Das Geheimnis von Brownsea Island
Die deutsche Pfadfinderin Rebecca erhält überraschend eine Einladung zu einem Pfadfinderwettkampf auf Brownsea Island, bei dem sie sich beweisen soll. Zusammen mit ihrem Kameraden BiPi, der ein glühender Verehrer des Pfadfindergründers Baden-Powell ist, begibt sie sich auf die Reise nach Großbritannien, verschwindet jedoch kurz nach ihrer Ankunft spurlos. In seiner Not kontaktiert BiPi Rebeccas besten Freund Wölfi, der sich prompt auf den Weg macht und kurz darauf auf Brownsea Island eintrifft.
Bei seiner Suche nach Rebecca stolpert er nicht nur ein ums andere Mal über Gerüchte über ein Wolfsmonster namens Impeesa, das angeblich auf der Insel sein Unwesen treiben soll, sondern auch des Öfteren über vier geheimnisvolle Kuttenträger, die ein großes Geheimnis hüten, das es vor neugierigen Augen und Ohren zu verbergen gilt…
Das Geheimnis von Brownsea Island ist ein mit dem Maker erstelltes Adventure, das eine Pfadfindergruppe aus Rhede quasi als Nachfolger eines kurzen Spiels gegen die Langeweile des Corona-Lockdowns ersonnen hat. Es erzählt eine packende Geschichte über Freundschaft, Vertrauen und Pflichtgefühl - garniert mit wissenswerten Informationen und Fakten über die Entstehung der Pfadfinderei. Denn anders als von mir zu Beginn gedacht, beruht vieles, das bei Wölfis Suche zur Sprache kommt, auf realen Tatsachen: Baden-Powell, Brownsea Island, Mary Bonham-Christie, der Heilige Georg... bis hin zum Peter Pan-Verweis in Baden-Powells Abschiedsbrief.
Ich selbst stürzte mich als absoluter Laie und völlig unbeleckt ins Abenteuer, denn meine eigenen Pfadfinder-Erfahrungen beschränken sich samt und sonders auf die Erlebnisse eines gewissen Fähnlein Kieselgreif … äh … Fieselschweif.
Und um eine Sache vorwegzunehmen: Man bekommt als Spieler eine Menge geboten!
Dafür, dass die Entwickler laut eigener Aussage „mit der RPG-Maker-Szene […] eigentlich nichts zu tun“ haben, steckt wahnsinnig viel Ideenreichtum, Erzählkunst, Detailfreude, Sorgfalt und (Pixel-)Können in DGvBI. Seien es die selbst gezeichneten Porträts, die mit Symbolen wie Smileys geschmückten Sprechblasen, die vielfältigen (teils optionalen) Nebenaufgaben, die lebendigen Charaktere, die extra eingesprochenen Szenen, die stimmige Musik, die Spielzeit anzeigenden Standuhren oder schlicht die Tatsache, dass es zwei Enden gibt – hier haben sich fähige Köpfe echt Gedanken gemacht!
Anfangs war ich ein wenig davon irritiert, dass - abgesehen von einem einzigen NPC, der Wölfi für den Impeesa hält und dementsprechend panisch auf ihn reagiert - sich scheinbar niemand darum schert, dass Wölfi ein sprechender Wolf ist. Der darüberhinaus auf entsprechenden Möbeln sitzen, Fotos und ein Handy halten, Schlüssel und Computertastaturen benutzen, Türen öffnen sowie Tee und Kaffee trinken kann. 
Im Laufe des Spielens hab ich mich recht flott daran gewöhnt, aber seien wir mal ehrlich… logisch ist das nicht gerade, oder? Vor allen Dingen da DGvBI ansonsten sehr fest in der Realität verankert ist und auf diverse irrationale Spielereien weitgehend verzichtet. (Minus das ‚Heiliger Georg‘-Minispiel und der ein oder anderen Geistererscheinung im Schloss. Und natürlich… na ihr wisst schon. *Spoileralarm!*)
Mir persönlich haben nicht alle Porträts gleich gut gefallen und ich würde mal behaupten, dass man ziemlich genau erkennen kann, dass mindestens zwei verschiedene Pixler am Werkeln waren. Dies ist jedoch nur bedingt als Kritik gedacht, denn die Mühe und Arbeit, die dahintersteckt, kann man nicht oft genug loben. (Und als völlig Unbegabte auf diesem Gebiet steht es mir auch nicht wirklich zu, über die unterschiedlichen Stile zu meckern.
)
Bei der Synchro ging es mir ähnlich: Grundsätzlich fand ich das Ergebnis für eine ‚Laienleistung‘ beachtlich, doch während ich einige Stimmen total mochte, wurde ich mit anderen leider nicht so richtig warm.
