Hab den Film gesehen und anschließend die sechs Comicbände gelesen. Zuerst war ich vom Film begeistert (ein wenig zu viel Action hatte er, aber bei seven evil Exes, die man in 2 Stunden unter- und umbringen muss, auch wenig verwunderlich), aber nach dem Lesen der Vorlage denke ich mir, dass man einiges hätte besser machen können.
Ich werfe dem Regisseur dabei gar nicht vor, dass er viele Nebenhandlungen einfach weggelassen oder verkürzt hat - eh klar, wenn man einen doch recht langen Comic in einem Spielfilm verarbeiten will. Auch das abgeänderte Ende war okay - was mich hingegen gestört hat, war die ziemlich deutliche Verschiebung der Charaktere.
Ramona etwa kommt im Film nur zurückweisend und ein wenig arrogant rüber - was sie prinzipiell auch zu einem interessanten Charakter macht, aber im Comic ist sie Scott gegenüber einfach viel offener, wirkt streckenweise viel verliebter und hingebungsvoller, was natürlich auch durch die weggefallenen Kurzgeschichten deutlich gemacht wird. Ebenso wird dem Zuseher überhaupt nicht klar gemacht, warum sie plötzlich zu Gideon zurück geht - im Comic verschwindet sie schließlich nur zu ihrem Dad, ihre Abhängigkeit von dem Macho-Musikproduzenten findet bloß in Ramonas Unterbewusstsein statt. Genausowenig wird erklärt, warum Ramona überhaupt so mysteriös, zurückhaltend und launenhaft ist, was durchaus einen Grund hat, der sich den Filmzusehern aber nicht erschließen dürfte.
Auch Scott hat - wohl Darstellerbedingt - eine ziemliche Charakterwandlung erfahren: vom protzenden und doch selbstunsicheren Pseudo-Macker zum schüchternen Geek, der seine Sätze nie wie in der Vorlage hinausschreit, sondern zurückhaltend und leise von sich gibt. Ein typischer Cera-Charakter halt - eh sympathisch, aber halt nicht Scott Pilgrim.
Wie auch immer - solche Dinge stören einen wohl nur, wenn man den Comic gelesen hat, was ich Fans des Films auch raten würde, weil er um einiges besser ist als die Umsetzung; für sich, als alleinstehender Film betrachtet ist die Vorlage aber gut umgesetzt, die wichtigsten Szenen, Witze und Charaktere wurden eingebaut und ihnen Leben eingehaucht, wodurch man "Scott Pilgrim vs. the World" als gelungene Zusammenfassung der Reihe sehen kann, der jedoch der Tiefgang fehlt und die stellenweise ein bisschen schlampig behandelt wurde (zB die Sache mit dem evil clone, die im Comic ja durchaus bedeutsam ist, im Film aber nur zu einer Referenz/einem (gelungenen) Joke verkommt).
@robx: Ein Sequel braucht doch auch keiner. Ich meine, die Story ist vorbei, also entweder müsste man Bryan Lee O'Malley dazu bringen, ein Fortsetzungsscript zu schreiben, oder - noch schlimmer - irgendein Auftragsdrehbuchautor macht das. Und besonders letzteres kann nur schiefgehen und würde ziemlich viel kaputt machen.
Nachtrag: Was wirklich gut hinbekommen wurde - und das ist wohl auch generell dem Medium "Film" zu verdanken - ist die ganze Musik- und Videospielthematik. Ich meine, im Comic bekommt man die Chords für den Sex Bob-omb Song zum Nachspielen dazugeschrieben, was für sich eine ziemlich witzige Idee ist, aber Musik funktioniert auf dem Papier einfach nicht. Im Film hingegen, mit dem tollen Soundtrack, hat das alles ziemlich gut gepasst, weswegen es etwa auch eine kluge Idee war, aus dem Kampf gegen die Katayanagi Twins einen Battle of the Bands zu machen. Auch das Videospieldüdeldü und die Effekte kommen wesentlich eindrucksvoller herüber als das in der Vorlage jemals der Fall war. Diese dreht sich ja auch wesentlich weniger um die ganze Kampfthematik und viel mehr um die Charaktere und ihre Beziehungen zueinander - dass der Fokus für den Film genau umgedreht wurde, ist schon richtig so.
(Der herumwankende und -schreiende Fettsack hat übrigens Recht - das sind wirklich sehr gute Gründe, warum der Film bis jetzt floppt. Was den Film selbst natürlich nicht schlechter macht, aber ich glaube auch nicht, dass er das damit behaupten wollte.)