr bitte keine Challenge-Wunder mehr erwarten. LiS 2 spiele ich definitiv noch durch, danach könnte es knapp werden. ^__~
Eine kleine Sache war aber noch offen!
Sakura Wars: The Animation
Zitat von La Cipolla
Die Tage folgt dann sicher noch ein kurzes Review des Tie-In-Animes ...
...
Oh my, die Formulierung "die Tage" hat hier eine MENGE Arbeit geleistet!
Unspektakulär bis lame, aber im Gesamtbild trotzdem besser als gedacht ...? xD' So ziemlich alles an diesem Anime war standard, von der generellen Story über das Writing bis hin zu den Animationen. Außerdem war die Inszenierung total anime-melodramatisch, ohne es sich so riiiiichtig zu verdienen, und von Anfang bis Ende TROPEY. as. FUCK! Kein einziger Funken Innovation in diesen 12 Folgen. Durch die fehlende Interaktion fällt glücklicherweise ein bisschen Cringe weg – Oh hey, der Hauptcharakter ist ja nur noch halb so anstrengend, wenn man ihn "von außen" sieht! –, aber leider auch ein gutes Stück des ursprünglichen Reizes. Ohne das Spiel wäre ich bei diesem Anime niemals über die erste Folge hinausgekommen; nicht weil er schlecht wäre, sondern weil er halt so richtig, richtig durchschnittlich ist.
Was mich positiv überrascht hat, war allerdings eben diese Einbindung in das Franchise, die ganze Spin-Off-Natur der Serie und überhaupt der Versuch, etwas Multimediales zu machen. Es ist ein einwandfreies Sequel des Spiels (so sehr, dass es mit mehr Interaktivität wohl sogar ganz unterhaltsam gewesen wäre! ), erweitert das Setting passend, hat Spaß mit den bekannten Charakteren und führt ein paar Neue ein, die bis zum Ende auch nicht ALLE praktikabel über den Jordan gehen. Es würde mich nicht mal wundern, wenn es ein paar Status-Quo-Änderungen in den nächsten Hauptteil schaffen. Und da habe ich ehrlich gesagt VIEL weniger erwartet, nämlich eine schlechte, konsequenzlose Fan Fiction als schnellen Cash Grab. Also, letzteres ist das sicherlich irgendwo, aber man merkt definitiv (wie schon beim Spiel!), dass die Leute dahinter das Franchise tatsächlich zu schätzen wissen.
Heißt: Keine Empfehlung, es sei denn man hatte wirklich Spaß mit dem Hauptspiel und möchte einen zweiten, weniger intensiven Schuss. Yeah ...?
Meine Fresse, du zockst dieses Jahr all die Spiele, für die ich nie Zeit finde.
Erst Hollow Knight, dann Dragon Quest Builders 2, Sunless Sea und jetzt Hades.
Letztes Jahr waren das glaub ich Planescape: Torment & Torment: Tides of Numenera.
Aber ich sehe schon, du hast dir da einige CRPGs rausgepickt, die sehr auf der philosophischen Ebene abzielen.
Reiner Zufall oder generell was für dich?
Und wie schaut es mit Life is Strange 2 aus?
Now: Doom: The Dark Ages / Done: Metaphor: ReFantazio Now: Doctor Who Staffel 15 / Done: Win or Lose Staffel 1 Now: One-Punch Man Band 20 / Done: Dai Dark Band 2 RPG-Challenge 2025 / Now:Clair Obscur Expedition 33
Ja, Life is Strange 2 ... läuft weiter nett nebenbei. Ich bin jetzt bei Kapitel 4 und habe immer noch keine wirkliche Eile, durchzukommen. Sollte in den Ferien klappen! Ich hebe mir die endgültige Meinung aber auch lieber für das Gesamtbild auf. ^^
Zitat von Ὀρφεύς
Meine Fresse, du zockst dieses Jahr all die Spiele, für die ich nie Zeit finde.
Erst Hollow Knight, dann Dragon Quest Builders 2, Sunless Sea und jetzt Hades.
Letztes Jahr waren das glaub ich Planescape: Torment & Torment: Tides of Numenera.
Aber ich sehe schon, du hast dir da einige CRPGs rausgepickt, die sehr auf der philosophischen Ebene abzielen.
Reiner Zufall oder generell was für dich?
...