Meine Highlights waren Wölfi, der als vielsprechender Hauptcharakter angenehm oft den passenden Ton traf (nur beim Vorlesen von längeren (Buch-)Passagen hätte ich manche Sätze anders betont), und die beiden älteren Herrschaften Phillip und Arthur.
Nicht so gelungen (in meinen Ohren) waren BiPi, Adel, Maude und ganz besonders die Reporterin. Ach, und dem ständig „Abenteuer! Abenteuer!“ schreienden Papagei hätte ich irgendwann gerne den Hals umgedreht, aber ich glaube, die Reaktion war beabsichtigt.
Abseits des Weges kann man sich auf vielerlei Art und Weise die Zeit vertreiben: zwecks Geldbeschaffung Pilze sammeln, um sich ein Ferienhaus nebst gewissen Extras leisten zu können oder Baumpate zu werden; Artefakte für Phillip finden; 40 versteckte Truhen aufspüren (ich hab seltsamerweise 47 entdeckt
); mit einem Boot um die Insel schippern; ein Pfadfindertraining absolvieren; als Heiliger Georg Gespenster verkloppen; weggewehte Notenblätter einsammeln sowie ganz nebenbei eine Handvoll Achievements ergattern.
Kleine Annehmlichkeiten hier und da runden das stimmige Spielerlebnis perfekt ab: So kann man die bereits entdeckten Ortstafeln nutzen, um sich zu ihresgleichen zu teleportieren, ein Notizbuch erfasst nicht nur die Haupt-, sondern ebenso die zu erledigenden Nebenaufgaben und auch das Speichern ist auf verschiedenen Wegen möglich (u. a. durch das Futtern von Keksen, was ich kaum genutzt habe).
Die im Spiel eingestreuten Rätsel sind nicht immer ganz leicht, können jedoch meiner Meinung nach gut gelöst werden. Ich war ein, zwei Mal kurz davor nachzuschauen, aber ich hab’s nicht gemacht und alles selbst geknackt, obwohl es manchmal eine ganze Weile gedauert hat. 
Die im Folgenden genannten Dinge sind mir beim Daddeln aufgefallen und sind bitte eher als Verbesserungsvorschläge, denn als harsche Kritik zu verstehen.
Logik- und Positionsfehler:
- Rebecca, BiPi und Wölfi müssen unglaublich gut englisch sprechen können, da keinerlei Verständigungsprobleme angedeutet werden. 
- Manche Leute befinden sich zu bestimmten Zeitpunkten an mehreren Orten gleichzeitig: Willi und Martha (sowohl im Sumpf als auch an ihren ‚richtigen‘ Orten), die beiden Wanderinnen (verirrt am Schild südlich des Naturschutzgebietes als auch am Hafen), Ben (am Grab bei der Kirche und im Naturschutzgebiet).
- Bei der Kuttenversammlung im Rittersaal haut der ‚Wolf‘ mit links auf den Tisch. In der Nahansicht liegt seine geballte Rechte auf der Tischplatte. Außerdem steht Wölfi plötzlich hinter ihm und dem ‚Brachvogel‘, statt schräg rechts oben, von wo aus man sich angeschlichen hat.
- Wenn Wölfi im Schloss fast in die drei Kutten rein rennt, steht er eigentlich direkt in der Blickrichtung des ‚Raben‘.
- Ähnlich verhält es sich, wenn er die Telefonierende im Schloss zum Feuermelder lockt und diese sich umdreht.
- Auch der Wanderer, der den Ausblick über das Naturschutzgebiet genießt, müsste eigentlich auf Wölfi aufmerksam werden, wenn er sich heimlich dort aufhält.
- Im Finale taucht Wölfi hinter dem menschlichen ‚Wolf‘ auf, aber in der Szene stehen sie sich gegenüber.
Andere Bugs:
- Ich bin einmal mit Wölfi in einem der Screens über dem Camp im Gebüsch hängengeblieben und konnte nichts mehr machen. Er selbst ließ sich nicht bewegen und das Menü oder andere Tasten reagierten ebenfalls nicht. Die Szenerie war aber nicht komplett eingefroren, da die Animation eines herumfliegenden Vogels tadellos funktionierte.
- Wenn man im ‚Heiliger Georg‘-Minispiel beim Boss durch den Feuerball stirbt und gleich darauf einen zweiten Versuch unternimmt, dann saust der ‚erste‘ Feuerball noch herum, sobald man beim Endgegner angelangt ist.
