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Thema: Mary Sues bzw. idealisierte Charaktere

  1. #1

    Mary Sues bzw. idealisierte Charaktere

    Ich zitiere den Wikipedia-Artikel über Mary Sues:
    Zitat Zitat
    Es handelt sich um eine meist weibliche und oft sehr junge Hauptperson (männliche Mary Sues werden Marty Stu, Murray Stu, Gary Sue, Gary Stu oder - selten - Barry Lue genannt), die mit höchst idealisierten Zügen und Charaktereigenschaften ausgestattet ist. Sie vertritt moderne Positionen und zieht in der Handlung das Interesse aller Nebenfiguren auf sich. Selbstverständlich ist, dass sie alle auftauchenden Probleme bravourös löst.
    Weiterhin ist dort zu lesen:
    Zitat Zitat
    Oft wird unterstellt, dass sie eine idealisierte Selbstdarstellung des Autors ist und hauptsächlich dessen eigene Phantasien bedient.

    Ich denke letzteres ist schwer nachzuvollziehen, wenn man den Autor nicht kennt. In einschlägigen Online-Tests wird der Mary Sue-Grad eines Charakters an den Idealvorstellungen und Äußerlichkeiten seines Urhebers gemessen. So würde z.B. Lio in Biohazards Alone Richtung Mary Sue tendieren, weil er und Bio die gleiche Tätowierung tragen. Tragisch finde ich das jedoch nicht. Für alle, die ihn persönlich kennen, ist das ein nettes Gimmick. Der Rest wird es entweder nicht wissen oder ignorieren können.

    Auch die Übertragung des persönlichen Ideals auf die Hauptfigur finde ich nicht zwangsläufig kritikwürdig. Viele Figuren, die ich ausgesprochen gut und unterhaltsam finde, sind absolut idealisierte Menschen. Besonders die Kinderserien, mit denen ich aufgewachsen bin, sind voll davon: Anne Shirley (Anne mit den roten Haaren), Perrine, Niklaas(, ein Junge aus Flandern), Sara Crewe (Sara, die kleine Prinzessin). All diese Charaktere sind in ihrer Gutmenschlichkeit jesusgleich und tragen ihre Erzählung alleine auf ihren Schultern. Mehr als ihre Charakterdynamik braucht es nicht, um zu unterhalten. Auch als Erwachsener empfinde ich so.

    Spiele sind voll von idealisierten Figuren: Der beinharte Actionheld, das anthropomorphe Tierchen, der heldenhafte Weltenretter. Für RPGs sind in erster Linie letztere interessant.
    Ein wunderbares Exemplar dieser Gattung ist Alex aus Lunar: The Silver Star. Game Arts hat quasi ein Patent auf diese Art Helden. Alex funktioniert so wunderbar, weil er nicht deplatziert wirkt. Alles in dem Spiel ist bunt, stilisiert und theatralisch. Kurz: Die perfekte Bühne für einen perfekten Recken. Wenn Alex eine gute Tat vollbringt, hat man das Gefühl, das gehört zum natürlichen Kreislauf der Spielwelt.
    Ein negatives Beispiel ist der namenlose Held aus Suikoden Tierkreis. Das Spiel ist ein weichgespülter Mix aus den geerdeten Stories der Vorgänger und animehaftem Overkill voller Süßlichkeit, Drama und Fokussierung auf einen Charakter. Sein ständiges: "You don't know if you don't try", beißt sich mit dem Kriegsalltag und der politischen Komponente, die das Spiel zu vermitteln versucht. Der jungenhafte Eifer kollidiert mit der sonstigen Erzählrealität.

    Als These möchte ich daraus ziehen:
    Zitat Zitat
    Die Spielwelt und der Erzählstil diktieren, welche Charaktere funktionieren und welche Entwicklung für sie realistisch ist.
    Und umgekehrt:
    Zitat Zitat
    Die Charaktere und ihre Entwicklung diktieren, wie die Spielwelt und der Erzählstil angelegt werden müssen.
    In West-RPG spielen Mary Sues denke ich eine ganz andere Rolle: Man erschafft sich meistens einen idealisierten Charakter, weil es keinen Unterschied macht. Er existiert sowieso nur im Kopf des Spielers und als visuelle Repräsentation. Lieber laufe ich rum wie Atlas, statt Average Joe.


