...was die Community wirklich nach vorne bringt

Dieser Thread hatte sich gestern angebahnt und dass ich es öffnen muss, irgendwie auch. ^^"
Ausgangspunkt war hier: http://www.multimediaxis.de/threads/...=1#post2978873

Die erste umfangreiche Meinung zum Thema lieferte Grandy (den ich hier mal ungefragt zitiere):
Zitat Zitat von Grandy Beitrag anzeigen
Na gut, diskutieren wir über das "Projekt des Monats". Ich fang mal an:
Ich war dem Preis gegenüber anfangs skeptisch eingestellt, weil er für mich einen dezenten Geruch von "jeder kriegt was" hatte. Hier ging es von vorneherein nicht um Vollversionen und Demos, sondern um alles Mögliche, und natürlich ist der Kreis der Konkurrenten vergleichsweise klein, und natürlich ist der Preis extrem Hype-anfällig: das können populäre Autoren sein, oder hochgepimpte Spielevorstellungen - es gab auch schon Gewinner, die hat davor keiner gekannt, es kam nie was raus, aber das Spiel hörte sich sehr lecker an und war auch hübsch angerichtet.
Auf der anderen Seite sind es nicht immer nur Demos und Vollversionen, die die Community weiterbringen. Manchmal sind es auch extrem ambitionierte oder originelle Projekte, die die Phantasie anderer Autoren beflügeln und möglicherweise die Szene einen Schritt nach vorne befördern kann. Hier wird m.E. vor allem Potenzial bewertet. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass "London Gothic" zumindest ein internationales Plagiat generiert hat (inklusive Demo), und ich glaube mich zu erinnern, dass real troll in seiner ersten Vorstellung zu "Die Reise ins All" im Quartier angesprochen hat, dass " London Gothic" ihn auf den Gedanken gebracht hat hat, dass mit dem Maker noch andere Dinge möglich sind, als Fantasy, SF, Fun und Horror.

Ich persönlich hätte den Preis (wenn überhaupt) lieber für Demo und Vollversion bekommen und am liebsten gar keine Spielevorstellung vor der Demo gemacht, gerade um das "Projekt des Monats" zu umgehen. Auf der anderen Seite weiß ich um die motivationsfördernde Wirkung solcher Vorstellungen und als ich merkte, dass meine Energie in den Keller geht, habe ich es dann doch gemacht. Ich schäme mich trotzdem nicht dafür, dass der Preis letzten Endes an UiD gegangen ist; es mag eingebildet klingen, aber von allen Projekten, die an der Veranstaltung teilgenommen haben, wird UiD wahrscheinlich den größten Einfluss auf die Community haben, selbst wenn der sehr unwahrscheinliche Fall eintritt, dass es nicht veröffentlicht wird. In diesem Fall würden die bislang fertig gestellten Tilesets veröffentlicht werden, die inhaltlich, zusammen mit den bereits vorhandenen REFMAP-Ressourcen für den VX ca. 60% der alten REFMAP-rm2k3-Resourcen abdecken.

Gerade in diesem Monat gab es viele Teilnehmer, von denen bislang nichts spielenswertes zu sehen gab. Ich finde, dass "Von Händlern und Helden" ein tolles Konzept hat, das ich in dieser Form noch nie bei einem RPG-Maker-Spiel gesehen habe. Znee hat mich vom Setting und der Gestaltung angesprochen - atmosphärisch ebenfalls Neuland. Doubt baut eine sehr dichte Atmosphäre auf, aktuell auch unterstützt durch den schönen Intro-Trailer, und hat mich sofort dazu animiert, mir den Manga durchzulesen, der als Vorlage diente. Wenn diese Spiele Demo-/VV-Status erreichen, und auch noch spielerisch überzeugen, werden sie bei kommenden Spiel des Jahres Wahlen ganz vorne mit dabei sein.
Die zwei Kernfragen lauten wie folgt:
1. Wie steht ihr zu dem Umstand, dass Konzepte/Spielvorstellungen manchmal den Vorzug gegenüber spielbarem Material bekommen?
2. Wie wichtig sind zukunftsweisende Projekte und vor allen Dingen, wie will man die erkennen? (Eigentlich verdient der zweite Teil dieser Frage seinen eigenen Thread. Mal schauen, wie sich das hier entwickelt.)

