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Thema: Ich werde die Welt beherrschen!!! ...Aber wie geht das eigentlich?

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  1. #1
    Ich glaube, das Modell "Weltherrschaft" ist in den letzten jahren ziemlich aus der Mode gekommen. Ganz ehrlich ... wer war der letzte James-Bond-Schurke, der danach strebte? Ist auf jeden Fall schon ein paar Jährchen her, ich glaube das war Hugo Drax, anno 1979 in Moonraker.

    Meiner Ansicht nach ist die Weltherrschaft ein Schreckszenario, dass nur dann funktioniert, wenn es Patriotismus und Optimismus kontert. In Zeiten in denen die Menschen alles haben, steht die Weltherrschaft des einzelnen (so gesehen, die ultimative Monarchie) für einen Rückschritt zu einer Gesellschaft der Willkür und Armut. Wer sehr land liebt, fürchtet auch, es zu verlieren.

    Heute sind die Menschen aber im Regelfall viel zu Politikverdrossen. Das System, das wir uns über Jahrzehnte hinweg aufgebaut haben, wankt. Die Menschen sind unzufrieden mit schwachen Politikern die unter der Fuchtel starker Industriebosse stehen. Ja, realistisch Betrachtet, gab es sogar Zeiten in denen die Menschen - scheinbar! - unter einer Monachistischen Regierung besser dran waren, als heute ... z.B. der englische Victorianismus der eine Blüte der englischen Macht und einen beispiellosen, wirtschaftlichen Aufschwung markierte.

    Ich selber kenne sogar ein paar Leute, die der Überzeugung sind, dass ein monachistischer Weltherrscher, der europäische Ideale verkörpert, für die Welt besser wäre, als dieses zänkische Konglomerat von Staaten, dass wir heute haben. Klar ... ein einziger Monarch stopft sich erst einmal die Taschen voll. Aber soll er doch. Wenn er dafür die Wirtschaftsbosse in die Schranken weist und den Planeten auf eine klar definierte Route führt, wird es dadurch trotzdem am Ende allen besser gehen. Zumindest in der utopischen Vorstellung.

    Das Schreckmodell "Weltherrschaft" funktioniert auf jeden Fall nicht mehr. Sofern nicht grade Putin der neue starke Mann wird, wären mehr als genug Leute dazu bereit, eine aufgeklärte Monarchie bereitwillig zu akzeptieren. Das ist der Grund, warum uns dieses Motiv heute so blödsinnig vor kommt. Wo anders ist das Gras immer Grüner.

  2. #2
    Auf Weltherrschaft kann ich gut verzichten. Im Grunde sehe ich drei Möglichkeiten:

    1. Ich mache den Job ordentlich: Viel Arbeit, und wenig Gelegenheit, meine Macht für meine egoistischen Zwecke einzusetzen, was ja wohl der Grund ist, wenn ich mir überhaupt die Mühe mache, mir die Welt unter den Nagel zu reißen.
    2. Ich mache den Job nicht ordentlich: Welt geht's immer dreckiger, Bürger werden unzufriedener, und im Grunde hab ich nur Scherereien.
    3. Ich delegiere die Aufgaben: Offiziell bin ich der Herrscher, aber im Grunde liegt die Macht bei denen, die die Herrschaft in meinem Namen ausüben.

    Scheißjob, wäre lieber der Kerl, der irgendwie ein Vermögen angehäuft hat, und jetzt das Dolce Vita genießt...

  3. #3
    Wie stelle ich mir die Weltherrschaft / einen Weltherrscher vor?
    Sehr schwer, da er wahrscheinlich so unter Wahnvorstellungen leidet, dass nur er alleine alles regeln will. Jeder auf der Welt ist ein potentieller Feind, der möglicherweise scharf auf seine Position ist.
    Dieses Problem kann nur umgangen werden, wenn dem Weltherrscher irgendwelche omnipotenten Fähigkeiten zugeschrieben werden, so dass er glücklich und zufrieden bis an das Ende der Zeit herrschen kann. => Einfachste Lösung

    Was machen mit der Bevölkerung / den Soldaten / der weiten weiten Welt?
    Wahrscheinlich alle so in Angst und Schrecken versetzen, dass sie sich nicht trauen, irgendetwas zu unternehmen. Jedes Aufbegehren sofort im Keim ersticken / die Rädelsführer direkt abschlachten als Beispiel für die Bevölkerung.
    Bei den Soldaten wird es schwieriger. Die lassen sich wohl nicht so leicht unterkriegen, außer - wie bereits geschildert - es sind beschworene Wesen die mit Leichtigkeit wieder weggeschickt werden können. Aber wer beschützt dann den Weltherrscher vor der Bevölkerung? Oder was passiert, wenn sich Soldaten und Bevölkerung zusammentun?

