Im Grunde genommen gar nicht. Horror ist weniger ein psychologischer effekt, als als vielmehr ein audio-visueller. Horror entsteht aus Wahrnehmung. Das Gehirn eines Menschen sucht in allen eingehenden Reizen stets nach Mustern. Je diffuser die eintreffenden Reize sind und desto ungenauer die Auswertung des Gehirn ausfällt, desto größer ist die Chance, das das Gehirn ebend Muster zu erkennen glaubt und sie falsch interpretiert. Befindet sich die Person dann in einer realen - oder eingebildeten - Gefahrensituation, entsteht Horror. Das Unwohlsein, dass Ziel jeder Horror-Atmosphäre ist, besteht letztlich darin, dem Spieler so weit wie möglich klar zu machen, dass er sich auf seine Wahrnehmung zur Gefahrenerkennung nicht verlassen kann. Sprich: Der Spieler muss so weit wie möglich verunsichert werden, dass es ihm zunehmend schwer fällt, den Unterschied zwischen realer Gefahr und einbildung zu interpretieren.
Deshalb sind Geräusche beim Horror auch so extrem Effektiv. Wir Menschen fixieren unsere Wahrnehmung zu fast 100% auf unsere Augen. Der Bereich, denn wir sehen, ist unsere "Wohlfühlzone", weil wir Gefahren dort am leichtesten erkennen und am schnellsten Identifizieren können. Da wir Geräusche aber aus einem 360° Winkel wahrnehmen, während unser Bewust wahrgenommenes Sichtfeld nur ca. 10-15° entspricht, liegen alle Geräuschquellen, die sich in einem ca. 340° großen Winkel, vor, neben und Hinter dem Spieler befinden, außerhalb seiner "Wohlfühlzone". Der Horror spielt also nicht mit der "Angst" als psychologischem Resultat, er Spielt mit der Wahrnehmung des Spielers und erzeugt dadurch Angst.
Das Ziel, beim entwurf eines Horroszenarios sollte also darin bestehen, den Spieler in ein Wechselbad aus erfüllten und durchbrochenen Erwartungen zu stürzen. Ich muss dem Spieler Muster anbieten, die sein Gehirn als mögliche Gefahr interpretieren kann, und solche, die er als nicht-Gefahr interpretieren kann. Wenn in der realität dann eine erwartete Nicht-Gefahr plötzlich in Gefahr umschlägt, während sich eine Bedroungssituation als absolut harmlos heraus stellt, ist die Atmosphäre eigentlich an sich perfekt. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob ich Zombie-Metzel-Horror oder eher psychological-Nightmare-Horror vor mir habe. Der Unterschied ist nur, dass die Bedrohung in ersterem Fall realer (im virtuellen sinne) Art ist, während sie im letzteren Fall eher auf mentaler Ebene existiert.
Das Problem bei dem Ganzen Konstrukt ist schlicht und einfach die "Willing suspension of Disbelief". Es gibt Menschen, die KÖNNEN sich auf ein Horror-Szenario einlassen und denen jagt jede Szene einen schauer über den Rücken, egal wie Virtuell sie ist. Und es gibt Menschen, die können das nicht. In letzterem Fall ist Kelvens Wunsch, die Zielgruppe zu erweitern, leider vergebens. Du kannst einem Menschen, der die Fähigkeit zum kompletten Abschalten der Außenwahrnehmung nicht hat, diese Fähigkeit nicht anerziehen. Du kannst diesen Effekt verstärken, indem der Spieler beispielsweise selber das Licht ausschaltet und seine eigene Wahrnemung nur noch auf den Monitor Fixiert, um den verbliebenen Bezug zur Realität zu verringern. Aber wo die Willing suspension of Disbelief einfach nicht vorhanden ist, da wird sie auch nicht vom Himmel fallen.
Meiner Ansicht nach ist das auch der Hauptgrund, warum sich der Horror in den letzten Jahren zunehgmend in richtung Action entwickelt. Personen ohne Willing suspension of Disbelief sind für Horror-Spiele keine geeignete Zielgruppe. Zum Erzeugen simpler "Spannung" ist diese allerdings nicht notwendig, da genügt es einfach schon, den Spieler mit einer unkontrollierbaren Gefahr und einem entsprechenden Schwierigkeitsgrad zu Konfrontieren... das "Unwohlsein" entsteht hier nicht als Resultat getäuschter Wahrnehmung und daraus resultierender Angst, sondern ist schlicht dem Wunsch geschuldet, den Game-Over-Screen zu meiden. Ein paar Zombies, Diffuses Licht und etwas Industrielärm, ergeben schon einen ganz Passablen "Shooter-Thriller". Echter Horror ist das zwar nicht mehr, aber es wirkt einfach bei mehr Leuten, wodurch der potentielle Konsumentenstamm größer ist.