„Schwäche ist etwas Großes und Stärke gering.Zitat
Wenn ein Mensch geboren wird, ist er schwach und biegsam, wenn er stirbt, ist er fest und hart. Wenn ein Baum wächst, ist er zart und biegsam, aber wenn er trocken und starr wird, stirbt er.
Härte und Stärke sind Gefährten des Todes, Biegsamkeit und Schwäche bekunden die Frische des Seins. Deshalb kann nicht siegen, was stark und verhärtet ist.“
Lao-Tse im Daodejing
(Ich weiß, dass du hier geringfügig unterschiedliche Definitionen von Schwäche vorliegen, aber ich glaube ist ein Fehler die vorherrschende gesellschaftliche negative Bewertung solcher Begriffe einfach zu übernehmen.)
Ich glaube hierin liegt eines der Grundprobleme solcher Diskussionen und des Begriffs des Feminismus. Feminismus wird zum Großteil im alltäglichen Sprachgebrauch immer noch mit dem reinen Kampf für die Rechte der Frauen gegenüber den überlegenen Männern begriffen. Ich will nicht sagen, dass dieser Sexismus nicht mehr existiert, aber er ist sehr viel komplizierter geworden. In unserer westlichen Gesellschaft, wie auch immer man die genau abgrenzen will, funktioniert die Diskriminierung anhand des Geschlechts in der Breite einfach nicht mehr so wie noch vor 50 Jahren. Ungleichberechtigung aufgrund des Geschlechts ist mittlerweile ein Problem in viele Richtungen und findet zum Großteil auf sehr viel subtileren Ebenen statt als nichtsnutzigen Eheweibern kann man ruhig eine zimmern. Gleichzeitig hat sich eben auch vieles in rasanter Geschwindigkeit zum Guten verändert, sodass die häufig eben speziell in Frauen werden unterdrückt Richtung gerichtete Geschlechterdiskussion einfach nicht mehr wirken als wären sie an einer Wirklichkeit ausgerichtet, die diese zum Teil haarkleine ausdifferenzieren selbst des Sprachschatzes nötig erscheinen ließe.Zitat
Um mal den Bogen weg von diesen gesellschaftlichen Diskussionen und zurück zum eigentlich interessanten zu kommen, nämlich Makergames, will ich nochmal kurz auf eine Frage genauer eingehen, die Kelven hier öfter wiederholt hat: Werden Frauen in Makergames in der Breite als Beiwerk zum männlichen Anführer betrachtet, sind sie unterrepräsentiert und werden sie auf klischeebehafteter, sexualisierter Zusatz eingebaut.
Ich will gar nicht genau auf jedes einzelnen Werk eingehen (da würde sich das Bild das ich momentan gewinne zumindest bei den von mir gespielten noch verstärken), sondern hab einfach mal geguckt wie die Hauptrollen in den neueren Spielen die ich gezockt hab aussehen:
Ich hab mal durch die Spiele auf Steam und die Vorstellungen von zwei englischen Communities geschaut und da ergibt sich, soweit von den Präsentationen erkennbar ein sehr ähnliches Bild, unabhängig vom Genre. Ich seh einfach nicht wie man eine der oben gestellten Fragen hier noch mit „ja“ beantworten könnte bzw. das der Geschlechterdiskurs wirklich eine Notwendigkeit in der Breite hätte.
Edit: Wobei ich mir schon vorstellen kann, das dies vor einigen Jahren noch anders aussah.
Ich glaube irgendwo wurde auch die Frage gestellt ob es Spieler überhaupt annehmen würden, wenn man geschlechterspezifische Tropen auf das andere Geschlecht anwendet und ich würde sagen, ja. Eine interessante Figur in der sich viele angesprochene Dinge akkumulieren ist z.B. Inno aus IRdH, mal abgesehen davon, dass sie gleichzeitig die Rollen der Hausfrau und Mutter und einer unabhängigen Abenteurerin besetzt, macht es in der Geschichte vollkommen Sinn, dem männlichen Cast aufgrund ihres Vampirdaseins in Sachen körperlicher Stärke haushoch überlegen ist. Zudem definiert sich ihr Liebhaber Stalker-san (ich hab seinen Namen vergessen) maßgeblich über seine Beziehung zu ihr und wie es auch manchmal funktionieren kann, das sich ein weiblicher Char zu einem Großteil über seine Beziehung zu einem männlichen definieren kann, funktioniert dies hier auch umgekehrt.
@IronChef
Glaubst du denn, dass Lao-Tse überhaupt charakterliche Schwäche und Stärke meinte? Außerdem ist ein junger Baum stärker als ein toter, so ganz klappt das mit der Metapher nicht. Und die Totenstarre hält auch nicht ewig, danach wird der Mensch wieder weich! Du weißt sicher worauf ich hinaus will.
