Nichts für ungut, Leute aber ihr verrent euch hier grade total.
Alleine die Komplexitäts-Diskussion lässt mich ernsthaft daran zweifeln, wer von euch sich eigentlich wirklich Gedanken macht, was er hier schreibt und wer nur versucht, eine Sichtweise zu kritisieren - oder zu entwerten - die er selber nicht vestanden hat.
Komplexität bei Figuren ist Blödsinn. Komplexität bedeutet, dass verschiedene Mechanismen ineinander greifen, sich gegenseitig beeinflussen und damit im Gamzen ein mehr oder minder anspruchsvolles System bilden. Geschichten können Komplex sein, wenn sie verschiedene Handlungsstränge und unvorhersehbare Wendungen in sich vereinen. Spielsysteme können komplex sein, wenn sie auf verschiedenen Regeln basieren.
Aber Figuren DÜRFEN nicht komplex sein, weil Komplexität immer zu einem gewissen grad zu „Undurchschaubarkeit“ führt und genau die WILL man als Entwickler bei seinen Figuren nicht haben!
Ganz im Gegenteil. Ein Mystery-Man in einer Story ist Ok. Aber grundsätzlich will man dem Spieler so schnell wie möglich so viele Informationen wie nötig geben, damit die handelnden Figuren das Profil bekommen, das sie brauchen, um glaubhaft zu sein. Und je komplexer eine Figur ist, desto mehr informationen würde der Spieler brauchen, um ihre Motive zu verstehen.
Das heißt nicht, dass die Figuren in einer Geschichte keine geheimnisse haben dürfen (Wissen /= Bedürfniss!).
Nehmen wir als beispiel einfach mal Auron aus FFX. Auron war der große Mystery-man der handlung, der rätselhafte und geheimnissumwobene kriger. Trotzdem hat Auron von Anfang an nie einen hel daraus gemacht, warum er mit Tidus zusammen war. Tatsächlich kam diese Enthüllung - das Versprechen gegenüber Jekkt - sogar sehr früh im Spiel. Wenn ich nachdenke, fällt mir auch tatsächlich kein einziger Charakter aus kommerziellen Spielen oder filmen ein, der seine motive über einen längeren zeitraum verborgen gehalten hat.
Viele charaktere hatten ein finsteres geheimniss, andere haben ihre Absicht im verlauf der handlung schlagartig geändert, aber die eigene Motivation aus "dramatik" Gründen zu verschweigen, passiert in kommerziellen Storys eigentlich nie.
Zurück zur Komplexität:
Menschen sind per definition nicht komplex. Wir sind total einfach gestrickt. Es gibt eine begrenzte Anzahl an Trieben und Bedürfnissen deren Erfüllung uns antreibt und das wars. Unser Charakter, unser Selbstbewustsein und unser moralisches Empfinden bestimmen, auf welchem Weg, wie intensiv und mit welchem Mitteln wir die Erfüllung unserer Bedürfnisse vorrantreiben. Ist die Erfüllung eines Bedürfnisses mit zu viel Aufwand oder zu hohen Risiken verbunden,verzichten wir üblicherweise darauf.
„Tiefe“ beim Charakterdesign bedeutet also nicht, einem Charakter möglichst viele seltsame Eigenschaften zu geben, damit er möglichst „Komplex“ wird. Es bedeutet auch nicht,auf Klischees oder Stereotypen zu verzichten und nach möglichkeit das rad neu zu erfinden. Das ist alles Bullshit.
Charaktertiefe bedeutet, möglichst viele Facetten des Mensch-seins in dem Charakter zu vereinen. Zu verstehen, welche Bedürfnisse ein Charakter hat, und wie - beziehungsweise Ob - er versucht, sie zu befriedigen. Das gilt auch fürBedürfnisse, die nicht unbedingt zur Handlung gehören, denn dadurch wird der Charakter Runder und damit für den Konsumenten glaubhaft (und seine Handlungen nachvollziehbar).
