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Thema: Wölfe von der Düsterheide - der freie Tag

Baum-Darstellung

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  1. #22
    Wolke lag mit der Schnauze auf seinen Hufen inmitten eines kleinen Heuhaufens, den die Schafe beim Unterstand zum schlafen aufgeschüttet hatten. In der Futterraufe war schon lange kein Heu mehr, allerdings gab es drei große Heuballen am Rand der Weide innerhalb des Zauns und da es jetzt die trockene Zeit war, in der die rotbackigen Äpfel des größten Baumes der Weide reif und saftig wurden, duftete es auch immer noch vorzüglich und wärmte grade die kleinen Lämmer nachts wunderbar.

    Wolke träumte noch vom fliegen, von den Wolkenschafen, von bunten durchsichtigen fliegenden Blasedingern und dem kleinen Schwarzkehlchenpaar das sich in dem schönen, mächtigen Apfelbaum ein Nest gebaut hatte und das bisher keiner ausser ihm entdeckt hatte.

    Er bekam nur ganz entfernt mit wie Glöckchen sich von Goliath freistrampelte und wackelte schläfrig mit dem Schwanz, was lustig aussah denn die ganze Wolle an seinem Po wackelte mit. Als Glöckchens Stimme erklang (sie sprach von „Radau“, was Wolke aber nichts sagte) zog er die Lider ein bisschen nach oben und schmatzte zufrieden. Er mochte ihre Stimme, wie alle Lämmer klang sie nach Tatendrang und Sonnenschein und Träumen.

    Es war früher Morgen, Blanche, Lammbert und Mmi schliefen noch als Frau Määhra vom Unterstand aus lostippelte. Rommel knurrte irgendwas von Grashüpfern. Nachdem er noch ein wenig Heu neben Blanche gelegt hatte, döste Wolke wieder ein.

    Aber durch Rubmobs Flucherei wachte er ganz auf und wollte grade auf das Ruhebedürfnis von kleinen Lämmern aufmerksam machen, als er den glänzenden Apfel sah. Nach seinem ersten Gedanken (Omnomnom) war er sehr besorgt. Denn wie konnte ein Apfel hier, so weit vom Baum entfernt hinkommen. Ein Apfeldieb? Hoffentlich war dem Vogelpaar nichts zugestoßen. Es musste ein kleiner Dieb sein um durch das Loch in dem großen Baum zu passen und dumm noch dazu, denn gegessen hatte er den Apfel ja nicht. Und dumme Diebe nehmen keine Rücksicht auf die kleinsten unter uns...

    Die kleinsten! Mit einem Ohrenschlackern schnupperte Wolke hellwach geworden nach den Lämmern. Er roch das rostige Klingelband, den Duft vom pumähtierenden Lammbert und Blanches lieblichen Blumenduft. Glöckchen und Goliath waren ein bisschen abseits, das sah er mit seinen Augen. Aber wo war Möbius? Und warum war er schon wach?

    Der Nebel hatte sich noch nicht so recht verzogen, wich aber der stetig steigenden Morgensonne. Wolke schubste ein wenig Heu zusammen und hörte mit halbem Ohr das schnarchen der vier kleinen. Dann zog er los, erst gemächlich, denn er wusste das Möbius des öfteren in Erdlöchern stecken blieb und auch dort liegen blieb, dann rascher als er den Duft des kleinen Träumers in der Nase hatte.

    Er führte ihn, was ihm gar nicht gefiel zu einem Platz der nach … Ärger und... igitt... feuchter Wolle und... Wasser roch. Plötzlich wirbelten zwei kleine Schatten an seiner Nase vorbei – die beiden Schwarzkehlchen schienen enorm aufgeregt zu sein. Was war denn hier nur los? Obwohl er normalerweise seine Wollmasse nicht gerne in Schwung brachte, galoppierte er rasch hinter den beiden Piepmätzen los; die aber führten ihn an dem Geruch von Möbius trockener Wolle vorbei und...

    *PLATSCH*

    Mit geschlossenen Augen und Ohren, denn er konnte als Hammel nur eine Sache auf einmal anständig machen und das war bis eben das riechen gewesen - war Wolke an einem kleinen Lehmabhang, wo der dicke hohle Baumstamm lag, in den See geplatscht. An dieser Stelle war das Wasser sehr dunkel und tief. Und erstaunt über seine feuchten Beine die ihn aus seinem aufmerksamen Riechen aufschreckten, drang auch das Geplärr eines Lamms an sein Ohr. Er bekam es durch die Kälte und das Nass mit der Angst zu tun, die ganzen alten Erinnerungen an seine Feuertaufe damals wollten eben wieder hochsteigen, aber wie durch ein Wunder hielt die dicke Wolle, die vom letzten und einzigen Bad Wolkes noch ganz verfilzt war, die gesamte Luft wie einen Ring um seinen Körper und Wolke trieb ganz baff wie ein gigantisches Wattebällchen auf dem Wasser dahin ohne nass zu werden.

    Er sah das Böckling schon durch das Wasser lief (wie er das Tat wusste Wolke nicht, aber es sah elegant aus) und musste wieder mit dem Schwanz wedeln. Es freute ihn, das gerade Böckling dessen Lieblingswort Unfug zu sein schien, dem kleinen Schaf zu Hilfe kam. Durch das Propeller-Schwanzwedeln trieb er auch stetig vorwärts zu den beiden und als sich Scherzo grade mit der Schnauze an Möbius Horn festnuckelte (was ein wenig schmerzhaft aussah), schob Wolke seine Schnauze unter sein Hinterteil und sank ein wenig ins Wasser ein. Aber es klappte. Möbius hielt dennoch Einjährigen von der Seite mit den Hörnern fest und gemeinsam brachten sie ihn zum sicheren Ufer zurück.

    Scherzo, der grade erst seinen zweiten Sommer erlebte, zitterte und sein Herz pochte laut und schnell, als Wolke ein bisschen tollpatschig auf den Untergrund stieß und wackelte. Möbius fluchte leise, was Wolke aber gewohnt war aber sonst ging alles gut.

    Als sie den kleinen, nun stocklosen Musiker, auf das satte Gras legten seufzte Wolke schwer. „Was hattest du denn im Wasser gesucht, Scherzo? Die Seeblumen kann man doch nicht essen?“ Zu mehr Emotionen fehlte ihm Mähr-Wortschatz. Aber da er dachte, das der Kleine nun vor allem Wärme brauchte, trottete er ein wenig abseits und schüttelte sich einmal ordentlich, wie es ein jedes Schaf nach einem ordentlichen Regenguss tat, um sich danach eng an den Kleinen zu schmiegen und auf eine Antwort zu warten. Hoffentlich wurde er nicht krank...

    Wolke roch in diesem Moment aber leider auch Mike. So hob er die Schnauze um den Rabauken zu begutachten. Mit den Würmern auf dem Rücken sah er aus wie ein frischer Dunghaufen. Und er roch leider auch so. Wobei Wolke grad einfiel was Würmer alles schlimmes anstellen konnten – Bauchweh war da noch das geringste. Aber Mike war ja kein Junglamm mehr, also musste er selber sehen wie er das mit seiner Wolle handhaben wollte.

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