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Thema: Gut und Böse

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    Ich finds ätzend wenn die Handlungen böser Menschen durch 'ne traurige Kindheit etc. entschuldigt und relativiert werden, das hat sowas von "niemand ist wirklich von Grund auf schlecht!", das mag stimmen, aber es gibt Menschen, die sind von Grund auf ein Arschloch.

  2. #2

    Hier wird nicht geterrort
    stars5
    Zitat Zitat von Corti Beitrag anzeigen
    es gibt Menschen, die sind von Grund auf ein Arschloch.
    +1
    Es gibt sie einfach, diese Menschen die ein Ziel verfolgen und es auf die einfachste Art und Weise erreichen möchten - in dem man lügt, betrügt und korrumpiert. Ich kenn genug Leute, die sind aber auch ohne ersichtlichen Grund öhm...voll die bösen Buben. Trotzphase? Pubertät? Midlifecrisis? Aus Spaß an der Freude? Depression wegen mangelndem Erfolg? Neid? Das reicht alles schon völlig um was böses zu machen. Umso böser und brutaler die Tat, um so dramatischer wird das Enden. Vom Bein stellen über versuchten Todschlag bis zum Genozit ist da alles mit dabei.
    Vor einigen Wochen stand in der Zeitung das eine Mutter ihr Kind hat verhungern lassen - sie ist zu ihrem Freund gegangen weil ihr das Geschrei auf den Senkel ging. Purer menschlicher Wahnsinn, den ich so z.B. auch aus Silent Hill - Spielen kennen gelernt habe, obwohl da auch noch eine andere Komponente mitspielt: Radikale Taten im Namen der eigenen Religion.(vor allem in Teil 3). Das ist der Wahnsinn den ich so liebe. Nicht der "muhaha ich bin so wahnsinnig"-Wahnsinn, sondern der "Ich tue das aus einer ernsthaften Überzeugung und kuck dabei auch ganz ernst"-Wahnsinn. Jedem normalen Menschen ist klar, dass das so nicht geht und kämpft dagegen an. Der Bösewicht aber klammert sich mit so einer überzogenen Leidenschaft daran, dass man an erster Stelle Angst, an zweiter Stelle schon fast Mitleid bekommt.

    Wozu gehört eigntlich der völlig Wahnsinnige Antagonist, der noch zurechnungsfähig genug ist, um intelligent und hinterhältig zu handeln? Schwarz oder grau? Schließlich handelt er aus einer Überzeugung heraus, nicht aber aus einer völlig rationalen.

  3. #3
    Zitat Zitat von Sabaku
    Wozu gehört eigntlich der völlig Wahnsinnige Antagonist, der noch zurechnungsfähig genug ist, um intelligent und hinterhältig zu handeln? Schwarz oder grau? Schließlich handelt er aus einer Überzeugung heraus, nicht aber aus einer völlig rationalen.
    Es spielt sicherlich der Standpunkt eine Rolle. Für die Außenstehenden und vor allen Dingen die Opfer seiner Taten, ist er der Wahnsinnige. Für sich selbst, sieht er seine Taten und Beweggründe als völlig selbstverständlich an, da er sie am Besten (und eventuell auch als Einziger) nachvollziehen kann. Innerlich ist er Grau, nach außen hin Schwarz.
    Und diese Unterscheidung finde ich auch wichtig. Kein gut geschriebener Antagonist handelt schurkisch, weil er heute mal besonders böse sein will, sondern aus seiner Überzeugung heraus, es müsse für einen Zweck getan werden, der ihm (oder seiner Ansicht nach der Welt) einen Vorteil verschafft.

    Cortis "Arschloch" Ausspruch - er schrieb am Wenigsten aber brachte es gut auf den Punkt - zeigt noch eine andere Art von Antagonist auf. Leute, die einfach nur Macht wollen, sehr wohl im Gewissen es würde Anderen schaden und für sich selbst einen Vorteil abwerfen. Als Beispiele wäre die Historie der christlichen Religion (zB die Inquisition) zu nennen. Oder die Mafia, die bewusst organisiertes Verbrechen durchführt. Da ist niemand fehlgeleitet, es geht einfach nur um kriminellen Gewinn. Das lässt sich locker in den Schwarzbereich abführen und muss auch nicht weiter argumentiert werden.

