Um diese Diskussion an der richtigen Stelle fortzusetzen, hätte ich noch ein paar wenige Nachträge. Wenn es schon nen passenden Thread gibt, warum nicht trotz Alter auch reinschreiben, anstatt mit Textvolumen Overkills den Bollfrat zuzukleistern ^^ ?

Hatte mich bei der Gelegenheit nochmal umgeschaut und festgestellt, dass IMDb Messageboards kein angenehmer Ort für anregende Gespräche sind. Nuja. Aber interessant, dass nicht nur dort eine kleine, ziemlich emotional aufgeladene (harsche) Auseinandersetzung stattfindet zwischen den Back-to-Barsoom-Unterstützern die sich ein Sequel gewünscht hätten und den Hardcore-Burroughs-Puristen-Fans die den Film und offenbar auch Regisseur Andrew Stanton selbst hassen, der sicher einige Fehlentscheidungen getroffen hat aber den ich ansonsten für einen fähigen Mann halte. Mancherorts muss man jedenfalls nur erwähnen, dass man den Film oder bestimmte Aspekte davon mag, um unfreundliche Kommentare zu ernten.
Unterm Strich kann ich beide Positionen zum Teil nachvollziehen, auch wenn ich tendenziell eher mit den erstgenannten übereinstimme. An denen nervt mich aber, dass sie manche Realitäten nicht anerkennen - so wissen wir inzwischen, dass Stanton maßgeblich mitverantwortlich für die katastrophale Marketingkampagne war. Auf der anderen Seite stört es mich, wie sehr der Film von den selbsterklärten ERB-Experten schlechtgeredet wird, als hätte er nichts mehr mit der Vorlage zu tun. Ich denke, dass diese Version einige Qualitäten hatte, die sich trotz aller Probleme kaum verleugnen lassen. Allen voran die hohen, wenn auch teuer erkauften Production Values. Allerdings muss ich auch anerkennen, dass es wahrscheinlich eine gute Sache gewesen wäre, sich in mancher Hinsicht enger an das Buch zu halten. Ungeachtet der Änderungen haben sie aber zumindest das pulpy Abenteuerfeeling und die ganze Atmosphäre auf dem Mars imho ausgesprochen gut getroffen.

In dem Zusammenhang stellt sich mir die Frage, ob Disney überhaupt der richtige Ort für diesen Film war, der ja bereits Jahre zuvor immer wieder angegangen werden sollte aber es erst spät aus der Development Hell rausgeschafft hat. Denn Disney bringt einige... Einschränkungen mit sich. Sicher, da sind auch ordentliche Live Action Adaptionen möglich, nur gibt es in der John Carter Reihe halt schon enorm viel Nacktheit und Gewalt, die von diesem Studio nie originalgetreu umgesetzt worden wäre. So gesehen würde sich ein R Rating fast besser eignen, aber das würde ein angemessenes Budget um die fantastischen Orte zu realisieren praktisch ausschließen, da man damit von Vornherein nicht so viel Geld verdienen kann. Die Geschichten mögen sich ursprünglich eher an Erwachsene gerichtet haben, während Disney eher einen Familienfilm (oder zumindest einen familienfreundlichen Film) draus gemacht hat. Aber wenn ich mich entscheiden müsste zwischen dem einen oder anderen, dann habe ich doch lieber die visuelle Klasse und Extravaganz der tatsächlich verfilmten Version und verzichte dafür gerne auf etwas ausgeprägtere Erotik und Action. Denn der Kern dieser Art von Geschichten besteht meiner Meinung nach noch immer im Entführt werden in phantastische Anderswelten, und das kann man mit 40 Millionen USD heute leider kaum vernünftig hinkriegen.
Vielleicht war Stantons Film also gewissermaßen sogar die einzig mögliche Version was das angeht. Das Genick gebrochen haben dem Werk andere Faktoren. Die Kampagne spielte eine große Rolle, aber auch die Produktionskosten. 260 Mio sind definitiv zu teuer, mit besserer Planung hätte sich das bestimmt auch für 100 Mio weniger machen lassen (und so viel hat alleine das Marketing verschlungen). Dazu dann der dämliche Titel, das Fehlen eines oder mehrerer wirklich zugkräftiger Schauspieler und Stantons Unerfahrenheit mit Live-Action oder bei der Werbung... Das ist vielleicht einer der eher seltenen Fälle, wo ich ein stärkeres Auftreten des Studios befürwortet hätte - diesem Regisseur zu diesem Zeitpunkt weitgehend freie Hand zu lassen war keine gute Idee.