    Lösung:
    Der Weltherrscher ist unsterblich und vernichtet alles Leben auf der Welt.
    Wird dann zwar ziemlich öde, aber dann hat er die ultimative Weltherrschaft, die ihn niemand mehr wegnehmen kann (Aufstand der Tiere und Außerirdische mal nicht mit eingerechnet).


    Aber nun mal eine Gegenfrage:
    Wieso soll ein Weltherrscher immer nur böse sein?
    Für mich lautet das Erfolgsrezept einer erfolgreichen Weltherrschaft so. Der Weltherrscher steht an der Spitze und regiert die Welt. Da er dies aber nicht alleine schaffen kann, ernennt er Vertreter für die einzelnen Länder / Regionen / etc. .
    Er sorgt dafür, dass es all seinen Untertanen gut geht. Untertanen schließt die einfache Bevölkerung, Soldaten und auch seine Vertreter mit ein. Sprich Weltherrscher von Utopia / dem Garten Eden / dem Paradies.

    In wie weit sich jeder damit abfindet, ist wieder eine andere Frage.

  4. #4
    Ich finde typische Weltherrschaftsgeschichten auch langweilig - außer sie sind irgendwie in so nem 60er-Jahre-Setting mit Comedy verbaut. Manche Spiele oder Filme haben sowas ja auch.

    Was hingegen gut ist - und das ist nicht die typische Weltherrschaftsgeschichte mit einem der böse ist, weil er böse ist:
    Wenn jemand die Welt vereinen will um Krieg usw. zu verhindern(aber dabei ja erst mal selber böse Aktionen begeht). Daraus kann man einiges rausholen, denke ich.

    Lässt sich sicher auch in Fantasywelten mit vielen Völkern verbauen. Elfen, Menschen, Zwerge - eher schlechtere Beziehungen und öfter mal Krieg und sture Herrscher die kriegslustig sind. Dazwischen irgendwo auf neutralem Gebiet eine große Handelsstadt in der Händler aller Völker friedlich zusammenleben und sich auch zum Handel treffen. Demokratie vielleicht sogar. Einen Rat oder sowas. Vielleicht wird die Stadt auch ab und zu mal unter Druck gesetzt von den größeren Reichen(und muss ein Söldnerheer unterhalten um sich zu verteidigen - was ja dank Handelseinnahmen kein Problem sein sollte). Dann irgendein Sohn einer einflussreichen Familie, der auf den Gedanken kommt, doch der Stadt zu etwas mehr Ruhm verhelfen zu wollen und sich dort als Alleinherrscher installiert und dann irgendwie die Welt vereinen will.

  5. #5
    Bei mir ists eine übelgelaunte Schöpferin, die jahrtausende lang gepennt hat, nur um aufzuwachen und festzustellen, dass sich eine erhebliche Menge Filzläuse aka Menschheit auf ihrem grünen Planeten breitgemacht hat und nur Scheiße baut.

    Die wird dann systematisch ausgerottet, egal ob Protagonist oder Antagonist. "Besiegen" kann man sie nicht.

  6. #6
    Die (alleinige) böse Weltherrschaft ist doch genauso behindert wie das Zerstören der Welt: Man hat keinen Nutzen daraus, außer vielleicht Reichtum, und selbst das sollte sich in Grenzen halten.

    Zitat Zitat
    Wenn jemand die Welt vereinen will um Krieg usw. zu verhindern(aber dabei ja erst mal selber böse Aktionen begeht). Daraus kann man einiges rausholen, denke ich.
    this.

  7. #7
    Zitat Zitat von Raildex Beitrag anzeigen
    Die (alleinige) böse Weltherrschaft ist doch genauso behindert wie das Zerstören der Welt: Man hat keinen Nutzen daraus, außer vielleicht Reichtum, und selbst das sollte sich in Grenzen halten.


    this.

    Es geht bei einem Antagonisten aber nicht darum, ob seine Handlungsweise in jeder Hinsicht logisch erklärbar ist, sondern darum, das der Konsument das von ihm ausgehende Bedrohungspotential erkennt. Ein mensch, der einfach nur Reich werden will, stellt weder aus sicht des Konsumenten, noch aus Sicht des Helden eine akute Bedrohung dar. Erst, wenn seine Methoden zur Bedrohung werden, hat er ein Bedrohungspotential.