    Für den spielbaren Helden wünsche ich mir jedoch, dass er sich einer Linie treu bleibt, vorzugsweise die "gute" Seite, um sich mit ihm zu identifizieren (für Filme mag etwas Anderes gelten; da ist es recht cool wenn der Protagonist einen Mistkerl-Charakter hat. Man spielt ihn ja auch nicht und verkörpert ihn somit auch nicht). Da ist es mir ein absolutes NoGo, wenn mein strahlender Held plötzlich anfängt grundlos Leute zu ermorden, arme Omas zu bestehlen oder ähnliche Spirenzchen beginnt, nur weil es halt durch die Features möglich ist. Auf eine eindeutige Charakterisierung sollte gerade beim Helden wirklich geachtet werden.

    [MG]

  4. #4
    Geschichten mit einem klaren Guten und Bösen verströmen für mich romantische Behaglichkeit. Wenn der Schurke böse lacht, während er das Dorf samt Bauern niederbrennt, hat das was von Kuschelrock. Ich lasse mein Feuerzeug aufschnippen und wippe wohlig mit. Luke Skywalker muss blond sein und wenn er vom ruchlosen Trachten des Imperiums erfährt, muss in seinen Augen ideale Naivität aufscheinen. Und natürlich muss der böse Imperator eine schwarze Kutte tragen, die tückische Augen und schlechte Zähne birgt. Auf eine gänzlich ironiefreie Weise mag ich das.

    Solche Geschichten fallen in sich zusammen, sobald spöttischer Abstand einzieht. Wer als Erzähler unfähig zum Pathos ist, sollte davon die Finger lassen; derartiges liegt dann außerhalb seines Könnens. Der hohen Kunst des Schwarz-Weiß kann man sich dann allenfalls mit der Krücke der Parodie nähern. Ich schaffe das beispielsweise nur so. Damit gehen Nachteile einher. Man kann nur vom Abglanz der Klischees schmarotzen, sie aber nicht direkt anzapfen. Und selbst ein neues Klischee zu erschaffen, also den Gipfel der Kreativität zu erringen, weil die eigene Fantasie in diesem Fall die Vorstellung der Vielen prägte, fällt dann auch weg.

    Allerdings lassen moralisch klare Konturen kaum Heldenpersönlichkeiten zu. Man ist auf Archetypen angewiesen, das dramatische Personal fungiert sehr zweckrational als Gefäße sittlicher oder unsittlicher Prinzipien. Auf der popkulturellen Ebene: Selbst Indiana Jones hat mehr Ambivalenz als die Gefährten im Herrn der Ringe (Boromir ist wohl nicht zufällig der am ehesten in Erinnerung bleibende Charakter des ersten Films). Prinzipiell überlegen ist keine der beiden Erzählweisen. Sie funktionieren je anders und das sollte man sich vor Augen halten, bevor man sich das erzählerische Mittel aussucht, das am besten dem eigenen Zweck dient. Hier stimme ich Owly zu: ein Märchen als post-existenzialistisches Selbstbetrachtungsstück aufzuziehen, verwandelte es in ein saft- und kraftloses Ding.

  5. #5
    Ich kann mich da Owly und Corti nur anschliessen. Ich sehe das teils auch so wie Maister-Räbbit. Problematisch ist hier allerdings der Umstand, dass die Umsetzung in beiden Richtungen missglücken kann. Und das kommt bei Leuten, wie Corti so schön sagt, mit trauriger Kindheit einfach wesentlich bescheuerter rüber. Gut und Böse stellt in sich schon eine gute Basis dar. Wenn man das Ganze nun verwässern muss, weil man sich der Herausforderung nicht gewachsen sieht es knallhart und überzeugend durchzuziehen, so führt es häufig zu traurigen Ergebnissen. Es stecken (vllt) tolle Ideen dahinter, doch unzureichend inszeniert bringen einem Ideen garnichts. Okay, zugegeben, vielen Leuten in der Makerszene ist sowas scheinbar egal und Ideen werden in den Himmel gelobt, auch wenn die Umsetzung (u.a.) mir Tränen in die Augen treibt. Und, nein, es sind Tränen der Enttäuschung.