Inzwischen sind die Rechte an A Princess of Mars und dem Rest zurückgegangen an die Edgar Rice Burroughs, Inc., was ich Ende letzten Jahres gar nicht so bewusst mitbekommen hatte. Damit sind Sequels zu dem vorliegenden Film wohl endgültig vom Tisch und selbst die Macher und Schauspieler, die sich damals noch dafür ausgesprochen hatten, relativierten das zum Teil wieder. Disney hat sich klar genug zu den Ergebnissen geäußert und, wie ich an anderer Stelle schon schrieb, schließt alleine schon deren Erwerbung von Lucasfilm bzw. die neuen Star Wars Episoden weitere Barsoom-Teile aus, da sie sich bestimmt nicht in-house Konkurrenz machen werden mit zwei sehr ähnlich gearteten Franchises.
Und vielleicht ist das okay so. Ich hoffe, dass eher früher als später wieder ein großes Studio Interesse an der IP zeigt und mit einem etwas anderen Ansatz (der vielleicht auch die Hardcore-Fans einigermaßen zufriedenstellt?) nochmal von vorne anfängt. Und es dann mit etwas Erfolg auch mindestens bis zum dritten Buch schafft. Dennoch kann ich ohne Zweifel sagen: ich mochte den Film, so wie er ist. Viele fanden ihn gut, dazu zähle ich auch mich, viele andere mäßig, aber kaum einer richtig klasse oder richtig mies. Als Ergebnis mag das für einen Film dieser Ausmaße definitiv zu wenig sein, leider. Gerne hätte ich die Sequels gesehen, denn ich liebe es, als Zuschauer im Kino neue Welten zu entdecken. Aber es hat nicht sollen sein. Darin liegt schon eine besondere Tragik, wenn man bedenkt, wie unglaublich lange es gedauert hat, bis der Stoff endlich mal vernünftig verfilmt wurde (genau hundert Jahre), denn so hat man durch den Misserfolg die historische Chance verpasst, das auszuweiten und eine neue Generation längerfristig damit zu begeistern. Aber es hat auch dafür gesorgt, dass mehr Leute die Bücher wieder lesen (die nebenbei bemerkt legal online abrufbar sind, weil das Copyright abgelaufen ist) und einiges Interesse geweckt wurde.
Ich fand es auch super und wichtig, dass sie beim Mars geblieben sind und die Handlung nicht auf irgendeinen anderen beliebigen fernen Planeten verschoben haben. Das ist schon ein recht zentraler Punkt, der für mich auch viel von dem altmodischen und anarchisch-anachronistischen Reiz und Charme ausmacht, sodass ich hoffe, dass sie selbst bei zukünftigen Verfilmungen dabei bleiben werden, selbst wenn das Publikum wahrscheinlich genug über die tatsächliche Beschaffenheit dieses Planeten weiß. Man muss sich eben drauf einlassen können.

Inzwischen habe ich dann auch gelesen, dass ich mit meinen Vermutungen bezüglich Disney und Lucasfilm mehr oder weniger richtig lag. Disney hatte ursprünglich lange gehofft, John Carter zu ihrem eigenen Star Wars ausbauen zu können, was natürlich obsolet wurde, als man begann, mit den Rechten am "echten" Star Wars zu turteln, was exakt in diese Zeit fällt. Dazu dann der CEO, der den Film noch aus der Zeit der vorangegangenen Führungsriege des Konzerns lieber begraben hätte... Ich glaub ungeachtet der inhaltlichen Probleme, hätte das Ergebnis schon erheblich anders ausgesehen, wenn nur diese ganzen äußeren Umstände unter einem besseren Stern gestanden hätten. Zu sagen, sie hätten gewollt, dass er floppt, würde sicherlich zu weit gehen, aber das Unternehmen hat gewiss nicht genug und nicht alles getan, was sie hätten tun können, um das Projekt zu einem Erfolg zu machen. Interessanterweise ist die ganze Geschichte um das Versagen dieses Films selbst schon zu einem faszinierenden Thema geworden, mit dem sich diverse Leute aufmerksam in a meta kind of way beschäftigen. Aber solche Fälle wird es immer wieder geben, es war nicht der erste und wird sicher auch nicht der letzte gewesen sein.

Sobald etwas mehr Gras über die Sache gewachsen ist, vielleicht in acht bis zehn Jahren, sollte die Reihe wieder ernsthaft filmisch angegangen und der Grundstein für eine umfangreichere Franchise gelegt werden. Ich befürchte, es wird länger dauern, aber das ist mein Wunsch. Diese Figuren und ERBs Einfallsreichtum verdienen es auch heute noch, immer wieder neu entdeckt zu werden. Bis es so weit ist, habe ich noch einige der alten Geschichten zu lesen und werde bestimmt auch noch ein paar mal die Blu-ray des Films von 2012 einwerfen und mich davon in all seiner Cheesiness und Exposition angenehm unterhalten lassen wie schon beim Kinobesuch damals, den ich immer in guter Erinnerung behalten werde