Noch schlimmer als Weltherrschaft finde ich das Motiv der "Zerstörung" der Welt, wenn es doch offensichtlich ist, dass der Antagonist nichts davon hat (Ausnahmen gibt es, zB Kefka mit seinem Monument des Nihilismus).
Mir gefallen Geschichten, in denen die Motive des Antagonisten verständlich und nachvollziehbar sind. Damit will ich aber Geschichten mit diesen Weltenzerstörern oder Welteneroberer "ohne Plan was danach kommt" nicht verteufeln. Da geht es in der Regel um anderes. Aber das sollte dem Spielersteller auch bewusst sein. Er muss sich fragen, was die Aufgabe des Antagonisten ist. Natürlich ist er immer ein Widerstand. Aber was für einer? Was überwindet der Held mit ihm genau? Einen persönlichen Konflikt? Angst? Schwäche? Isolation? Hass?
Oft ist es daher nicht nötig, dass eine Figur rundum ausgearbeitet ist. Es geht vielmehr darum, wie sie die Geschichte spannend macht. Wir können schliesslich auch keine perfekt ausgearbeitete Figur erschaffen. Das wäre viel zu komplex und der Geschichte nicht dienlich. Eine Figur muss nur so ausgearbeitet wie nötig sein. Und das hängt eben von der Geschichte als Ganzes ab.
In solchen Fällen wird in der Regel damit gearbeitet, dass es kein wirkliches "richtig" oder "falsch" gibt, sondern eben verschiedene Ansichten aufeinander treffen. Ich persönlich finde dies viel spannender, weil ich eben nicht 100% hinter dem Helden stehe oder, sollte der Held gut konstruiert sein, seine Zweifel teile. Wird eine nicht nur negativ belastete Beziehung zum Antagonisten aufgebaut, fühlt sich der Konflikt für mich stärker an. Es entstehen Skrupel, Zweifel. Man stellt sich die Frage, wie die Welt denn aussehen würde, wenn der Antagonist gewonnen hätte.Zitat
Das mit Abstand stärkste Beispiel eines solchen Antagonisten findet sich in Shadow Hearts Covenant. Noch Jahre, nachdem ich das Spiel gespielt habe, fühle ich mit dem Antagonisten mit. Auch Jahre später kann ich an seinem "bösen Plan" nichts böses erkennen und ich denke, hätte er Erfolg gehabt, wäre die Welt von Shadow Hearts eine bessere geworden. Hinzu kommt, dass für die Umsetzung seines Planes nicht einmal Opfer erforderlich gewesen wären. Im Gegenteil: Es wären Millionen, wenn nicht Milliarden gerettet worden. Auch der Held hätte keinen Nachteil dadurch erfahren. Im Gegenteil: Er hätte seine grosse Liebe nicht opfern müssen. Und dennoch kann ich auch die Sichtweise des Helden verstehen. In meinen Augen eine fantastische Konstellation von Protagonist und Antagonist. Bis zum Ende verstehen sie die Absichten des Gegenübers und kämpfen unter dem Einsatz ihres Lebens für die eigenen, ohne voreinander den Respekt zu verlieren.