Rassismus ist ein verdammt vielschichtiges Thema, das über das simple "Ich hasse alle [insert-random-minority-in-the-country-here], weil [insert-racist-reasoning-here]." hinausgeht und dadurch oft schwerer zu benennen ist, wenn man nicht wirklich davon betroffen ist. Nichtsdestotrotz ist verdammt vieles in unserer Kultur rassistisch geprägt. Ist deswegen gleich jeder ein Rassist? Nein. Ist es deshalb ein unwichtiges Thema? Ebenfalls Nein.

Rassismus im Kern ist erstmal ein Phänomen, das Menschen dazu veranlasst, andere Menschen aufgrund ihres Aussehens, Glaubens und Abstammung, Eigenschaften zuzuschreiben und entsprechend anders als man selbst zu behandeln und bewerten. Meist dient es als Ausrede und Rechtfertigung für Gewalt, Erniedrigung und Mord an den "Anderen". Haben in der Geschichte ja genug Beispiele dafür, das muss ich hier vermutlich nicht ausholen.

Da das Ganze aber auf völlig irrationalen Begründungen fußt, hält sich so offener Rassismus nur schwer in der Gesellschaft, wenn er nicht gerade durch die Regierung z.B. gefördert und unterstützt wird.
Wenn wir also über Rassismus in Videospielen sprechen, werden wir kaum solchen offenen Rassismus vorfinden, wenn er nicht gerade einer kritischen Auseinandersetzung dient (ist letztlich auch strafbar).

Kritischer wird es bei verstecktem Rassismus (hier würde mir jetzt kein Videospiel zu einfallen, aber sowas seht ihr gut bei der AfD z.B.): Hier bedient man sich oft Metaphern und "Codewörter", um genau dieselbe Hetze auszusagen, nur halt strafrechtlich schwerer anzugreifen. Das Zielpublikum versteht es aber dennoch, wenn z.B. nicht die Verschwörung des Weltjudentums beschworen wird, sondern von Banken an der Ostküste der USA oder den USA selbst (die ja oft nur Laufburschen der Juden sein sollen), die prinzipiell hinter allem stecken, während die eigene Nation nur armes Opfer widriger Umstände ist (das wäre jetzt eher Antisemitismus, aber das Grundprinzip ist ähnlich zum Rassismus).
Das Gefährliche daran ist, dass so Hetze und Lügen mehr verbreitet und akzeptiert werden, weil man den "plausibleren" Verschlüsselungen Glauben schenkt, anstatt zu hinterfragen, was eigentlich damit gemeint ist. Man sollte also aufpassen, dass man nicht unbewusst rassistische Hassbotschaften einbaut oder Analogien darauf unkritisch rezipiert.

Und dann gibt es auch etwas, dass man positiven Rassismus nennt. Das ist eine eigentümliche Form, die ihren Weg in vielerlei Tropes und Stereotypen gefunden hat. Man will hier aber keine Angst schüren oder Verbrechen rechtfertigen, man schreibt Menschen trotzdem positive Eigenschaften aufgrund ihres Aussehens oder Abstammung zu. Das ganze hat seine Wurzeln im Kolonialismus, als sich der "zivilisierte" Weiße Spannung, Begeisterung und Wunder bei den "kulturlosen Barbaren" versprach. Aus entsprechenden Erzählungen und Geschichten entsprangen dann letztlich die Stereotypen, die sich sehr häuftig in Medien finden lassen.
Beispiele hierfür wären: der schlaue, emsige aber unterwürfige Asiate, der amerikanische Ureinwohner, der mit der Natur und seinen Ahnen in Kontakt steht (und immer eine Geschichte zu erzählen hat), die exotische Schönheit aus dem Orient/Afrika/Ost-Asien, die primär durch ihr Aussehen definiert wird, usw.
Es kommt hier auch sehr viel auf den letztlichen Kontext an, aber es gibt viele Menschen, die derartige Darstellungen auch nicht so prickelnd finden.

Es ist also für unseren Kontext erstmal eher unerheblich, was wir als Ersteller als rassistisch oder nicht deklarieren. Wichtiger ist, wie die davon Betroffenen es empfinden und wir dann letzlich damit umgehen (nehmen wir es Ernst oder weisen wir es ab).

Übrigens ist es dann auch keine Lösung einfach nur Fantasy-Völker und -Gruppen einzusetzen, denn das malt das Problem dann ggf. nur anders an, anstatt es zu lösen. Stattdessen: Hinterfragt einfach Tropes, Stereotypen und vereinfachte Eindrücke über Volks- und Personengruppen und baut sie nicht blindlinks ein, "nur weil das immer schon funktioniert hat".

Soviel von meiner Lehrstunde. °^°

MfG Sorata