    1. Habt ihr schonmal eine Mary Sue in einem eurer Spiele gehabt?
    2. Was haltet ihr von idealisierten Charakteren bzw. was glaubt ihr, wie müssen Spielwelt und Erzählung angelegt sein, dass sie funktionieren?
    3. Es wird gesagt, RPGs müssen charakterorientiert sein. Heißt das, eure Charaktere entstehen zuerst und der Rest danach?

  2. #2
    Ich selbst würde die Mary Sue nicht mit einem idealisierten Charakter gleichsetzen. Unter einer Mary Sue verstehe ich eine Figur, die in allen Punkten idealisiert ist, also praktisch gar keine Schwächen besitzt. Ich zitiere hier mal ein Zitat von der englischen Wiki-Seite, das mMn den Nagel auf den Kopf trifft (bezieht sich auf Star Trek):

    "Mary Sue stories — the adventures of the youngest and smartest ever person to graduate from the academy and ever get a commission at such a tender age. Usually characterized by unprecedented skill in everything from art to zoology, including karate and arm-wrestling. This character can also be found burrowing her way into the good graces/heart/mind of one of the Big Three [Kirk, Spock, and McCoy], if not all three at once. She saves the day by her wit and ability, and, if we are lucky, has the good grace to die at the end, being grieved by the entire ship."

    Solche Figuren finde ich langweilig. Idealisierte Charaktere allgemein finde ich toll, die passen in sehr viele Geschichten rein. Gutmenschen mag ich allerdings nicht, es sei denn es handelt sich um Kindergeschichten, in denen man den Kindern Werte vermitteln will.

    Zu den Fragen.

    1. Niemals!
    2. Sie sind wie gesagt toll, wenn sie zur Stimmung der Spielwelt passen. Grandia und Skies of Arcadia leben von der Idealisierung, so was wie Shadowrun oder Mad Max 2 würden mit ihr nicht funktionieren.
    3. Ja, eine Geschichte wird immer von den Charakteren und über die Charaktere erzählt, deswegen ist das unausweichlich. Es sei denn das Rollenspiel soll alleine vom Gameplay leben, aber solche Rollenspiele mache ich ja nicht.

  3. #3
    Willst du den Thread vielleicht mal (leicht verändert) ins Atelier kopieren? So eine allgemeine Diskussion dazu fände ich definitiv mal ganz nett, dann kann man sich hier auch auf die Maker-spezifischen Themen fokussieren.

  4. #4
    Ich würde hier auch die englische Wikipedia zitieren:
    Zitat Zitat
    It is generally accepted as a character whose positive aspects overwhelm their other traits until they become one-dimensional.
    und
    Zitat Zitat
    While the term is generally limited to fan-created characters, and its most common usage today occurs within the fan fiction community or in reference to fan fiction, original characters in role-playing games or literary canon are also sometimes criticized as being "Mary Sues" or "canon Sues" if they dominate the spotlight or are too unrealistic or unlikely in other ways.
    Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/Mary_Sue

    ... also so einen Charakter auch eher als einseitig und dadurch vielleicht auch unrealistisch(wenn nur superstark und eben keine Schwächen) ansehen. Also eher etwas langweilig.

    Es sollte schon sinnvoll erläutert werden, wieso der Char so ist wie er ist(außer man macht ein Spiel gegen einen bösen Herrscher, wo eben der böse Herrscher der später als letzter Endboss auftaucht einfach nur böse ist - sowas hat man ja auch oft, dass da nix erläutert wird, wenn die übrigen Chars noch eingermaßen brauchbar sind ist das okay). Oder man hat ein Spiel das sowieso mehr auf Gameplay setzt. Aber dann braucht man schon gutes Gameplay, damit es interessant bleibt.

    Ansonsten: Wenn es eben ein supertoller Char ist der auch mal gern für andere sich einsetzt und total selbstlos ist, dann bitte irgendwie erläutern wie er dazu gekommen ist(gutes, reiches Elternhaus und dadurch gute Bildung und eventuell von Natur aus einen hohen IQ was in Kombination mit den Fördermöglichkeiten der wohlhabenden Eltern ihn zu einem tollen Wissenschaftler z. B. haben werden lassen). Aber wieso dann total selbstlos? Irgendwas könnte vorgefallen sein. Andere könnten ihm aufzeigen wollen dass er auch mal an sich denken soll usw. oder er könnte selber mal ins Zweifeln kommen. Kleinere sonstige Schwächen vielleicht auch dazu. Sonst ists halt einfach langweilg - und dann muss man mit dem Gameplay punkten können.

