@Kelven: Nein, ich will Rassismus keinesfalls verharmlosen. Höchstens relativieren. Weil es hier, in den Medien und von vielen Stellen immer wieder so dargestellt wird, dass jeder wirklich gute Mensch nicht den Hauch von Rassismus hat und jeder Rassist (auch wenn es nur eine leichte Neigung ist, wozu ich jetzt auch mal einen ab und an Schwarzen-Witz erzählenden Menschen zähle) direkt das größte A-Loch ist und am besten direkt tot umfallen sollte.
Das ist dass, was offizielle Stellen so immer (auch wenn weniger drastisch formuliert) kommunizieren und viele (zivilisiert) Menschen gerne glauben wollen.
Was ich persönlich aber immer wieder im täglichen Leben mitbekomme zeigt aber ein anderes Bild.
Es wird sich über die doofen Albaner in der Nachbarschaft beschwert, die doch "da hätten bleiben sollen, wo sie herkommen".
Der Russische Patient, der wieder mal besoffen zur Sprechstunde kommt, "Wie eben alle Russen".
Es wird berichtet, wie das Viertel heruntergewirtschaftet und zugemüllt wurde, "seitdem die Türken da sind", die zudem "faule Hunde" sind und nur nach Deutschland gekommen sind um hier Sozialhilfe zu kassieren und nicht arbeiten zu müssen.

Und ich sehe es auch selber, das andere Kulturen anders sind und in diversen Situationen anders handeln, was oft zu Missverständnissen und Konflikten führt.
Ich kenne etwa jemanden, der seinen Zivildienst in Bolivien absolviert hatte. Wenn dort abgemacht wurde, dass sich der Arbeitertrupp am nächsten Morgen um 10 Uhr trifft und alle einverstanden sind, dann sind die Deutschen um 10 Uhr da, von den Bolivianern kommt der erste um 11, noch ein paar gegen 12 und 13 Uhr und ein paar garnicht. Auf spätere Nachfrage hieß es da einfach "hatte keine Lust" oder etwas ähnliches. Und das ist jetzt keine Veralgemeinerung, dass war ein realer Fall, der sich so ähnlich immer wieder wiederholt hat. Die Einstellung ist in anderen Kulturen einfach anders - das muss ja nichts schlechtes sein. Die Bolivianer sehen es lockerer, und haben ein gemütlicheres Leben und die Deutschen hetzen von Termin zu Termin und enden im Burnout. So kann man es auch sehen.

Und diese Unterschiede führen nun mal zu den Problemen. Und zu den (oft ja auch berechtigten!) Meinungen und Vorurteilen zu bestimmten Völkern.
Ich würde sogar behaupten, dass Rassismus weiter verbreitet ist als Gewalt (wobei beides immer noch etwas schlechtes ist!).
Gerade auch während der Flüchtlingskrise hat es mich gewundert, wie viele Leute plötzlich gegen die Flüchtlinge gewettert haben (und damit meine ich nicht die Flüchtlinge als Flüchtlinge, sondern deren Ethnien). Nebenjobbedingt habe ich viel mit Ärzten zu tun. Und die gehören zur Intelligenzia der Gesellschaft und viele von denen sind recht gebildet auch in vielen Themen die nichts mit Medizin zu tun haben (hatte mich anfänglich gewundert, was die alles für Wissen haben). Und selbst von vielen von denen habe ich teils extrem rassistische Äußerungen gehört. Schlau und logisch verpackt, nichtsdestotrotz rassistisch. Und die haben auch viel mit den Flüchtlingen und deren Kulturen zu tun, sind während ihrer Einsätze bei denen zu Hause und berichten über deren Umstände.
Was ich oft hören musste: "Die bekommen so große schöne Häuser und für die Deutschen haben die keine vernünftigen Wohnungen" oder "da wohnt eine Flüchtlingsfamilie von 3 Personen in einer Villa (ja, dass war wirklich eine Villa die leer stand!) und dann gibt es kein Geld für die deutschen Bildungssysteme/Krankenhäuser/etc.". Solche und ähnliche Aussagen und Geschichten gab's häufiger als Begründung für deren Einstellung. Und bevor du wieder behauptest, dass die Aussagen nicht rassistisch sind, weil es nicht gegen die Völker und Ethnien an sich geht: Doch, das ist rassistisch! Es sagt nichts anderes aus, als das die Hilfsbedürftigen Deutschen es mehr wert sind Hilfe zu erhalten als die Flüchtlingsvölker "die ja ehe selber Schuld an ihrer Lage sind", "lieber zu Hause bleiben und kämpfen/etwas ändern sollten".