    Zudem haben viele Leute in kreativen Bereichen allgemein das Problem, dass sie alles logisch und originell aufbauen wollen. Dies ist aber ein unsagbarer Fehler. Die Spieler wollen in gewissem Maße altbewährte Konventionen, so ausgelutscht sie auch sein mögen. Es geht in erster Linie um die Verpackung. Gerade bei Makergames habe ich die Erfahrung gemacht, dass ziemlicher Rotz rauskommt, wenn der Ersteller versucht(!) "authentische Charaktere" mit nachvollziehabren Handlungen und Beweggründen zu erschaffen. In gewisser Weise macht man sowas ja schon automatisch. Den Zwang nun jede Lücke füllen zu wollen und jeder tragenden Figur eine potentielle Rechtfertigung in den Mund legen zu müssen (besonders schön in überaschenden Monologen, kurz vor dem Ableben besagter Personen), kann ich nicht nachvollziehen. Zumindest nicht, wenn man schon mehrere Jahre makert und somit schon länger Geschichten erzählt. Man übertreibt es schnell.

    Allgemein würde ich dazu raten beim Geschichtenerzählen Schwerpunkte zu setzen. Es braucht einfach keine perfekt ausgearbeitete Story. Sofern man nicht vermitteln will, dass es kein Schwarz/ Weiss gibt, so sollte man sich auch nicht allzuviel mit dem Thema aufhalten.

  6. #6
    In Bezug auf dieses Thema will ich noch kurz anmerken, dass ein Faktor in der Erzählweise von Geschichten viel zu selten genutzt wird:
    Der Zufall.
    Die Welt (ja, die echte) ist doch gerade so spannend und voller irrwitziger Ereignisse, weil nichts voraussehbar ist. Warum muss innerhalb von Geschichten also alles immer logisch erklärt werden und jeder Charakter seinen festen Platz in der Geschichte haben, oder erzwungenermaßen verwoben werden!? Ich weiß, dass Handlungen so nicht funktionieren und man nicht einfach Charaktere aus einem Stück rein- und rausspringen lassen kann, aber dennoch bin ich ein Freund unkonventioneller Erzählmethoden und zumindest das Ergebnis eines Versuches würde mich doch sehr interessieren.

    @Cort und Sabaku:
    Kann dem nur zustimmen

    @Jiro Toshima:
    Die Umsetzung, da Hobbytechnisch erzeugt ist im "Indieentwickler" Bereich immer das Problemo No.1

  7. #7
    @Corti
    Das gilt aber nur für Menschen, die wirklich böse sein sollen, also quasi so was wie der Teufel in Menschengestalt. Ein richtiger Mensch wird nicht als Arschloch geboren, zumindest meine ich, dass in der Wissenschaft angenommen wird, dass die Persönlichkeit erst durch die Sozialisation entsteht. Wenn ein Mensch also ein Arschloch ist, dann muss in der Kindheit wirklich etwas schiefgelaufen sein. Wobei das nicht notwendigerweise was mit bösen Vergewaltiger-Eltern zu tun haben muss o. ä. Das Problem bei manchen Geschichten ist mMn auch eher, dass versucht wird, das Arschloch-Verhalten zu entschuldigen, man soll Mitleid mit dem Antagonisten haben, er ist nur ein armes Opfer. Ich finde es grundsätzlich nicht verkehrt, wenn man versucht das asige Verhalten vom Gegenspieler zu erklären, solange man damit nicht versucht, die Antipathie zu nehmen.

    Ich finde eine klare Trennung in Gut und Böse in Ordnung, solange die Geschichte nicht besonders glaubwürdig sein soll. So was funktioniert bei High Fantasy, bei Low und Dark Fantasy wird es schon schwieriger. Wobei selbst dort Sympathie und Antipathie klar verteilt werden können. Die Serie Game of Thrones polarisiert z. B. sehr stark (in den Büchern soll das afaik nicht so ausgeprägt sein). Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass es jemanden gibt, der gewisse Charaktere aus der Serie sympathisch findet. Böse macht das sie zwar nicht, aber zu Arschlöchern schon.

  8. #8
    Ich glaub nicht an "böse" Menschen, aber durchaus an Menschen, deren Hintergründe man nicht kennt oder deren Entscheidungen und Verhaltensweisen man für total dumm oder asozial hält. Was man dann natürlich wieder "böse" nennen könnte ... Weshalb sich mein Post oben auch eher auf die "klassische" Definition bezieht, also eine Gesinnung in dem Sinne, dass "gut" und "böse" tatsächlich inhärente Charakteristika ohne großen Kontext sind.