    Ich persönlich habe ja auf Grund von Faulheit und zu vieler anderer Dinge die ich hobbymässig zu tun habe trotz ausgiebigen Hartz-IV-Konsums noch immer kein Spiel selber erstellt würde, habe aber zu Frage 3 trotzdem eine Meinung:

    Ich würde mal sagen ein Spiel dass eine Geschichte erzählen will(was in der Regel ja bei den Rollenspielen so ist) soll eben auch erst mit der Geschichte anfangen - bei der Entwicklung. Zumindest die Grobidee... das was man eigentlich machen will. Dann sollte man sich überlegen welche Charaktere das eben am besten vermitteln können, vielleicht sogar verstärkend wirken und in Kombination mit eben dieser Handlung und Geschichte sehr gut zusammenpassen wodurch Charaktere und Geschichte viel besser wirken als wenn man diese in anderer Kombination hätte(gleiche Charaktere in anderem Umfeld/ Handlungsrahmen oder gleiche Handlung mit anderen Charakteren wären dann schlechter). Dann eben aber sich diese Charaktere etwas genauer überlegen. Und dann zurück und die Handlung feiner ausarbeiten(wenn man sich z. B. Hintergründe zu den Charakteren überlegt hat die dann da mit rein müssen und man vorher ja nur eine grobe Idee für das "größere Drumherum" hatte). So würde ich wohl vorgehen.

  5. #5

    Hier wird nicht geterrort
    stars5
    Mary Sues habe ich vor allem durch die Animexx-Community und deren qualitativ von genial bis grottenschlecht schwankenden Romantic-Fantasy-Fanfictions kennengelernt. Szenario ist da meist folgendes: Helden aus einer bereits erzählten Geschichte (Spiel, Film, Buch) treffen zufällig auf eine Dame, die wie oben schon erwähnt, so ziemlich alles drauf hat und, was jetzt nicht oben steht, zu einem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad so supercool aber gleichzeitig so superniedlich sind, dass sie mindestens 80% der dort auftretenden männlichen Figuren ins Bett kriegen. Dementsprechend löst der Name bei mir irgendwas zwischen Augenrollen und tiefste Verachtung aus, weil Mary Sues zumindest bei mir auch einen extremen Fremdschämfaktor auslösen.

    Allerdings muss man sagen, dass zumindest ich die Mary Sues in Spielen und Filmen nicht so schnell wiedererkenne (es sei denn sie tragen auch noch den selben Namen/Nick wie z.B. der User der es gemacht hat hier im Forum benutzt :"D), weil ich meine dass die auch nicht ganz so dick auftragen, wie manch Hobbyautor das nun in einer Spiel-und-Spaß-Story tut. Zudem tauchen die meisten die mir jetzt einfallen höchstens als Nebenfiguren oder kleine Eastereggs auf, nehmen nicht soviel Raum ein und nehmen selten starken Einfluss (also ich rede jetzt von den "Selbstdarstellungs-Marys")
    Zitat Zitat von Owly Beitrag anzeigen

    Habt ihr schonmal eine Mary Sue in einem eurer Spiele gehabt?

    Absolute Mary Sues? Gary Stues vielleicht, weil ich perfekte, weibliche Figuren irgendwie generell ablehne. Bei Männern kommt das schon eher hin, obwohl die jetzt auch nicht wirklich perfekt ins Schema passen. Mephisto hätte da aber glaubich so ein paar Gary Stuische Anwandlungen zu bieten. (ich hab das Gefühl das hätte ich jetzt nicht schreiben sollen...)

    2. Was haltet ihr von idealisierten Charakteren bzw. was glaubt ihr, wie müssen Spielwelt und Erzählung angelegt sein, dass sie funktionieren?
    Jede Figur springt irgendwann aus dieser idealisierten Rolle. Sei es ein dramatisches Ereignis oder nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Und ich glaube, wenn man im Spiel einen großen Wert auf Charakterinteraktion legt und oben genanntes gut timed, könnte das zumindest ein Teil von gutem Storytelling sein.

    3. Es wird gesagt, RPGs müssen charakterorientiert sein. Heißt das, eure Charaktere entstehen zuerst und der Rest danach?
    8 Sinners ist so zumindest entstanden. Dazu sollte ich aber auch erwähnen, dass ein kleiner Teil der Figuren zuvor schon Teil eines Text-RPGs wurden, das angelehnt war an eine Computerspielreihe die ich sehr genossen habe. Die Umgebung, die ich jetzt in mein Spiel umsetze, ist keine deutliche Anlehnung an dieses Game, aber zumindest davon inspiriert. Letztendlich haben sich dann Figuren und Umfeld gegenseitig inspiriert, was meiner Meinung nach eine schöne Symbiose ergibt.