Ich kann noch stundenlang so weitermachen.
Meine Einschätzung, dass die meisten Menschen zumindest rudimentär rassistisch sind, war nicht einfach aus der Luft gegriffen, sondern beruht auf meinen Beobachtungen meiner Umgebung und was ich durch Facebook, Medien und diversen andere Informationsquellen so mitbekomme.

"Gewalt ist genauso schlimm -> niemand sagt etwas dagegen -> ein Spiel kann ruhig rassistisch sein."
Jein. Ein Spiel kann nicht ruhig, aber rassistisch sein, in dem Sinne, dass dort Rassismus vorkommt, ohne dass es gleich verurteilt werden muss. Gewalt kommt auch oft in Spielen (auch und gerade wenn man den "Guten" spielt) vor, ohne dass es eine Reflektion gibt, ob sie richtig oder falsch ist. Oft wird sie sogar als richtigen und einzigen Weg angepriesen.

Ich denke schon, dass es "fiktiven" Rassismus genau so gibt wie "fiktive" Gewalt. Und ja, auch ich habe bei beiden Wörtern die Häkchen absichtlich gesetzt.
Man schaut sich Gewalt deshalb an (und ergötzt sich an ihr), damit man sie stellvertretend erleben kann. Man sieht quasi alles und bekommt alles hautnah mit, muss aber nicht die negativen Konsequenzen tragen.
Müssten die Konsumenten solcher Medien die Konsequenzen nicht fürchten (und damit meine ich sowohl den Schmerz als auch die Gesellschaftliche Diskreditierung), dann würden sie die Gewalt auch ausleben (historisch gesehen gab es immer wieder Zeiten und Kulturen, wo Gewalt einen anderen Stellenwert hatte und allgegenwärtiger war. Heutzutage hat sie sich immer mehr in den Bildschirm verlagert, weil das einfach bequemer ist).
Und genau so muss ein Liebhaber rassistischer Filme und Spiele nicht unbedingt ein Parolen schmetternder Nazi sein. Vielleicht reicht ihn die Menge an Rassitischem Input, den er durch die Medien erhält?
Außerdem gibt es keinen Rassismus wegen des Rassismusses. Hier wurde ja schon mehrfach erwähnt, dass es nur dann Rassismus ist, wenn es Hass auf eine Ethnie ist. Wenn es einen Grund gibt ("Die Chinesen greifen uns an" "Die konkurierenden Juden verdienen (unverdient) mehr Geld" "Die Türken in meiner Nachbarschaft sind faule Hunde und leben von meinen Steuern"), dann ist es Selbstschutz, gesunder Menschenverstand oder eben ein anderer Grund. Die Leute, die Rassisten sind, hassen ein anderes Volk nicht deshalb, weil sie dem anderen Volk angehören (wobei es da bestimmt auch ein paar von gibt), sondern normalerweise haben sie einen (guten?) Grund dafür (eben auch die gerade genannten).

"Rassismus ist nicht deswegen verboten, "weil es in der Vergangenheit deshalb Kriege gab", sondern weil er Menschen in ihrer Würde verletzt."
Ich werde auch dann in meiner Würde verletzt, wenn mir jemand eine Reinhaut, wenn man so will. Das ist kein Argument. Gewalt hat auch immer eine psychologische Komponente. Rassismus ist in der Hinsicht also nicht schlimmer als Gewalt.