    Ein Schurke, der hingegen nach der Weltherrschaft strebt, stellt in der klassischen Betrachtung IMMER eine Bedrohung dar, und zwar für jeden Menschen auf der Welt. Zumindest so lange dieser mit seiner aktuellen Lebenssituation zufrieden ist. Das heißt, je zufriedener die Menschen sind und desto weniger sie eine Veränderung wünschen, desto größer ist die diffuse Furcht vor einem imaginären Welt-Monarchen.
    Dabei sind dann sogar dessen Methoden irrelevant. Ein Weltregent in Spe kann sein Glück mit Krieg, Geld oder von mir aus auch mit Telepathie versuchen. Das ist absolut Wumpe.

    Deshalb sind auch Schurken mit edlen Absichten so schwer glaubhaft umzusetzen. Wenn dem Konsumenten gegenüber nämlich der Eindruck entsteht, die Verbrechen die der Schurke begeht, wären ein akzeptabeles Opfer hinsichtlich seiner Motive, dann fällt es ihm schwerer, mit dem Helden mitzufiebern ... denn im Extremfall möchte er sogar, dass der Schurke am Ende erfolg hat.

    Meiner Ansicht nach kämpfen vor allem auch die Assassins Creed spiele mit diesem Problem, weil die Templer als Organisation niemals tatsächlich böse sind. Die Templer streben nach einer Welt der Friedens und des Wohlstandes für alle - im Austausch dafür, den Menschen in seiner individuellen Freiheit zu beschneiden.
    Aber Angesichts der Tatsache, dass "der Kleine Mann" heutzutage sowieso eher wenig Freiheit genießt, während Bankenbosse Wirtschaftskriesen verursachen können und dafür nicht einmal bestraft werden, wäre eine Weltkontrolle durch eine Organisation wie die Templer mit Sicherheit eher etwas wünschenswertes, als etwas negatives...zumindest währe es nichts, unter dem der Großteil der Bevölkerung zu leiden hätte.
    Aus diesem Grunde gibt es in allen Assassins Creed spielen deshalb auch immer eine persönliche Implikation für den Helden. In AC1 ist es Altair's Ehre und sein Mentor, in AC2 ist es der Tod von Ezio's Familie und davon ausgehend sein Hass auf die Borgia, die den Spieler mitreißt. In AC3 die Ermordung von Connors Mutter durch Charles Lee. Das stellt sicher, dass der Spieler den Helden als persönlichen Günstling erwählt ... und nicht die Schurken.

    Geschichten, mit Schurken, die "eigentlich" nicht böse sind, haben deshalb eine Tendenz, sich zu Rachegeschichten zu entwickeln.

    Geändert von caesa_andy (09.04.2014 um 13:16 Uhr)

  8. #8
    Wer sagt denn, dass Weltherrschaft immer mit irren Allmachtsphantasien und totaler Zerstörung zu tun haben muss?

    Warum sollte jemand die Welt beherrschen wollen?
    Warum sollte jemand das Kaiserreich beherrschen wollen?
    Warum sollte jemand seinen Landstrich beherrschen wollen?

    Weil es möglich ist. Weil Menschen nach mehr streben und mehr nehmen wenn sie es kriegen können. Einige glauben, dass sie es verdient haben, andere sind erzogen es einfach als grundlegend erstrebenswert anzusehen, andere brauchen die Herrschaft als Werkzeug um etwas zu erreichen. Die Weltherrschaft ist nur die Level99-Version der Herrschaft über die größte Sandkiste auf dem Spielplatz. Irgendwer versucht immer irgendwas zu erreichen, das ist menschlich. Der König aus dem Nachbarland ist menschlich und schon aus Prinzip glaubwürdig wenn er alles will, weil es reicht alles zu wollen um menschlich zu sein. Wären wir ein Volk aus blauen Weltraumschlümpfen im Einklang mit der Natur könnten wir fragen "Warum, was sollte er damit wollen?" aber ehrlich~ wir sind Menschen. Ambition hat uns von der Höhle zur Skyline gebracht, vom Knochen-Knüppel in der Hand zur Entschlüsselung unseres eigenen Genpools.

  9. #9
    Zitat Zitat von real Troll Beitrag anzeigen
    1. Saurons: Der Sauron unter den Weltherrschern folgt dem klassischen Motiv ("weil wegen") und eignet sich vor allem als Bösewicht, der nur selten eingeblendet wird. Er ist der Schwarze Mann im Schrank, das Monster unter dem Bett und als solcher schon hinreichend konturiert.
    Sauron himself ist ein Grenzfall, weil HdR ein Klassiker ist. Das Buch selber entstand schon vor Jahrzehnten und einfach saurons Motive umzudeuten, wäre sinnlos gewesen, weil das Buch grade deshalb so beliebt ist, weil es ist, wie es ist.
    In Projekten, die auf aktuelleren Vorlagen beruhen, findet sich das Motiv Weltherrschaft grundsätzlich aber dennoch nicht mehr all zu oft.