  6. #6
    Generell sollte man - denke ich - idealisierte Charaktere und "Mary Sues" strent unterscheiden. Erstere muss nicht in erster Linie völlig in die Falle einer/eines Mary Sue/Gary Sue tappen, wenn sie schlicht gehalten sind.
    Denken wir doch mal an Link aus "The Legend of Zelda": Der Auserwählte, immer nette und hilfsbereite Recke, dem (durch Hilfe des Spielers) auch alles gelingt. Er ist ein idealisierter Held, der einem aber nicht so tierisch auf den Keks geht wie genannte Mary Sues und teilweise auch nicht immer der alleinige Fokuspunkt der Spiele ist (es geht ja auch um die Rettung von Zelda und so).
    Mary Sues sind mir vorallem durch dieses "auf den Keks gehen" und die offensichtliche Selbst-Einfügung der Autoren aus Fan-Fictions geläufig. Sie sind komplett idealisiert, das Zentrum aller Aufmerksamkeit, bringen aber Pseudo-Dramen und Krankheiten mit, um leichte Schwächen einzubringen, die letztlich aber nichts an ihren Charakter ändern und zudem völlig sinnfrei konzipiert sind. Ein beliebtes Beispiel: Die erfolgreiche und gutaussehende Schülerin, die alle Aufmerksamkeit hat, aber letztlich doch meint, keine Freunde zu haben und ein völlig unglückliches Leben als hochgefeiertes und beliebtes Mädel führt.
    Ein echter Graus kann ich nur sagen!

    Zu den Fragen:
    1. Habt ihr schonmal eine Mary Sue in einem eurer Spiele gehabt?
    Ich denke, so direkt in dem von mir angesprochenen Ausmaße nicht. Mir erscheint nur der Held von Charon - Dawn of Hero leicht in eine zu idealisierte Richtung zu gehen, was aber auch an meiner damaligen schlechten Inszenierung liegen mag.
    Er sollte eine Art "guter" Dämon sein, was soweit ging, dass er sich drüber echauffierte, andere Menschen töten zu müssen.
    An sich nichts schlechtes, nur irgendwie war das Gewicht dieses Konflikts irgendwie dadurch minimiert, dass es später kaum zur Sprache kam. In der Hinsicht ist er mir mittlerweile zu idealisiert. Allerdings gefällt mir der spätere Teil der Story, in der der Held durchaus dumme Dinge tut und wieder korrigieren muss. Aber auch das ist arg verbesserungswürdig... ^^;

    2. Was haltet ihr von idealisierten Charakteren bzw. was glaubt ihr, wie müssen Spielwelt und Erzählung angelegt sein, dass sie funktionieren?
    Wie man an Link sieht, kann es durchaus funktionieren, wenn man sich auf gewisse Aspekte beschränkt.
    Wenn der Held halt der stille idealisierte Held ist, weil es im Spiel darum geht, heldenhaft coole Dinge zu erleben, dann passt das einwandfrei.
    Soll man sich hingegen direkt mit dem Charakter identifizieren/für ihn Sympathie hegen etc., sollten schon mehr realistischere Facetten hinzukommen. Gerade Charaktere mit Fehlern machen sie einem sympathisch, weil man selber ja auch nicht perfekt ist.

    3. Es wird gesagt, RPGs müssen charakterorientiert sein. Heißt das, eure Charaktere entstehen zuerst und der Rest danach?
    Jein. Bei mir bedingen sich Charaktere und Story gegenseitig. Konflikte entstehen durch die Existenz und Handlung von bestehenden Charakteren, andererseits handeln die Charaktere auch bedingt durch die Konflikte und die Handlung.
    Ich denke, das kann man da als sehr "verzahnt" bezeichnen. xD

    MfG Sorata

  7. #7
    Na, ob in SKS so etwas auftaucht, können andere Leute besser beurteilen aber wenn, dann würde ich mich dafür verdammt schämen, weil ich normalerweise absoluter Fan von "Schwächen" bin und den Charakteren auch einiges davon mitzugeben versuche.

