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Thema: Was können Handlung und Charaktere in einem Horrorspiel leisten?

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  1. #1

    Was können Handlung und Charaktere in einem Horrorspiel leisten?

    Ursprünglich ging es in diesem Thread um eine andere inhaltliche Frage, aber ich hijacke ihn mal, damit ich nicht noch einen weiteren Thread aufmachen muss.

    Als ich mit den Testern von Desert Nightmare R über den Inhalt sprach, fing ich an, über die Titelfrage nachzudenken. Nicht, weil ich eine Ausrede für die Mängel suchte, die das Spiel sicher hat, sondern mehr aus der Neugier eines Entwicklers heraus. Ein "Man sollte von Horrorspielen nicht zu viel verlangen" gehört trotzdem mit dazu, aber das bedeutet nicht, dass es bei meinen Spielen nicht besser ginge. Ich möchte nicht über die schriftstellerische Leistung sprechen, sondern über die erzähltechnischen Einschränkungen.

    Meine Antwort auf die Titelfrage lautet: Erheblich weniger als Bücher oder Filme - im Allgemeinen zumindest. Je weniger Interaktivität es gibt (siehe interaktiver Film oder Visual Novel), desto eher lässt sich das Spiel auch mit einem Film (oder Buch) vergleichen. Ich geh aber mal von dem Fall aus, dass das Spiel zum großen Teil aus Gameplay besteht. Für mich steht außer Frage, dass die Handlung eines solchen Spieles schon aus Zeitgründen nicht mit der eines passiven Mediums auf einer Stufe stehen kann. Ein Film hat ca. 2 Stunden Zeit zum Erzählen, ein Buch sogar deutlich mehr. Man braucht immer Zeit, um eine Geschichte aufzubauen und um Charaktere zu formen. Es ist also mMn unausweichlich, dass Horrorspiele (und nicht nur die) ein Stück weit oberflächlich bleiben.

    Ich hab schon einige Horrorspiele gespielt, kommerzielle wie Indiespiele, und bei so gut wie keinem der Spiele sind Handlung und Charaktere wirklich DAS Verkaufsargument. Die Spielfiguren haben selten eine ausgeprägte Persönlichkeit. Meistens spielt man eher Avatar als Person. Die Figuren bauen zwar auf einem beliebten Archetyp auf ("der coole Cop" bei Resident Evil z. B.), aber viel mehr haben sie dann auch nicht zu bieten. Selbst dann, wenn sich die Geschichte um den Kampf mit den persönlichen Dämonen dreht, haben die Spielfiguren oft kaum eine Persönlichkeit. Bei James aus Silent Hill 2 beschränkt sich die Handlung beispielsweise auf die Aufklärung seiner Hintergründe. Lebendig wirken die Figuren trotzdem, aber das liegt vor allem am Voice Acting und der Gestik und Mimik. Die Nebenfiguren sind in Horrorspielen meistens schmückendes Beiwerk, auch dann, wenn sie direkt mit der Handlung zu tun haben. Es wird wenig mit ihnen gemacht. Meistens beschränkt sich das Spiel darauf, was sich wieder am Beispiel von Silent Hill 2 (Eddie und Angela) zeigen lässt, nach und nach die Hintergründe der Figuren aufzuklären. Und das alles ist vollkommen in Ordnung. Viel mehr als das können die Spiele aus der ihnen gegebenen Zeit gar nicht machen. Man darf ja nicht vergessen, dass die Spiele Action-Adventures oder andere stark auf das Gameplay setzende Genres sind. Selbst die Horror-Adventures, also Spiele ohne Action, die ich gespielt hab, haben nur ein Minimum an Handlung.

    Makerhorrorspiele sind schon ein wenig anders. Vielleicht kommt es daher, dass wir eher von Rollenspielen geprägt wurden oder wir orientieren uns an anderen Makerspielen, die ja in der Mehrzahl Rollenspiele sind. Es ist zumindest so, dass Makerhorrorspiele oft etwas mehr Handlung haben wollen als die Spiele von außerhalb. Ist das vielleicht der Grund für größere Erwartungen seitens der Spieler (oder sind es eher die Entwickler)? Trotzdem: etwas mehr heißt nicht viel mehr, auch die Makerspiele sind narrativ kaum ergiebiger als die anderen Spiele und das ist bei dem Genre wie ich finde kein Beinbruch. Ein Problem ist es nur dann, wenn die Makerhorrorspiele sagen "Wir wollen wegen der Geschichte gespielt werden", wenn das ganze Gameplay eigentlich gar keine Daseinsberechtigung hätte. Aber so sind die Spiele ja nicht aufgebaut. Ein Spötter könnte sie vielleicht einen faden Abklatsch der kommerziellen Spiele nennen oder sagen, dass die Spiele dabei scheitern, die Mechanismen der Vorbilder zu adaptieren, doch selbst er wird nicht abstreiten können, dass die Spiele nichts anderes sein wollen.

    Wie seht ihr das? Wie viel leisten Horrorspiele (kommerziell wie Indie) in puncto Handlung und Charaktere und wie viel müssen sie leisten?

    ***
    Alte Frage: Welcher Horror macht ein Spiel unheimlich?

    Geändert von Kelven (09.12.2015 um 09:53 Uhr)

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