Zu 1.:
Ich sehe darin grundsätzlich keine bedeutenden Schwierigkeiten, zumal die Anzahl nominierter Projekte, die keinen Demo- oder Vv-Status haben, wesentlich geringer ist, als ab und an behauptet
Desweiteren greift Grandys Argument bezüglich Potenzial: Wenn das, was sein kann, besser aussieht als das, was ist - warum sollte ich mich dann nicht von meinem Gefühl leiten lassen? Spielbares um jeden Preis würdigen, damit wäre niemandem geholfen. Dass Konzepte große Wellen schlagen, davon bin ich indes nicht überzeugt. Jedenfalls nicht hier. Einige mögen ihre Nachahmer finden oder neue Entwickler ins Boot holen, aber grundsätzlich hat noch keine reine Idee dauerhaft neue Substanz aufbauen können. Dafür fehlen zumindest (mir) die Nachweise. Bedenklich finde ich auch die Implikationen, die Wahlergebnisse auf nicht berücksichtigte oder abgeschlagene Entwickler haben können. Nicht nur die obligatorischen Glückwünsche, die gerne mal nur ausgewählte Sieger betreffen und alle anderen, die ebenfalls achtbares geleistet haben, ausklammern (nachwievor wird denke ich mal kaum was gespielt) - auch wird Innovation und Potenzial in der Regel daran gemessen, wie erkennbar etwas mit bekanntem verbunden ist. Ich bezweifle, dass Radikalismus hier wirklich großen Anklang finden würde, wie ihn gemäßigte Innovation à la Von Händlern und Helden erfährt.

Und damit gehe ich nahtlos in die 2. Frage über:
Ob etwas zukunftsweisend ist, hängt immer von der aktuellen Mentalität der Wählerschaft ab. Wenn sie zufrieden (wissentlich oder unwissentlich) mit dem aktuellen Angebot ist, wird sie mehrheitlich bei Schusters Leisten bleiben und würdigen, was nicht zu sehr divergiert. Sie wird Veränderungen und Innovationen am besten zu schätzen wissen, die bekannte Strukturen nicht völlig auf den Kopf stellen, sondern sie abwandeln. Das ist gut so. Für unsere Community bedeutet das, dass in erster Linie klassische RPGs Anklang finden, ähnlich etablierte Genres und alles, was noch erkennbar auf ihren Grundfesten fußt. Solche Projekte ziehen das Spektrum im Detail breiter und sorgen vornehmlich für mehr Solidität im Handwerk. Die neue Entwickler, die dazu stoßen, sind vermutlich an derselben Art Spiele interessiert.
Ich denke, Boomphasen in einer Entwicklungsgemeinschaft verlaufen simplifiziert nach diesem Muster:
  1. Eine Struktur etabliert sich als Konsens.
  2. Ein besonders beeindruckendes Projekt perfektioniert diese Struktur -> Mitgliederzulauf, da deutlich geworden ist, welche Qualität möglich ist.
  3. Der Konsens weicht auf. Das Angebot wird abwechslungsreicher.
  4. Ein besoners radikales Projekt bricht den atblierten Konsens völlig -> Mitgliederzulauf, da deutlich geworden ist, welche Konzepte realisierbar sind.
  5. Zurück zu 1.

Möglicherweise befinden wir uns momentan bei Punkt 4. Seit To the Moon gibt es noch mehr kommerzielle RPG Maker-Projekte - auf Kickstarter und sonstwo. So sehr belächelt wird man dafür auch nicht mehr. Dass das hier nur schleppend ankommt, liegt meiner Meinung nach daran, dass wir fast reine RPG Maker-Community sind (paradox, ja).

Auf auf. Diskutiert nach Lust und Laune (und entziffert mein nicht korrekturgelesenes Kauderwelsch =P)!