Von zwei Männern flankiert wurde Advo zum Galgen in der Mitte des Dorfes geführt. Sollte das sein Ende sein? Verraten von denjenigen, die ihm noch vor einem Tag ihr vertrauen ausgesprochen hatten?
Nein! Das würde er nicht zulassen!
Mit einer Kraft, die wohl keiner der Anwesenden seinem alten Körper zugetraut hätte, stieß er die Wachen an seiner Seite weg. Dann griff er in sein Hemd, wobei er versehentlich die obersten Knöpfe abriss. Als ob das im Moment eine Rolle gespielt hätte! Als er die Hand wieder hervorzog, hielt er in seiner Faust...
den Bestienzahn, seinen Talisman. Er wusste selbst nicht, wieso er ihn heute Morgen eingesteckt hatte, aber er wusste, wozu er ihn jetzt benutzen würde:
Um nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch das der anderen Dorfbewohner zu retten!
Wütend stürzte er sich auf die Person, von der er sich sicher war, dass es sich trotz ihres harmlosen Äußeren um einen Werwolf handelte - Ulrika!
Mit aller Macht rammte er ihr den Zahn in das Auge, so weit, dass es das Gehirn dahinter erwischen musste.
Gespannt richtete er sich auf, um den Todeskampf des Monsters zu beobachten, durch dessen Tod er seine Unschuld beweisen würde.
Oder zumindest versuchte er, sich aufzurichten. Doch er konnte nicht.
"Was?" keuchte er. Er griff sich an die Brust. Sein Herz raste, wie noch nie zuvor in seinem Leben. Was war hier los? Doch noch während er auf die Knie sank, kam ihm die Antwort - er hatte seinen alten Körper überfordert, und bekam unverzüglich die Rechnung dafür serviert. Sah so aus, als ob ihn seine vermeintliche Heldentat (dabei wusste er nicht einmal, ob er nicht eine Unschuldige getötet hatte - ihm fehlte die Kraft, aufzublicken, um sich zu vergewissern) doch nicht retten würde. Dann gab es zumindest noch eines zu tun. Mühsam brachte er die Worte heraus: "Nach... *hust* folger... *keuch* Wi... William (Sylverrunner)!"
Er wusste nicht, ob ihn überhaupt jemand gehört hatte. Eigentlich war es ihm auch egal. Inzwischen lag er komplett am Boden. Die Zeit, die ihm noch blieb, verbrachte er mit Gedanken an seine Tochter.
'Ich wünschte, ich hätte sie vor meinem Tod noch einmal sehen können. Andererseits ist sie so wenigstens sicher vor dem, was hier passiert. Ich hoffe, sie wird meinen Tod nicht zu schwer nehmen...'
Mit einem Geräusch, das wie ein Seufzen klang, tat Hauptmann-für-einen-Tag und Jäger Advo seinen letzten Atemzug, während er langsam seine Augen schloss.