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Thema: Lieblingsheldinnen

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    Zitat Zitat
    Zum Thema Catherine: Natürlich ist so ein Werk (egal ob Buch, Serie, Film oder eben Spiel) für jeden Konsumenten eine persönliche Erfahrung, das heißt, die Interpretationen werden sich immer irgendwie unterscheiden. Aber ob so ein Werk eine bestimmte Minderheit angreift, sollte von den Menschen entschieden werden, die jener Minderheit angehören und mit den dadurch verbundenen Vorurteilen und Problemen zu kämpfen haben.
    Als Angehöriger einer bestimmten, unterdrückten Gruppe ist man sozusagen sensibilisiert. Ich würde es mir persönlich niemals herausnehmen, darüber zu urteilen ob ein bestimmtes Medium z.B. transphobisch ist, wenn ich nicht weiß, was Menschen die trans sind zu erleiden haben.
    Sensibilisierung kann natürlich äußerst hilfreich sein, wenn sie nicht in Voreingenommenheit und Befangenheit umschlägt. Was jedoch in meinen Augen keinesfalls sinnvoll ist, ist das verschließen von Diskursen nach Gruppenkonstruktionen, deren Grenzen zu überwinden und Konstruktion offenzulegen doch eigentlich das Ziel der meisten Gleichberechtigungsdiskurse ist. Solche Grenzen werden lediglich verhärtet, spricht man Personen, die man nach seiner eigenen soziokulturellen Weltkonstruktion nicht dazuzählt, die interpretatorische Freiheit und Fähigkeit betreffender Werken ab.

    Um es mal an einigen plakativen Beispielen festzumachen: Ich muss nicht jüdischer Abstammung sein um „Mein Kampf“ als antisemitischen Schund auszulegen, genauso wenig muss ich eine Frau sein um Positionen zur gesellschaftlichen Rolle der Frau aus Marlene Haushofers „Die Wand“ herauszuarbeiten oder in der Internationalen tätig gewesen sein um die Stellung der „Ästhetik des Widerstands“ zur Internationalen zu erarbeiten, deren Autor selbst nichts persönlich mit dieser zu tun hatte.

    Natürlich kann es wichtig sein, zu verorten aus welchem Blickwinkel ein Interpret ein Werk betrachtet, aber worin liegt der Sinn Aussagen generell die Bedeutung abzusprechen auf der Grundlage, dass der Aussagende nicht die Gruppenzugehörigkeit besitzt die man ihm nach den eigenen Vorstellungen abverlangt. Und werden Aussagen über Werke bereits alleinig dadurch gehaltvoller, dass der Interpret sich selbst in einer Gruppe verorten kann?

    Natürlich kann(!) unter Umständen darüber eine gewisse Souveränität bei der Verknüpfung eines Werks mit unserer sozialen Wirklichkeit gewonnen werden, aber sämtliche anderen Interpretationen erfahren dadurch doch keine automatische Abwertung zur Nichtigkeit und es sollte zudem nicht vergessen werden das bei einer Werkinterpretation zunächst einmal auch die werkimmanente Welt betrachtet werden muss, bevor man Aussagen über deren referentielle Wertigkeit und Einordnung zu unserer Wirklichkeit trifft. Diskurse werden über Argumentation und Gegenargumentation und das Verhandeln des Gehalts von Aussagen und nicht primär die, selten überhaupt praktikable, Einordnung des die Aussage Treffende zu einer Gruppe vorangetrieben.

  2. #2
    @Pinguin mit Brille und Tentakelgottheit
    Die negative Konnotation ist ja auch beabsichtigt, immerhin soll das Wort unerwünschte Merkmale beschreiben. Ich denke, so gut wie jeder Mensch teilt in Wertekategorien ein. Das kann das Aussehen sein, das Verhalten, die Persönlichkeit, die Ideologien usw. Hätte man kein Recht, jemanden als hässlich zu bezeichnen, dann hätte man auch kein Recht, die Meinung von jemanden als "hässlich" zu bezeichnen. Hässlich bedeutet nur "entspricht nicht meinen ästhetischen Ansprüchen". Das ist im Grunde nichts anderes als wenn ich sage "Die Meinung von xyz ist fragwürdig". Es wäre unehrlich, wenn ich so täte, als würde ich zwischen den Menschen nicht differenzieren. Natürlich würde ich eine Frau beleidigen, wenn ich sie Mannsweib nenne, deswegen mache ich das bei realen Menschen normalerweise auch nicht. Die Frau wäre aber sicher genauso beleidigt, wenn ich etwas ähnlich Negatives über ihre Meinung sagen würde. Man muss also aufpassen, dass man hier nicht mit zweierlei Maß misst.

    Hinter dem Begriff Mannsweib stecken jedenfalls Eigenschaften, die man persönlich nicht so schätzt und selbst wenn man sie umschreiben würde, käme man am Ende auf das gleiche Ergebnis. Wenn ich z. B. sage, eine Frau sieht zu sehr wie ein Mann aus, dann steckt dahinter, dass ich solche Frauen unattraktiv finde und Unattraktivität ist für mich oft (aber nicht immer, s. u.) ein Grund, die Figur nicht sympathisch zu finden (in der Realität sieht das wieder ganz anders aus, aber um die geht es hier nicht). Richtig zur Geltung kommt das aber erst mit der Persönlichkeit, die ich bei den Charaktertypen, die ich Mannsweib nenne, nicht mal auf "unweiblich" festnageln würde. Vielleicht steckt dahinter sogar etwas ganz anderes, so genau kann ich es jetzt nicht umschreiben. Ich weiß zumindest, dass es Figuren gibt, die ich nicht ausstehen kann, wie die alte Lara Croft oder Xena.