Wenn ich mir einen Charakter ausdenke, dann konzentriere ich mich bei der Detailarbeit nicht auf sonst welche irren Konstrukte, sondern auf ganz banale sache wie das lieblingsgericht oder die bevorzugte Stellung beim Sex. Für das Spiel sind diese Dinge total wertlos, aber sie formen ein Bild, das zum Beispiel sagt, ob ein Charakter auf seine Gesundheit achtet, oder in zwischenmenschlichen Beziehungen eher dominant oder devot ist. Und diese Dinge helfen mir letztlich, Charaktere in Dialogen anders reagieren zu lassen, als es andere Charaktere tun würden. Es fällt mir als Autor leichter, einzelnce Charaktere spezifisch agieren und reagieren zu lassen, wenn ich weiß, wie sie ihr leben führen.
Diese Facetten und Bedürfnisse sind es dann letztlich auch, die es möglich machen, charaktere voneinander zu unterscheiden und jeden von ihnen einzigartig zu machen. Wenn ich als Entwickler weiß, was einen Charakter antreibt, dann kann ich auch besser darüber sinieren, welche wege er gehen wird, um zu seinem Ziel zu kommen.
Ein Charakter, der einen Großteil der menschlichen Bedürfnisse GLAUBHAFT illustriert, währe einfach mal absolut Bombe! Das wäre ein unglaublich simples, aber nichts desto trotz sehr glaubhaftes Charakterdesign. Aber das kriegen Makerspiele einfach nicht hin! Makerspiele verrennen sich in Jahrhundertelangen Vorgeschichten und können mir sagen, wie die ominöse Halbschwester des Ur-Ur-Ur-Ur-Großvaters des Protagonisten hieß, die zufälligerweise ein Vampir war.
Aber wenn es darum geht, mir als Spieler klar zu machen, warum ausgerechnet der kleiner Bauernjunge Alfred, der kaum Papa's Axt halten kann, sich plötzlich berufen fühlt, die Welt zu retten, dann versagen sie und versuchen, sich mit hochtrabenden Begriffen wie Loyalität (Wem gegenüber?), Pflichtgefühl (Woher stammt das?) oder Ehre (Nutzloser begriff, da total schwammig) herrauszureden, weil dem Autor ein klares Bild von seiner Figur einfach fehlt.
Einmal ganz rational betrachtet: Welcher Grund besteht denn, Achim zu einem tadellosen Gutmenschen zu stilisieren, wenn der im Kerker auf rettung wartende Papa nicht nur als motiv um vieles glaubhafter ist, sondern die handlung an sich auch viel spannender macht?
Kelven sprach in einem der vorhergehenden Postings an, dass er den Grund für das zusammenbleiben vieler RPG-partys in der „Freundschaft“ sieht. Aber wo genau kommt diese Freundschaft her? Ich habe auch viele Freunde, aber trotzdem würde ich kaum einem davon mein Leben anvertrauen.
Und dann haben wir da Charakter X, der urplötzlich und aus heiterem Himmel für den Protagonisten, den er drei Tage vorher kennen gelernt hat, in den Tod gehen würde? Warum tut er das?
Wenn Freundschaft als Motiv funktionieren soll, dann muss diese durch zwischenmenschliche Interaktionen verdeutlicht werden. In vielen Maker-RPG's wechseln die Partymitglieder kaum 3 Worte miteinander, die sich nicht auf den Main-Plot beziehen. Damit bringt man Freundschaft als Motiv nicht glaubhaft rüber.
Hier wurde die vermeintliche Nicht-Komplexität von JRPG-Charakteren Angeführt. Und ja, das ist so. Weder Zidane aus FF9 noch Vivi sind als Charaktere sonderlich komplex. Aber man muss sich nur die Interaktionen zwischen Zidane und Vivi ansehen und weiß sofort, warum Vivi bis zum Ende dabei bleibt.
Zu FF9 gab es ellenlange Diskussionen darüber, dass Mahagon eben trotz dieser fehlenden Bande teil der Gruppe war. In makerspielen sind 99% aller Gruppen so aufgebaut, das keine Bande zwischen den Mitgliedern bestehen.
