Zitat Zitat von Ianus Beitrag anzeigen
Ich wollte noch einen Witz über Gurkenkrümmung als Indikator technokratischen Geistes vorausschicken...um anzuzeigen, dass ich grundsätzlich mit deinem Rekurs auf Pseudo-Mathematik nicht einverstanden bin.

Meinungen gründen sich nicht darin, dass wir dem Herrgott mittels diskreten Werten ins Handwerk schauen zu gedenken, wie es die statistischen Methoden zu tun gedachten. Da sind auch keine Checklisten wie beim Psychiater, auf denen das Auftreten von schwammigen Merkmalen von 1-5 bewertet und dann auf einen Graph übertragen wird.

Die Methode ist eher platonisch insofern wie wir das vorliegende Werk mit anderen Werken vergleichen. Denn im allgemeinen sind die Menschen wesentlich weniger Originell als Schiller-Propaganda einen glauben machen würde. Du kannst versuchen, Vergleiche mit Vorlagen anzustellen und dich dann fragen, ob dasselbe hier nun besser oder schlechter geklappt hat, wo die Unterschiede lagen und woran es gescheitert ist.

Ist natürlich zum ersten nicht so, als hätten wir hier einen gemeinsamen Kanon auf den sich alle beziehen würden.
Ist hier natürlich zum zweiten nicht so, als hätte jeder die Wahrnehmung im gleichen Maße entwickelt. Was Kelven bezüglich der Maps sagt, gilt auch für die Handlung.

Gilt für viele Bereiche. Irgendwann hast du so viel gesehen, dass du viele Unterschiede erkennen kannst. Irgendwann hast du so viele Brücken gesehen, dass du ohne die Statik zu kennen funktionierende Brücken planen und bauen kannst.
Abgesehen davon, dass du scheinbar Probleme damit hast, dass ich das Wort Mathematik verwendet habe, weiß ich leider immer noch nicht, auf welches Argument du eingehst und mit welchem Argument. Könntest du bitte einmal kennzeichnen/zitieren, auf welches meiner Argumente du antwortest? Ein ganzes Argument, nicht nur ein Wort wie "Meinung". Und wenn du mir schon Pseudo-Mathematik vorwirfst - was ist an der Aussage "Eine allgemeingültige Behauptung kann durch einen einzigen Gegenbeweis widerlegt werden" deiner Meinung nach falsch? Oder willst du bestreiten, dass damit in der Mathematik gearbeitet wird?

Zitat Zitat von real troll
Worin wir hauptsächlich überquer liegen, ist die Gruppengröße. Daraus ergibt sich alles andere.
Meiner Meinung nach nicht. Ein falsch verwendeter Begriff bleibt ein falsch verwendeter Begriff. Wer ein allgemeingültiges Qualitätsurteil für sich beansprucht, der urteilt damit quasi autoritär über andere Meinungen. Genauer: Wenn ich ein allgemeingültiges Urteil aufstelle (z.B. ob eine Geschichte gut oder schlecht ist), dann kann daneben kein weiteres Urteil existieren - denn das Urteil ist ja allgemeingültig. Das heißt, eine Geschichte kann nicht allgemeingültig gut oder schlecht sein (obwohl sie sowohl gut als auch schlecht bewertet werden kann - aber eben individuell, nicht allgemeingültig). Sie kann auch nicht allgemeingültig gut und individuell schlecht bewertet werden, weil allgemeingültig heißt ... aber das hatten wir schon. Das mag erstmal nach Wortklauberei klingen, aber es ist ein entscheidender Unterschied. Wenn ich nur ein indivuelles Urteil abgebe ("Ich finde diese Geschichte gut") gebe ich zu, dass es meine Meinung ist und ich eventuell auch bereit bin, andere Meinungen zu akzeptieren, auch wenn sie von meiner abweichen. Wenn ich ein allgemeingültiges Urteil abgabe, dann bestimme ich für alle, was gut oder schlecht ist.

