Ich will nicht ausschließen, dass ich den Begriff falsch verwendet habe.
Während ich dein Wikipedia-Zitat zu lax finde, Kelven ("characterized by unprecedented skill in everything from art to zoology, including karate and arm-wrestling", das klingt nach Internet-Polemik vom Feinsten), sehe ich bei Luthandorius2s nicht, was das Problem mit Mary Sues sein soll.
Ich greife nochmal das Beispiel Sara Crewe auf:
Sie ist...
- ...ein reiches Mädchen,
- Halbwaise,
- wohlgesittet,
- sehr hübsch,
- hochintelligent,
- überaus fantasievoll,
- kann besser mit kleinen Kindern als ihre Erzieherinnen im Mädcheninternat.
Als ihr Vater stirbt und sie verarmt zurücklässt, wird sie von ihrer Umwelt tagtäglich geschunden. In der Situation zeigt sich ihre Schwäche: Sie ist so stolz, dass sie ihren Anstand bewahrt, statt aufzubegehren. Am Ende wendet sich natürlich alles zum Guten und ihre vermeintliche Schwäche entpuppt sich als weitere Stärke. Denn statt sich zu rächen, reagiert sie besonnen und großzügig.
Die Figur scheint eine Bilderbuch-Mary Sue zu sein. Sie wurde auch noch von einer Frau geschrieben. Aber sie funktioniert wunderbar, ist im Roman und in der Serie absolut liebenswert.
Da sind zwei Punkte drin, die ich so nicht stehenlassen will.Zitat
1. Ein Charakter steht im Rampenlicht, wenn er Dreh- und Angelpunkt der Handlung ist. Nach so einer vagen Definition müsste fast jede Hauptfigur jeder Erzählung eine Mary Sue sein: Alice im Wunderland, Tom Sawyer und Huckleberry Finn, Emil Sinclair (Demian), alle von mir im ersten Beitrag genannten Charaktere.
Wenn in einer Erzählung die Entwicklung eines Charakters behandelt wird, warum dann den Fokus auf Nebenschauplätze lenken?
2. Um beurteilen zu können, ob ein Charakter unrealistisch ist, betrachtet man ihn im Kontext seiner Umgebung. Insofern finde ich Luthandorius2s Beispiel gut:
Es ist sehr wahrscheinlich, dass so ein Charakter mehr gute Eigenschaften entwickelt hat, als ein unterprivilegierter. Sarah Crewe passt auf die Beschreibung und wirkt nicht unrealistisch. Sehr idealisiert, ja, aber nicht unrealistisch.Zitat
Ich denke ich tue mich schwer mit der Abgrenzung zwischen Mary Sue und idealisiertem Charakter.
@La Cipolla: Ich kann mal schauen, ob ich den zufriedenstellend umgeschrieben kriege. Aber hattest du selbst nicht vor einiger Zeit mal so einen eröffnet?