Heidewitzka, nun bin ich tatsächlich durch. Und alter Schwede, es kommt nicht oft vor, dass ich so viel Zeit mit einem Makerspiel verbringe.

Gleich vorweg: Ich bin beeindruckt. Die Version 1.1 liefert einen insgesamt sehr hohen Level an Finish und das bei der Spieldauer eines Vollpreisspiels. Angesichts des konzeptuellen Reichtums - gerade auch von technischer Seite - hätte es mich ehrlich gesagt nicht gewundert, wenn ich ab und zu den einen oder anderen Bug aufgescheucht hätte (da hab ich ein Talent zu), aber das Spiel erwies sich als erstaunlich robust. Crashs hatte ich nur an zwei Stellen, wobei sich nur der zweite als unumgehbar erwies, sodass ich pünktlich zum Endkampf doch noch die Konsole aktivieren musste. Aber dazu später mehr.

Ich bin sehr wählerisch, was Makerspiele anbelangt. Wenn die ersten paar Minuten nicht passen, bin ich raus. Häufigster Grund dafür sind schlecht geschriebene und unglaublich aufgeblähte Intros - das lässt sich schon fast als Volkskrankheit bezeichnen. Was in diesem Fall sehr positiv gewirkt hat, waren die Auswahlmöglichkeiten, bevor es richtig los ging. Da ich im Zweifelsfall nichts verpassen will, bin ich gleich auf Held rein und die Charaktergenerierung ergab dann gleich mal nen Ork. Normalerweise nicht wirklich eine Rasse, die ich von mir aus wählen würde - und gerade deshalb find ich deine Charaktergenerierung gelungen. Die verfügbaren Rassen sind alle mehr oder weniger Oddballs und diese doch eher ungewöhnliche Prämisse zusammen mit den nicht sonderlich begeisterten Custom-Reaktionen der Burgverteidiger waren wohl der Grund, warum mich das Spiel weiter neugierig gemacht hat. Insgesamt kann ich sagen, dass der Charakterausbau einer der ganz großen Pluspunkte des Spiels ist. Da wurde eine Menge richtig gemacht - bei meinem Durchlauf konnte ich jedenfalls nicht sagen, dass ich viele Skills gefunden hätte, die überhaupt keinen Sinn gemacht hätten. Gut, als Soldat hatte ich nicht den vollen Zugriff auf die Magiefertigkeiten; ich hatte den Eindruck, dass die Gegner teilweise etwas sehr hohe Resistenzen haben, daher bin ich mir nicht sicher, ob Magie im Endgame nicht vielleicht etwas schwach geraten sein könnte.

Was ich prinzipiell jedenfalls recht witzig finde: Ich hatte am Anfang das Schwert als Hauptattribut gewählt und das Schild abgewiesen und bin daraufhin als Ork gestartet. Am Ende war die Abwehr mit über 500 Punkten jedoch deutlich mein stärkstes Attribut. Und das, obwohl ich nie Schilde verwendet habe. Gut, das kann ja mal passieren ...

Anyways, Charakterentwicklung: Ganz großes Kino. Eine Menge Freiheiten, Tonnen an Skills, plus die Bücher als Ergänzung (die teilweise jedoch enorm mächtige Effekte erzeugen können; dieser Schutzschild nach einem Treffer gepaart mit einer vier- bis fünffachen Nahkampfkombi und One-Hit-Kill-Möglichkeit räumt am Ende jedenfalls ganz gut auf), sowie dann auch noch die ganzen Gegenstände, die man dann so anhäuft, bieten eine Menge Abwechslung. So lässt sich das häufige Backtracking ausnahmsweise mal ertragen, da sich ständig irgendwo neue Wege auftun und das Leveldesign in 99% aller Fälle auch so intelligent gelöst ist, dass man mit den Kristallen/Portalen normalerweise schnell am Zielort sein kann. Dafür auch echt nochmal dickes Lob - soviel Weitsicht erwarte ich bei hausgemachten Spielen normalerweise eher nicht.