    Normalerweise kann ich mir vorstellen dass es deutlich einfacher ist solche Uberchars zu vermeiden, wenn man sich als Maker entweder mit einem ganzen Haufen von Charakteren identifiziert oder mit keinem so richtig. Also dass man sich definitiv nicht selbst ins Spiel schreibt, weil dann die Versuchung einfach zu groß ist.

  8. #8
    Hm, sehr treffend, dass es hier jetzt so nen Thread gibt. Eine schlimme Mary Sues ist mir letztens erst in nem Makerspiel über den Weg gelaufen ...

    Manche Autoren versuchen die reinrassige Mary Sue zu umgehen und ihr Schwächen anzudichten. Im schlimmsten Falle läuft es darauf hinaus, dass Mary Sue die Welt rettet, alle in ihrem Umfeld sie lieben, aber sie selbst voller Selbstzweifel ist und sie ist ja auch soooo hässlich und soooo schüchtern .... (während sie mit neben dem gut Aussehenden an ihr interessierten General die Truppen in die Schlacht führt *augen verdreh*). -> Trudy Canavan kann das exzellent und hat mich bisher stets dazu gebracht ihre Bücher nach 200 Seiten aufzuhören ...

    Zuletzt ist mir so eine Figur in nem Makerspiel begegnet. Genau genommen in Der Zauberer und die Prinzessin, dem ich nach dem Kelven-Spielethread nochmal ne Chance gegeben hab. Und tatsächlich möchte ich dieses Spiel mögen. Es hat sooo tolle Atmosphäre ... Aber die gottverdammte Hauptfigur ist eine so unglaublich nervige, unfähige und dämliche Mary Sue (zumindest laut meiner Definition).


    Ich weiß, dass es schwer ist so ne Figur zu schreiben. Gerade wenn es ne jugendliche Heldin sein soll die natürlich rüber kommen soll. Aber manchmal kann es echt nicht schaden der Figur n bisl Selbstvertrauen und Eigeninitiative zu geben.

    Alicia oder wie sie heißt fällt auf die dümmsten Sachen rein, zeigt 0 Eigeninitiative und der einzige Grund warum alle ihr Helfen und Vertrauen in sie haben ist das sie die Auswerwählte ist! Und das schlimmste ist, dass die alles hinkriegt. Aber anstatt das zu akzeptieren und neugierig auf diese fantastische Welt zu sein die sich ihr erschließt läuft sie rum und erzählt irgendwas von "Ich bild mir das nur ein". Trotzdem sind alle noch der felsenfesten Meinung sie sei die Auserwählte ... argh ....

    Ja, der "Ruf zum Abenteuer" samt Verweigerung gehört zum Aufbau einer jeden Heldengeschichte dazu, aber diese Figur ist so schlimm und gestellt, dass sie mir das ganze Spiel versaut.


    Also um dem ganzen Abreagieren über diese Figur ein wenig Struktur zu geben. Die ultimative Mary Sue-Anleitung:


    Mary Sue-Baukasten:
    1. Er/Sie ist der Auserwählte.
    2. Er/Sie findet sich hässlich und nicht attraktiv, während die gesamte männliche und/oder weibliche Belegung sie (insgeheim) vergöttert.
    3. Er/Sie ist mit einem außergewöhnlichen Talent gesegnet das nur Einer unter Zehntausenden hat.
    4. Er/Sie ist natürlich nicht nur Meisterschwertkämpfer oder Meistermagier sondern Meisterschwertkampf-Gladiator-Pirat-Magier-Superheld-Ninja-Roboter-Cyborg-Robocop ...
    5. Er/Sie zeigt keinerlei Eigeninitiative und kriegt alles von Freunden, Göttern oder anderen Helfern in den Schoß geschmissen, anstatt es sich hart erarbeiten zu müssen ...


    Mir fallen sicherlich noch mehr Punkte ein, aber wenn eine eurer geplanten Figuren in nem Spiel 3 bis 4 Punkte aufweist, solltet ihr ihn überprüfen und euch überlegen, ob ihr eine Mary Sue haben wollt oder nicht ... Wichtig ist vor allem der Punkt der Eigeninitiative!!! Sorgt dafür, dass eure Figuren auch innerhalb der Handlung für etwas hart arbeiten/kämpfen müssen und es nicht von Deus-Ex-Machina-Kräften in den Schoß gelegt kriegen!

