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cloud2003
Ich denk mal eher, das ist eine Behauptung. Wer sagt, sie hätten kein Verlangen nach Partnerschaft?
Wer sagt, sie hätten es? Ich hab es nicht, also ist die Behauptung eine Tatsache.
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Natürlich könnte es bei manchen sein, dass sie erst zusammen mit einem Partner durch das Stadium der kurzen Verliebtheit durchmüssen, bevor die Partnerschaftsliebe einsetzt. Und natürlich kann die Partnerschaftsliebe nur ausgelöst werden, wenn der Partner auch halbwegs passt. Aber das sind halt Vorbedingungen die stimmen müssen - das meinte ich mit "das Programm braucht die richtigen Werte bevor es vollständig ausgelöst wird".
Ich sage eher, dass das Programm nicht auf Partnerschaft fixiert ist, sondern dass die Variablen bestimmen, wie das Grundprogramm Eltern-Kind-Liebe beim Erwachsenwerden umgeschrieben wird. Ergo ist ein mögliches Aufkommen von Partnerschaftsliebe von Variablen abhängig und deshalb angelernt. Instinkte brauchen keine Variablen, sie funktionieren durch konstante Programmteile.
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Wäre Mozart taub geboren hätte er nie seine Neigung für Musik entdeckt. Diese Neigung wäre aber trotzdem da und schläft einfach nur - denn Töne hören wäre die Vorbedingung (die gefragten "Werte") zum Aufwecken dieser Neigung.
Die Neigung mag angeboren sein, doch muss sie deswegen auf Musik fixiert sein? Könnte ja sein, dass dieses Talent durch andere Umweltbedingungen andere Ergebnisse hätte liefern können, z.B. hätte Mozart auch ein berühmter Maler werden können. Talente bestimmen lediglich, welche angelernten Verhaltensweisen man eher erlernt als andere. Instinkte hingegen sind fest vorgeschrieben für alle Mitglieder einer Spezies. Ein Talent ist kein Instinkt.
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Das Verlangen (also das Programm) meldet sich durch das Gefühl der Einsamkeit. Und einer inneren Leere. Kann man beides unterdrücken. Manche können ja selbst den Hunger (bis zum Tod) unterdrücken, obwohl der Nahrungstrieb zweifelsohne ein Instinkt ist.
Das Gefühl der Einsamkeit lässt sich aber alleine durch soziale Kontakte kompensieren. Dafür braucht es keine Partnerschaftsliebe.
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In der Natur kommt es nicht auf das Überleben des Einzelnen sondern auf den Fortpflanzungserfolg der Art an. Durch das Entstehen der Mutter-Kind-Bindung entstand für die Mütter eine enorme zusätzliche Last: Neben dem eigenen Überleben auch noch für das der Jungen sorgen. Daher war es notwendig, dass der Vater bei Nahrungssuche und Aufzucht mithalf, wodurch letztendlich mehr Junge erfolgreich aufgezogen werden konnten und somit der Fortpflanzungserfolg stieg - und darauf kam es an. Dadurch konnte sich dieses Verhalten auch im Erbgut durchsetzen.
Das mag evolutionstheoretisch stimmen, allerdings beruht diese gerade bei diesem Beispiel auch eher auf einer statistischen Wahrscheinlichkeit. Ein Instinkt bedingt aber immer noch, dass er bei allen Individuen einer Spezies zutrifft (solange das Individuum gesund ist, der Sexualtrieb funzt dann halt nicht bei geborenen Eunuchen oder so).
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Ich sagte ebenso, dass eine Entwicklung hin zur Monogamie begonnen hat. Eben durch die Familienbildung. Derzeit haben wir die Neigung zu beidem: Poly- und Monogamie.
Wenn Partnerschaftsliebe angeboren wäre, dürfte Polygamie gar nicht existieren, da Partnerschaftsliebe die bedingungslose Bindung an einen Partner bedeutet und als Instinkt bei jedem einzelnen Menschen gleich auftreten müsste, was aber offensichtlich nicht der Fall ist.
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Bei staatenbildenden Insekten herrscht die einfache Brutpflege. Bei Säugern und Vögeln dagegen die "individualisierte Brutpflege". Die Erfindung der Individualität ist der Kernpunkt (ich komm' auf sie unten zu sprechen. )
Was im Endeffekt aber keinen Unterschied macht: Beide Spezies verhalten sich sozial.
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Und, glaubst du ein Einsieder wäre nie einsam? Wie gesagt, die meisten Triebe lassen sich unterdrücken und sei's auch ein so überlebensnotwendiger Trieb wie der Hunger.