    Zitat Zitat
    2. Nazi-Sith: Solche Weltherrscher haben konkret gefasste Ziele und benötigen die Macht als Mittel. Sie wähnen sich als Heiler, als Veredler, als konstruktive Widerstandsbrecher, finden manch andere zum Ausmerzen doof oder ertragen vielleicht einfach nicht die Gesellschaft von Nicht-Sklaven. Solche Leute darf man natürlich auch selbst spielen, sei es ironisch gebrochen wie in "Evil Genius", sei es als interessante Spielerfahrung wie in "Civilization". Natürlich habe ich dort immer ausschließlich für die Zwecke des Guten (also meines Willens) die Weltherrschaft an mich gerissen.
    Auch die Sith entstammen einer Zeit, in der die Medienwelt noch eine andere, war als heute. Und das die Nazis seit jeher als Sinnbild für Größenwahn herhalten müssen, ist ja nichts Neues. Obwohl mir ehrlich gesagt außer diesem ... öh ... Flugscheiben-Film (hab den Namen schon wieder vergessen ... irgendwas mit Iron?), aber auch kein Beispiel aus der jüngeren zeit einfällt. Es mag sein, das das theme hin und wieder noch aufgegrifen wird ... ich sagte ja auch nie, dass es ganz verschwunden sei. Aber es kommt eben nicht mehr so oft vor, wie früher.
    Vor 2 Jahrzehnten war die Weltherrschaft in der Phantasik noch DAS Standard-Motiv für jeden Schurken, der was auf sich hielt. Davon ist heute nur noch wenig über geblieben.

    Zitat Zitat
    3. Marsianer: Wir sind im Weg. Die Welt wird in Gänze für den Eroberer benötigt, er will gar nicht beherrschen, sondern komplett für sich in Beschlag nehmen. Der Menschheit droht nicht die Knote eines fremden Willen, sie soll komplett vernichtet werden. Meist spielt man gegen solche Leute (X-Com), gelegentlich findet sich aber auch ein Spiel, in dem man die Gegenseite verkörpern darf ("Plague Inc.").
    Das wiederum würde ich nicht unbedingt mit der Weltherrschaft gleichsetzen. Es geht dabei ja eher um Vernichtung. Das angreifende Volk sucht neuen Lebensraum - oder neue Rohstoffquellen - und versucht, die bereits vorhandenen Besetzer auszurotten um sich selber breit zu machen. Das ist ein zwar grausames, aber durchaus logisches Motiv.
    Bei der klassischen Weltherrschaft geht es demgegenüber aber eigentlich eher um Unterdrückung, weniger um totale Vernichtung.

    Zitat Zitat von Corti Beitrag anzeigen
    Weil es möglich ist. Weil Menschen nach mehr streben und mehr nehmen wenn sie es kriegen können. Einige glauben, dass sie es verdient haben, andere sind erzogen es einfach als grundlegend erstrebenswert anzusehen, andere brauchen die Herrschaft als Werkzeug um etwas zu erreichen. Die Weltherrschaft ist nur die Level99-Version der Herrschaft über die größte Sandkiste auf dem Spielplatz. Irgendwer versucht immer irgendwas zu erreichen, das ist menschlich. Der König aus dem Nachbarland ist menschlich und schon aus Prinzip glaubwürdig wenn er alles will, weil es reicht alles zu wollen um menschlich zu sein. Wären wir ein Volk aus blauen Weltraumschlümpfen im Einklang mit der Natur könnten wir fragen "Warum, was sollte er damit wollen?" aber ehrlich~ wir sind Menschen. Ambition hat uns von der Höhle zur Skyline gebracht, vom Knochen-Knüppel in der Hand zur Entschlüsselung unseres eigenen Genpools.
    Der Begriff "Ambition" past hier meiner Ansicht nach nicht, weil Nonsense in sofern Recht hat, dass zwischen dem Individuum und der Weltherrschaft immer ein grauenvoller, logistischer aufwand steht.

    Klar ist es menschlich, mehr zu wollen, keine Frage. Aber so lange "Allmachtsphantasien" keine Rolle spielen, wägen die meisten menschen TROTZDEM immer noch ab, ob das Ziel mit einem realistischen Aufwand zu erreichen ist. Als gutes Beispiel mögen hier die Nazis dienen. Deutschland hatte Anno dazumal die modernste und größte Streitmacht der Welt. Nicht einmal die Amerikaner waren nur annähernd so gut bewaffnet. Aber trotz dieser Power und ihrer grenzenlos Grausamkeit gegenüber subversiven Elementen haben es die Nazis über Jahre hinweg nicht geschafft, Frankreich wirklich unter Kontrolle zu bringen. Und das war nur EIN LAND.

