@maniglo93
Die Figuren sind einfach da, ganz spontan, in Form eines Tagtraums. So fangen meine Geschichten eigentlich immer an. Ich stell mir Figuren vor und dann erzähle ich eine Geschichte über sie. Natürlich entscheide ich nicht aus einem Nichts heraus, wir alle haben unterschiedliche Vorlieben und wir werden von Menschen und Medien beeinflusst. Trotzdem kann ich dir selten exakt sagen, warum ich mich für genau diese eine Figur entschieden hab, doch ich kann dir sagen, warum ich es nicht tat: Aus wirtschaftlichen Gründen oder der Publicity wegen und ideologische Gründe spielen bei mir auch keine so große Rolle.

Die Statur einer Figur oder die Haarfarbe sind in einem Buch meistens auch nicht handlungsrelevant, müssten die Informationen dann nach deiner Argumentation nicht auch weggelassen werden? Die Leser wollen sich ein Bild von der Figur machen und der Autor möchte es den Lesern ermöglichen. Es spricht nichts dagegen, die Figur zu beschreiben, man muss ja nicht mal explizit die Hautfarbe erwähnen, oft sagt die Herkunft (davon ausgegangen, dass die Geschichte in einer realitätsnahen Welt spielt) ja schon einiges darüber aus. In einer Phantasiewelt wiederum kommt man sowieso nicht darum herum, die Völker zu beschreiben.

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Geht mein Film um einen Krieg im Mittelalter in Deutschland (Handlung), so ist die weiße Hautfarbe ohne viel Aufwand, fast sogar automatisch, in die Handlung eingeflossen. Geht es aber um eine futuristische Sicht der Welt, muss handlungsrelevant erklärt werden, weshalb solch eine Diversität besteht, sofern diese anders ist als die aktuelle.
Ich glaube, ich verstehe unter Handlungsrelevanz etwas anderes als du, aber ich hab eine Idee davon, was du meinst. Eine Phantasiewelt können wir so gestalten, wie wir wollen, praktisch jede Figur ist legitim. Spielt die Geschichte aber in unserer Welt, ist die Weltgestaltung im Ansatz vorgegeben. Doch je weiter wir zurückgehen, desto dürftiger ist die Quellenlage. Wir können nicht wirklich sagen, wie die Welt damals im Mittelalter aussah. Es ist aber wahrscheinlicher, dass zumindest die Metropolen damals weitaus diverser waren, als so mancher Verfechter der historichen Korrektheit es einem einreden will. Ein farbiger Protagonist in einem mittelalterlichen "Deutschland" verstößt nicht gegen das "Worldbuilding". Oder nehmen wir eine homosexuelle Figur. Schon immer war ein gewisser Prozentsatz der Bevölkerung homosexuell, deswegen ist ein homosexueller Protagonist praktisch automatisch legitim.

Ich bin schon der Meinung, dass die Qualität eines Mediums aus einem Zusammenspiel zwischen den Ansprüchen der Künstler und dem, was das Publikum mag, entsteht. Wirklich empirisch erfassen kann man sie aber nicht, dafür sind Ansprüche der Künstler und Geschmack des Publikums zu heterogen. Auf jeden Fall ist eine Entscheidung pro Diversität für viele Künstler auch eine Entscheidung für mehr Qualität und signifikante Teile des Publikums sehen das wohl auch so.

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Ich hoffe nicht, dass die Schauspieler abhängig davon ausgewählt werden, welche Gruppe sie Repräsentieren, wenn die Repräsentation unwichtig (nicht handlungsrelevant) für den Film ist.
Wenn die Hautfarbe einer Figur für die Handlung nicht relevant ist, dann ist es letztendlich künstlerische Freiheit, sich für eine zu entscheiden. Ganz allgemein gesehen ist jede Wahl legitim. Rassistisch bzw. diskriminierend wird es erst dann, wenn bestimmte Gruppen bewusst ausgeblendet werden.