Das Problem, dass es in Maker-RPG's überwiegend „flache“ Charaktere gibt, ist nicht, dass Maker-Autoren es einfach nicht drauf haben, irgendwelche „komplexen“ Charakterzüge zu entwerfen. Das Problem ist, dass die meisten von uns keine 3 Gedankengänge darauf verwenden, ihre Helden auf sozialer und emotionaler Ebene untereinander - und mit der Welt in der sie existieren - zu verweben.
Cloud wollte die Welt retten, weil er eine rechnung mit Sephiroth zu begleichen hatte. Squall, weil er endlich die Liebe kennen gelernt hatte, und Adell sie ihm wieder wegnehmen wollte. Zidane, weil er Kuja zuletzt als seinen bösen „Zwillingsbruder“ akzeptiert hatte, der aufgehalten werden musste. Tidus, weil er wusste, dass es die einzige Chance war, Yuna das leben zu retten. Und Ashe, weil sie nicht akzeptieren wollte, dass das geschick der Welt von Göttern gesteuert wird.
Jeder dieser Charaktere hatte eine persönliche, ganz egoistische Motivation. KEINER von ihnen ist einfach nur deshalb losgezogen, weil er bedingungslos „gut“ gewesen ist. Aber genau das fehlt Maker-RPGs einfach zu oft.
Das Verständniss für das menschliche Wesen. Der Versuch, die Handlungen der Akteure als Resultat ihrer menschlichen Bedürfnisse darzustellen. Und selbst wenn das zugrundeliegende Bedürfniss TATSÄCHLICH einfach nur „Harmonie“ lautet – was durchaus möglich ist – kann man damit viel mehr anstellen, als Achim einfach Papa's Axt vor die Füße zu werfen und ihn damit losziehen zu lassen um das böse Imperium zu zerstören … nur weil der Imperator auf den Thron von Achims König gefurzt hat.
Das Nicht-Komplexe Charaktere eindimensional sind, oder eindimensionale Charaktere sympatischer sind, als solche mit Charaktertiefe ist also schlicht nicht wahr. Was aber wahr ist, ist das, Tiefe schlicht keine Komplexität erfordert.
Sie erfordert lediglich, dass man menschliche Denk- und handelsweisen verstehen und analysieren kann. Und auch wenn ich mich wiederhole … aber eine Grundausbildung in moderner belletristik vermittelt unter anderem genau dieses Wisses.
Sorry, aber das ist blödsinn. Es gibt keine objektive definition von „Gut“ und „Böse“, das hängt immer vom persönlichen Standpunkt ab. Einen ultimativen Zustand „Böse“, der im sprachenlichen konsens einen unumstößlich definierbaren Zustand beschreibt, existiert nicht.Zitat von Liferipper
Ein Charakter kann von einem Menschen als gut, und vom anderen als böse empfunden werden. Da besteht keinerlei wiederspruch. Böse ist kein ultimatives Naturgesetzt, es ist das subjektive empfinden einer handlungsweise, die auf verschiedenen Charaktereigenschaften wie z.B. Egoismus beruht, die nach moralischen oder ethischen Gesichtspunkten als negativ gelten.
Wenn Kind A Kind B das Spielzeug weg nimmt, und Kind B Kind A dafür auf die Nase haut, wer ist das Böse?
Aus sicht von B war A böse, und B hat sich nur gewehrt, aus sicht von A war B Böse, weil seine reaktion unangemessen gewalttätig war. Aus Sicht der Eltern von A waren beide Kinder ungezogen, weil sie sich unmöglich benommen haben und aus Sicht der Eltern von B war das Verhalten beider Kinder in Ordnung, weil sie nunmal Kinder sind.
Also, wer ist in der geschichte nun der Bösewicht? A? B? Beide? Oder Keiner?
Dein versuch, zu hinterfragen, ob ein bestimmter Charakter wirklich „böse“ ist, ist imGrund nichts anderes, als die erkentniss, das es „wirklich Böse“ einfach nicht gibt – und damit stützt du schnorros meinung letztlich sogar. Ein Partymitglied, das vom Protagonisten, oder Spieler, als Böse empfunden wird, ist absolut möglich. Dem steht keinerlei „sprachlicher Konsenz“ im Weg.







					
					
					
						
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