    Wenn ich ein Land wirklich BEHERRSCHEN will ... wie wiel Zeit ist nötig, um meine Eroberung in mein Land zu Integrieren? 10 Jahre? 20 Jahre? Und selbst damit wird es nicht klappen. Man schaue sich nur an, was derzeit in der Ukraine los ist. Russische Bevölkerungsgruppen, die über Jahrzehnte hinweg friedlich waren, begehren plötzlich gegen die Regierung auf. Unterdrücke ich das Identitätsgefühl eines Volkes, um es kontrollieren zu können, erzeuge ich damit ein Pulverfass. Ein einziger Funke lässt ein solches dann explodieren.
    Und das auch noch Jahrzehnte nach einer Zugehörigkeitsänderung.

    Den Römern erging es damals nicht anders. Über Jahrhunderte Hinweg ein großes Reich aufgebaut. Aber irgendwann waren die Kaiser nicht mehr "stark" genug, und alles ist zerfallen, weil die "Identität" jedes einzelnen Staates wieder durchgebrochen ist. Oder Dshingis kahn. genau dasselbe. War die Mongolei einstmals das größte Landreich der Welt udn so mächtig, das die Chinesen aus Angst vor ihnen eine 1000 Kilometer Lange Mauer gebaut haben, ist das Reich nach dem Tod von Dshingis Kahn innerhalb weniger Jahre zerfallen. Oder das osmanische Reiche? Persien? Alexanders Mazedonien? Das britische Commonwealth? Jedes dieser Reiche hatte nur einen sehr, sehr kurzen Bestand.
    Die Geschichte lehrt uns mehrfach, dass man Nationen nicht einfach unterdrücken kann. Je schneller ich expandiere, desto größer ist die Gafahr eines Super-Gaus, weil meine Truppen irgendwann nicht mehr ausreichend sind, um das bereits eroberte Territorium auch unter Kontrolle zu halten. Sobald ich als selbsternannter Herrscher in eine Solche Schwächephase eintrete, fliegt mir ein teil meines Reiches um die Ohren. Und dass ist nicht selten der Ausgangspunkt eines Domino-Effektes, der dann alles zum Einstürzen bringt.

    Dazu kommt, dass manche Flecken Erde eine Eroberung nicht einmal wert sind. Warum sollte ich als rational denkernder Mensch Mittel investieren, um einen Landstrich zu befrieden, der weder nutzbares Ackerland noch Bodenschätze bietet? Der Regierungschef, dem ich diesen wertlosen Fetzen Erde wegnehme, ist vermutlich sogar noch froh, dass er ihn los ist. Und ich habe die rebellischen Einwohner an der Backe. Für ... nichts.

    Die Theoretische Begründung "Weltherrschaft, weil er Mensch ist" ist also sinnlos. Jeder halbwegs rational denkende Mensch wird erkennen, dass dieses Konstrukt nicht für ihn zu erreichen ist. Absolute Weltherrschaft erfordert entweder einen so gewaltigen, logistischen Aufwand, dass dieser unmöglich zu stemmen ist, oder sie erfordert viel Zeit bei einer langsamen Expansion ... 100 jahre, vielleicht 1.000. Und auch dann werde ich niemals Weltherrscher sein. Höchstens meine Nachkommen irgendwann.

  10. #10
    Noch schlimmer als Weltherrschaft finde ich das Motiv der "Zerstörung" der Welt, wenn es doch offensichtlich ist, dass der Antagonist nichts davon hat (Ausnahmen gibt es, zB Kefka mit seinem Monument des Nihilismus).

    Mir gefallen Geschichten, in denen die Motive des Antagonisten verständlich und nachvollziehbar sind. Damit will ich aber Geschichten mit diesen Weltenzerstörern oder Welteneroberer "ohne Plan was danach kommt" nicht verteufeln. Da geht es in der Regel um anderes. Aber das sollte dem Spielersteller auch bewusst sein. Er muss sich fragen, was die Aufgabe des Antagonisten ist. Natürlich ist er immer ein Widerstand. Aber was für einer? Was überwindet der Held mit ihm genau? Einen persönlichen Konflikt? Angst? Schwäche? Isolation? Hass?
    Oft ist es daher nicht nötig, dass eine Figur rundum ausgearbeitet ist. Es geht vielmehr darum, wie sie die Geschichte spannend macht. Wir können schliesslich auch keine perfekt ausgearbeitete Figur erschaffen. Das wäre viel zu komplex und der Geschichte nicht dienlich. Eine Figur muss nur so ausgearbeitet wie nötig sein. Und das hängt eben von der Geschichte als Ganzes ab.

