Hallöle,

ewig nimmer hier gewesen ...
Ich hab die SKS nie gespielt gehabt, weil ich kein Fan davon bin, Demos zu zocken. Erfahrungsgemäß wird ja mindestens jedes 2.te vielversprechende RPG Maker Game gecancelt und nach
Age (?) of Eternity und Auroras Tear war ich nicht mehr bereit, noch mehr Leid zu ertragen.

Ich hab das Spiel jetzt ca. eine dreiviertel bis eine Stunde gespielt und möchte gerne einen Ersteindruck abgeben:

Was ich sehr schön finde, ist die Liebe zum Detail. Als Makerer (nagut eigtl. ehemaliger) weiß man um die Mühe dahinter, zehntausend+ Posen zu pixeln und diese einzubinden. Es wirkt alles sehr lebendig im Vergleich zu vielen Makergames, wo man das Gefühl hat, man laufe durch eine Welt aus Eis.
Auch das Intro hat mich gleich sehr überzeugt. Man merkt einfach in jedem Stück des Spiels, dass da UNENDLICH viel Arbeit drinsteckt. Gleichzeitig gefällt es mir, dass es nirgens over the edge ist. Im Sinne dieser neuartigen Motivation, dass RPG's nicht mehr Retro aussehen müssen, sondern den Ansprüchen der Gegenwart genügen sollen.

Sehr schön finde ich auch die vielen Systeme, die Fertigkeiten (Schlösserknacken u.ä.), welche, erfahrungsgemäß, auch sehr viel Arbeit machen, sie zu implentieren.

Zu meinem nächsten Kritikpunkt will ich vorneweg sagen, dass ich selbst DSA Spieler bin (nachdem ihr viel Musik daraus verwendet, denke ich, kennt ihr diese wundervollen DOS-Spiele auch). D.h. ich bin es gewohnt, viele NPC's durchzuquatschen, viel Text zu lesen, Götterkulte, viel Background blablabla.

Euer Spiel ist mir leider ZU textlastig. Ich finde, es ist eine nette Idee, teilweise nonverbale Handlungen in Textform zu fassen. Es ist sehr schön, dass fast jeder Gegenstand "ansprechbar" ist. Aber als Spieler fühle ich mich von einer Informationsflut erdrückt.

- ewig viele NPC's, die einen alle zulabern und mit Hintergrundinfos spammen; das kann sich niemals wer behalten
- ewig viele Anmerkungen der Charaktere über verschiedenste Hintergrundinfos der Welt

-> Es ist sehr atmosphärisch, aber in der Literatur nennt man sowas Infodumb.
Man hat stellenweise das Gefühl, dass ihr diese wundervolle Welt in euren Köpfen, unbedingt an den Mann bringen wollt. Da verliert sich der Mainplot ein wenig darin und das raubt Motivation. Denn faktisch bin ich zzt. ein Rekrut, der sich in der Kaserne irgendwie die Zeit vertreiben will und deswegen massig Leute anquatscht - evtl.. um Sidequests zu erhaschen. Es fehlt der Antrieb, die große Spannung, was als Nächstes kommt. Das Einzige, was "spannend" ist, ist dass die Welt des Helden davor steht, eingenommen zu werden. Das interessiert mich aber erst, wenn ich mich mit dem Helden identifiziere, mir sein Überleben wichtig ist. Und damit kommen wir zum nächsten Knackpunkt:

- eine Party voller Nonames.
Ich habe den Prota noch kaum kennengelernt und laufe schon mit vier Charakteren rum. Woran erkenne ich, dass das für mich bisher alles Typen sind, mit denen ich nichts verbinde? Ich habe mir nicht einmal ihre Namen gemerkt.
Den des Hauptcharakters schon, aber! hier hakt euer sehr variables System, dass dem Spieler viel Auswahl überlässt, mit der Charakteridentifizierung:

Ich entscheide, was er tut. Ich kann völlig frei entscheiden, ob er klaut oder nicht, ob er haut oder nicht. Der Charakter selbst hat wenig Ecken und Kanten - die verpasse ich ihm. Das ist toll für DSA, wo es WIRKLICH nur um die Story geht und die Helden nur Platzhalter sind, die ich steuere. In einem RPG dieser Art stört mich sowas.

- Ein technischer Kritikpunkt. So toll ich die tausendundeins Systeme finde; das mag jetzt sehr subjektiv sein: Es ist mir zuviel. Ihr bemüht euch zwar, alles zu erklären, aber allein das Klicken auf ESC haut mich um. Ich liebe die Einfachheit, die solche RPG's normalerweise intus haben. Für eures muss man sich echt Muße nehmen, um es zu durchschauen und nicht wild einfach irgendwas zu skillen, ...

- Eine letzte Störung: Die Sprache. Ich finde es gut, wenn man diese ein wenig "mittelalterisiert", um einen gewissen Flair zu erzeugen. Ein BISSCHEN. Dadurch versteht jeder, 'Okay, die sind in einer Zeit, wo man noch keine Begriffe wie cool, geil oder sonst was verwendet'.
Eure Dialoge sind teilweise schon so stark mit diesem aufgezwungenen Flair versetzt, dass es mühsam ist, sie zu lesen. Das nervt teilweise tierisch, wenn die hochgeschwollen daherreden, während die Helden bspw. unter sich sind (!). Ich rede auch ein bisschen gestelzter mit meinem Vorgesetzten beispielsweise; bei denen scheint aber jeder Bekannte eine Respektsperson im sprachlichen Sinne zu sein. Mag zur Kultur des von euch erstellten Volkes passen, aber es trägt nicht unbedingt zum Spielspaß bei.
Der Herr Generel/Kriegsherr/whatever schafft es ja nebenbei auch - und das sehr amüsant - mittelalterlich zu sprechen, ohne, dass es so schwer verständlich klingt.

Nochmal kurz zusammengefasst:
+ großen Respekt für diese Mörderleistung
+ sehr detailreiche Welt/ grafische Gestaltung
+ unheimliche Atmosphäre
+ interessante, aufwendige Systeme

- teilweise überdichte Atmosphäre/ Infodumb
- kein Plotstrang erkennbar
- übertechnisierte komplizierte Spielmechanik
- bisher keine Identifizierung mit Charakteren möglich

Ich weiß, dass ist alles wenig hilfreich für eine VV und das Spiel kommt ohnehin ja super an; aber ich wollte eurer Mühe mal Respekt zollen, indem ich euch etwas zurückgebe - in Form meiner hoffentlich konstruktiven Meinung.

LG

Bambi