  9. #9
    @K.L.R.G.
    Man sollte sich aber schon auf eine Definition einigen, sonst redet man ja aneinander vorbei. Außerdem sehe ich bei dir jetzt die Gefahr, dass du von "Ich mag die Figur nicht" zu "Die Figur ist schlecht geschrieben" schlussfolgerst. Andersherum funktioniert es zwar, das solltest du dann aber nicht im Raum stehen lassen, sondern müsstest es schon ausführlich erklären. Zauberer & Prinzessin ist natürlich sehr idealisiert. Nicht zuletzt weil es ein modernes Märchen sein soll. Alicia ist am Anfang der Geschichte eine Außenseiterin mit wenig Selbstbewusstsein. Ob man das nun mag oder nicht bleibt jedem selbst überlassen, aber ich hab mich dafür entschieden, um ihr den Raum zu geben, sich im Laufe der Geschichte zu entwickeln. Ich wollte hier keine "fertige" Figur benutzen. Die Geschichte ist nun aber kein Charakterdrama, sondern soll heiter und leichtherzig sein, eben ein Märchen, deswegen werden die Konflikte nicht mit aller Ernsthaftigkeit präsentiert (die ganze Sache mit der Auserwählten wird z. B. in der Geschichte ja selbst persifliert). Ich hatte jedenfalls nicht vor aus Alicia eine glaubwürdige Teenagerin zu machen, wobei in solchen abenteuerlichen Geschichten sowieso meistens keine normale Menschen vorkommen. Schon gar nicht eine perfekte Figur, deren Perfektion ich hinter Selbstzweifeln verstecken wollte. Mir ging es darum, ein paar zwischenmenschliche Konflikte mehr als sonst in die Geschichte einzubauen. Ganz zufrieden bin ich damit selbst nicht, weil ich auf die anderen Figuren gerne mehr eingegangen wäre. Dazu hätte ich dann aber eine Gruppe und ein Rollenspiel gebraucht, was das Spiel ja nicht ist.

  10. #10
    Ich will nicht ausschließen, dass ich den Begriff falsch verwendet habe.
    Während ich dein Wikipedia-Zitat zu lax finde, Kelven ("characterized by unprecedented skill in everything from art to zoology, including karate and arm-wrestling", das klingt nach Internet-Polemik vom Feinsten), sehe ich bei Luthandorius2s nicht, was das Problem mit Mary Sues sein soll.
    Ich greife nochmal das Beispiel Sara Crewe auf:
    Sie ist...
    - ...ein reiches Mädchen,
    - Halbwaise,
    - wohlgesittet,
    - sehr hübsch,
    - hochintelligent,
    - überaus fantasievoll,
    - kann besser mit kleinen Kindern als ihre Erzieherinnen im Mädcheninternat.
    Als ihr Vater stirbt und sie verarmt zurücklässt, wird sie von ihrer Umwelt tagtäglich geschunden. In der Situation zeigt sich ihre Schwäche: Sie ist so stolz, dass sie ihren Anstand bewahrt, statt aufzubegehren. Am Ende wendet sich natürlich alles zum Guten und ihre vermeintliche Schwäche entpuppt sich als weitere Stärke. Denn statt sich zu rächen, reagiert sie besonnen und großzügig.
    Die Figur scheint eine Bilderbuch-Mary Sue zu sein. Sie wurde auch noch von einer Frau geschrieben. Aber sie funktioniert wunderbar, ist im Roman und in der Serie absolut liebenswert.

    Zitat Zitat
    if they dominate the spotlight(1.) or are too unrealistic or unlikely(2.) in other ways
    Da sind zwei Punkte drin, die ich so nicht stehenlassen will.

    1. Ein Charakter steht im Rampenlicht, wenn er Dreh- und Angelpunkt der Handlung ist. Nach so einer vagen Definition müsste fast jede Hauptfigur jeder Erzählung eine Mary Sue sein: Alice im Wunderland, Tom Sawyer und Huckleberry Finn, Emil Sinclair (Demian), alle von mir im ersten Beitrag genannten Charaktere.
    Wenn in einer Erzählung die Entwicklung eines Charakters behandelt wird, warum dann den Fokus auf Nebenschauplätze lenken?

