Hier wird nicht geterrort
Zitat von Drakee
Meiner Meinung nach ist hilflos sein nicht unbedingt effektiv, es kann effektiver sein den Spieler abwägen zu lassen, ob er sich zutraut, den Gegner, dem er gerade begegnet ist, kaputtzukriegen. Ich finde, man muss in Horrorspielen auf keinen Fall unbedingt auf ein Kampfsystem verzichten, nur darf dadurch eine Bedrohung nicht annuliert werden oder lächerlich wirken.
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Mir geht es nich speziell darum, dass das Kampfsystem rausgeschmissen wird, sondern darum, dass der Spieler sich irgendwie auf Horror einlassen können muss und das Gameplay oft den Einstieg in den Horror nicht unterstützt und deshalb in vielen Spielen reduziert wird.Und Kampfsysteme sind, wenn sie existieren, häufig der Löwenanteil der Gameplayexperience.
Nehmen wir an, Haunting Ground hätte ein Kampfsystem.
Zitat
Ich meine einfach, dass es Gegner geben muss, denen der Spieler nicht gewachsen ist, vor allem darf der Spieler nicht wissen, ob der Gegner zu stark ist oder nicht, das heißt, dass es auch Gegner geben sollte, die man leicht kaputt kriegt. Es sollte einfach Gegner geben, die einen mit einem Schlag kaputt machen und selbst viele Schläge einstecken müssen, bevor sie sterben, und welche, die den Spieler verunsichern, welche Gegnerart jetzt nur besonders schnell kaputtzukriegen ist oder den Spieler instantly kaputtmacht.
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Da gibt es jetzt also Gegner, die leicht zu töten sind. Sobald der Spieler weiß, dass der Gegner leicht zu töten ist, weiß der Spieler beim zweiten Mal dass der Gegner keine Bedrohung mehr für ihn ist und brezelt ihn so oft wie möglich nieder, weil er weiß dass er dann abschnittsweise erstmal seine Ruhe hat. In RPGs sagt man verächtlich "Kanonenfuttergegner". Solche Gegner sind zum grinden und leveln da, aber beides kommt in Horrorspielen extrem selten vor - als Gegenbeispiel an der Stelle aber auch kurz Project Zero eingeworfen, da gibt es allerdings auch eine levelbare Waffe.
Was mach ich also als Entwickler eines Horrorspiels mit dem Gegner? Wegschmeißen und mir nen gruseligeren Ausdenken.Macht Haunting Ground ja auch - du rennst die ganze Zeit über vor dem ersten Gegner davon, triggerst ein paar inszenierte Events, die den Gegner zurückwerfen, aber nicht töten und hast irgendwann einen Bossfight mit deinem Widersacher, bei dem du eine Taktik entwickelst um ihn zu töten und ab dem Moment ist Schicht im Schacht, der eine Gegner verschwindet und der nächste Gegner taucht auf. Die Bossfights haben sie in Clock Tower 3 übrigens meiner Meinung nach ziemlich verhauen. Nicht nur dass dieser Magical Bow-Quatsch die Atmosphäre einfach mal derbe kaputt macht, sie verwandelt ein gutes Horrorspiel Abschnittsweise in einen Castlevaniaableger. Castlevania lehnt sich an vielen Stellen vielleicht an Gothic Horror an und das gefällt mir gut an der Reihe, aber das Spiel ist kein Horrorspiel und wird im Leben auch keins mehr.
Haunting Ground war schlauer: Statt dass sie dir direkt die Lebensleiste des Gegners an die Stirn pappen, dir die Axt in die Hand drücken und viel Spaß wünschen, bringen sie dich in die Situation dass du dein Hirn einschalten und hilflos und uner Stress selbst eine Lösung zusammenfriemeln musst. Die scheinbar ausweglose Situation, in dessen Gewinnfall der Gegner von der Bildfläche verschwindet ist ein guter Kniff, sowohl Gameplaytechnisch als auch Erzählerisch, weil der Gegner nach so einem Kampf sofort viel von seinem Horror und seinem Schrecken einbüst.
Zurück zum Kampfsystemszenario: Später kommt ein stärkerer Gegner, sagen wir mal Daniela aus Haunting Ground schaut vorbei. Der Spieler hat also seine Waffe und weiß, er kann Gegner damit umbolzen. Das heißt Daniela ist genau bis dahin gruselig, bis man eine Taktik gegen sie entwickelt hat. Jeder Tod bis dahin bringt den Spieler näher daran, den Controller wütend in die Ecke zu schmeißen und den Gegner nur noch Arschig und nicht gruselig zu finden. Das Schicksal hat ziemlich viele Gegner in The Evil Within ereilt, ein Spiel dass so krampfhaft versucht hat irgendwie gruselig sein zu wollen, dass man vergessen hat, dass man für ein KS wie in Resident Evil einen guten Kameraview braucht und nicht komische Balken unten und oben, die alles sind, aber nicht gameplayunterstützend.
Auch hier hat sich Haunting Ground was schlaueres ausgedacht, nämlich die Spiegel, mit denen du Daniela ablenken kannst - bis sie den Spiegel zerschlägt. Sie verbinden hierbei Gameplay und ihre Persönlichkeitsstörung zu einer guten, interessanten Mischung, die zu Atmosphäre und Gameplay ihr Quentchen beiträgt. Stärker als Dimitri ha, der Name lag mir auf der Zunge! ist sie auch nicht, sie ist nur anders. Der Spieler muss sich neue Tricks ausdenken um sie wieder Zeitweise loszuwerden. In ein Shootersystem übertragen würde man hier jetzt von der Pistole zur Shotgun umsteigen, oder den Gegner statt mit dem Baseballschläger mit der Kettensäge drangsalieren.
Ich glaube übrigens nicht, dass das gute Balancing die Gegner in Silent Hill so gut macht - Silent Hill ist einfach die Mutter aller fleischfarbenenekligengesichtslosenhumanoidenzombieblobs, die von sovielen Horrorspielen adaptiert wurden, wie Vampires Dawn Protagonist Valnar in der Makerszene. Sie sind surreal, ekelhaft und wenn man Silent Hill Wikis glauben schenken darf sogar Symbole für die Psyche des Protagonisten. Dieser "Deepe Shit" spricht mich persönlich sehr an, vielleicht weil die Psyche des Menschen etwas ist, womit sich schon immer hat gut arbeiten lassen und ich glaube nichts an komischen Horrorartsyspielen, die an sich schon Spaß machen, macht mehr Spaß, als zu interpretieren was zum Fick da eigentlich gerade los ist.
Das is wie immer alles nur mein Stück vom Kuchen, ich denke die Wahrheit liegt wie immer irgendwo in der Mitte, aber andere Perspektiven zu lesen ist immer interessant, und Interesse an anderen Meinungen zu zeigen, bringt einen vielleicht auf die Idee für das nächste, vielkopierte, unerreichbare Horrorspiel, das hier dann in einem halben Jahr zerlegt wird, weil das Spielprinzip vom Mainstream ausgesaugt wurde