Nee, am Ende des Tages will ich einfach Spiele spielen, die entweder ordentlich zerstreuen (Aufbaustrategie, Roguelikes etc.) ... oder aber so richtig hängenbleiben und nicht "einfach nur das nächste gute Videospiel" sind, das ich gespielt habe. Das kann auf der emotionalen Schiene laufen (wie Life is Strange), aber es können bspw. auch Spiele sein, die mich tief in fremdartige Welten oder andere Perspektiven eintauchen lassen, oder einfach ein sehr eigenes Konzept haben. Und das alles kriegen die konzeptuell runderen West-RPGs tendenziell ziemlich gut hin. Das ist auch der Grund, warum die Elder Scrolls bei mir nicht so richtig zünden, und viele (!) Ost-RPGs genauso wenig: Man muss zu tief eintauchen, als dass sie Zerstreuung wären, aber ich habe beim Eintauchen auch nur selten irgendwas gefunden, was wirklich hängen geblieben wäre. Ganz selten machen Spiele sogar beides. Wie Hades eben! Oder Persona.
Ich habe unterdessen auch noch Atelier Ryza angefangen. Ein umfangreich-komplexes, süßes und liebenswürdiges Ding, bei dem ich nach ~15 Stunden immer noch nach der individuell besten Art und Weise suche, es zu spielen ... Ich berichte dann, ob ich sie gefunden oder das Ganze davor abgebrochen habe. Den Versuch bereue ich auf keinen Fall!
Fuck, das Forum hat einen Beitrag gefressen ... Ich hasse den Shit mit den Security Tokens, und dass es mir nach 15 Jahren oder so immer noch passiert. =__=
Kurzform: Zwei Spiele abgebrochen!
Nights of Azure fand ich irgendwie überraschend ästhetisch, atmosphärisch und irgendwo interessant, aber auch der cutesy Fan Service konnte mir nicht über das waaahnsinnig langweilige Gameplay hinweghelfen. Thank you, next.
Atelier Ryza ist wirklich cool, aber ich finde es auch immer ziemlich doof, wenn ich in meinen Chill-Spielen plötzlich den Kopf anstrengen muss. Und das passiert hier jedes Mal, wenn ich auch nur einen mittelmäßigen Stahlbarren aus dem Alchemiekessel ziehen will. Das Kampfsystem könnte auch etwas chilliger sein. Das ist für mich einfach eine blöde Gemengelage, denn sonst hat es echt angenehm nostalgische Grandia-Vibes!
Und am Ende noch ein schnelles Hot Take: Fan Service kann ein wirklich gutes, rundes Spiel zerstören, aber auch ein wirklich mittelmäßiges Spiel spielenswert machen? 8D Bei Ryza bspw. finde ich das Charakterdesign zwar ziemlich nice, aber auch ziemlich unpassend, weil es diesen fast schon kindischen Charme hat. Bei Nights of Azure oder Sakura Wars dagegen ist der Fan Service eher ein Pluspunkt, weil er da besser ins Konzept passt ... oder sowieso nicht so viel kaputt machen kann. ^_~
HoloVista ist ein Cyberpunk-Handyspiel, das man auf dem Handy spielen sollte, am besten mit der Bewegungssteuerung! Es ist außerdem sehr billig, ein paar Stunden lang und dieses billige Geld im Großen und Ganzen definitiv wert. Ich sage das jetzt schon, weil ich es möglichst wenig spoilern und keinen falschen Eindruck hinterlassen möchte. =3
Man schlüpft in die Rolle einer erfolglosen jungen Architektin, die gerade das Jobangebot ihres Lebens bei einem exzentrischen Konzern bekommt. Die Hälfte des Spiels besteht daraus, über Social Media mit Freunden zu reden und Posts abzusetzen, bei denen man aber eigentlich nur die richtigen Bilder auswählt und weiterklickt. Das Writing ist gut und beizeiten ernsthaft witzig, aber auch nicht überragend natürlich oder sowas. Es geht klar, und da das Spiel generell extrem light on Gameplay ist, wirkt dieser Teil – und generell der Start ins Spiel – einfach nur "okay". Ich selbst bin ja immer etwas allergisch gegen "okay" und habe es daher in der ersten Stunde fast noch abgebrochen, was aber definitiv ein Fehler gewesen wäre.
Spannender wird es nämlich, sobald sich die Protagonistin in ihrer neuen Arbeitsumgebung wiederfindet. In einem neuartigen Luxus-Apartment soll sie (bzw. die Spieler*in) spezifische Fotos schießen und sich online über ihre Erfahrungen austauschen ... was natürlich weder so simpel noch so ungefährlich ist, wie es erst einmal klingt. Ohne viel zu spoilern: Das Apartment ist faszinierend as fuck in all seinen kleinen Details, und je mehr man darüber erfährt, desto faszinierender und CREEPIGER wird es, nicht nur trotz, sondern auch wegen der artifiziell-überbunten Neonoptik. Tatsächlich druckst die Geschichte ebenso wenig herum und eskaliert wahnsinnig schnell, im allerbesten Sinne. HoloVista wird nicht nur emotional, sondern rabiat persönlich, und man merkt lebhaft, wie hier jemand seine eigenen Erfahrungen in ein Spiel gegossen hat. Die Hauptautorin hat mir das auch auf Twitter bestätigt, was ich ein bisschen lustig finde.