Wo ist der Beweis, dass sowas wie ein Gesellschaftstrieb existiert? Menschen leben deshalb in Gesellschaft, weil es lebenstechnisch gesehen einfacher ist.
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Der Glaube an die Individualität ist nichts Selbstverständliches. Nimm staatenbildende Insekten: Dort herrscht "einfache Brutpflege" - da wird einfach jeder Nachwuchs von jeder Arbeiterin gefüttert. Wer wen füttert ist völlig egal. Jeder zählt gleich - ohne Unterschied, keine Individualität. Bei Säugern dagegen muss eine ganz bestimmte Mutter ein ganz bestimmtes Junges füttern - nämlich ihr eigenes (so ist es von der Weitergabe des Erbgutes her klarerweise am sinnvollsten).
Das stimmt so nicht. Adoption funktioniert einwandfrei, jeder Mensch, der zu einem Kind eine Eltern-Kind-Beziehung herstellen kann, ist in der Lage, dieses aufzuziehen. Die Bezugsperson muss nunmal nicht die leibliche Mutter sein, sondern kann irgendjemand sein, solange dem Kind ermöglicht wird, die entsprechende Bindung herzustellen. Wichtig ist lediglich das Vorhandensein einer Bezugsperson-Kind-Liebe, um den Begriff noch mehr zu verallgemeinern.
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Damit das funktioniert sind zwei Fähigkeiten notwendig: Erstens müssen beide über lange Zeit stark aneinander gebunden sein (bei Insekten eindeutig nicht der Fall). Verlust der Bezugsperson kann für ein Kind dramatisch sein und für eine Mutter ist der Verlust des Kindes ebenso grausam. Zweitens muss die Mutter fähig sein ihr Junges von allen anderen ganz klar zu unterscheiden. Das ist alles andere als eine selbstverständliche Fähigkeit. Das Hirn muss fähig sein die kleinen Unterschiede (zu den Jungtieren anderer Mütter) möglichst hervorzuheben und wird auf eben jene geprägt, damit einer Jungenvertauschung vorgebeugt wird. Individualität ist nichts anderes als das (An)erkennen und die Hervorhebung der Unterschiede die jemand im Vergleich zu jemand anderem hat. Dadurch ensteht auch der Eindruck, der den man liebt sei etwas Besonderes (sonders = anders) - "er hebt sich ab von der Masse".
Was letztendlich nichts mit dem Liebestrieb zu tun hat, sondern einfach eine zusätzliche Fähigkeit von Wirbeltieren ist.
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Freundlichkeit ist grundsätzlich die Fähigkeit zu zeigen, dass man jemandem gut gesinnt ist - diese Fähigkeit war vor der Mutter-Kind-Bindung bei Lebewesen schlichtweg nicht vorhanden.
Jedes Neugeborene und jeder Mensch auf der Welt versteht ein aufrichtiges Lächeln als Zeichen der Freundlichkeit. Weil das angeboren ist - man findet es sogar bei den Affen.
Freundlichkeit ist angelerntes Verhalten, um sich in der Gesellschaft zu behaupten. Das Lächeln mag angeboren sein, hat mit Freundlichkeit aber erst dann etwas zu tun, wenn man die Assoziation zur Gesellschaft gefunden hat. Es gibt auch unfreundliche Arten zu Lächeln, ebenso kann man sich ohne zu Lächeln freundlich verhalten.
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Na klar bringt es Vorteile sonst hätte es sich nicht durchgesetzt. Soziales Verhalten findet sich auch bei unseren nahen Verwandten, den Menschenaffen. Und weil soziales Verhalten bei Säugern so dermaßen komplex ist, dass man es nicht einfach erlernen kann gibt es dafür auch einen Berg an Instinkten. Glaubst du unsere Vorfahren haben diesen Berg an Instinkten in einer Gen-Massenzerstörung plötzlich verloren und dann durch Kultur das Rad einfach neuerfunden, sodass sich unsere sozialen Verhaltensweisen bis hin zu einzelnen Gebärden mit dem der Menschenaffen gleichen? Bisschen unwahrscheinlich.
