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Mythos
Verzeiht mir, aber das ist mein Beruf... sagte Shadow hart. Trotz der alten Professionaltät, die ihn wieder hatte, erfasste ihn ein bekanntes Gefühl. Entschuldigung, ich muss meinen Bedürfnissen nachgehen.
Es ging aus dem Zimmer, an das Ende des Ganges in die Latrine. Druck hatte er nicht. Zumindest keinen körperlichen.
Seine großen Hände umfassten den Rand des Waschbeckens, Erinnerungen kamen wieder hoch. Der erste Kontakt mit einer Gruppe Söldner damals... Sie waren ein wilder Haufen. Er freundete sich mit ihnen an, sie erledigten viel Aufträge miteinander. Die ersten Verluste waren hart, der damals noch junge Shadow lernte, wie man sich von emotionalen Bindungen fernhielt.
Die ersten Selbstzweifel... die Verachtung, die ihm die Leute entgegenbrachten, sobald sie wussten, was er tat.
Shadow schüttelte seinen Kopf. Er begab sich wieder in Erinnerungen, das war nicht gut. Doch ehe er sich wieder fangen konnte, schossen wieder Bilder in seinen Kopf. Er erstarrte.
Eine dunkle, feuchte Nacht... sie hatten gerade in einem kleinen Waldstück ihr Lager aufgeschlagen, am nächsten Tag sollte ein Überfall auf einen ranghohen Militär sowie dessen Hinrichtung folgen. Doch dieser hatte Wind bekommen. Mitten in der Nacht kam der Reitertrupp. Schwer bewaffnete Elitesoldaten, sie ließen den überraschten Söldnern keine Chance. Shadow war der Einzige, der schwer verwundet überlebte. Hätte ihn nicht ein Einsiedler gefunden, wäre er wahrscheinlich verblutet, so verbrachte er zwei Wochen in einem Zustand zwischen Leben und Tod.
Als er wieder klar denken konnte, war ein Teil seiner Menschlichkeit gestorben. Die letzten Freunde, die er jemals in seinem Leben gefunden hatte, waren tot und damit auch seine Menschlichkeit. Danach war er der Söldner, den alle fürchteten.
Zitternd stand Shadow vor dem Becken. Seine Knöchel färbten sich weiß, als er das Waschbecken fast zum Zerspringen brachte. Hatte er nicht auch Gutes getan? Aufträge als Leibwache hatte er auch erledigt, war das nicht etwas Gutes, ein Leben zu beschützen?
Aber dann wurde ihm wieder bewusst, wie viele Menschen er im Zuge dieses "beschützenden" Auftrages getöt hatte, was für Menschen er überhaupt verteidigt hatte. Menschen, die mindestens genauso viele Leben auf dem Gewissen hatten wie er.
Nein, in ihm gab es nichts Gutes mehr. Ein letztes Mal erinnerte er sich an seine Kindheit. Wo war der Funken hin, der damals noch in ihm gebrannt hatte?
Er atmete tief ein, sein Kreislauf regulierte sich wieder. Nein, war er nicht stark geworden? Der Preis, den er hatte zahlen müssen, war hoch, aber gerecht. Er hatte diesen Weg gewählt, nun würde er ihn bis zum bitteren Ende gehen.
Sein Gesicht nahm wieder die alte, emotionslose Maske an. Er lies das Waschbecken und ignorierte die Risse, die er gemacht hatte.
Als die Tür sich schloss, waren in Shadow eine weitere, endlos unausfüllende Masse mehr und eine trockene Träne weniger vorhanden.
In dem Zimmer bei den Mitstreitern hatte sich noch nichts getan. Er überlegte still, wie man den Henker fassen konnte.
Sich in solche verrückten und diabolischen Charaktere hineinzudenken, sollte für ihn doch nicht weiter schwer sein, dachte er freudlos.
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@Ellen: Sag mal, wem willst du hier eigentlich noch alles den Kopf verdrehen?
Geändert von Shadow Snake (05.12.2006 um 21:17 Uhr)
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