    2. Um beurteilen zu können, ob ein Charakter unrealistisch ist, betrachtet man ihn im Kontext seiner Umgebung. Insofern finde ich Luthandorius2s Beispiel gut:
    Zitat Zitat
    (gutes, reiches Elternhaus und dadurch gute Bildung und eventuell von Natur aus einen hohen IQ was in Kombination mit den Fördermöglichkeiten der wohlhabenden Eltern ihn zu einem tollen Wissenschaftler z. B. haben werden lassen)
    Es ist sehr wahrscheinlich, dass so ein Charakter mehr gute Eigenschaften entwickelt hat, als ein unterprivilegierter. Sarah Crewe passt auf die Beschreibung und wirkt nicht unrealistisch. Sehr idealisiert, ja, aber nicht unrealistisch.

    Ich denke ich tue mich schwer mit der Abgrenzung zwischen Mary Sue und idealisiertem Charakter.


    @La Cipolla: Ich kann mal schauen, ob ich den zufriedenstellend umgeschrieben kriege. Aber hattest du selbst nicht vor einiger Zeit mal so einen eröffnet?

  11. #11
    Zitat Zitat von Owly Beitrag anzeigen
    1. Ein Charakter steht im Rampenlicht, wenn er Dreh- und Angelpunkt der Handlung ist. Nach so einer vagen Definition müsste fast jede Hauptfigur jeder Erzählung eine Mary Sue sein: Alice im Wunderland, Tom Sawyer und Huckleberry Finn, Emil Sinclair (Demian), alle von mir im ersten Beitrag genannten Charaktere.
    Wenn in einer Erzählung die Entwicklung eines Charakters behandelt wird, warum dann den Fokus auf Nebenschauplätze lenken?
    Bei gängigen Mary Sues werden sie aber ins Zentrum der Handlung und der Charaktere gedrängt. Jeder will Freund mit der Mary Sue sein, sie rumkriegen und es gibt außer extra-dramatisch aufgewärmten Rivalen niemanden, der sie nicht leiden kann.
    Aber die Mary Sue wird diese Beliebtheit eher mit kaum Begeisterung wahrnehmen und trotzdem über ihr tragsiches Schicksal rummopen.
    Besonders in FanFictions wird das schlimm, weil dann selbst etablierte Charaktere sich natürlich nach der Mary Sue verzehren. Es gibt ja niemand anderen kompetenten in der Geschichte.

    Ich denke, es ist einfach die drastische und pseudodramatische Übersteigerung eines (idealisierten) Hauptcharakters, der eine echte Mary Sue ausmacht.

    MfG Sorata

  12. #12
    Zu Mary Sues möchte ich nur sagen, dass TV Tropes eine gute Charakterstudie aller Art ist. Dort lernt man am schnellsten eine Mary Sue nicht zu schreiben.

  13. #13
    Zitat Zitat von Zakkie Beitrag anzeigen
    Zu Mary Sues möchte ich nur sagen, dass TV Tropes eine gute Charakterstudie aller Art ist. Dort lernt man am schnellsten eine Mary Sue nicht zu schreiben.
    Ja, nämlich mit der Methodik, überhaupt nicht zu schreiben.

  14. #14
    @Owly
    Du kannst den Begriff gar nicht falsch verwenden, weil solche Begriffe meistens sowieso nur subjektive Definitionen haben. Selbst oder gerade auf Wikipedia. Ich wollte den Text auch gar nicht zitieren, um eine Definition zu liefern, sondern nur um zu zeigen, wie ich mir das ungefähr vorstelle. Meistens ist es besser, so was ausführlich zu beschreiben, also von daher:

    Mary Sues sind eine Untermenge der idealisierten Figuren. Ein Extrem.

    Eine idealisierte Figur ist eine, die bewusst nicht glaubwürdig ist, um eine größere Nähe zum Publikum herzustellen, sympathischer zu wirken, die Identifikation zu erleichtern, um gewissen Wünschen und Vorstellungen gerecht zu werden. Mary Sues sind in allen Belangen perfekt, weil sie Wish-Fulfillment des Autors selbst sind. Das funktioniert bei Büchern übrigens viel besser als bei Spielen, die sind dafür wohl zu aufwändig und komplex, deswegen kommt es vermutlich nur sehr selten vor, dass jemand ein Spiel mit sich selbst als Hauptfigur macht.

  15. #15
    Zitat Zitat von Ringlord Beitrag anzeigen
    Ja, nämlich mit der Methodik, überhaupt nicht zu schreiben.
    Absolut alles hat das Potential Mary Sues oder Klischées zu werden. Und Klischées sind nur so schlecht, wie man sie umsetzt.