- Gibt man Lizzie den Leuchtpilz, verschwindet ihre Textbox und der Text erscheint plötzlich neben statt unter ihrem Porträt. Zudem spult sie auf einmal wieder ihre Pilz-Informationen ab.
Rechtschreib- und Grammatikfehler:
- singende Pfadfinder: „…Seite gerissen…“ -> Saite
- Karte im Geheimgang der Kirche: „Folge dem Pfad den Heiligen Georg!“ -> des Heiligen Georgs
- Rückblende im Waldlabyrinth: „Also so sehr wollte ich ich eigentlich…“ -> ein ‚ich‘ zuviel
- wenn die ‚Elfen‘ im Camp abbauen: „…um den Häring im Boden zu lockern.“ -> Hering
- Schuppen im Camp: „…vierter Platz beim Häringsklopper!“ -> Heringsklopper
- Camp-Laden (nach Fund im Schuppen): „…da sind die heimliches Mitwisser…“ -> heimlichen
- Wildlife Center, Buch „Unstuck in Time“: „…stellt Vermutungen […] ein…“ -> statt ein auf oder an
- Manuskript ‚4. Regel‘: „…was irgendjemand schaden…“ -> irgendjemanden
- Manuskript ‚Rittertum‘: „… sollen […] Ihre Fähigkeiten…“ -> ihre
- diverse Kommafehler, die ich nicht alle notiert habe 
Und dann war da noch:
- Das Kartenspiel in eurem Thread enthält, wenn man genau hinschaut, nicht nur einen, sondern gleich zwei Spoiler! (Ich sag nur Kutten!) Blöderweise hab ich das Bild zu früh angeguckt und auch wenn ich es irgendwie geahnt habe, habe ich mich dadurch um einen kleinen Twist gebracht. 
- Die Telefonszene mit Splitscreen am Anfang fand ich richtig cool!
- Beim Rumstöbern auf der Insel ist es mir ein paar Mal passiert, dass ich in einen anderen Bildschirm gewechselt bin, aber nicht mehr zurückkehren konnte, weil Wölfi mich durch Kommentare wie „BiPi wartet auf mich.“ davon abgehalten hat.
- Durch manche NPCs und Tiere läuft Wölfi einfach durch.
- Die Musik bei der Bootsfahrt mochte ich total!
- Ich finde es schön, dass man beim besseren Ende noch einmal einen ganzen Schwung der (mehr oder weniger) wichtigeren NPCs sieht.
- Wenn man im Ferienhaus die Flagge betrachtet, sagt Wölfi irgendwas in Richtung „Die hab ich im Laden gekauft.“. Mein Exemplar hab ich in einer Kiste gefunden. 
Das Geheimnis von Brownsea Island hat bei mir eingeschlagen wie die sprichwörtliche Bombe und mir mehr Spaß bereitet als so manch professioneller Titel. Eine spannende Handlung, sympathische Charaktere, eine Insel voller kleinerer und größerer Entdeckungen - in meinen Augen stimmt (abgesehen von einigen geringeren Diskrepanzen) bei diesem Spiel so gut wie alles und ich finde es höchst erstaunlich, dass die Ersteller quasi von sich behaupten, sie wären Laien. Bei der Menge an Herzblut, die unübersehbar in dieses Projekt geflossen ist, mag man sich das kaum vorstellen!
Wer ein bodenständiges Makerspiel abseits bekannter Fantasyklischees ausprobieren möchte, sollte Wölfi und seiner Suche unbedingt eine Chance geben. Er hat’s verdient! 

Fun Fact:
Ich hab eine ganze Weile gebraucht, bis ich gerafft habe, dass die Betitelung „BiPi“ von den englisch ausgesprochenen Buchstaben B und P und somit dem Namen Baden-Powell herrührt. Und ich denk am Anfang noch: „Was ist das denn für ’n schräger Name?“ 
Meine ganz persönliche Anekdote:
Während ich beim abendlichen Spielen noch davon ausging, dass sämtliche Informationen rein fiktionaler Natur wären, forschte ich auf der Arbeit nach möglichen Karteileichen, die längst aus unserem Bibliotheksbestand verschwunden, aber noch im System aufgeführt sind. Und was seh ich da im Regal stehen? Ein Buch über die Pfadfinderei, das mir offenbarte, dass es tatsächlich einen Baden-Powell gegeben hat! Manchmal schreibt das Leben echt die dollsten Zufälle!
BITE ME, ALIEN BOY!
Spiele gerade: Wild Arms 3 [pausiert]
Zuletzt gespielt: Das Geheimnis von Brownsea Island, Lord Winklebottom Investigates, Machinarium
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