    Zitat Zitat
    Deshalb sind auch Schurken mit edlen Absichten so schwer glaubhaft umzusetzen. Wenn dem Konsumenten gegenüber nämlich der Eindruck entsteht, die Verbrechen die der Schurke begeht, wären ein akzeptabeles Opfer hinsichtlich seiner Motive, dann fällt es ihm schwerer, mit dem Helden mitzufiebern ... denn im Extremfall möchte er sogar, dass der Schurke am Ende erfolg hat.
    In solchen Fällen wird in der Regel damit gearbeitet, dass es kein wirkliches "richtig" oder "falsch" gibt, sondern eben verschiedene Ansichten aufeinander treffen. Ich persönlich finde dies viel spannender, weil ich eben nicht 100% hinter dem Helden stehe oder, sollte der Held gut konstruiert sein, seine Zweifel teile. Wird eine nicht nur negativ belastete Beziehung zum Antagonisten aufgebaut, fühlt sich der Konflikt für mich stärker an. Es entstehen Skrupel, Zweifel. Man stellt sich die Frage, wie die Welt denn aussehen würde, wenn der Antagonist gewonnen hätte.
    Das mit Abstand stärkste Beispiel eines solchen Antagonisten findet sich in Shadow Hearts Covenant. Noch Jahre, nachdem ich das Spiel gespielt habe, fühle ich mit dem Antagonisten mit. Auch Jahre später kann ich an seinem "bösen Plan" nichts böses erkennen und ich denke, hätte er Erfolg gehabt, wäre die Welt von Shadow Hearts eine bessere geworden. Hinzu kommt, dass für die Umsetzung seines Planes nicht einmal Opfer erforderlich gewesen wären. Im Gegenteil: Es wären Millionen, wenn nicht Milliarden gerettet worden. Auch der Held hätte keinen Nachteil dadurch erfahren. Im Gegenteil: Er hätte seine grosse Liebe nicht opfern müssen. Und dennoch kann ich auch die Sichtweise des Helden verstehen. In meinen Augen eine fantastische Konstellation von Protagonist und Antagonist. Bis zum Ende verstehen sie die Absichten des Gegenübers und kämpfen unter dem Einsatz ihres Lebens für die eigenen, ohne voreinander den Respekt zu verlieren.

  11. #11
    Zitat Zitat von lucien3 Beitrag anzeigen
    In solchen Fällen wird in der Regel damit gearbeitet, dass es kein wirkliches "richtig" oder "falsch" gibt, sondern eben verschiedene Ansichten aufeinander treffen. Ich persönlich finde dies viel spannender, weil ich eben nicht 100% hinter dem Helden stehe oder, sollte der Held gut konstruiert sein, seine Zweifel teile. Wird eine nicht nur negativ belastete Beziehung zum Antagonisten aufgebaut, fühlt sich der Konflikt für mich stärker an. Es entstehen Skrupel, Zweifel. Man stellt sich die Frage, wie die Welt denn aussehen würde, wenn der Antagonist gewonnen hätte.
    Das ist richtig. Das Problem an diesem vorgehen ist aber, das dann in den meisten Fällen eine zweite Ebene in die Handlung eingeflochten wird, um die motive des Protagonisten zu stärken. Und dabei handelt es sich dann in 90% aller Fälle - wie in meinem beispiel mit Assassins Creed - um das inzwischen AUCH extrem ausgelutschte Rache-Motiv.
    Lässt der Autor zwei Handelnde Figuren gegeneinander Antreten, deren Absichten und Motive für einen außenstehenden betrachter gleichwertig sind, führt dies meistens dazu, das der Protagonist im Verlauf der Handlung durch den Antagonist einen persönlichen verlust erleidet, der den Zuschauer wiederum stärker an den Protagonisten bindet. Solche Geschichten sind daher auch nicht zwingend wirklich "besser" oder kreativer als solche, mit einem klar als böse definierten Antagonist.

  12. #12
    Zitat Zitat von caesa_andy Beitrag anzeigen
    Vor 2 Jahrzehnten war die Weltherrschaft in der Phantasik noch DAS Standard-Motiv für jeden Schurken, der was auf sich hielt. Davon ist heute nur noch wenig über geblieben.
    Bei "Star Wars" und dem "Herrn der Ringe" hast du dich für meine Begriffe etwas zu sehr an ihrer Entstehungszeit abgearbeitet. Ich halte ihre anhaltende Popularität - ist ja angesichts der Eintrittsgelder kaum von der Hand zu weisen - für ein vielsagenderes Kriterium darüber, ob Welteroberer heutzutage immer noch akzeptierte Bösewichte abgeben. Den Leuten gefällt's.

