Mir ist laaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaangweilig
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An der Residenz erwartete sie ein prächtiger Empfang. Es war so als ob sie als Helden eines Krieges mit den Sieg in den Händen zurück kehrten. Die Clanangehörige und Diener kamen ihnen mit Jubel entgegen. Nun verstand Erell endgültig nicht mehr was vor sich ging. Sie schaute fragend Coul an, aber er lächelte nur und sagte.
„Keine Angst, die Mitglieder beißen schon nicht...“
Man half ihnen vom Pferd herunter und führte in die große Empfangshalle. Dort erwarteten sie die Angehörigen des Oberen Clans oder der Familie.
„Coul, wie ich sehe habt ihr sie gefunden.“ Eine ältere Frau trat ihnen entgegen. Sie war sicherlich schon weit über 40, aber ihre Bewegungen waren sehr weich und plastisch. Man hatte das Gefühl, als ob sie schweben würde. Ihre kurze braune Haare fielen ungehorsam ihr ins Gesicht, das von einem hauchdünnen Faltennetz bedeckt war. Die Gruppe blieb in der Mitte der Halle stehen und Coul trat mit Erell nach vorn.
„Ja, allerdings ist Auberon tot.“ Antwortete er kalt mit einem ernsten Gesichtsausdruck. Die Frau runzelte die Stirn, sagte jedoch nichts. Sie ging auf Erell zu und schaute ihr in die Augen. Es war ein ruhiger prüfender Blick, doch was die Frau an ihr prüfen wollte, wusste Erell nicht.
„Kann mir einer mal erklären was hier vor sich geht?“ hielt sie nicht aus.
„Nun ja, vor einiger Zeit gab uns das frühere offizielle Oberhaupt Glead bekannt, dass er von seinem Amt zurück treten und das Clan für immer verlassen will. Dabei ignorierte er das Gesetz der Clans, welches besagt, dass niemand den Clan lebend verlässt.... erst recht nicht so jemand, wie Glead. Er wusste zu viel. Allerdings war es nur das halbe Problem. Am Ende konnten wir uns noch darauf einigen, dass er in einem der abgelegenen Residenzen des Clans leben würde. Die Grenze der Frechheit überschritt er indem er uns seinen „Nachfolger“ vorstellte...“ Coul machte eine Pause um Luft zu holen. „Wie du dir wahrscheinlich schon denken kannst, war dieser „Nachfolger“ niemand anders als Auberon. Trotz der Tatsache, dass nur ein Angehöriger der Familie zum Oberhaupt gewählt werden darf, hatten ihn die führenden Familienmitglieder fast sofort als Oberhaupt akzeptiert. Mir und einigen anderen kam das sehr seltsam vor. Es war klar, dass etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Erpressungen oder Drohungen hatten wir sofort ausgeschlossen. Es ist unmöglich einem Clan, der aus professionell ausgebildeten Auftragsmördern besteht, zu drohen. Nach langen Forschungen fanden wir endlich heraus, wie Auberon es geschafft hatte hier so schnell an die Macht zu kommen.“ Er senkte den Kopf. „Er hatte die Familie bestochen.“
Erell musste unfreiwillig schmunzeln. Die Tatsache, dass die angeblich stolzen und unbeugsamen führende Mitglieder des Clans de Vido sich von so einem Vollidioten wie Auberon bestechen ließen, war wirklich amüsant. Ja....sie erinnerte sich.... die Familie gehörte nicht länger zu den besten Kriegern des Clans, so wie es früher war. Es waren alles geldgierige Bürokraten, die das Kämpfen verlernt und ihre Prinzipien vergessen hatten.
„Da die Familie hinter Auberon stand, konnten wir nichts ausrichten.“ Erzählte Coul weiter „Doch es dauerte nicht lange und er bekam sein gesamtes Geld zurück. Die Familie bezahlte einen hohen Preis dafür, dass sie einem Außenstehenden so leichtsinnig vertraut hatten. Bei der Feier zu seiner Ernennung zum Oberhaupt wurden die Angehörigen der Familie vergiftet.“ Erell runzelte die Stirn und bewegte ihre Lippen so, als ob sich in ihrem Mund etwas befinden würde, das man schleunigst ausspucken sollte. Sie schaute beiläufig die finsteren Gesichter ihrer Empfänger an. Der Hass auf Auberon spiegelte sich darin wieder.
„Was ist aus Glead geworden?“ fragte Sin.
„Er war schon vor der Feier abgereist. In der Residenz Rhys Run, auf die wir uns geeinigt hatten, kam er nicht an...“ antwortete Dyne.
„Schon nach ihm gesucht?“ Erell kreuzte die Arme auf der Brust und verengte die Augen. Die Sache fing an interessant zu werden.
„Nein.“ Schüttete Coul den Kopf und wollte noch etwas sagen, aber Erell unterbrach ihn.
„Dann wirds aber höchste Zeit.“ Meinte sie trocken und Dyne fing plötzlich an zu lachen. Sie schaute ihn fragend an. Dieser nahm aus der linken Tasche seiner Weste ein kleines Geldbeutelchen raus und warf es Coul rüber. Dieser fing es grinsend auf und meinte.
„Das neue Oberhaupt erteilt ja schon Befehle...“
„Wie das neue Oberhaupt?“ unterbrach ihn Erell. Die Anwesenden verbeugten sich plötzlich vor ihr.