Und in diesem persönlichen, emotionalen Rahmen endet das Ganze dann auch sehr kathartisch und vollkommen zufriedenstellend. Ein paar eigentlich interessante Dimensionen – siehe Spoiler! – bleiben dabei seltsam offen, aber irgendwie geht es trotzdem klar, weil es in HoloVista offensichtlich um die Protagonistin geht, als Mittelpunkt ihrer Welt. Und das ist auf irgendeiner Metaebene definitiv Cyberpunk. ^^
Sooo, geschafft, und ohne Ferien hätte ich sicher noch etwas länger gebraucht. Wir machen zwei Teile draus: Ganz kurz, warum es ein wirklich gutes Spiel und ein wirklich gutes Life is Strange ist, und dann etwas ausführlicher, warum es für mich trotz allem nicht so wirklich funktioniert hat. Ich bleibe spoilerfrei, was die Story selbst angeht, werde aber auf die Konzepte und Ideen eingehen, die wahrscheinlich dahinterstanden.
#1
Also ja, Life is Strange 2 ist richtig gut gemacht, funktioniert größtenteils in dieser nebligen Zwischenwelt aus Walking Simulator und Adventure, die die Reihe schon immer für sich eingenommen hat, weiß über 20 Stunden ohne große Unterbrechungen zu unterhalten und hat vor allem auch die sympathischen Haupt- und Nebencharaktere, die schon die Vorgänger so beliebt gemacht haben. Ich finde zwar, dass Sean und Daniel nie so 100% an die Facetten einer Max oder Chloe oder Rachel herankommen, aber dafür liegt hier ein stärkerer, tieferer Fokus auf ihrem Zusammenspiel, ihrer Entwicklung und den Verbindungen zu ihrer Umgebung, so dass auch dieser Teil seinen eigenen Reiz entwickeln kann. Und das tut er generell: Es fühlt sich weiterhin wie Life is Strange an, durch die Optik und die Musik, durch die ruhige Grundstimmung, durch den Teenager-Bullshit, durch das Writing, das irgendwo zwischen subtil und anstrengend on-the-nose pendelt – imho etwas gelungener als in den Vorgängern! –, und natürlich durch die Americana-Ästhetik, diesmal mit Wildnis statt Kleinstadt, eben als Road Trip. Es hat aber durch Daniels Telekinese und den Fakt, dass man weder Daniel noch diese Telekinese direkt kontrolliert, eine ganz neue Herangehensweise an das Lösen von Problemen. Es hat durch die Entscheidungen, die hier weniger persönlich und mehr "erzieherisch" wirken, und durch die Storystruktur, in der man immer mehr Abstand von der Gesellschaft nimmt, so viele eigene Ideen, dass es keinesfalls wie ein billiges Cash-In wirkt.
Und bei diesen eigenen Ideen liegen auch die Entscheidungen, die LiS2 für mich zu einem deutlich schwächeren Spiel machen.
#2
Ich muss aber zuerst sagen, dass ich voreingenommen bin. Ich habe hier schon mal ausführlich ausgeführt, dass mich die Vorgänger so richtig hart erwischt haben, und zwei Posts darunter auch noch mal ergründet, warum ich LiS1, Before the Storm und die Bonus-Episode für so ein rundes, beeindruckendes Gesamtbild halte. Kurz zusammengefasst: Diese Spiele erkunden die Frage, inwiefern man beim Aufwachsen die Träume der Kindheit und die "erwachsene" Realität in Einklang bringen kann, was es zu akzeptieren gilt und wann man stur bei den eigenen, egoistischen Wünschen bleiben muss. Und ALLES in diesen Spielen passt dazu – die Arcs der Charaktere, der Aufbau der Stories, die Superpower, die Endings ... ein Gesamtpaket eben.
