8 Tage nach den Ereignissen des Prologs…

Tag 1, In der Hafenstadt Esdees






Wie Regentropfen, die während eines Schauers an einem Grashalm entlang perlen, so waren die Händler und Schausteller, die Glücksritter und Faszinierten langsam in die Stadt Esdees geströmt, jene Hafenstadt, in der ein paar der mächtigsten Handelshäuser des Kontinents Mediaksis ihren Sitz hatten und wo man die Wiege des Kontors der ‚van der Walls’ wusste.

Erst waren es nur die Fladenbäcker und die Fleischbrater gewesen, dann schloss sich eine von Zwergen betrieben Armbrustschussbahn an und schließlich reihten sich in die lange Schlange und dem endlosen Konvoi an Schaustellern gnomische Karusellbetreiber ein, elfische Kostümhändler und die Darbringer allerlei lukullisch köstlicher Kostbarkeiten und schon am frühen Morgen pfiffen es die Spatzen von den Dächern, im gleichen Rhythmus, wie es die ausgemergelten Straßenkinder ihren Spielkameraden zuriefen:

Ein Volksfest war in die Stadt gekommen!

Bedächtig nickten die Älteren und schalten den Handelsherren Daen van der Wall einen vergnügungssüchtigen Tunichtgut, einen Verschwender gar, doch der Großteil der Bevölkerung freute sich aus vollstem Herzen über die gebotene Abwechslung, auch wenn sie freilich nicht ahnen konnten, dass der kalt berechnende Finanzmagnat handfeste Ziele hatte, die er nicht bereit war aus den Augen zu lassen und selbstverständlich konnte man hinter der bunten Fassade der Freude und Ausschweifung auch erkennen, dass diese Expedition der letzte Strohhalm des Hauses war, bevor es dem Ruin anheim fallen würde.
Schon alleine aus diesem Grunde war es dem feisten Mann in der edlen und sehr üppigen Kleidung eine Angelegenheit aus Herzblut, diese Reise von Anfang an in bestem Licht erstrahlen zu lassen und vielleicht auch die Anwesenden die Ankunft des „Geisterschiffes“ – wie es im Volksmund nur noch furchtsam genannt wurde- vergessen zu machen… auch wenn Dieses aus bisher ungeklärten Gründen abgebrannt und auf den tiefsten Grund des Hafenbeckens gesunken war.

Nichts wollte der Pfeffersack dem Zufall überlassen, wortgewaltig und mit vielen Stiefeltritten scheuchte er seit Tagen schon seine Angestellten und Leibeigenen umher und man munkelt, dass auch seine Gespielinnen dieser Tage wenig zu lachen hatten.
Ebenso zugegen wie Daen waren auch seine rechte Hand, der rattengesichtige Verwalter und der jähzornige Hauptmann und alle Drei wussten auf ihre Art und Weise Schrecken und Unbill zu verbreiten, wo immer sie auftraten und hinschlugen.

Wahrlich jedoch: Die Stadt erstrahlte in einem Glanz wie schon lange nicht mehr!
Fahnen und Banner schmückten die Straßen und säumten die Gassen, die Menge hatte sich in Feierlaune in ihre besten Gewänder gehüllt und obschon das Fest, die große Abschiedszeremonie – von Daen großspurig „Auszug der wellenreitenden Helden“ genannt – erst am Abend stattfinden sollte, so konnte man die freudige Erwartung schon jetzt mit Händen greifen und mit allen Sinnen spüren. Seidiger Stoff war zu sehen, kaum blickdicht an anmutigen Leiber drapiert, der Geruch von Backwerk, übertüncht vom würzigen Duft zwergischer Marinaden am Grillfleisch, überall Musikanten und Skalden, Bänkelsänger und Barden, die ihre Instrumente mit konzentriertem Blick und geübtem Griff stimmten und von der Menge ob ihrer Fremdartigkeit und Exotik mit offenem Mund bestaunt wurden und natürlich auch die Stände mit allerlei Kurzweil und dem erklärten Ziel, dem geneigten Gast das Gold und Silber aus der Tasche zu ziehen.


Eure Gruppe steht locker zusammen und scheint das Treiben – je nach Gemütslage gespannt oder amüsiert – zu betrachten, als Ribubald, der Hochverwalter des Hauses ‚van der Wall’ mit eifrigen Tippelschritten auf euch zugeeilt kam.
Sein Rattengesicht verzog sich zu einer Fratze der Freude und selbstvergessen tupfte er sich mit einem Seidentuch, welches im Wert eine Hafenarbeiterfamilie durch den Winter bringen würde, die schweißnasse Stirn ab.
Offensichtlich war er auf der Suche nach Etwas, er schien jedoch erfolglos zu bleiben und so blickte er Jedem von euch kurz in die Augen um dann mit seiner hellen Stimme anzuheben:
„Gut...ehm...dass ich euch...ehm...hier...ehm...hier...ehm...treffe...ehm...ihr Helden...ehm...ihr Heldenmütigen. Heute Abend findet ja das Fest...ehm...zu euren Ehren statt...ehm...ausgezeichnetes Wetter...ehm...wenn ihr mich fragt...ehm...nun ja...ehm...ich muss jedoch zuvorderst eine Sache wissen: Ich brauche euren Sprecher...ehm...den Anführer eurer Gruppe...ehm...euer Organ, sozusagen.“, haspelte er vor sich hin und musste seinen Blick offensichtlich immer wieder vom Anblick der vorbeieilenden Tänzerinnen abwenden.
Erwartungsvoll sah er schließlich in die Runde…