Sorry, aber den Gedankengang verstehe ich gerade nicht.
Wenn du eine Figur unsympathisch findest, woher nimmst du, dass sie sympathisch sein soll? Angenommen, es geht um eine Figur, die man offensichtlich mögen soll (Hauptcharaker bspw.), aber diese Wirkung wird bei dir nicht erreicht: Wie kannst du es dann noch "gut gescrieben" finden? Angenommen, es wäre handwerklich alles sauber, und jedem außer dir sagt die Figur voll und ganz zu: Wenn du bereit bist, anzuerkennen, dass die Figur gut geschrieben ist, aber dir nicht zusagt, musst du das dennoch an etwas festmachen. Entweder ist dieses Etwas so persönlich, dass du es gar nicht erst zur Sprache bringst und dich in deinem Urteil auch nicht weiter davon beeinflussen lässt (was für ein Urteil fällst du sonst?), oder es ist ein sich dir enthüllendes Moment, von dem du annehmen kannst, dass es für andere auch erkennbar ist.
Entweder sagst du, dass eine Figur ganz objektiv gesehen schlecht ist, weil du daran etwas findest, dass dir, als kritischer Betrachter, nicht gefällt, von dem du meinst, es müsse (generell und unumstritten) ander sein, oder du klammerst das, was dir persönlich als womöglich einzigem auf der Welt nicht gefällt, aus, weil sonst dein Urteil keine Bedeutung für andere hätte, vor allem nicht für den, an den du es richtest. In letzterem Fall könntest du dir die Mühe ja eigentlich auch sparen, überhaupt was zu sagen.
Denn wozu kritisierst du überhaupt? Ich unterstelle dir einfach mal, dass du kritisierst, weil du konstruktiv sein willst, Schwächen aufzeigst wo du sei erkennst, damit derjenige, den du kritisierst, etwas davon hat. Aber du nennst diese Schwächen ja nicht kleinlaut "Dinge, die mir persönlich nicht so gefallen haben, aber die andere bestimmt super finden". Wenn du sie so nennst, wie sollte es dem anderen auch weiterhelfen? Welche Qualität hätte so ein Urteil denn? Warum sollte er sich an dem, was du sagst, orientieren statt auf die hundert anderen zu hören, die es super finden, deren Lobhudelei dir allerdings zunehmend auf die Nerven geht, weil du in ihren Applaus nicht einstimmen möchtest und kannst?
Wenn ich etwas für problematisch halte, dann tu ich das ja nicht leichtfertig, Ich frage mich ja auch, ob ich nicht zu streng bin, und außer Acht lasse, dass es vielleicht gar nicht so störend ist, wenn man nicht so genau darauf achtet. Ich frage mich ja selbst, was genau mich an etwas stört, warum ich es überhaupt ansprechen würde als einen Kritikpunkt. Und wieso sollte ich davon ausgehen, dass andere dies nicht ähnlich sehen könnten?
Wie überhaupt soll denn über die Güte von irgendwas sinnvoll geredet werden, wenn es niemals allgemeingültige Maßstäbe geben kann? Der Threadtitel impliziert doch, dass es so einen Begriff wie "schlecht" gibt. Es ist doch inkonsistent, einerseits anzunehmen, dass Charaktere schlecht sein können, und andererseits dieses schlechte immer als "relativ" zu behandeln. Wenn es immer nur relativ schlecht ist, dann ist es von anderer Seite betrachtet auch immer relativ gut: So lange es noch "schlechtere" Charaktere gibt, sind die betrachteten schlechten noch ganz ordentlich. Soll es darauf hinauslaufen, dass "die Mehrheit" sagt, was gut oder schlecht ist? Ok, vielleicht ist das annehmbar und praktikabel, aber die Mehrheit hat ja auch nicht automatisch recht. Vielleicht aus ökonomischer Sicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand so leidenschaftslos und selbstlos ist, dass er alles hinnimmt und akzeptiert und für gut befindet, was erfolgreich ist und von jedem angenommen wird. Ganz besonders als Entwickler muss man doch einen Anspruch haben, was gut und was schlecht ist, das ist doch der erste Maßstab für die eigene Arbeit, wenn auch im Nachhinein vielleicht nicht der wichtigste (je nachdem, für wen man arbeitet).
Ich verstehe zwar, dass es anmaßend erscheint, wenn jemand von seiner Meinung den Anspruch hat, sie sollte allgemeine Gültigkeit besitzen, und niemand möchte bewusst arrogant sein. Das ist ja auch gut so. Aber es hat nicht automatisch mit Arroganz zu tun, wenn man sich selbst ernst nimmt. Was einem selbst nicht gefällt, gefällt einem i.d.R. aus guten Gründen nicht. Und diesen Gründen sollte man selbst eine Bedeutung beimessen, und nicht annehmen, dass sie für niemanden nachvollziebar sind oder für andere keine Gültigkeit haben (können).