Ich fasse gerne noch mal zusammen, warum allgemeingültige Urteile meiner Meinung nach nicht möglich sind:

1. Gut bzw. schlecht sind Wörter, die für sich erst einmal nur eine positive bzw. negative Bedeutung haben.
2. Es gibt keine wie auch immer geartete Definition, welche Teilkomponente oder Zusammensetzung von Teilkomponenten eine Sache wie z.B. eine Geschichte in ihrer Gesamtheit als gut bzw. schlecht auszeichnet.
3. Demzufolge sind verschiedenste Prioritätensetzungen möglich und gleichwertig.
4. Da jede Gesamtbeurteilung einer Sache wie einer Geschichte immer von einer persönlichen Prioritätenliste abhängt, sind alle diese Urteile individuelle Meinungen.
5. Eine Summe individueller Urteile ergibt immer noch kein allgemeingültiges Urteil.

Macht das nun einen Unterschied, wenn sowieso 90% der Leute der gleichen Meinung sind? Du meinst, wenn ich dich richtig verstanden habe, für dich ist es dann nur noch eine philosophische Diskussion. Diese Meinung darfst du natürlich haben, aber ich sehe das etwas anders. Ich zum Beispiel möchte mir nicht - auch nicht implizit - vorwerfen lassen, ich fände die Geschichte von VD ja sowieso nur gut, weil ich noch unreif wäre, könne eine gute Geschichte nicht von einer schlechten unterscheiden, habe keinen Geschmack, würde die Geschichte nur gut finden können, weil ich zu wenige Geschichten dieser Art kenne, sei sowieso seltsam oder könne mir überhaupt kein Urteil erlauben - vor allem, wenn das einzige Argument ist, dass eine andere Meinung mehr Anhänger hat. Meiner Ansicht nach hat eine Mehrheit kein Recht, einer Minderheit ihre Meinung vorzuschreiben. Nicht einmal, wenn es nur darum geht, was eine gute Makergame-Geschichte ausmacht. Wer seine Meinung als allgemeingültig hinstellt, lässt daneben keinen Platz für weitere Meinungen. Wer die Meinungen einer Minderheit für nichtig erklärt und nur an der Meinung der Mehrheit interessiert ist, der ist leider schlicht intolerant. Ich will gar nicht sagen, dass jeder, der allgemeingültige Urteile über Geschichten fällt, diese ganzen Folgen beabsichtigt, aber das ändert meine Meinung nach nichts an den Tatsachen.

Was hindert dich denn daran, deine Aussagen als das zu kennzeichnen, was sie sind - deine Gedanken, deine Meinungen, deine Ansichten, deine gesammelten Erfahrungen?

Ich habe kein Problem, wenn du davon sprichst, was für dich eine gute Geschichte ausmacht. Ich habe auch kein Problem, wenn du glaubst, dass dieser Geschmack von der Mehrheit der Leute hier geteilt wird und deshalb empfiehlst, deinen Ratschlägen zu folgen. Ich finde es gut, wenn du darüber diskutieren willst, welche Geschichten der Allgemeinheit hier gefallen und was diese Geschichten ausmacht. Wenn du viele Spieler haben willst und deshalb nach Geschichten suchst, die einer breiten Masse gefallen, spricht nichts dagegen. Wenn du deine Erkenntnisse darüber teilen willst - großartig, gerade von deinem Erfahrungsschatz (deine Spiele haben ja mittlerweile eine gewaltige Popularität erreicht) können sicher viele Leute profitieren.
Aber ich habe nach wie vor ein Problem damit, wenn du oder jemand anders deine oder eine andere Meinung als allgemeingültig bezeichnet. Ich habe oben schon geschrieben, warum. Ich bezeichne dich vor allem auch nach wie vor im Unrecht, wenn du sagst, dass allgemeingültige Urteil über Geschichten möglich sind.

Und nebenbei halte ich die Ergebnisse der Wahl zum Spiel des Jahres für eine schwierige Quelle für Auswertungen von Geschichtengeschmack, weil auch Rollenspiele ja mehr sind als ihre Handlung und wir keine Ahnung haben, ob diese Spiele nun wegen ihrer allgemein als gut angesehenen Handlung oder wegen anderer Faktoren wie Gameplay oder Grafik so weit vorne gelandet sind.