Ich möchte mal ein bißchen dazu erzählen... Dazu muß ich vor allem sagen, ich bin kein Vegetarier. Aber ich esse sehr, sehr wenig Fleisch und wenn, dann entweder solches, wo ich ganz genau weiß, wo es herkommt (sprich, ich hab das Vieh vorher auf der Weide stehen gesehen und weiß, daß es durch die Hofschlachterei gegangen ist - entsprechend kann man für das Kilo Tier auch den Preis veranschlagen) oder selbstgeschossenes. Ich selbst jage nicht, aber ich komme aus einem ländlichen Umfeld, da gibts Jagdpächter oder -besitzer genug, von denen ich etwas bekommen kann - und dann gäb's da schlicht den Burger, auf den ich alle ein-, zwei Monate mal Bock habe. Den gönne ich mir, aber das wird dann auch zelebriert.
Ich hab schon mein Leben lang mit Nutztieren direkt oder indirekt zu tun und weiß, daß kein Vieh totgestreichelt wird. Mein Bruder züchtet im konventionellen Betrieb Schweine, Bekannte von mir haben Masthähnchen in Bodenhaltung und Milchvieh. Ich weiß also ungefähr, wie und was.
Für mich ist das zum Beispiel kein Streß. Ich möchte einfach gerne wissen, was in meinem Essen drin ist. Weil...tja. Ich das einfach wissen will. Ich würde nie von jedem verlangen, sich damit auseinanderzusetzen, aber zu unterstellen, daß man sich damit wer weiß was antun würde... das stimmt einfach nicht. Wer keine Böcke hat, sich damit auseinanderzusetzen, der tut's halt nicht. Wer das aber gern möchte, für den ist der Erkenntnisgewinn auch immer ein Stück Belohnung.
Religiöse und kulturelle Gründe sind auch Gründe - einfach dahingehend, dass sich jemand innerhalb dieser Grenzen aufgehoben fühlt. Das berührt eigentlich schon wieder ein viel weiteres Feld, aber sei's drum. Gibts hier in Deutschland bzw. unter "indigenen" Deutschen auch. Warum essen wir keine Singvögel? Keine Meerschweinchen? Keine Schlangen? - Kulturelle Gründe. Obwohl es für uns als "Heidenchristen" gar keine Speisebeschränkungen gibt - das ist sogar biblisch begründet, wenn man jetzt auf die Religion rekurrieren möchte.Zitat
Ne, nochmal... ist nicht stressigZitat
. Wenn's Streß wär, würden die Leute (und würde ich) das nicht machen. Klar ist das komplizierter als sich einfach Zeug in den Kopp zu hauen. Aber das ist kein... Mangel an Lebensqualität, wie dir das vielleicht vorschwebt. Ich möchte über mein Essen nachdenken und ich möchte auch darüber kommunizieren dürfen, ohne gleich als Ökospinner hingestellt zu werden, verstehst du?
Ich streite gar nicht ab, dass es Extremveganer gibt, die auf den "geistlosen Pöbel" herabschauen, der ihre Einstellung nicht teilt. Allerdings bin ich so einem noch nie begegnet. Vielleicht sind die Kreise, in denen ich mich bewege, dafür nicht exklusiv genug, vielleicht beseht diese besondere Spezies zu 90% aus Internettrollen, die einfach einen kollektiven Aufschrei provozieren wollen. Was weiß ich. Keine Ahnung. Wie gesagt, mir ist noch keiner begegnet.
Was mir begegnet ist sind Leute, die sich über mich lustig gemacht haben, weil ich in der Mensa das "Körnerfutter" genommen habe oder die mir auf ihrer abgeleckten Gabel nen Fetzen Billigfleisch unter die Nase gehalten haben, ich sollte doch endlich mal probieren...
Echt, das brauch ich nicht. Aber das ist meine Entscheidung, die zwinge ich keinem anderen auf - aber ich erwarte im Gegenzug, dass mir niemand anderer seine Einstellung aufzwingt oder sich über mich lustig macht, weil ich das esse, worauf ich Bock hab. Und auf Volumen hochgespritztes Wasserfleisch gehört nicht dazu.
Im Endeffekt gehts um Leben und Leben lassen. Was Extremismus in beide Richtungen angeht, so halte man sich am besten an das legendäre Zitat aus dem Film Ferris macht blau: "...der Mensch sollte überhaupt nicht an einen -ismus glauben."
Peace und so.