@ caesa_andy
Nicht ganz. Ich halte bei Diskussionen um die Vorzüge der Innovation die Eitelkeit für den Elefanten im Raum. Bricht man das Thema auf die knochentrockene Spielmechanik herunter, sinkt zwar die Diskussionsbeteiligung, aber dafür können dann auch aussagekräftige Vergleiche gezogen werden, inwieweit eine Neuerung konkrete Vorteile bürge und was sie eventuell im Gegenzug liegenließe. Hat man als Entwickler eine Idee vom Spielgeschmack, den man bedienen möchte, kann man so sein nutzenmaximierendes Mittel auswählen. Alt und neu sehe ich gar nicht als relevantes Kriterium an, ich sehe nur das Alte als bisherigen Sieger im Fresswettbewerb der Konzepte an und trete ihm mit einer entsprechenden Grundachtung gegenüber.
Zum "Müll" & "Bullshit" mal ein Beispiel einer Diskussion, die ich mit dir gar nicht führen dürfte, weil du ja selbst bekundest, hier abzublocken:
Was du zum (Un)Nutzen variabler Trefferchancen sagst, lässt mich vermuten, dass du dem Kampfzustand Blindheit mit unverhohlener Ablehnung gegenüberstehst. Oder machst du hier eine Ausnahme von deiner Regel? Ich sehen in diesem Zustand ein elegantes Zusatzmittel, weil er das Schlagkraftverhältnis (taktisches Schlüsselelement) neu arrangieren kann, ohne die sonst üblichen Alternativen bemühen zu müssen, die meist in Bonus/Malus-Sprüchen für die Kampfwerte, der Zielzuweisung usw. bestehen.
Auch in Spezialangriffen sehe ich mögliche Anwendungen für die Trefferchance. Mal ein simples Ausgangsbeispiel:
Die "Wutramme" machte 200% Schaden bei 50% Trefferwahrscheinlichkeit. Das wäre bei einem Kampf, der sich über mehrere Runden erstreckte, nicht sonderlich attraktiv. Während für dich das ganze Konzept der Trefferchance eh Müll ist, würde ich überlegen, ab welchem Mischungsverhältnis der beiden Prozentwerte ein Spieler anbeißen könnte. Nicht nur per reiner Mathematik, die kühl abwägt, ab wann die Risikobereitschaft einen akzeptablen Mehrwert abwirft. Ich würde außerdem abwägen, welcher Gerechtigkeitsbegriff im Spiel ist und nicht nur auf blanke Zahlenwerte und das Gesetz der hohen Zahlen pochen. Die nützen wenig, wenn der Spieler die Situation als unfair empfindet. Am Ende einer solchen Diskussion könnte eine darum-weil-Verkettung begründeter Annahmen zum Spielerwollen stehen, die sich sowohl um Kosten-Nutzen-Verhältnisse als auch um die Frustschwelle, das Verlangen nach dem schnellen Erfolg gegenwärtiger Spieler und vielleicht sogar ein Stück weit um zeitgenössische Spielweisen scherte. Ich denke gern über so etwas nach.
Der Rollenspielheld hat innere Werte, und zwar ganz konkrete, nicht bloß die narrativ behaupteten seines Adventurekollegens. An den Zahlenwerten kann der Mechaniktüftler genauso seinen Schrauben-Spaß haben, wie der Theatraliker, der den Mut-Wert seines Elfens als Anhaltspunkt nutzt, um sich umso inniger in seine Figur einzufühlen. Denke ich zumindest.
Wobei gerade jRPGs aus dem kleinsten gemeinsamen Nenner des Genres (Heldenwerte) keine echte Spielmechanik im Sinn eines interaktiven Systems erwirken. Aus Sicht älterer West-RPGs spielt sich ein älteres jRPG und das übliche Makerspiel so, als wäre der Anfängermodus dauerhaft aktiviert, der den Stufenaufstieg automatisiert und den Spieler nicht mit angewandter Mechanikkenntnis behelligen will. Genau das kann wiederum einer der Gründe für den Erfolg der Konsolenrollenspiele im Westen gewesen sein. Aber inzwischen haben viele westliche Rollenspiele in dieser Hinsicht ja nachgezogen.