  16. #16
    Zitat Zitat von Owly Beitrag anzeigen
    1. Habt ihr schonmal eine Mary Sue in einem eurer Spiele gehabt?
    Ich glaube, Frauen, nun, sagen wir eher Love Interests in meinen Spielen waren immer idealisierte Versionen der Frauen auf die ich so stand (Itaju in Sleeping Shadow). Die Helden Loser (das war ja schon das Konzept bei Sleeping Shadow). Bei Assembling the Void will ich da noch nicht zu viel verraten, weil das auch Thema der Handlung sein wird.

    Zitat Zitat von Owly Beitrag anzeigen
    2. Was haltet ihr von idealisierten Charakteren bzw. was glaubt ihr, wie müssen Spielwelt und Erzählung angelegt sein, dass sie funktionieren?
    Menschen die übertrieben perfekt sind, sollten sich in einer Spielwelt bewegen, die Perfektion thematisiert. Ein filmisches Beispiel wäre Pleasantville (spielt in einer überdrehten fake-50er-Jahre-TV-Serien Welt mit dermaßen überdrehten Heile-Welt-Familien.

    Zitat Zitat von Owly Beitrag anzeigen
    3. Es wird gesagt, RPGs müssen charakterorientiert sein. Heißt das, eure Charaktere entstehen zuerst und der Rest danach?
    Puh, das sagt Dir jedes Story-Telling Lehrbuch. Klappt bei mir leider nie. Ich würde sagen, in meinen Geschichten (ich rede jetzt nicht von RPGs, ich habe ein paar nicht-Computerspiel-Geschichten zu Ende gebracht) steht immer die Welt und/oder das Konzept im Mittelpunkt. Die Figuren dienen dann dazu, den Konsumenten an das Konzept heranzuführen.


    Im Übrigen noch das ultimative Beispiel für eine Mary Sue: Oliver Twist.

  17. #17
    Mal was anderes. Wenn man mit dem Charakter bzw. den Charakteren anfängt... und dann erst die Handlung machen will - kann es dann nicht sein dass man doch automatisch mit der Handlung anfängt bzw. sich schon vorher Gedanken über die Handlung gemacht hat?

    Ich meine so ganz "nur Charakter" geht es ja nicht, oder doch? Wenn man z. B. einen Charakter macht der irgendwie eine schwere Kindheit hatte, dann will man das ja natürlich sicher auch dem Spieler vermitteln. Wenn das nicht irgendwie vorkommt ist es ja unnötig und dann könnte man das aus dem Charkonzept rausstreichen.

    Hat man da dann nicht selber schon die Vorstellung gehabt irgendwas zum Thema "schwerer Kindheit" zu mache? Und dadurch sich schon beeinflussen lassen was für einen Char man überhaupt macht? Ich mein irgendwelche Vorstellungen muss man ja haben, was man später denn mal an Handlung präsentieren will.

  18. #18

    Katii Gast
    Keltenrabe... hatte eine, wenn nicht mehr Mary Sues xD... aber das war vor 10 Jahren als ich 16 war xD..... da waren sowieso einige peinliche Teeniesachen drin xD..... heute würde ich es anders gestalten

  19. #19
    @Luthandorius2
    Ja, man kann beides gar nicht voneinander trennen. Die Geschichte wird letztendlich immer über die Charaktere erzählt. Sie erleben alles was passiert. Ein Spiel handelt nicht von einem Krieg zwischen zwei Königreichen, sondern davon, dass die Charaktere in diesen Krieg involviert sind. Nimmt man die Charaktere aus der Geschichte heraus, dann hört die Geschichte auf zu existieren. Natürlich kann man sich zunächst ein Setting ausdenken oder eine Hintergrundgeschichte und dann erst die Charaktere, doch weder Setting noch Hintergrundgeschichte sind eine Handlung.

  20. #20
    MARY SUE TEST
    Als Orientierungspunkt meiner Meinung nach richtig gut, auch weil er Punkte anspricht, an die man nicht sofort denkt.
    Ich glaube aber nicht, dass a) jede Mary Sue fehl am Platz ist, und b) die Definition etwas Starres ist. Alles eine dicke Grauzone.

    Zitat Zitat
    @La Cipolla: Ich kann mal schauen, ob ich den zufriedenstellend umgeschrieben kriege. Aber hattest du selbst nicht vor einiger Zeit mal so einen eröffnet?
    Meinst du den? Das war ja mehr der Test, keine echte Diskussion. Edit: Aber eigentlich kann ich den Link auch mal noch hierlassen.

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