„Verstehst du jetzt wieso wir dich um jeden Preis finden mussten?“ sagte die Frau nach langer Pause. „Du bist die letzte Überlebende der Familie, in dir fließt das Blut der großen Triss de Vido. Einen anderen Oberhaupt würde der Clan nicht akzeptieren, wie er es auch bei Auberon getan hat.“ Erell schwieg. Es war eine schwierige Situation für sie. Einerseits hatte sie ihre Zuhause und Leute, die ihr vertrauten und sie kannten, gefunden, doch andererseits ging alles viel zu schnell. Oberhaupt des de Vido Clans? Die einzige, die der Clan akzeptieren würde? Das war für sie doch einen Tick zu viel. Gut, dieser Ort half ihr die verlorenen Erinnerungen langsam aber sicher wieder aufzubauen und doch hatte sie Angst auf etwas zu stoßen, woran sie sich am liebsten nie wieder erinnert hätte.
„Ist was los, Ell?“ Couls Stimme unterbrach ihren Gedankengang. Er schaute sie besorgt an und sie schüttete den Kopf.
„Es kommt nur etwas....plötzlich...“ Er lächelte. Es war ein warmes, ermunterndes Lächeln, das Erell wieder etwas Sicherheit verschaffte.
„Ich verstehe schon.“ Ja, er verstand es. Sie konnte es spüren. Er verstand sie schon immer wie kein anderer. Er las ihr jeden Wunsch von den Lippen ab, las ihre Gedanken und war immer da, wenn sie ihn brauchte. Erell schloss ihre Augen. Diese Erinnerung schloss sich den wenigen bis jetzt zurückgekehrten an und für sie war es eine der besonders wichtigen Erinnerungen. Sie lächelte schwach. Er nickte.
„Gut, ich glaube die Kämpfe in der Arena waren für heute Anstrengung genug für dich, oder? Du solltest dich lieber ausruhen.“ Er wendete sich zu den anderen. „Ihr dürft nun allen die erfreuliche Nachricht überbringen.“ und verließ mir Erell die Empfangshalle. Er führte sie die Treppe nach oben in den südlichen Flügel der Residenz, wo sich die Privatgemächer der Familie befanden. Nun waren sie alle leer und dort herrschte im vollen Sinne des Wortes Totenstille. Auberon hatte etwas vollbracht was im Laufe von guten 250 Jahren oder gar solange der Clan existierte, niemand verbringen konnte. So einen Umsturz hatte der Clan noch nie durchmachen müssen. Wenn Coul und die anderen nicht schnell reagiert hätten, wäre es wahrscheinlich das Ende gewesen. Erell sah sich um. An den Wänden des langen Ganges hingen Portraits der ruhmreichen Mitglieder der Familie. Sie schauten Sin mit gleichgültigen Blicken an.
„Hier ist es. Das Zimmer wurde schon für dich hergerichtet.“ Coul blieb vor einer massiven und mit verschiedenen Zeichen verzierten Holztür stehen. Erell berührte vorsichtig den Griff.
„Keine Angst, die Tür beißt nicht.“ Lachte Coul und öffnete die Tür. Das Zimmer war wirklich groß, wobei mindestens ein Fünftel davon besetzte das prächtige Bett. Direkt vor dem großen Fenster, links neben der Balkontür befand sich ein Schreibtisch, auf dem ein Berg von Papier ruhte. Erell ging zum Tisch rüber und legte ihre Hand auf die raue Oberfläche.
„Ich habe für dich Kleidung vorbereiten lassen, falls du dich umziehen möchtest.“ Sagte Coul. „Wenn du noch etwas brauchst kannst du es ruhig einer Dienerin vor der Tür sagen.“
„Danke.“ Nickte Erell.
„Ach was, du bist hier schließlich das Oberhaupt.“ Lachte Coul. Sein Lachen beruhigte sie. Es war so ehrlich und unverstellt, so natürlich.
„Coul?..“
„Ja?“
„Weißt du vielleicht wie es gerade im Kingdom aussieht?“ Erell drehte sich zu ihm und lehnte sich an die Tischkante. Ihre Hand berührte eins der Papiere auf dem Tisch.
„So genau bin ich darüber nicht informiert, aber als wir dich gesucht hatten, war es natürlich unser erster Anhaltspunkt, da dein letztes Ziel sich dort aufhielt.“ Fing er an. „Nun, als ich mit wenigen Spionen dort ankam, stand ein erschreckendes Bild vor uns. Dort scheint zur Zeit Bürgerkrieg zu toben und....“
„So weit bin ich auch schon.“ Unterbrach ihn Sin. „Habt ihr herausfinden können ob es schon Gewinner gibt?“
„Nun ja, viel haben wir nicht nachgeforscht, denn wie gesagt du unser eigentliches Ziel warst, aber da auf den Straßen größtenteils Rebellen unterwegs waren, gehe ich mal davon aus, dass sie gewonnen haben.“ Beendete Coul und verengte die Augen. „Willst du dich etwa in diese Angelegenheit einmischen?“ Erell drehte sich weg und schaute aus dem Fenster heraus. Die Nacht wich und überließ die Herrschaft über die Welt dem Tag. Glühend weiße Sonne brannte am Horizont.
„Und was wenn ich es will?“
„Der Clan hat sich bis jetzt immer aus solchen Sachen raus gehalten....vorausgesetzt niemand hatte uns angeheuert...“ meinte Coul trocken „Auf wessen Seite willst du überhaupt kämpfen?“
„Lustige Frage...“ Erell drehte sich wieder zu ihm und grinste. „Auf der Seite des Gewinners natürlich.“ und sie hob ihre Hand hoch, in der sie ein Zettel hielt. Es war ein Steckbrief. "Ich werde diesen Auftrag übernehmen."
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