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Deus
Sind unsere Figuren zu schlecht?
Im Thread über starke weibliche Figuren wurde gesagt, dass die Figuren aus unseren Spielen alle nicht so toll wären. Ich möchte in diesem Thread zunächst mal schauen, ob die anderen Spieler und Entwickler das genauso sehen und falls ja, darüber sprechen, warum die Charaktere so schwach sind.
Ein paar Fragen:
Wie zufrieden seid ihr mit den Charakteren?
Falls ihr nicht zufrieden seid: Was fehlt den Charakteren, das die Figuren aus anderen Spielen, Filmen, Büchern usw. haben? Oder anders gefragt, was brauchen Charaktere, um euch zu gefallen?
Für die Entwickler: Für wie gut haltet ihr eure eigenen Figuren?
Für die Entwickler: Welche Mittel setzt ihr ein, um eure Charaktere rüberzubringen?
***
Ich bin mit den Figuren nicht so wirklich zufrieden. Meistens sind sich die Persönlichkeiten viel zu ähnlich bzw. oft haben die Charaktere nicht mal auffällige Persönlichkeitsmerkmale. Ich bin allerdings wie gesagt einer von denen, die Sympathie über alles stellen. Charaktere müssen nicht vielschichtig sein oder Tiefgang haben, sie sind für mich dann interessant, wenn ich sie sympathisch finde. Die Figuren aus Maker-Spielen sind zwar nicht unbedingt unsympathisch, sonst würde ich die Spiele gar nicht spielen, aber eben auch nicht sympathisch. Was ist also das Problem?
- der Maker-Entwickler hat nur eingeschränkte Mittel zur Verfügung, um die Figuren zum Leben zu erwecken. Gestik und Mimik sind auf ein Minimum beschränkt und die Dialoge sind nicht synchronisiert. Natürlich ist mir bewusst, dass Bücher ohne diese ganzen Mittel auskommen und trotzdem funktionieren, aber Spiele sind am Ende mehr Film als Buch.
- die ganzen Story-Diskussionen haben die Entwickler negativ beeinflusst. Das sage ich ja immer wieder, auch wenn es reine Spekulation ist. Anspruchsvolle Figuren; keine Klischees; am besten jeden Satz auf Plotholes abklopfen; möglichst viel erklären, selbst wenn die Dialoge dabei unnatürlich klingen; schriftstellerische Tutorials. Wenn man zu viel grübelt und infrage stellt, wenn man es jedem Recht machen will, dann kommen am Ende seelenlose Figuren heraus.
- Figuren werden selten überzeichnet. Es ist kein Wunder, dass gerade real Trolls Charaktere einem in Erinnerung bleiben. Klar, die Spiele sind Persiflagen, man kann nicht jede Figur so überzeichnet darstellen, doch mir geht's jetzt nur um das Konzept allgemein. Gerade die JRPGs, die ja von vielen als Vorbilder genannt werden, haben meistens überzeichnete Figuren.
- das Zwischenmenschliche bleibt oft auf der Strecke. Viele Spiele haben Liebesgeschichten, aber die sind oberflächlich und klingen eher nach "Ich baue die ein, weil andere Spiel die auch habe". Viele Figuren haben eine obligatorische tragische Vergangenheit, aber die ist eigentlich nur dazu da, um sie in einem Rückblick zu zeigen, damit man mal was zu erklären hat, anstatt sie für die Entwicklung der Figurn zu nutzen. Menschelnde Dialoge zwischen den Figuren kommen auch zu kurz, es geht meistens nur um die Aufgabe.
Orientieren sich die Maker-Entwickler vielleicht nur an den falschen Vorbildern? Wer weiß, man sollte sich zumindest darüber Gedanken machen, in welche Richtung die Geschichte ungefähr gehen soll. Meistens hat man Geschichten, die man mag, und man möchte dann etwas ähnliches schreiben. Also liegt es nahe, sich am Stil der Vorlage zu orientieren.
Aber nochmal zu den Vorbildern. Es ist ja nicht so, dass die Figuren aus kommerziellen Spielen immer überzeugen. Bei Skyrim sind sich die Charaktere alle auch ziemlich ähnlich und blass, da gibt es kaum jemanden, der mir in Erinnerung geblieben ist. Höchstens ein paar der Daedra und die sind eben besonders überzeichnet. Bei Grandia und Skies of Arcadia hat wiederum eine einzige Szene gereicht (die erste), um die Charaktere toll zu finden. Bei der Silent-Hill-Reihe ist mir dann aufgefallen, dass ich da eigentlich keinen Charakter besonders sympathisch finde. So richtig zur Geltung kommen die Persönlichkeiten sowieso nicht, selbst bei Teil 2 nicht, der ja immer wegen der Handlung gelobt wird. Hat James wirklich eine Persönlichkeit oder definiert er sich nur durch seine Vergangenheit?
Nun zu meinen eigenen Spielen. Das ist natürlich immer etwas gefährlich, weil einige nur darauf warten, dass man sich arrogant über andere stellt.
Dabei ist es gar nicht so unwahrscheinlich, dass man genau die Fehler macht, die man anderen vorhält. Menschen sind wie gesagt paradox. Wie dem auch sei, ich halte die Figuren meiner neueren Spiele schon für gut, sie sind nicht perfekt, aber gut. Trotzdem frage ich mich nach jedem Spiel, ob ich nicht noch mehr auf sie hätte eingehen sollen und manche Entscheidungen waren im Nachhinein betrachtet nicht so toll, z. B. dass ich bei Urban Nightmare so viel auf innere Monologe gesetzt hab, die aber leider nicht die gleiche Wirkung wie der personale Erzähler eines Buches haben. Hier zeigt sich dann der oben angesprochene Einfluss der Community-Diskussionen. Oft wird an Horrorspielen kritisiert, dass die Figuren nicht menschlich auf das Geschehen reagieren (was sie bei kommerziellen Spielen übrigens auch nicht tun), aber wenn man versucht, die Gefühle zu gekünstelt zu zeigen, dann geht das in die Hose.
Leider kenne ich kein Patentrezept, wie man einen Charakter sympathisch erscheinen lässt. Sympathie ist zwar sehr subjektiv, aber trotzdem wird es Merkmale geben, die bei einer größeren Gruppe besser ankommen als andere. Ich schreibe immer sehr intuitiv, deswegen kann ich nicht so viel über die Mittel erzählen. Neben den Dialogen halte ich aber Animationen für wichtig. Bewegung verleiht den Figuren Leben.
Geändert von Kelven (09.08.2014 um 15:26 Uhr)
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