    Da du noch nach aktuellen Nazi-Beispielen gefragt hast:
    "Wolfenstein - The New Order" ist gerade im Anflug. Ob es ein Verkaufserfolg wird, kann ich natürlich noch nicht sagen. Die geschickt arrangierten Trailer allerdings stoßen bereits auf Interesse.
    "South Park - Stab der Wahrheit" ist Ubisofts erstes Nummer-1-Spiel im Jahr 2014 und setzt auf eine geradezu beängstigende konventionelle Mischung des Welterobererstandards: [SPOILER] Außerirdische infizieren die Welt mit Nazizombies.
    Im Kino standen in letzter Zeit eher die Indiana-Jones-Bösewicht-Nazis im Rampenlicht. Sowohl "Captain America - The First Avenger" als auch "Inglourious Basterds" waren mehr vergnügliche Stereotypen-Collage (inkl. Herrschaftsstreben) als ernsthafte Auseinandersetzung. Vielleicht ist die Verwendung des Filmmaterials aus "Der Untergang" auf Youtube (Hitler fährt Mario Kart und dergleichen) ein zusätzlicher Hinweis auf die aktuell gepflegte Lieblingsweise des Umgangs mit Filmnazis. Sie werden eher als Kernbösewichte denn als Vertreter einer gesschichtswissenschaftlich analysierten Gruppierung dargestellt.
    Soviel als Ausriss. Ich wollte nur demonstrieren, dass das Thema "Weltherrschaftsbösewicht in schwarzer Uniform" nach wie vor sehr präsent ist. Medienübergreifend behaupte ich also: Viele Spieler können nach wie vor etwas damit anfangen und haben Spaß an solchen Konstellationen.


    Zitat Zitat von lucien3 Beitrag anzeigen
    In solchen Fällen wird in der Regel damit gearbeitet, dass es kein wirkliches "richtig" oder "falsch" gibt, sondern eben verschiedene Ansichten aufeinander treffen. Ich persönlich finde dies viel spannender, weil ich eben nicht 100% hinter dem Helden stehe oder, sollte der Held gut konstruiert sein, seine Zweifel teile. Wird eine nicht nur negativ belastete Beziehung zum Antagonisten aufgebaut, fühlt sich der Konflikt für mich stärker an. Es entstehen Skrupel, Zweifel. Man stellt sich die Frage, wie die Welt denn aussehen würde, wenn der Antagonist gewonnen hätte.
    Wir hatten kürzlich eine Diskussion im Forum, ob soviel eingebetteter Sinn für Graustufen wirklich erzählerisch stärker als die Märchenvariante vom Dunklen Herrscher sei. Als naheliegendes - wenngleich lösbares - Problem fällt mir zunächst die Frage nach der Heldenmotivation ein, sollte der Gegner von eigentlich recht akzeptablen Ansichten durchdrungen sein. Man könnte den Helden als unbeirrbaren Trottel darstellen, man könnte die Handlung als klassische Tragödie aufziehen, man könnte den Konflikt in sich zusammenfallen lassen, man könnte den Finalkampf als Rhetorenwettbewerb austragen, man könnte den Helden als eigentlich Bösen behaupten oder oder oder. Mir macht es allerdings mehr Spaß, den Schurken zu bezwingen. Mit einem Schwert. Und einem Raketenwerfer. Und zum Schluss fällt der Schurke schreiend in die Tiefe und der Held kriegt das Mädchen. Wieder und wieder.

  13. #13
    Zitat Zitat von real Troll Beitrag anzeigen
    Bei "Star Wars" und dem "Herrn der Ringe" hast du dich für meine Begriffe etwas zu sehr an ihrer Entstehungszeit abgearbeitet. Ich halte ihre anhaltende Popularität - ist ja angesichts der Eintrittsgelder kaum von der Hand zu weisen - für ein vielsagenderes Kriterium darüber, ob Welteroberer heutzutage immer noch akzeptierte Bösewichte abgeben. Den Leuten gefällt's.
    Von Herr der Ringe habe ich ja das Buch gelesen. Außerdem habe ich Star Wars, sowie die Filme zu Herr der Ringe gesehen. Ich denke, man muss hier auch noch darauf achten, worauf eine Werk seinen Fokus legt. Wenn der Bösewicht sowieso weniger eine Rolle spielt, dann reicht es, dass eine Bedrohung da ist. In Herr der Ringe tritt Sauron ja nun nicht wirklich auf. Die Geschichte hat auch nicht zum Thema Sauron zu bekämpfen. Dieser Ring soll vernichtet werden. Dazwischen liegt stark der Fokus auf den gut inszenierten Schlachten und auch der sehr guten Musik(im Film). Da ist es eigentlich total egal, wie der Bösewicht gestaltet ist. Er tritt sowieso vertreten durch seine Armeen von bösartigen Kreaturen auf - und selbst dort muss nicht darauf geachtet werden dass, irgendwelche gut ausgearbeiteten Charaktere vorhanden sind(sind es ja bei Herr der Ringe nicht). Die Geschichte zieht einfach Meiner Meinung nach viel Unterhaltungswert allein daraus, dass man die Menschen zeigt und wie diese mit der Bedrohung umgehen und ihre alten Bündnisse erneuern.