    Was Corti sagt, trifft imho nur zu, wenn es schlecht gemacht ist.

  9. #9
    Was zählt ist, ob ein Arschloch glaubwürdig sein kann und das kann es, weil wir alle Arschlöcher kennen und ich finde, dass man Charakteren auch Tiefe geben kann ohne sie zu entschuldigen.

  10. #10
    Ich kann wenig damit anfangen, wenn Charaktere einfach gut oder böse sind, weil sie so sind. Auch in einer Fantasy Geschichte sollten da schon richtige Beweggründe sein. Gut und Böse sind nie Handlungsmotive, es sind lediglich Wertungen basierend auf der vorherrschenden Moralvorstellung. Damit sind Gut oder Böse auch nie absolut, weil Moral nicht absolut, sondern abhängig von Gesellschaft und Zeit ist.
    Das heisst aber nicht, dass man "bösen" Charakteren immer eine tragische Hintergrundgeschichte geben muss, nur eben eine glaubhafte Handlungsmotivation.
    Ganon will beispielsweise nicht das Triforce weil er so unglaublich böse ist. Er ist ein machthungriger Mensch (was wir als böse einstufen) und daraus leitet sich sein Handeln ab. Er hat also wesentlich mehr Persönlichkeitsaspekte als böse zu sein.
    Ein gutes Beispiel finde ich auch Nene aus Blue Dragon, der einfach gerne Menschen leiden sieht. Er handelt nicht so, weil es böse ist Menschen leiden zu lassen und er halt böse sein will, sondern weil er sich daran belustigen kann. Damit hat er eine ausgearbeitete Persönlichkeit, die nichts damit zu tun hat einfach böse zu sein. Sie wird lediglich von uns so eingestuft.

    Schlussendlich geht es daher bei allen Charakteren, seien sie schwarz, weiss oder grau, darum, ihre Charaktereigenschaften und Handlungsmotive auszuarbeiten und sie durch diese besonders interessant und tief zu gestalten. Es ist die gleiche Arbeit und man muss auf die gleichen Dinge achten.

  11. #11
    Zitat Zitat von La Cipolla
    Weshalb sich mein Post oben auch eher auf die "klassische" Definition bezieht, also eine Gesinnung in dem Sinne, dass "gut" und "böse" tatsächlich inhärente Charakteristika ohne großen Kontext sind.
    Das ist der vernünftigste Ansatz.

    Zitat Zitat
    Btw.: Märchen oder der "Kleine Prinz" sind imho denkbar schlechte Beispiele. Denn ganz davon abgesehen, dass man sich bei zweiterem durchaus streiten kann, sind es Kindermedien, oder allgemeiner ausgedrückt, sie haben eine pädagogische Funktion.
    Jein, inhaltlich vielleicht, aber selbst das ist streitbar. Viele Märchen, wie "Das Mädchen mit den Zündhölzern" und andere Andersens, finde ich wenig kindgerecht. Gerade Kunstmärchen zeichnen sich doch dadurch aus, dass sie eine Bedeutungsebene haben, die oft nur Erwachsene verstehen. Außerdem sind sie sprachlich sehr ausgefeilt. Beides nicht der Schwarz-Weiß-Malerei zum Trotz - es ist ihr zu verdanken. Worauf es mir bei Märchen ankommt: Sie sind sehr homogen. Welt, Charaktere, Ereignisse und Sprache sind nicht voneinander zu trennen.


    Wie real Troll schreibt: Es ist nötig, seinen Stil der Intention anpassen zu können. Wenn man sich nur für Realismus interessiert, ist das ok. Wenn man nur zu ihm imstande ist, ist das schade. Wenn man nur zu ihm imstande ist und den Rest verurteilt, macht mich das wütend. Aber nicht so wütend, dass ich meinen Schaukelstuhl verlassen möchte. Also gar nicht.

    Menschen sind zu so toller Abstraktion fähig und ihr Unterbewusstseins ist voll von Symbolen, wieso also sollte man sich vor allem, außer seiner bewussten Wahrnehmung verschließen? Das ist so, als hätte es die Kunstgeschichte seit Anfang des 20. Jahrhunderts nicht gegeben.