Gerade das Leveldesign ist auch wirklich top. Beim Starten des Spiels war ich von der Grafik etwas abgeschreckt, weil es anfangs etwas nach leicht modifizierter RTP aussah, aber das erwies sich als unbegründet. Die einzelnen Welten sind klasse von der Abwechslung (der Ozean war wohl einer meiner Favoriten) und ich kann hier jedem nur zustimmen, der die Dungeons lobend erwähnt hat. Da merkt man, dass eine Menge Arbeit in das Design und die Rätsel geflossen ist.
An dieser Stelle muss ich mir jedoch auch ein großes ABER erlauben, denn trotz allem haben sich an einzelnen Stellen auch ein paar Todsünden reingeschlichen. Stichwort Geschicklichkeitsspiele. Ganz großes NoGo bei Makerspielen. Ich muss dir zugute halten, dass du wirklich das Beste aus der Kollisionsabfrage gemacht hast, aber bei den Wasserfällen im Turm des Aufstiegs hätte ich kotzen können. Bei der zweiten Passage hatte ich den Eindruck, dass Millisekunden über den Erfolg entscheiden und das ne Sache, die bei der Ungenauigkeit der Makersteuerung designtechnisch nicht vertretbar ist. Dasselbe gilt für manche Passagen mit der Echse. Da ist die Steuerung wirklich viel zu fummelig, als dass man es unbeschadet durch die ganzen Engpässe schaffen könnte. Oh, und die zufallsversetzte Steuerung in der Grube der Zeit. Invertieren ist ja noch vertretbar und wenn es einen konzeptuell wirklich guten Grund gibt, warum sich die Steuerung immer wieder mal komplett ändern sollte, lässt sich darüber sicherlich auch noch reden. Aber immer wieder komplette Levels mit ner ruinierten Steuerung durchlaufen? Das ist einfach nur nervtötend und damit ein Spielspaßkiller.

Ich hab nix gegen hohe Schwierigkeitsgrade. Ganz im Gegenteil. Ich hatte hier durchaus meine Freude, gegen Gegner ins Feld zu ziehen, die zig Level über mir waren. Solang es dabei auf das eigene Geschick ankommt, hab ich damit überhaupt kein Problem. Aber wenn die Schwierigkeit aus Designmängeln oder der Technik der Engine entsteht, ist Vorsicht angesagt.
Zum Glück sind das in deinem Fall nur Einzelfälle. Und Bonusaufgaben wie auf der Duellinsel sind da auch was anderes.

Ebenfalls ganz großes Tennis: Das Kampfsystem! Ja, die Gegner sind dumm. Aber die vielen Sonderfertigkeiten der Gegner, die später hinzukommen, machen die Kämpfe dennoch knifflig und dabei selten unfair. In Deckung zu gehen ist dabei oft hilfreich, aber oft eben auch nicht genug und so werden die Kämpfe nie zur Routine und gerade bei den schwierigeren Gegnern stellt sich durchaus Genugtuung ein, wenn sie ins Gras beißen.
Und die Bosskämpfe sind top. Der Zelda-Vergleich ist hier wirklich wohlwollend gemeint, denn es hat Spaß gemacht, die Schwachstellen zu analysieren und die Biester in den Staub zu schicken. Ich bin begeistert, wie flüssig das System funktioniert. War wohl das erste Mal, dass ich bei einem AKS in so einem Spiel wirklich Spaß hatte.

Ich könnte noch eine Menge mehr schreiben, aber ich versuch lieber mal noch, mich an ein paar Bugs zu erinnern, die das Weiterkommen unmöglich machen können:




Zu guter Letzt will ich nochmal betonen, dass es wirklich ein großartiges Spiel ist. Besonders bei dem Funktionsumfang hätte ich mit deutlich mehr Bugs gerechnet, aber der allergrößte Teil ist wirklich sauber programmiert. Fand auch das Ende wirklich gelungen, ohne hier zuviel verraten zu wollen.
Nur eine Frage mit ner dicken Spoilerwarnung: