Ich führe in einer anderen Community nun schon seit fast 10 Jahren eine Feldstudie durch und heute kann ich endlich die ersten Ergebnisse präsentieren. Dem einen oder anderen werden sie sicher bekannt vorkommen, aber ich möchte sie hier trotzdem zur Diskussion stellen. Der Kern der Studie ist die Beobachtung, dass sich Menschen in ihrem Urteil leicht beeinflussen lassen und allgemein ziemlich paradox urteilen. Wie so oft stecken dahinter viele Faktoren, aber der bedeutendste ist, wie der Thread-Titel schon sagt, die Sympathie.

Ein Beispiel:

Person A schaut Serie X und Serie Y, beide sind sich ziemlich ähnlich. Bei Serie X mag Person A die Figuren, bei Serie Y nicht. Die Folge ist, dass Person A bei Serie Y mäkelt (Handlung unglaubwürdig und schlecht geschrieben) und Serie X gegen das Mäkeln der anderen verteidigt.

Tausendfach gesehen, auch bei mir selbst. Es ist eigentlich ganz einfach: Je sympathischer man die Figuren findet, desto eher drückt man bei allem ein Auge zu (oder nimmt es gar nicht wahr), das man kritisieren würde, wenn einem die Figuren nicht so sympathisch wären. Ich sprech, um das mal einzuschieben, nur von Unterhaltungsmedien und von Figuren, die auch sympathisch sein sollen. Geschichten mit einer absichtlich unsympathischen Hauptfigur folgen anderen Regeln.

Man muss nicht jede Figur mögen, manchmal reicht schon eine der wichtigen Figuren, aber je mehr man mag, desto besser ist der Eindruck. Wobei es in Wirklichkeit natürlich nicht nur "mögen" und "nicht mögen" gibt, sondern auch alle Abstufungen dazwischen.

Wenn man also die Figuren mag, dann sieht man die gesamte Handlung in einem besseren Licht, während man im umgekehrten Fall schnell über jede Kleinigkeit nörgelt. Ich hab ja schon öfters die Ambivalenz von Glaubwürdigkeit, Plotholes, Wahrnehmung u. ä. angesprochen und auch hier ist ihr Ursprung ein alter Bekannter: Unsere Eigenart, nur das zu sehen, was wir sehen wollen. Ich bin mir sicher, dass man in jedem Diskussionsforum über Unterhaltungsmedien unzählige Beispiele wie das von oben findet und niemand von uns ist dagegen gefeit.

Ich will nicht sagen, dass die Sympathie ganz alleine den Ausschlag gibt, aber sie ist ein sehr wichtiger Faktor, wenn nicht sogar der wichtigste. Was auch keine Überraschung ist, denn die Handlung dreht sich schließlich um die Figuren. Wenn wir sie nicht mögen, dann schert uns auch ihr Schicksal nicht.

Ein Extrembeispiel für das, was ich hier schreibe, ist vielleicht der neue Ghostbusters-Film. Die einen mögen keine weiblichen Hauptfiguren (zumindest nicht solche) und finden den Film deswegen unabhängig vom Inhalt automatisch schlechter oder sogar grottig, während die anderen den Film alleine wegen der rein weiblichen Besetzung unabhängig vom Inhalt automatisch besser oder sogar toll finden. Bitte keine Diskussionen über den Film, er hat einen eigenen Thread im Filmforum.

Was hat das nun mit uns Spielentwicklern zu tun? Naja, das liegt auf der Hand. Je mehr die Spieler unsere Figuren mögen, desto besser gefällt ihnen die Handlung (nicht zwangsläufig das Spiel, es gibt ja noch das Gameplay). Also müssen wir dafür sorgen, dass unsere Figuren möglichst sympathisch sind. Das ist natürlich leichter gesagt als getan, weil Sympathie nun mal vom Geschmack abhängt. Ich glaube aber schon, dass es Figuren gibt, die insgesamt besser ankommen als andere. Der hier angesprochene Umstand hat eine ziemlich unangenehme Auswirkung: Du kannst schreiben, was du willst, wenn die Spieler deine Figuren unsympathisch finden, dann wird ihnen auch höchstwahrscheinlich die Handlung nicht gefallen. Ich denke, es lohnt sich, darüber mal nachzudenken.