LiS2 versucht das auch, und zwar mit der Frage, inwiefern man sich als Aufwachsender zwischen der Gesellschaft und den eigenen Wünschen positionieren kann. Was eine gute Idee ist! Schließlich haben wir diesmal Charaktere mit mixed race Eltern, die in den USA also schon von Anfang an zwischen den Stühlen stehen, wir haben eine Superpower, die dem einen Bruder eine gewisse Macht gibt, sich persönlich über die Regeln der Gesellschaft hinwegzusetzen, und wir haben einen Road Trip, der mit jeder einzelnen Station der Reise fragt, ob man sich einordnet oder widersetzt. Und auch am Ende entscheidet sich dann, ob man – und vor allem, ob Daniel! – den "Weg der Gesellschaft" geht oder eben nicht. Das Problem ist nur, dass ich all das intellektuell sehe und erklären kann ... es beim Spielen aber nur selten GEFÜHLT habe. Und das ist definitiv kein persönliches Problem, denn die Frage geht mir mindestens genauso nah wie die Frage aus Teil 1. Die beiden gehören ja auch untrennbar zusammen, wenn wir ehrlich sind. Life is Strange 2 schafft es für mich aber nur sehr bedingt, diese Allegorie a) wirklich einzubinden und b) sie konsequent zu erkunden. Ein Beispiel: Das Spiel hat ja definitiv eine Menge Gesellschaftskritik – tatsächlich ist es beeindruckend, wie aktuell es sich oft anfühlt! –, aber irgendwie ist es sich sehr unsicher, wie es die positiven und negativen Seiten der Gesellschaft zusammenbringen oder erklären soll. Und dasselbe gilt für die verschiedenen Seiten der persönlichen Wünsche! Wir lernen viele coole Außenseiter kennen, aber auch Arschloch-Hillbillys, wir leiden unter dem Egoismus der Mutter, aber profitieren von unseren Diebstählen. Und wenn Daniel "aus Spaß" mit einem Skorpion herumspielt, ist das schon ziemlich stumpf. Aber irgendwie weiß ich nicht, was mir das Spiel damit sagen will. "Die Gesellschaft hat gute und schlechte Seiten? Egoismus auch? Und alles hat Konsequenzen?" Okay. Das ist schwammig as fuck, und ehrlich gesagt kann ich nichts daraus mitnehmen. Ein Jugendlicher wahrscheinlich auch nicht. Teil 1 und BtS waren da direkter: "Dinge zu akzeptieren, ist einfacher, aber du könntest auch sehr unzufrieden enden. Deinen Wünschen zu folgen, kann allerdings dir und anderen weh tun. Mal ist das eine nötig, mal das andere." Das ist eine ziemlich klare Analyse, und zwar OHNE zu sagen, dass eine Option besser ist. Teil 2 dagegen analysiert nicht, er beobachtet nur. Das merkt man vor allem an den Endings: Ich mochte mein Ending und habe mir auch die anderen angeguckt, aber keins fühlt sich für mich so folgerichtig wie die beiden Endings in Life is Strange 1 an. Die Gesellschaft wirkt hier wie ein unbeweglicher Punching Bag, mit dem man irgendwie klarkommen muss oder von dem man sich abwenden muss, nicht wie ein komplexes Gebilde, das sich an allen Ecken und Enden beeinflussen lässt.
Ich merke beim Schreiben, dass ich meinen Finger nicht wirklich auf mein Problem mit LiS2 legen kann. Vielleicht geht es wirklich darum, dass das Spiel irgendwie sehr ... Status Quo ist. Selbst mit Superkräften kannst du nur "dazugehören" oder "nicht dazugehören", aber du kannst nichts verändern. Vielleicht ist das auch eine sehr privilegierte Sichtweise, und wahrscheinlich ist es gerade für Latinos und andere marginalisierte Gruppen deutlich schwieriger, etwas zu "verändern" ... Dann soll das Spiel das aber bitte auch explizit machen, es zum Thema erklären! Trump Wall BAD, ist schon klar, und der Polizeirassismus am Anfang setzt auch ein starkes Zeichen, aber all das wird halt nicht explizit genug mit der Handlung verbunden, mit den Entscheidungen, die die Brüder treffen. Und ich wiederhole noch mal, weil der Post vielleicht etwas "kopflastig" wirkt: Das ist kein Problem, das ich mir aus dem Kopf gezogen habe. Ich hatte beim Spielen einfach viele Gefühle, und andere Gefühle, die ich gerne gehabt hätte, hatte ich leider nicht. Und jetzt will ich das verstehen, denn man kann es definitiv nicht einfach darauf schieben, dass das Spiel irgendwie schlecht gemacht wäre.
Alleinstehend als Spiel würde ich es definitiv empfehlen, aber der Vergleich mit den anderen Teilen bleibt halt nicht aus, und da bin ich dann eher enttäuscht.