Unsichere oder sozial unbedarfte Menschen sind mit ihrer Situation oft selbst nicht zufrieden, man sollte hier also nicht nur von Vorurteilen sprechen. Diese Form der charakterlichen Schwäche bringt wie gesagt keine Vorteile mit sich, warum sollte man damit zufrieden sein? Außerdem kann man finde ich nicht von der Hand weisen, dass die Überwindung der Schwächen die Lebensqualität vergrößert. Oder hat sich jemand schon mal darüber beschwert, selbstbewusster geworden zu sein? Zufrieden sind nur die, die von ihrer Schwäche nichts wissen bzw. wissen wollen, wobei das besonders die Menschen betrifft, die eine charakterliche Schwäche namens "Arschloch sein" haben, über die wir hier nicht sprechen. Ich halte es schon für wichtig (und dabei stimmen mir offenbar viele Autoren zu), die Menschen dazu zu ermutigen, ihre Schwächen zu überwinden.
Eine Studie soll aber erst davon gesprochen haben (hab sie selbst nicht gelesen), dass immer noch ca. 25% der Frauen Opfer häuslicher Gewalt werden.Zitat
Wie würde die Liste denn auf unsere Community bezogen aussehen? Wobei es vor allem interessant wäre, mal zu schauen wie die Frauen dargestellt werden, wenn a). die Hauptfigur männlich ist und b). das Spiel ein Rollenspiel mit Gruppe ist. Ein Spiel mit einer einzigen Spielfigur gehorcht wie gesagt etwas anderen Regeln.
Ja, auch. Davon ab ist das Schöne an solchen Zitaten ja auch, dass sich ihr Interpretationsraum unabhängig vom Verfasser mit der gesellschaftlichen Entwicklung und anderen Situationen weiterentwickelt. Ich werde, wenn ich die Zeit finde noch mal genauer darauf eingehen, warum Schwäche für mich nicht per se etwas Negatives ist (bzw. der Begriff für mich heutzutage und gerade in der modernen Gesellschaft der letzten 2-3Jahrzehnte zu negativ behaftet ist), müsste da glaube ich aber erstmal sehr weit ausholen.Zitat
Ich kenne einige Studien dazu und ja das ist immer noch ein Problem (auch wenn die angemerkten 25% nicht sehr repräsentativ für unsere momentane gesellschaftliche Situation zustande kommen und die Realität weit weniger gut abbilden als es die Zeitungen erscheinen ließen, aus verschiedenen Gründen / nebenbei bemerkt und das soll das Problem vieler Frauen mit häuslicher Gewalt nicht kleiner machen, würden die bei den Fragebögen mancher dieser Studien für Männer wohl ähnliche Werte herauskommen). Ich wollte damit auch eher auf die gesellschaftliche Sicht eingehen. Es ist heutzutage von der ganz überwiegenden Mehrheit anerkannt, dass das Schlagen der Ehefrau eine Straftat ist, das Täter zu bestrafen sind und die Handlung als solche gesellschaftlich geächtet wird.Zitat
Ich wollte mir das demnächst mal anschauen. Ich hab jetzt speziell das Atelier nicht mit einbezogen, weil unter anderem die Anzahl der neuen Spiele aktuell nicht so hoch ist und wie gesagt sich mein Bild auch vor allem auf die aktuelle Situation bezieht. Ich kann mir schon vorstellen, dass die Verteilung vor fünf Jahren noch anders aussah.Zitat
Was den Umstand wenn die Hauptfigur männlich ist und man eine Gruppe hat angeht, liegt das soweit ich das erkennen kann (und ich hab nicht grad einen repräsentativ hohen Überblick, also keine Ahnung obs wirklich so ist) so das Nebenfiguren meist unabhängig von ihrem Geschlecht durch eine Überpräsenz des zentrale Charakters an den Rand gedrängt werden. Es gibt einige Spiele wo speziell die weiblichen Figuren an den Rand rücken bei männlicher Hauptfigur, aber der Umstand tritt in etwa genauso häufig bei weiblichen Hauptfiguren durch das marginalisieren der männlichen Charaktere auf.
Also geht es dir jetzt vor allem um die Begrifflichkeiten? Die kann man ja weglassen.
Mal angenommen ein Mensch ist verantwortungsbewusst, einfühlsam und verständnisvoll. Da kann kaum einer meckern und er selbst tut es wohl auch nicht.
Mal angenommen ein Mensch ist ein arrogantes, dummes Arschloch. Das hat für ihn selbst nicht immer negative Konsequenzen, aber die Mitmenschen werde darunter vermutlich leiden.
Mal angenommen ein Mensch hat Minderwertigkeitsgefühle und wenig Selbstbewusststein. Das hat auf andere Menschen keine große Auswirkung, die Person selbst leidet darunter aber oft.
Das lasse ich mal so stehen.
In Geschichten kann ich mit Charakteren, die ein geringes Selbstbewusstsein haben, nur dann etwas anfangen, wenn es darum geht, dass die Figuren lernen, selbstbewusster zu werden. Deswegen bevorzuge ich pauschal gesagt doch die Figuren, die für mich positive Charaktereigenschaften haben (was aber nicht bedeutet, dass sie keine Schwächen haben dürfen). Sonst kann ich mit ihnen nicht mitfiebern.
