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Schwierig ist auch die Abgrenzung zwischen der zustimmungspflichtigen Bearbeitung und
der „freien Benützung“ (§ 5 Abs 2 UrhG). Grundsätzlich darf ein selbständiges Werk, das in
freier Benutzung eines anderen Werks geschaffen worden ist, ohne Zustimmung des Urhebers
des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden (sog. „selbstständige
Neuschöpfung“ vgl. § 5 Abs 2 UrhG).
Damit eine solche freie Benützung bejaht werden kann, darf das fremde Werk nicht in
identischer oder umgestalteter Form übernommen werden, sondern nur als Anregung für das
eigene Werkschaffen dienen.16 Zur Konkretisierung verwendet die deutsche Rechtsprechung
seit den Asterix-Entscheidungen des BGH17 zwei verschiedene „Verblassens-Formeln"18:
Eine freie Benutzung kann nach dieser Formel zum einen darin zu sehen sein, dass die aus
dem geschützten älteren Werk entlehnten eigen persönlichen Züge in dem neuen Werk so
zurücktreten, dass das ältere in dem neuen Werk nur noch schwach und in urheberrechtlich
nicht mehr relevanter Weise durchschimmert.19 Zum anderen können aber auch deutliche
Übernahmen durch eine besondere künstlerische Gedankenführung legitimiert sein; in diesem
Fall ist ein so großer innerer Abstand erforderlich, dass das neue Werk seinem Wesen nach
als selbständig anzusehen ist. Die nähere Konkretisierung gerade letzterer Variante der
„Verblassens"-Formel ist schwierig und nur unter Rückgriff auf die Besonderheiten des
Einzelfalls möglich. Die Integration von Fotografien in einen digitialen Bildspeicher wird
dabei eher als unfreie Benutzung angesehen werden, als die Übernahme fremder Sounds in
einem multimedialen Videokunstwerk.
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