    Geändert von Owly (28.08.2012 um 12:42 Uhr) Grund: Ein Tag später und immer noch zu blöd zum Schreiben

  12. #12
    Zitat Zitat
    Jein, inhaltlich vielleicht, aber selbst das ist streitbar. Viele Märchen, wie "Das Mädchen mit den Zündhölzern" und andere Andersens, finde ich wenig kindgerecht. Gerade Kunstmärchen zeichnen sich doch dadurch aus, dass sie eine Bedeutungsebene haben, die oft nur Erwachsene verstehen. Außerdem sind sie sprachlich sehr ausgefeilt. Beides nicht der Schwarz-Weiß-Malerei zum Trotz - es ist ihr zu verdanken. Worauf es mir bei Märchen ankommt: Sie sind sehr homogen. Welt, Charaktere, Ereignisse und Sprache sind nicht voneinander zu trennen.
    Hm, okay, da kenne ich wohl einfach zu wenig, ich bin jetzt erst mal vom üblichen Kindermärchen à la Grimms ausgegangen. Ob kindgerecht oder nicht spielt dabei (!) aber erstmal keine Rolle (zumal der Begriff im historischen Kontext sehr wechselhaft ist), denn die pädagogische Funktion ist da eigentlich immer dabei, gerade bei den Grimms -- was noch drin steckt, ändert daran nichts. Wobei in Anderssons Märchen doch das Einzige, was gut oder böse ist, die BÖSE BÖSE WELT sein dürfte.
    Aber wie gesagt, ich denke ich hab einfach nicht genug Ahnung vom Genre, um da was Verallgemeinerndes drüber zu sagen.

  13. #13
    Zitat Zitat von Owly Beitrag anzeigen
    Wie real Troll schreibt: Es ist nötig, seinen Stil der Intention anpassen zu können. Wenn man sich nur für Realismus interessiert, ist das ok. Wenn man nur zu ihm imstande ist, ist das schade. [...]
    Menschen sind zu so toller Abstraktion fähig und ihr Unterbewusstseins ist voll von Symbolen, wieso also sollte man sich vor allem, außer seiner bewussten Wahrnehmung verschließen? Das ist so, als hätte es die Kunstgeschichte seit Anfang des 20. Jahrhunderts nicht gegeben.
    Um dich zu zitieren: "Jein". Ich widerspreche dem nicht, kann mich dem jedoch auch nicht anschließen. Schwarz-Weiß-Schreibungen entstammen aufgrund ihrer anfänglichen Einfachheit, nicht grundlos oft der Anfängerfeder, was auch spielerisch nur höchst selten überzeugt. Anfänger sind oft nicht in der Lage sich mehr Gedanken über ihren Plot und Charaktere, das Spiel im Gesamten, als Werk, zu machen. Hier liegt die Ursache nicht im Interesse des Entwicklers, sondern der persönlichen Grenze.
    Aus der Perspektive der Kunst, wie ich oft sehr gerne sage: Wer realistisch zeichnen kann, ist auch zur Abstraktion fähig. Wer nur abstrakt zeichnet, beherrscht den Realismus nicht. Ähnlich verhält es sich mit den Spielen: Es bedarf einer gewissen Grundlage, der Fähigkeit komplex über sein Werk nachzudenken und es auch wie gedacht umzusetzen, dazu fähig sein Abgleiche mit der Realität zu treffen und somit Variationen und Optionen zu entwickeln. Gute und überzeugende Schwarz-Weiß-Spiele oder Bestandteile zu integrieren, bedarf viel Erfahrung und Arbeit. Und der Schritt dahin, ist der Blick auf die Realität. In dem Sinne, würde ich Erst- und Frühentwicklern nicht unbedingt empfehlen, mit den Überzeichnungen von Gut und Böse zu spielen.

    [Nachtrag] Ich schätze es ist unnötig zu erwähnen, dass diejenigen fortgeschrittenen Entwickler auch selbst wissen, dass sie zu Schwarz-Weiß-Abstraktionen in der Lage sind und dein Ansporn ihnen gegenüber durchaus legitim ist.

    [MG]

    Geändert von TrueMG (28.08.2012 um 13:33 Uhr) Grund: Because I can

  14. #14
    Zitat Zitat
    Wer realistisch zeichnen kann, ist auch zur Abstraktion fähig. Wer nur abstrakt zeichnet, beherrscht den Realismus nicht.
    Hm, mutige Aussage. Wenn man einmal so richtig schön drin im Differenzieren ist, kann es durchaus schwer werden, wieder auf simple Konzepte zurückzugreifen und diese ästhetisch ansprechen durchzuziehen. Letzeres ist imho nicht sooo einfach, wie es immer gern dargestellt wird.