"Mal angenommen wir haben eine Hauptfigur in einem RPG, die so ist, wie die meisten sind: Jemand, mit dem sich der Spieler identifizieren soll, jemand, der sympathisch sein soll, und diese Figur macht die ganze Zeit Witze über Schwarze. Es kommt aber keine Läuterung, der Charakter macht bis zum Ende der Geschichte seine Witze. Man kann nur zu einem Schluss kommen: Der Autor selbst findet die Witze lustig."
Wahrscheinlich wird ein rassistischer Hauptcharakter kein netter und Identifizierfreudiger Typ sein. Das Setting wird eher düsterer sein.
Wobei es auch so geht: Ich hab das Spiel zu Deadpool nie gespielt, aber soweit ich das gesehen habe haut der da einen rassistischen, menschenverachtenden oder sonstwie un-guten Kommentar nach dem anderen heraus. Trotzdem bezeichnen ihn die meisten als sympatischen oder zumindest coolen Charakter.
Aber es ging mir auch nicht unbedingt darum, dass der Hauptcharakter deutlich (und wie du es beschriebst: unpassend) Rassistisch gesinnt ist, sondern dass man ein Setting und eine Umgebung wählt, in der Rassismus etwas allgegenwärtiges und normales ist; in der Welt von allen (auch den unterdrückten) als normal und gegeben ansehen. Dabei ist es gleichgültig, ob die Figuren und Rassen real oder fiktiv sind. Es gibt doch auch genug Filme und Spiele, die in der Sklavenzeit spielen, die Sklaverei nicht als schlechtes ansehen und dennoch nicht als rassistisch betrachtet werden. Kennt jemand die Bücher von Karl May? Winnetou und Old Shatterhand? Da gibt es schwarze Sklaven (finden die in Ordnung und auch die Weißen). Die werden sogar als minderbemittelt dargestellt (und das wird nicht negativ dargestellt als "die dummen Idioten", sondern einfach als Tatsache. Sie werden auch nicht als weniger Wert bezeichnet, sondern einfach als anders). Dann gibt es Indianer, die auch viele Vorurteile angedichtet bekommen. Und die meist überlegene Rasse der Weißen.
Es hat viele Rassistische Komponente, dennoch werden sie nicht als negativ dargestellt, sie gehören einfach zur Welt. Das meinte ich damit, dass der Rassismus nicht unbedingt thematisiert und durchgesprochen werden muss, sondern einfach da ist. Wenn es denn überhaupt Rassismus ist. Es kann ja auch eine Sklavenkultur geben, wo ein Volk einem anderen Dient ohne dadurch weniger Wert zu sein (oder so angesehen wird). Wenn man so will hat jede "Familie" einen anderen "Beruf". Im Mittelalter gab es ja auch die Adligen und die Bauern. (man könnte sie auch als verschiedene Rassen ansehen, weil niemand von der einen "Rasse" in die andere kam, normalerweise.) Das wird ja auch nicht Rassismus genannt, obwohl es vom Prinzip her gleich ist -> ein schwarzer (Sklave) konnte nie Weißer (Herrscher) werden | Ein Bauer (Sklave) konnte nie ein Adliger (Herrscher) werden. In dem Zusammenhang finden es die meisten Ok (zumindest für die Zeit damals), aber sobald beide Kasten einer anderen Ethnie angehören - die Unterschiede also ein deutliches Merkmal am Körper erhalten - dann ist es etwas schlimmes.
Rassismus ist es ja erst dann, wenn die herrschende Rasse die dienende als minderwertig ansieht, und nicht wenn sie unterschiedliche körperliche Anzeichen haben.
Wenn ich jetzt sagen würde, "Ich hasse alle Grünäugigen!", dann ist das Rassismus. Die heute Unterscheidung der Rassen hat ja genau diesen Ursprung: Die Menschen haben sich räumlich voneinander entfernt und bestimmte körperliche Eigenschaften haben sich in verschiedenen Gruppierungen ausgebildet (Hautfarbe, Augenform, Körpergröße, ...) und danach werden sie unterschieden. Wenn ich Grünäugige als eigene Rasse definiere, die minderwertig ist, dann ist das Rassismus.
Im weiteren Sinne wäre der Hass auf Arbeitslose/ Christen/ Kopftuchträger/ hässliche Menschen auch eine Art von Rassismus, weil eine Gruppe an Menschen unter einer bestimmten Kategorie zusammengefasst, sie unabhängig ihrer sonstigen Vorzüge und Eigenschaften als weniger Wert bezeichnet und auf die definierten Merkmale beschränkt werden.