Hmm, bei weitem nicht alle waren gekommen. Das konnte sich äußerst negativ auf seinen Plan auswirken. Er hoffte, dass er das, was er nun tun würde, nicht würde bereuen müssen...
In Lifs Gesicht zeigte sich keine Spur seines üblichen Lächelns. Ganz im Gegenteil wirkte sein Gesicht hart wie Stein. Nur wenige Menschen hatten diesen Gesichtsausdruck von ihm je zu sehen bekommen. Noch weniger weilten heute noch unter den Lebenden. Auch von seinem vorherigen Enthusiasmus, als er alle zusammengerufen hatte, war nichts mehr zu bemerken, als er anfing zu sprechen:
"Ich weiß, wir kennen uns nicht allzugut. Und ich weiß auch, dass ich ein sicher nicht so gut reden halten kann, wie unser gelehrter Balthasar hier."
Einige der Anwesenden fragten sich, ob das ein Witz in Anspielung auf Balthasars Rede vor der Abfahrt sein sollte, doch nichts an Lifs Gesichtsausdruck deutete darauf hin.
"Um es kurz zu machen: ich habe einen Plan, der es zumindest den größten Teil von uns sicher" (er betonte das Wort besonders) "erlauben wird, zu überleben, und zwar unverflucht. Allerdings muss ich dazu einiges von euch fordern: Entschlossenheit, Konsequenz, Zusammenhalt, Aufopferungsbereitschaft und vielleicht auch Erbarmungslosigkeit! Darüber hinaus müssten wir uns so schnell wie möglich entscheiden, solange nicht mehr als einer von uns von dem Fluch befallen ist. Daher möchte ich euch bitten, mir erstens genau zuzuhören und mich nicht zu unterbrechen, und zweitens, gut darüber nachzudenken, wofür ihr stimmen werdet, wenn wir über den Vorschlag abstimmen!"
Er wartete auf bestätigendes Nicken aus der Runde, dann fuhr er fort:
"Wie ihr wisst, besteht unsere einzige Chance, von dieser Insel runterzukommen, darin, das Leuchtfeuer über Nacht in Gang zu halten. Dafür werden wir mindestens drei Männer brauchen: Einen, der das Holz fällt, einen, der sich um die Werkzeuge des Holzfällers kümmert, und einen, der das Holz auf das Feuer legt. Desweiteren befindet sich unter uns das bedauernswerte Opfer eines seltsamen Echsenfluchs, das versuchen wird, den Fluch unter uns Unbetroffenen weiter zu verbreiten. Dies kann er allerdings nur tun, wenn er die Nacht zusammen mit seinem Opfer am selben Ort verbringt.
Mein Vorschlag ist folgender: Alla außer mir werden sich in drei Gruppen zusammenfinden, also drei Fünfergruppen. Diese werden sich je an einen der Lagerplätze Leuchtfeuer, Werkzeughütte, Holzfällerplatz und Dschungel begeben. Den letzten Platz werde ich allein besetzen. Da an den anderen Orten schon Leute postiert sind, würde ich empfehlen, dass ich hier bleibe, und ihr alle geht und euch möglichst gleichmäßig verteilt. Der Grund dafür ist..." er stockte einen Moment. Wenn er jetzt weitersprach und die anderen seinem Plan nicht zustimmten, hatte er nicht nur einen Trumpf verspielt, sondern wohl auch sein eigenes Leben weggeworfen. Aber inzwischen gab es wohl ohnehin kein zurück mehr. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, und setzte dann nochmal an: "Der Grund dafür ist, dass ich in der Lage bin, die vom Fluch befallenen zu erkennen."
Jetzt entstand doch einiger Aufruhr. Lif versucht e die Leute zu beruhigen. Als er es geschafft hatte, fuhr er fort
"Ich hatte darum gebeten, dass ihr mich ausreden last, darum will ich euch jetzt meinen Plan erklären: Ich werde nacheinander die einzelnen Personen kontrollieren, und wenn ich einen der Verfluchten gefunden habe, werde ich euch bescheidsagen, damit wir geeignete Maßnahmen ergreifen können."
Er sprach nicht aus, dass diese Maßnahmen wohl aus dem Tod von bis zu 5 Menschen bestanden, aber sie alle konnten es sich wohl denken.
"Der wichtigste Punkt dabei ist allerdings, dass die Gruppen, die ihr bildet, jede Nacht aus denselben Mitgliedern bestehen. Auf diese Weise kann sich der Fluch nicht außerhalb einer einzigen Gruppe verbreiten, das heißt er kann auf keinen Fall mehr als 5 von uns befallen, und somit könnten die Verfluchten auch keine entscheidungsfähige Mehrheit zusammenbekommen.
Ihr fragt euch vielleicht, ob ich euch einen Beweis meiner Fähigkeit liefern kann. Dem ist nicht so. Aber warum sollte ich lügen? Wäre ich der Verfluchte unter uns, könnte ich durch de Isolation nichts gewinnen, und wenn ich mich einfach nur wichtig machen wollte... na ja, ich will hier genauso weg und Daen in seinen verdammten Arsch treten, wie ihr alle, von daher wäre eine derartige Wichtigtuerei absoluter Blödsinn.
Bevor wir zur Abstimmung, ob ihr diesen Vorschlag annehmen wollt, schreiten, noch eine Bitte an alle, die eventuell ähnliche Fähigkeiten haben wie ich: Behaltet sie für euch. Zumindest bis morgen, wenn die Gruppen feststehen, und somit ohnehin nichts mehr zu ändern ist. Auch wenn es mit einem zweiten an meiner Stelle wahrscheinlich schneller gelänge, die Verfluchten zu finden, so haben wir einfach nicht genug getrennte Lagerplätze, um noch jemand zweites zu isolieren, und ich muss allein bleiben, damit ich nicht selbst dem Fluch anheim falle. Wenn ich allerdings gemerkt habe, dass in einer Gruppe keine Verfluchten sind, werde ich dies kundtun und sollte jemand über die entsprechenden Fähigkeiten verfügen, kann er sie dann zu unserem Wohl einsetzen.
Ich denke, damit habe ich alles gesagt. Wenn jemand noch Fragen oder Verbesserungsvorschläge hat, so möge er jetzt sprechen. Ansonsten schlage ich vor, dass jeder einige Minuten in sich geht, und sich darüber klarwird, ob er bereit ist, notfalls einen Teil von uns, und möglicherweise auch sich selbst, zu opfern, damit ein anderer Teil von uns überleben kann, bevor wir darüber abstimmen, ob wir diesem Plan folgen."
Lif war sich ziemlich sicher, dass das die längste Rede war, die jemals gehalten hatte. Aber er war der festen Überzeugung, dass er, ebenso wie alle anderen, auf diese Weise die größte Chance hatte, am Leben zu bleiben. Bald würde sich zeigen, ob die anderen diese Meinung mit ihm teilten.