    Wo ich dir aber recht gebe: Eine wirklich gute Abstrahierung ist letztendlich einfach er als eine wirklich gute Relativierung, denke ich.

  15. #15
    Zitat Zitat von La Cipolla
    Aber wie gesagt, ich denke ich hab einfach nicht genug Ahnung vom Genre, um da was Verallgemeinerndes drüber zu sagen.
    Davor sollte ich mich eigentlich auch hüten. Mit Märchenforschung habe ich kaum Erfahrung, nur mit Märchen selbst. Die Parallelen zwischen Grimms Märchen, Andersens und denen aus 1001 Nacht, sind sehr deutlich, liegen für mich aber nicht im pädagogischen Bereich. Pädagogik ist ja meist eher die Pointe eines Märchens.
    Bei Andersens Märchen ist es ja gerade der Witz, dass sie - abseits von der Sprache - sehr formfrei sind. Sein Ole Lukøje hat z.B. gefühlt nichts mit seiner kleinen Meerjungfrau gemeinsam.

    Zitat Zitat
    (zumal der Begriff im historischen Kontext sehr wechselhaft ist)
    Gibt es rein pädagogische Kinderbücher, die berühmter sind als Vertreter der schwarzen Pädagogik?


    Zitat Zitat von TrueMG
    Aus der Perspektive der Kunst, wie ich oft sehr gerne sage: Wer realistisch zeichnen kann, ist auch zur Abstraktion fähig. Wer nur abstrakt zeichnet, beherrscht den Realismus nicht.
    Expressionismus und Art Brute widersprechen dem. Nicht, dass ich das auch zwangsläufig tue, denn die Meinung finde ich nachvollziehbar. Regeln bricht man am besten, indem man sie vorher lernt und anwenden kann. Aber: Abstraktion setzt keine Kenntnis der objektiven Realität voraus. Die subjektive reicht dafür vollkommen. Vielleicht ist Abstraktion in der Beziehung nicht der richtige Begriff, es geht nämlich wirklich darum, neben der Realität anzuerkennen, dass jeder noch seine eigene mitbringt. Das wurde ja im Grunde schon dadurch ausgesagt, dass die Vorstellungen von Gut und Böse für jeden anders aussehen, aber ganz den Kern trifft das nicht, denn: Fernab von jeder Rationalität und jeder Bewertung mag existieren was will.
    Die Handwerkliche Qualität von Kunst würde ich generell nur daran messen, wie sehr das Ergebnis der Vorstellung entspricht. Ob die Vorstellung irgendwas mit der Realität zu tuin hat, ist unerheblich.

    Was den Rest angeht, stimme ich dir weitestgehend zu, insbesondere deinem Nachtrag! Nur: Anfängern Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie den Weg der Realität beschreiten können, ist völlig ok, solange ihnen klar ist/gemacht wird, dass es andere Möglichkeiten gibt.

  16. #16
    Ich empfinde es als den größeren Spagat Menschen in ihrer vollen Charakterspanne zu beschreiben- mit guten wie schlechten Seiten. Klares Schwarzweiß Design ist nicht meins, in meinen Augen mittlerweile auch überholt.
    Jeder weiß, das es nicht so einfach ist, und in jedem Monster steckt(e) mal ein Mensch. Für mich stellt es die höhere Kunst da, dies auch so darstellen zu können. Es gibt da kein größeres Drama in einer Geschichte für mich, als wenn man Protagonist und Antagonist gleichermaßen schätzt, weil man in ihrer Menschlichkeit ihre Beweggründe verstehen lernt.

