Ja - wenn man gezielt darauf achtet, alles wegzulassen, was zum "Drumherum" gehört (Sexualität, Hautfarbe, etc.) - dann wirkt der Charakter sicher irgendwann mechanisch/unnatürlich. So würde ich es auch nicht handhaben. Dass die überall poppen müssen, oder jedem erzählen müssen (am besten noch in die Kamera gucken und direkt den Zuschauer ansprechen), welche Sexualität sie haben - das muss nicht sein. Das wäre dann schon stark erzwungen - und man würde es gerade bei abweichenden Charakteren annehmen. Und vermuten, dass der Autor mit der Brechstange irgendwas vermitteln wollte und deshalb gezielt diesen Char einem aufdrängt.

Dass etwas natürlich "angedeutet" werden kann - das wäre der geschickte Weg. So wie das für homosexuelle Beziehungen ganz normal ist, so könnte man es bei andern Beziehungen auch verbauen. Bei der Hautfarbe ist es in bestimmten Medien (wenn nicht grad Buch) eben so, dass man diese schon sieht. Ohne dass der Schwarze jetzt groß gezielt in nem Vergleich zu nem Weißen gezeigt werden muss, wie er weniger Sonnenmilch braucht im Sommer - und man das explizit alles stark herausstellen muss.

Das Buch ist natürlich ein Sonderfall. Wenn man ein mal bei der Vorstellung die Hautfarbe erwähnt - und dann sonst nur noch wenn es relevant ist ... dann ist das okay. Ich denke das ist normal. Hat man oft, dass eben der gesamte Körper beschrieben wird. Also auch mal Haarfarbe, Augenfarbe, etc. mit dabei.

Ansonsten würden sich wohl die Hauptpunkte auf denen der Fokus liegen sollte - wenn er denn mal darauf liegt - daraus ergeben, wie andere reagieren. Also entweder gar nicht. Oder eben so dass anderen etwas auffällt und sie darauf ansprechen. Das kann durchaus ohne Kritik sein - ganz einfach weil vile Hetero sind und dann erst mal Hetero-Annahmen treffen und es da zum Beispiel zu alltäglichen Missverständnissen (die nicht böse gemeint sind) kommen kann. In ner Daily Soap im TV die belanglosen Alltag zeigt hätte man sowas vermutlich sogar ständig. In nem auf andere Sachen fokussierten Werk eben nur um zu vermitteln, dass es nicht nur straight um die Handlulng geht (das wäre langweilig, mit austauschbaren "Robotern"), sondern dass die Menschen darüber hinaus auch noch eine Persönlichkeit haben. Da wird eben nicht drauf herumgeritten. Aber es ist eben da.

Straßenverkäufer will an denn Mann Blumen verkaufen mit nem "Spruch": "Hier kaufen sie, schön Blumen. Für Ihre Freundin. Alle Frauen mögen Blumen". Da kann der dann gar keine Freundin haben. Die Freundin kann eine Frau sein die keine Blumen mag. (Solles auch geben.) Oder er kann nen Freund haben - der Verkäufer geht halt ohne es böse zu meinen erst mal von dem aus was mehrheitlich meist der Fall wäre, wenn ne Person vergeben wäre.

Das verleiht dann Tiefe. Zeigt dass der Char nur nicht von Hautphandlung zu Haupthandlung weitergeht. Sondern dass die Stadt in der er lebt auch "belegt" ist (reges Treiben auf den Straßen). Man blendet nicht aus. Man zeigt dann seine Reaktion, aus der man etwas über seinen Beziehunsstatus und Sexualität schließen kann. Das ist nicht schlimm, wenn das immer Hetero ist - weil das eben nicht soooo relevant für die Handlung ist. Aber hier lässt sich eben auch geschickt ohne Handlungsrelevanz die Homosexualität unterbringen. Und warum sollte das nicht gelegentlich mal vorkommen?

Ich denke es sollte in so vielen Fällen vorkommen in denen Menschen eben in der Realität an dem Ort an dem die Handlung spielt eben auch so sind. Wenn keine Hinweise darauf sind wo die Handlung spielt würde man vom Hauptabsatzmarkt (bei Büchern meist Herkunftsland bzw. Wohnland des Autors) ausgehen. Weil ja die Leser dann zuerst ihr Land reininterpretieren. Fände es aber eben auch nicht schlimm wenn der Autor 10x Hetero schreibt auch wenn es mehr als 10 Prozent Homosexuelle dort gibt und ruhig ein Hauptchar hätte Homosexuell sein können. Es ist eben noch Autors Freiheit. Und wenn er sich selber nich wohl dabei fühlt ist es seine Sache. Oft kann man die eigenen Sachen angenehmer und authentischer beschreiben - ohne viel weitere Recherche (die man für "Drumherum" was nicht so handlungsrelevant ist vielleicht nicht betreiben will).