Hier findest du übrigens die Studie, wenn du nachprüfen willst, ob die Zahl der Realität entspricht.
Ich bin skeptisch, ob sich der Contest überhaupt dafür heranziehen lässt, um eine Aussage über die aktuelle Situation zu treffen (bieten sich Kurzspiele an, um sie mit den Beobachtungen aus den Artikeln abzugleichen?) und ich denke auch nicht, dass die Einstellung der Entwickler vor 5 oder 10 Jahren anders gewesen ist oder gab es einen Wandel, der an mir vorbeigegangen ist? Bei kommerziellen Filmen und Spielen ja offenbar nicht.
Warum "Rollenspiele mit Gruppe?" Neben der allgemeinen Bedeutung für die Handlung geht es in den Artikeln auch um das Verhältnis zwischen männlicher und weiblicher Hauptfigur. Falls es letztere nicht gibt, sollte man die wichtigen weiblichen Nebenfiguren heranziehen. Gibt es weder die einen noch die anderen, bietet sich eine Prüfung mMn nicht an. Das kommt bei anderen Genres recht häufig vor.
Nein, ich meine schon auch was hinter dem Begriff steht/was er bezeichnet. Aber wie gesagt würde alles was ich hier dazu in ein paar Zeilen niederschreiben könnte viel zu kurz greifen.Zitat
Jeder hat halt seine persönlichen Präferenzen, ich kann mir auch gut vorstellen, das viele Formen von Schwächen bei einem breiteren Publikum oft nicht gut ankommen würden.Zitat
Wie gesagt, ich kenne die Studie, die genaue Einordnung der Ergebnisse und ihre Aussagekraft überlasse ich mal den interessierten Lesern (womit ich die Studie nicht abwerten will, die beinhaltet viele interessante Erkenntnisse, aber es ist nicht so leicht daraus seine Schlüsse auf aktuelle Situation zu ziehen, wie es in den Medien teilweise der Fall ist).Zitat
Ich weiß auch nicht wie repräsentativ die Contestspiele sind. Ich hab sie jetzt mal herangezogen, weil ich zu denen halt eine Aussage tätigen kann. Ich hab ja schon gesagt, dass ich hier nur meinen sehr eingeschränkten Blickwinkel darlegen kann. Aussagen über die gesamte Bandbreite sind schwer zu treffen und auch alles was ich hier dazu gesagt habe unter starkem Vorbehalt zu stellen. Es war halt ein Versuch einer ersten Annäherung an die Frage und sie bilden zumindest schon mal einen gewissen kleinen Teil des Spektrums ab.Zitat
Ob es einen Wandel gab weiß ich auch nicht, dass ist eine reine Mutmaßung meinerseits die schlicht darauf beruht, das sich die Zusammenstellung des Spielecasts gefühlt vor einigen Jahren noch sehr viel stärker an Vorbildern der NES-Zeit orientierte und damit auch eine stärkere Marginalisierung des weiblichen Geschlechts einherging.
Ich zieh da, wenn vorhanden, die ganze Gruppe mit ein, weil einem sonst häufig entgeht, das die wichtigste weibliche Person neben dem männlichen Hauptcharakter nicht wegen ihrer Weiblichkeit marginalisiert wird, sondern dies schlicht geschlechtsneutral mit allen Figuren neben dem Hauptcharakter geschieht.Zitat
Das kommt alles auf die Umsetzung an. zB ist der Hauptcharakter in ToS2 Ratatosk sehr schlecht und total eingeschüchtert gestartet, hat sich aber dafür im Laufe des Spieles zu einen der bestentwickeltesten Main Charas eines Tales of entwickelt. Man hatte öfters Momente im Spiel, wo allein die Synchro den Charakter so viel Schaden zufügt, so dass man gegen Ende doch überrascht zurückblickte, wie badass der dann noch wurde.
Imo ist eine gute Balance mit absehbarer Charakterentwicklung eh das Beste.
Da hast du natürlich recht, ich wollte auch eher auf eine positiv konnotierte Darstellung verschiedener Formen der Schwäche hinaus, nicht Spiele wo die anfängliche Schwäche überkommen werden soll. Wir können uns glaube ich in einer u.a. von stätigen Leistungsimperativen geprägten Gesellschaft schwer vorstellen, dass viele Formen von Schwäche auch aus sich heraus positiv dargestellt werden können, wie das z.B. bei einigen Filmen Tarkovskys der Fall ist, wo z.B. das Zurückfallen von Personen mit klarer gesellschaftlicher Verortung und mit einem klaren gefestigten Welt- und Selbstbild zurück zu Unsicherheit und Ratlosigkeit als ein positiver Ausgang am Ende im Raum steht (wobei das natürlich eine sehr kurz gegriffene Aussage zu den Filmen ist).Zitat