  17. #17
    Zitat Zitat von Jehu Beitrag anzeigen
    Ich empfinde es als den größeren Spagat Menschen in ihrer vollen Charakterspanne zu beschreiben- mit guten wie schlechten Seiten. Klares Schwarzweiß Design ist nicht meins, in meinen Augen mittlerweile auch überholt.
    Jeder weiß, das es nicht so einfach ist, und in jedem Monster steckt(e) mal ein Mensch. Für mich stellt es die höhere Kunst da, dies auch so darstellen zu können. Es gibt da kein größeres Drama in einer Geschichte für mich, als wenn man Protagonist und Antagonist gleichermaßen schätzt, weil man in ihrer Menschlichkeit ihre Beweggründe verstehen lernt.
    In gewissem Sinne gebe ich dir da durchaus recht. Aber man darf nicht vergessen, dass wir hier nicht einfach nur Geschichten erzählen, sondern Spiele machen. Und für die meisten Spieler ist es, so meine ich einmal, befriedigender wenn sie am Schluss das Gefühl haben "Hurrah! Ich habe es geschafft!" und nicht "Hm ... Jetzt habe ich diese Arme Sau niedergeknüppelt die eigentlich gar nichts dafür kann, dass sie ist wie sie ist. Irgendwie fühl ich mich mies...".
    Letzteres passiert immer eher dann wenn man zu sehr versucht das Verhalten seiner Gegenspieler zu entschuldigen.

  18. #18
    @ Mordechaj
    Ich greife mir noch einmal den Exorzismus aus deinem Gedankengang, denn ich glaube, er versenkt sich sehr tief in die Vorstellung vom Bösen als leibgewordener Gegner. Sei das nun der dunkle Herrscher (töten) oder eine schlechte Idee in den Köpfen (Massenbekehrung). Letzteres ist wohl nur umständlich im Spiel darzustellen, ersteres ist - wie zahllose Vorbilder zeigen - wirkungsvoll erprobt.
    Was ist mit Endzeitszenarien? Hier ist das Böse ein amorpher Umstand, der nicht mit dem Knüppel zu erschlagen ist. Dem Problem des ziemlich totalen zivilisatorischen Zusammenbruchs mit allen hässlichen, pulpigen oder hemdsärmelig-fröhlichen Folgen ließe sich zwar gedanklich begegnen, die Erfahrbarmachung hülfe, besser zurecht zu kommen. Aber der Bruch ist irreparabel. Aneignung führt nicht zur Wiederherstellung guter Ordnung, und der Lernende kann sich nicht über einen bösen Meister erheben. Die beiden Siegmittel Auslöschung und Reifung wären in so einem Szenario wohl nur dann geeignete Instrumente, wenn man das Ganze als (Wieder)Aufbaustrategiespiel aufzöge. In einem Abenteuerspiel mit seinem enger gefassten, weil nur auf persönliches Eingreifen beschränkten Wirkungskreis bliebe allerdings ein Drittes, um dem Bösen zu begegnen: fortwährende Behauptung. Das aktuelle "DayZ" stellt so eine Möglichkeit dar. Nur weiß ich nicht, wie befriedigend ein Spielzuschnitt auf Rollenspieler wirkt, der ständig prüft, ob man bestehen kann, ohne eine finale Erlösung anzubieten.

    @ Owly
    Es was so gemeint, wie Mordechaj sagt.
    Vielleicht denke ich zu heroisch, aber beim Bösen im Spiel denke ich gar nicht so sehr an Angst und lauernde Schrecken. Für mich ist das Böse das, was den guten Sinn in den Heldenkampf legt. Eine Art spielmechanische Theodizee, die prinzipiell auch ohne Höllenwesen auskäme.

  19. #19
    @real Troll:
    Das ist eigentlich ein ganz interessanter Gedanke und die ausgehende Frage nach der Wirkungsfähigkeit entscheidet womöglich über Aufstieg und Fall des Konzepts. Dabei denke ich, dass es hier sogar zwei Faktoren gibt, einer davon hat mit der forwährenden Behauptung gegen das Böse, wie du sie erwähnst, zu tun, ein anderer von einer Reperatur der zerstörten Ordnung.

    In ersterem Fall ist denke ich die (und hier werde ich kurz ein bisschen pseudowissenschaftlich) Dopaminwirkung sehr entscheidend; ein Konzept, das keinen Endzustand erreicht, muss zumindest voranbringen und Wettkampf erzeugen. So funktionieren ja beispielsweise auch die Welten in MMORPGs, die niemals abgeschlossen sind, sondern im Idealfall und natürlich zum Erhalt der zahlenden Spielerbasis immer neue Möglichkeiten bieten, besser zu sein als andere, im allgemeinen Fall aber vor allem auch der virtuellen Umwelt Herr zu werden. Auch solche Konzepte kommen nicht ohne das herkömmliche Gegnerschema aus, wobei natürlich neure Entwicklungen wie DayZ da eine große Ausnahme darstellen.