Wieso das denn? Du implizierst, dass nur wir Menschen lernfähige Wesen wären. Dem ist nicht so. Gerade weil soziales Verhalten so komplex ist, ist es äusserst unwahrscheinlich, dass dieses Verhalten angeboren wäre. Angeborene Verhaltensweisen oder eben Instinkte zeichnen sich dadurch aus, dass sich die Programme nicht an die Umwelt anpassen können, eben weil sie angeboren sind. Erlernte Verhaltensweise hingegen lassen sich umlernen und sich besser der Situation anpassen. So ziemliches jeder Säuger besitzt eine Lernfähigkeit, während beispielsweise Insekten praktisch nur instinktiv handeln. Das ist auch der Grund, wieso man Insekten gerne als dumm bezeichnet. Bienen fliegen zu gerne ständig in die Glasscheiben :D ... und lernen ja eben nichts draus, einem Affen passiert sowas vielleicht zwei mal, dann probiert er was neues.
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Nein, jeder halbwegs vernünftige Mensch sieht ein, dass Kamasutra nichts als eine kulturelle Ausformung eines naturgegebenen Triebs ist.
Na eben: Kulturelles Phänomen. Je nach Auffassung. Sexualität ist nicht gleich Sexualtrieb, je nach Definition.
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Unsinn, viele Verhaltensweisen sind Glied einer Verhaltenskette, wo ein Verhalten einem anderen vorausgehen muss, bevor jenes eintritt (zB bevor Verhalten B eintritt muss Verhalten A ausgeführt werden). Bei Partnerschaftsliebe kann es sein, dass erst der Verliebtheitsrausch (Phenylethylamin) mit einem Partner durchlebt werden muss, bevor die Partnerliebe (Oxytocin) voll eintritt. Oder es fehlen bestimmte Prägungen, die das Programm ausreifen lassen. Natürlich können auch seelische Einwirkungen wie Kindheitstraumata eine Rolle spielen.
Komplexe Verhaltensketten sind ohne Lernfähigkeit allerdings nicht realisierbar. Wäre Partnerschaftsliebe etwas instinktives, müsste man vom ersten Verliebheitsrausch an bis zum Rest seines Lebens an die den Rausch auslösenden Person seelisch gebunden bleiben bzw. realistisch gesehen wäre man das Leben lang an seine Mutter gebunden. Wäre Liebe wirklich rein instinktiv, hätte man nicht einmal die Möglichkeit, statt der Mutter eine Bindung mit einer anderen Bezugsperson einzugehen.
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Du unterscheidest viel zu stark zwischen Trieb und Lernfähigkeit und das geht völlig an der Wirklichkeit vorbei. Beide sind voneinander abhänging, innig verbunden und stehen in hoch komplexer Wechselwirkung miteinander. Das ist auch für ein Überleben in der Umwelt notwendig.
Natürlich sind beide voneinander abhängig. Der wesentliche Unterschied ist einfach der, dass bei Instinkten das ganze Programm auf Konstanten aufbaut, während Lernfähigkeit mit Variablen funktioniert. Vorteil von Instinkten ist, dass man nichts erlernen muss, weil sie angeboren sind, Nachteile sind, dass sie sich nicht ändern lassen. Bei angelernten Fähigkeiten ist der Vorteil klar die Flexibilität, der Nachteil, dass man sie erst erlernen muss.
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Ich meinte Partnerschaftsliebe. Mir ging es auch eher darum wie du dir erklären willst, dass sich diese Verhaltensweisen (erwartungsgemäß) gleichen. Und sogar die Botenstoffe. Man kann nicht erlernen einfach so bestimmte Botenstoffe auszulösen. Eigentlich genügt schon diese Tatsache allein um deine Aussage Partnerschaftsliebe sei kulturell eingeredet komplett zu widerlegen.
Doch, man erlernt, bestimmte Botenstoffe auszulösen: Man lernt die Bezugsperson kennen, wenn man die Bindung löst und auf eine andere überträgt, dann löst man diese bestimmten Botenstoffe nicht mehr durch das gleiche aus. Die Umweltvariable bestimmt, wann und ob überhaupt die Botenstoffe ausgelöst werden. Und zum Thema notwendigkeit ist es immer noch so, dass Liebe als Bezugsperson-Kind-Liebe lebensnotwendig und alles andere danach beliebig umprogrammierbar ist. Ab der Pubertät sind die Botenstoffe nicht mehr zwingend notwendig.
Ob man letztendlich single bleibt, eine Partnerschaft eingeht oder wasauch immer macht, entscheidet sich erst zur Lebenszeit und nicht schon vor der Geburt. Deshalb sage ich, Partnerschaftsliebe sei angelernt und deshalb sage ich, sie ist ein kulturelles Phänomen. Weil sie eben nicht ein fixes Programm ist, sondern hauptsächlich durch Variablen bestimmt wird, anders als z.B. der Instinkt Hunger, der sich in jedem Fall mehrmals am Tag melden und immer die gleiche Ursache haben wird.