Und das Wort 'Milchbubi' für Finn zu benutzen, ist in Hinblick auf den Protagonisten der Originaltrilogie auch gewagt. Ich war am Freitagabend in 'The Force Awakens' und habe es geliebt. Es war mit weitem Abstand das beste Kino-Erlebnis, das ich jemals hatte. Kino, nicht Film. Es war längst nicht alles perfekt. Am meisten gestört hat wohl tatsächlich der Fan-Service und - damit verwandt - an manchen Stellen der Humor. Wenn Han vorschlägt, Phasma in den Trash Compactor zu schmeißen und dabei dann noch in die Kamera schmunzelt und man meinen könnte, er würde dem Zuschauer jedem Moment zuzwinkern, fühle ich mich eher an Funny Games erinnert. Solche Momente stören so sehr, weil TFA so gut gepacet ist, dass er es schafft, mich die meiste Zeit enorm in seinen Bann zu ziehen. Hier wird die dritte Wand durchbrochen. Mein Benutzername gibt einen Hinweis darauf, dass ich so etwas eigentlich mag, aber in solchen Fällen reißt es mich heraus und führt mir vor Augen, dass ich nicht an einer tollen Geschichte teilnehme, sondern nur einen Film sehe. Sowas war Grund dafür, dass ich mir zB. Guardians of the Galaxy nicht anschauen konnte - ein Film, der so gut hätte sein können, aber in wiederkehrender, fast vorhersehbarer und regelmäßiger Art und Weise selbst- und fremdreferentiell wurde und mich damit immer wieder verlor. TFA lief Gefahr, es genau so zu tun, aber für meinen Geschmack, bekam er die Kurve noch. Leia - oder Carrie Fisher - war leider zu hölzern. Es hat nicht immens gestört, ist aber schon aufgefallen. Dafür war ich überrascht davon, wie vital Harrison Ford wirkte. Rey ist schon eine Spur zu 'krass', zu überlegen. Dass sie stark ist und sich selbst helfen kann, begrüße ich sehr. Dass sie auch Kylo in diversen Belangen überlegen ist und am Ende sogar fast die Chance gehabt hätte, ihn zu töten/besiegen, ist an sich auch noch okay - immerhin war er verletzt und ich glaube daran, dass sie einfach extrem mächtig ist. Meine Sorge ist nur, dass ich in Ep. VIII und IX keine Entwicklung sehen werde. Da lasse ich mich aber gerne eines Besseren belehren. Ansonsten waren unter anderem auch die Charaktere und deren Darstellung einer der Hauptgründe für meine Begeisterung. Daisy Ridley macht ihren Job so fantastisch. Allein der Beginn ihrer Vorstellung, wie sie als armer, verlassener Scavenger skizziert wird, hat mir den Charakter schon komplett verkauft. Das lag eben auch zu nicht unwesentlichen Teilen am Acting. Da wurde allein über die Augen so viel transportiert. Angst und Trauer, in den entsprechenden Szenen. Faszination, wenn sie das erste mal 'so much green' sieht. Das war eine ganz fantastische Leistung und ich freue mich darauf, mehr von ihr zu sehen. Innerhalb und außerhalb des Star Wars - Universums. Dass Mark Hamill keine längere, erfolgreichere Karriere hatte, hat so seine Gründe. Auch Finn gefiel mir. Ich finde es nett, dass - zum großen Teil auch durch ihn - die Stormtrooper Persönlichkeit bekommen haben. Poe ist toll, Han war toll, Maz hat nicht genervt - ich kann mich, was Charaktere angeht, wirklich nicht beschweren. Vor allem Kylo Ren hat mich durch und durch überzeugt. Hier hat man für meine Begriffe wirklich einen dreidimensionalen Charakter geschaffen. Ich möchte unbedingt mehr von ihm sehen und bin gespannt, was noch kommt. Denn die Basis ist wirklich überragend. So ein zwiespältiger Semi-Villain. Auch bei uns im Kino wurde gelacht, als er vor Rey seine Maske abnahm. Aber ich fand, dass gerade das auch unglaublich stark war. Er sieht mit seiner Nase, den Hasenzähnen und der Jon Snow-Frisur sehr weich und unschuldig aus, was sicher auch ein Teil seines Charakters ist. Er kann aber eben auch der unberechenbare, ausrastende und alles zerstörende Kerl sein, vor dem viele eindeutig Respekt haben. Diesen Zwiespalt drückt er selbst am besten in der Szene aus, in der er seinen Vater tötet. Er hat sich von der hellen Seite der Force beinahe verführen lassen, aber Han half ihm dabei, diesen Pfad vorerst nicht mehr zu betreten. Und auch dazu direkt: Ja, Hans Tod war total vorhersehbar. Aber auch und gerade das habe ich als tierische Stärke empfunden. Der Kinosaal war still als er die Brücke betrat, weil alle ahnten, was passiert. Im Film gab es den musiklosen Moment und das sorgte für so eine gewaltige Anspannung. Zwischen die Angst vor dem, was passieren sollte, mischte sich für wenige Augenblicke die Hoffnung, dass er ihn doch irgendwo überzeugen kann und alle gemeinsam gegen Snoke kämpfen, aber das war nur ein letzter Strohhalm für mich. Es war klar - und das war gut so.
Geändert von MeTa (22.12.2015 um 13:49 Uhr)
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