    Hier würde ich dann konventionell vor allem die zweite Variante sehen, sozusagen der "Reset-Knopf". Utopistische Denksysteme finden in solchen Szenarien ihre Kulmination: Nicht auszumalen, welche Welten man sich schaffen könnte, wenn die etablierte Zivilisiertheit aufhören würde zu existieren. Jede realisierte Utopie (der Mensch neigt zu Utopien, vor allem zu rückwärtsgewandten und solchen, die ihn aus der unnatürlichen Verfassung der Kultiviertheit führen) folgt auf Auslöschung des Status Quo, viele Utopien sind darauf ausgerichtet, einen ehemaligen Status Quo zu retablieren -- oft ist das der naturbelasse Urzustand (Urchristentum, Urkommunismus, der Mensch im Einklang mit der Natur, Ökologiebewusstsein). DayZ begreife ich noch immer als ein soziales Experiment, das wunderbar dazu dient, den NatUr-Zustand einigermaßen nachzuempfinden. Da stecken Freiheitszustände drin, die man sich gar nicht ausmalen mag, denn jegliche Handlungskonsequenz ist entweder nichtig oder unabsehbar -- gegenüber reellen und absehbaren Handlungskonsequenzen in der zivilisierten Welt.

    Ich denke, der Reiz an diesen irreparabel gebrochenen Ordnungen ist gerade der unwiderrufliche Ausbruch aus jeder Form des geordneten Dahinlebens. Und das Böse wird dahin zurückgelegt, wo es eigentlich herkommt: In die Natur oder zumindest in dieses unsichere Immerda, diese urtümliche Bedrohung, der man nicht entrinnen kann. Genau das ist ja die Urerfahrung des Bösen. Sie ist nicht abgebunden oder moralisch, sie ist auch keinem fiesen Bösewicht auf den Rücken geschnürt, es ist die reine und unverfälschte Form des dunklen Ahnens (Suspense) und sich Erschreckens (Surprise). Die fortwährende Behauptung wird dort zur absoluten Dopamin-Maschine, wo das "natürlich vorgesehene" (wieder: das ist pseudowissenschaftlich) der Belohnungsmechanismen auf einmal wieder intakt ist. Im Gegensatz zum geordneten und damit in der Regel absolut sicheren Dasein in der kultivierten Gesellschaft, in der der größte Quälgeist Disstress ist, dem kaum beizukommen ist, versetzt die unwiderruflich gebrochene Ordnung in einen Zustand der rudimentären Gesellschaft oder gar in die freie Einsamkeit des NatUr-Zustandes zurück. Dort, wo das Urböse noch aktiv ist und nicht von kulturellen Überzeichnungen zu einer ethischen Kategorie verfälscht worden ist. Das Fehlen des ultimativen Triumphierens wird dadurch auch eher zum geringfügigen Störfaktor: Triumph ist schließlich auch nur der schlechte Ersatz für den entfesselten Energiekomplex des Urbösen, der in seiner ethisch-kategorischen Verfasstheit nur noch wenige Züge des Urabenteuers trägt. In einer Spielwelt, in der Ethik und Moral keinerlei Rolle mehr spielen können, ist man dem desirablen Zustand so greifbar nah, dass die Ersatzwirkung der Vernichtung des kulturell überformten Bösen quasi nicht mehr nötig ist.

  20. #20
    Klar sollten die Taten eines Charakters auch nachvollziehbar sein und eine Traurige Kindheit ist ein wenig bescheuert als Grund.
    Wenn jetzt z.B. der Antagonist einen Hass auf eine bestimmte Gruppe Menschen hat, dann sollte das aber auch begründet sein.
    Wenn XY´s Famile halt von einer Bande Aliens umgebracht wurde und er es als Kind gesehen hat, ist klar, dass XY den Aliens nicht eben wohlgesonnen ist
    und wenn er jetzt noch von einem leidenschaftlichen Alienhasser gefunden und aufgezogen wird, ist klar, dass XY wohl ebenso ein Alienhasser wird, dessen
    Ziel es ist alle Aliens auszulöschen. Ob er darüber hinaus ein guter oder schlechter Mensch ist, muss dadurch nicht beeinflusst werden.
    Er kann ansonsten ein richtiger heiliger sein oder halt ein Arschloch.

    Ich finde ja, dass Charaktere die absolut das eine (Böse) sind ohne einen Hauch des anderen (Gut) zu haben, unglaubwürdig und flach wirken.

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