  14. #14
    @Andy:
    Selbstverständlich ist Eroberung keine einfache Sache. Aber das macht es ja nicht weniger reizvoll. Bedeutet es dadurch nicht viel mehr Ruhm und Legendenstatus für den Eroberer, dessen Familie und Mitstreiter? Dass Länder auch Jahre nach der Besetzung aufbegehren ist Tatsache, ohne diesen Funken der Revolution, der auszubrechen droht gäbe es ja für den Helden auch keine Unterstützung im Kampf gegen den Weltherrscher. Ich denke nicht, dass die Schwierigkeit der Sache jemanden aufhält, der die Möglichkeit und die Psyche dazu hat es zu versuchen. Ich weiß nicht ob Alexander der Große wirklich die bekannte Welt wollte, oder ob er sich in Persien dachte "hey, ich bin so weit und es lief ganz gut, bis zum Ganges schaff ich es auch noch!", ich weiß, dass Alexander ein schlauer Kerl war, weil er eroberte Länder nicht seine Kultur aufgezwungen, sondern ihre Kultur der seinen hinzugefügt hat. Die Schwierigkeit und wie damit umgegangen wird kann den Herrscher in der Geschichte interessant machen.

  15. #15
    Zitat Zitat von caesa_andy Beitrag anzeigen
    Ich glaube, das Modell "Weltherrschaft" ist in den letzten jahren ziemlich aus der Mode gekommen. Ganz ehrlich ... wer war der letzte James-Bond-Schurke, der danach strebte? Ist auf jeden Fall schon ein paar Jährchen her, ich glaube das war Hugo Drax, anno 1979 in Moonraker.
    Ich glaube, bei Bond hast du Recht. Der entstand als Figur während der Konfrontation zweier globaler Machtblöcke mit universalem Geltungsanspruch; entsprechend strecken mussten sich die Bond-Schurken, um überhaupt aus so einem Wahrnehmungsschatten zu ragen. Weltherrschaftsstreben machte sich für Drehbuchautoren in so einer Situation gut. Inzwischen ist die Situation anders und die Bondfilme nehmen es wie je als zeitpolitischen Kommentar auf.

    Jenseits von Bond sieht es aber doch reichhaltiger aus, wenn man nach zur Weltherrschaft Gewillten sucht - sogar noch reichhaltiger, falls man Zombies als Ursupatoren gelten lässt. Wir haben die immergrünen Nazis (demnächst wieder in "Wolfenstein"), leben cineastisch immer noch im Jahre 11 nach "Herr der Ringe" (Sauron), gehen gerade auf eine neue "Star Wars"-Trilogie zu (wohl wieder mit den Sith) und sollten trotz all dieser Ablenkungen immer die Außerirdischen auf dem Zettel haben.

    Ich sehe allein in dieser kurzen Aufzählung aktueller Weltherrschaftsaspiranten schon drei Varianten:
    1. Saurons: Der Sauron unter den Weltherrschern folgt dem klassischen Motiv ("weil wegen") und eignet sich vor allem als Bösewicht, der nur selten eingeblendet wird. Er ist der Schwarze Mann im Schrank, das Monster unter dem Bett und als solcher schon hinreichend konturiert.
    2. Nazi-Sith: Solche Weltherrscher haben konkret gefasste Ziele und benötigen die Macht als Mittel. Sie wähnen sich als Heiler, als Veredler, als konstruktive Widerstandsbrecher, finden manch andere zum Ausmerzen doof oder ertragen vielleicht einfach nicht die Gesellschaft von Nicht-Sklaven. Solche Leute darf man natürlich auch selbst spielen, sei es ironisch gebrochen wie in "Evil Genius", sei es als interessante Spielerfahrung wie in "Civilization". Natürlich habe ich dort immer ausschließlich für die Zwecke des Guten (also meines Willens) die Weltherrschaft an mich gerissen.
    3. Marsianer: Wir sind im Weg. Die Welt wird in Gänze für den Eroberer benötigt, er will gar nicht beherrschen, sondern komplett für sich in Beschlag nehmen. Der Menschheit droht nicht die Knote eines fremden Willen, sie soll komplett vernichtet werden. Meist spielt man gegen solche Leute (X-Com), gelegentlich findet sich aber auch ein Spiel, in dem man die Gegenseite verkörpern darf ("Plague Inc.").

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