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Ritter
Wie so vieles im Leben kann man Tabubrüche auf verschiedene Art und weise durchziehen, und jede Seite ist dazu geeignet, gänzlich andere Reaktionen hervorzurufen.
Da ist zum einen die beschönigende variante, die den Tabubruch zu etwas lustigem oder gar schönem verzerrt, wie es z.B. in dem Buch "Feuchtgebiete" passiert ist. Der Tabubruch wird hier nur eingesetzt, um den Konsumenten an seinem Ethik-Empfinden zu packen und entweder zu schocken oder zu faszinieren ... nicht selten beides. Solche Werke schlegen zumeist die höheren Wellen (in beide Richtungen allerdings, es wird sowohl verehrer als auch Hasser geben) und erreichen oft eine Bekanntheit, die in keinerlei Verhältniss zur künstlerischen Darstellung stehen, einfach weil die Neugierde die Konsumenten ködert, nicht die Qualität. Grob gesagt, ist das einfach Bauernfängerei.
Konstruierst du eine solche Situation, in der ein Mädchen knapp bekleidet nachts in dunklen Straßen rumschleicht, weil sie sich wünscht, vergewaltigt zu werden, dann würde zumindest ich dir diesen realitätsfernen Blödsinn um die Ohren hauen.
Die andere möglichkeit ist das "aufarbeiten" eines Tabubruchs. Das heißt eine Betrachtung aus verschiedenen Blickwinkeln mit einer begründeten Prämisse als Konklusion. Hierfür sind beispielsweise Sterbehilfe, Drogenkonsum oder die legalisierung von Inzest bekannte Themen. Der Autor vertritt hierbei zu einem Tabuthema eine feste Meinung (die nicht unbedingt richtig sein muss, aus seinem Blickwinkel aber zumindest berechtigt) und nutzt seine darstellende Kunst als Ausdruck, um diese Meinung Publik zu machen.
Vorteil ist, das die ernsthafte Aufafrbeitung im Regelfall besser beim KRITISCHEN Konsumenten ankommt, als die beschönigende Variante. Dafür schlägt sie natürlich aber auch nicht so hohe wellen was wiederum den Bekanntheistgrad niedriger hält. Der Nachteil dieser Variante ist, dass die eine deutlich intesivere Auseinandersetzung mit dem Problem an sich erfordert um den Gewünschten Zweck zu erzielen. Es wird daher auch kaum effektiv möglich sein, mehr als ein Tabu sinnvoll aufzuarbeiten, so lange dein Spiel nicht von einer Alleinerziehenden, drogensüchtigen dunkelhäutigen Prostituierten mit AIDS handelt, deren ganzes Leben irgendwo zwischen Hölle und Tartaros stattfindet. Allerdings währe das schon ein arg konstruierter Fall, der dann doch sehr nach "Alles muss scheiße sein" aussieht.
Als dritte Variante gäbe es dann einfach nur noch die unreflektierte Nutzung. Etwa wenn dein Hauptcharakter eine Mary Sue ist und du ihr als "Schein-Problem" anhängst, sie währe mal vergewaltigt worden, ohne das die Handlung selber Bezug darauf nimmt. Ein schönes Beispiel hierzu ist das bekannte Klische vom Quotenschwarzen, etwa wenn das komplette Enselmble eines Spiels / Films / Buches / Serie nur aus weißen besteht und dann ein einziger dunkelhäutger Charakter mitspielt, der abgesehen von seiner Hauptfarbe aber auch eher ein weißer ist.
Der Autor KANN damit eine bestimmte Absicht verfolgen, muss aber nicht. Ist das der Fall, erfolgt die Aufarbeitung allerdings nicht im Medium sndern wird normalerweise der Interpretation des Konsumenten überlassen.
Ein gutes Beispiel dafür ist berühmte "StarTrek-Kuss" zwiswchen Kirk und Uhura, welcher der erste im TV gezeigte Kuss zwischen einem Weißen und einer Schwarzen war und damit auch ein Tabubruch darstellte. Die Sache wurde allerdings serienintern nicht weiter aufgearbeitet und war einfach nur ein kurzes Statement der Produzenten.
Geändert von caesa_andy (18.06.2015 um 22:59 Uhr)
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