    Uneingeschränkt gilt das mit dem "Mannsweib" aber sowieso nicht, denn ich finde z. B. Brienne aus A Song of Ice and Fire sympathisch, obwohl in der Geschichte immer wieder betont wird, wie hässlich und "unfeminin" sie ist.

    Ich möchte dann nochmal auf die Weiblichkeit zu sprechen kommen. Natürlich kann man nicht sagen, dass alle Frauen gleich sind oder alle Männer, aber ich glaube schon, dass gewissen Gemeinsamkeiten gibt. Nur lassen die sich nur schwer in Worte fassen. Wenn ich kritisiere, dass eine Frau in einem Spiel nicht weiblich erscheint, dann meine ich damit wohl meistens, dass sie mir zu wenig empathisch ist, zu wenig gefühlvoll.

  3. #3
    Zitat Zitat von IronChef Beitrag anzeigen
    Sensibilisierung kann natürlich äußerst hilfreich sein, wenn sie nicht in Voreingenommenheit und Befangenheit umschlägt. Was jedoch in meinen Augen keinesfalls sinnvoll ist, ist das verschließen von Diskursen nach Gruppenkonstruktionen, deren Grenzen zu überwinden und Konstruktion offenzulegen doch eigentlich das Ziel der meisten Gleichberechtigungsdiskurse ist. Solche Grenzen werden lediglich verhärtet, spricht man Personen, die man nach seiner eigenen soziokulturellen Weltkonstruktion nicht dazuzählt, die interpretatorische Freiheit und Fähigkeit betreffender Werken ab.

    Um es mal an einigen plakativen Beispielen festzumachen: Ich muss nicht jüdischer Abstammung sein um „Mein Kampf“ als antisemitischen Schund auszulegen, genauso wenig muss ich eine Frau sein um Positionen zur gesellschaftlichen Rolle der Frau aus Marlene Haushofers „Die Wand“ herauszuarbeiten oder in der Internationalen tätig gewesen sein um die Stellung der „Ästhetik des Widerstands“ zur Internationalen zu erarbeiten, deren Autor selbst nichts persönlich mit dieser zu tun hatte.

    Natürlich kann es wichtig sein, zu verorten aus welchem Blickwinkel ein Interpret ein Werk betrachtet, aber worin liegt der Sinn Aussagen generell die Bedeutung abzusprechen auf der Grundlage, dass der Aussagende nicht die Gruppenzugehörigkeit besitzt die man ihm nach den eigenen Vorstellungen abverlangt. Und werden Aussagen über Werke bereits alleinig dadurch gehaltvoller, dass der Interpret sich selbst in einer Gruppe verorten kann?

    Natürlich kann(!) unter Umständen darüber eine gewisse Souveränität bei der Verknüpfung eines Werks mit unserer sozialen Wirklichkeit gewonnen werden, aber sämtliche anderen Interpretationen erfahren dadurch doch keine automatische Abwertung zur Nichtigkeit und es sollte zudem nicht vergessen werden das bei einer Werkinterpretation zunächst einmal auch die werkimmanente Welt betrachtet werden muss, bevor man Aussagen über deren referentielle Wertigkeit und Einordnung zu unserer Wirklichkeit trifft. Diskurse werden über Argumentation und Gegenargumentation und das Verhandeln des Gehalts von Aussagen und nicht primär die, selten überhaupt praktikable, Einordnung des die Aussage Treffende zu einer Gruppe vorangetrieben.
    Ich stimme dir darin zu, dass bestimmte Menschen nicht generell aus dem Diskurs ausgeschlossen werden sollten, nur weil sie nicht der Gruppe, in der es um den Diskurs geht angehören.
    Allerdings bin ich einfach nur der Meinung, dass die Menschen, die tatsächlich betroffen sind, ein höherer Stellenwert im Diskurs zugestanden werden. Bemerkt eine Person mit anderem ethnischer Zugehörigkeit als man selber einen rassistischen Kommentar in einem Medium, liegt es nicht an mir zu sagen, dass das nicht rassistisch ist.
    Es kommt leider nur zu häufig vor, dass Diskussionen zu bestimmten Themen, von Menschen geführt werden, die nichts mit diesem Thema zu tun haben und deswegen auch keine Entscheidungsmacht darin besitzen sollten.
    Ein gutes Beispiel dafür ist, dass der Diskurs der Autonomität des Körpers der Frau in den USA (bezogen auf Abtreibungslegalisierung, Verhütungsmitteln und Schwangerschaftsvorsorge), zum Großteil von Männern gehalten wird, die in diesem eigentlich keinen Platz finden.
    Bestimmte Themen können manchmal auch nur behandelt werden, wenn man die Aussagen der betroffenen Gruppen mit einbezieht oder vielleicht auch nur als Zuhörer fungiert um dadurch Informationen zu sammeln, die man vielleicht später benutzen kann um dem Thema wertvollere Aussagen hinzuzufügen.

    Wie ich sagte, wird jeder Konsument ein Medium anders interpretieren, es es eben immer eine persönliche Reise ist. Das sollte aber nicht dazu führen problematische Themen, die in dem Medium auftreten einfach von der Hand gewiesen werden sollten, weil man diese nicht so wahr nahm.
    Zum konsumieren gehört oft auch eine kritische Auseinandersetzung und diese wird manchmal auch dadurch angefacht, dass man andere Interpretationen in Betracht zieht. Leider stolpere ich all zu oft, darüber, dass gewisse Blickwinkel einfach vom Tisch gefegt werden, einfach weil man selber das nicht so sieht.

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