Sieht man das alles aus der Sicht eines langen beispielsweise 10. Minutenintros kann das alles schon ein wenig schwieriger werden. Denn dann muss das Intro so unterhaltsam gestaltet worden sein, dass der Spieler das Spiel nicht vorzeitig beenden will. Hier wäre wirklich eine "Intro -Ja-Nein" Funktion nicht schlecht.
Das Problem des 10min Intros ist nicht durch eine Skip-Funktion lösbar.
Man startet eine Software, die sich dadurch auszeichnet Spiel+Geschichte zu enthalten, beides~ das erste was man kriegt ist die Wahl erstmal nicht zu spielen oder nen Teil der Geschichte über den Jordan zu schicken. Whohoo!
Wenn du das Spiel das erste mal spielst wirst du
a) das Intro ansehen weil du wissen willst, was abgeht
b) das Intro wegklicken, weil dir die geschichte eh scheissegal ist
Die Lösung sind spielbare Intros, aber bitte nicht Marke VD2, gott wie scheisse war das bitte. Velsarbor war großartig was das anging.
28.04.2010, 22:10
Ianus
Zitat:
Die Lösung sind spielbare Intros, aber bitte nicht Marke VD2, gott wie scheisse war das bitte. Velsarbor war großartig was das anging.
Dingsbums...Breath of Fire II war diesbezüglich recht gut.
28.04.2010, 22:21
Luthandorius
Stimmt, an Breath of Fire II kann ich mich noch recht gut erinnern. War damals eines meiner ersten RPGs mit dieser Art rundenbasiertem Kampfsystem, auf dem SNES. Habs für ca. 150 Mark gekauft, die englische Version. Story fand ich damals sehr interessant.
Das mit dem spielbaren Opening ist durchaus machbar, wenn man etwas mehr zu erzählen hat und den Spieler nicht langweilen will. Insbesondere ja, wenn die Charaktere direkt betroffen sind und man deren Vergangenheit kennelernt - wieso sollte man da nicht auch gleich spielen können? Kann man auch gleich die Steuerung und Menüs erklären, falls man da irgendwelche abartigen Neuheiten hat, die Erläuterung bedürfen(und es sich storymäßig schon anbietet - also nichts ist, was erst irgendwann später freigeschaltet wird).
Problematisch ist es, wenn man eine ganz lange Schöpfungsgeschichte und Schnickschnack erläutern will - das kann man wohl schlecht alles den Spieler spielen lassen... hier sollte dann einfach ausgelagert werden. Vieles ist oft gar nicht für den Spielstart relevant und wird später sowieso dann erst noch genauer beleuchtet. Da reicht es, wenn es dann dort später in der Story eingebaut ist. Eventuell auch irgendwo ein paar nachlesbare Bücher dazu.
"Im Reich des Himmelsdrachen" oder so ähnlich - so heißt glaube ich ein hier vorgestelltes Spiel Habe es nicht gespielt, aber einen Let's Play dazu angeguckt, der etwas abgeschreckt hat. Da hat man irgendwie sowas ewig langes ins Intro gepackt, was man sich auch sparen hätte können bzw. im Game selber einbauen hätte können in Form von Büchern.
28.04.2010, 22:33
Ianus
Zitat:
Problematisch ist es, wenn man eine ganz lange Schöpfungsgeschichte und Schnickschnack erläutern will
Diesbezüglich sollte man sich an Terranigma orientieren. :D Wenn die Schöpfungsgeschichte nicht spielbar ist, dann LASS SIE WEG. KOMPLETT. Oder verteil sie in kleinen Stücken und implizten Dialogen über die gesamte Erzählung. So nach dem Motto, die Sekundärfigur kommt von Tempel X her und lässt ein Wort darüber fallen. Dann geht's Monster schlachten und jemand treffen. Der ist von Tempel Y und sie haben einen kleinen Streit. Dann mehr Spielen. Und so baut man die Geschichte langsam auf. Ist schön, dass sich jemand viel überlegt hat, aber ich will das nicht lesen, sondern im Prozess des Spielens erfahren.
Legend of Dragoon hatte sowas auch, aber dort wurden die Stücke mit FUCK YEAR, DRACHENUPDATE verbunden. Panzer Dragoon hat es ebenfalls so gemacht.
Wenn du eine Sequenz über eine verzweifelte Schlacht haben willst, drück doch einfach dem Spieler die Steuerung in die Hand. Ich meine, ist zur abwechslung mal nett, wenn man auch verlieren kann. Nur ist nichts schlimmer, als sich minutenlang ingame-Grafik ansehen zu müssen und weder abbrechen noch interagieren zu können.
28.04.2010, 22:45
Davy Jones
Zitat:
Zitat von Corti
Man startet eine Software, die sich dadurch auszeichnet Spiel+Geschichte zu enthalten, beides~ das erste was man kriegt ist die Wahl erstmal nicht zu spielen oder nen Teil der Geschichte über den Jordan zu schicken. Whohoo!
Wenn du das Spiel das erste mal spielst wirst du
a) das Intro ansehen weil du wissen willst, was abgeht
b) das Intro wegklicken, weil dir die geschichte eh scheissegal ist
Die Lösung sind spielbare Intros, aber bitte nicht Marke VD2, gott wie scheisse war das bitte. Velsarbor war großartig was das anging.
mh, VD2 hatte allerdings den Erwartungsbonus.
Fast jeder der das Game gezockt hatte, erwartete genauso einen Knüller wie VD und hat deswegen diverse Dinge einfach "weggesteckt". Deswegen ja auch der Faktor "Ruf", unbekannte Neulingsspiele mit mittelprächtiger Vorstellung, Standardoptik und "Ruf unbekannt" haben da weitaus miesere Chancen.
Intros sind meist immer dann schlecht, wenn keine Taten folgen und nur Gelabert wird. Bei mir bspw. hab ich die Kampfszene gleich zu Anfang eingebaut, indessen Folge drei Leutz mit allem drum und dran zerrissen werden (warum jemanden einsperren wenn ich ihn ganz beseitigen kann?). Natürlich hätten die Leute auch nochmal irgendwo rumlaufen und Rätsel lösen können (Schach anyone?), aber das wäre spielzeitstreckend gewesen und infolge ihres Todes dazu noch recht demotivierend.
Die mir mieseste bekannte Intro-Variante hatte bisher Das Geheimnis des Blauen Kristalls: Schwarzer Screen mit Text. Das wars.
28.04.2010, 22:57
Supermike
Zitat:
Zitat von Davias
Intros sind meist immer dann schlecht, wenn keine Taten folgen und nur Gelabert wird. [...]
Die mir mieseste bekannte Intro-Variante hatte bisher Das Geheimnis des Blauen Kristalls: Schwarzer Screen mit Text. Das wars.
Die "Laberintros" könnt ich noch verschmerzen sofern mir nicht unnötig viel Text runetrgerasselt wird und sich das ganze in einem kleinen Zeitrahmen hält.
Was ich allerdings fragen wollte: Wie siehts mit Laberintros aus, welche nebenbei animiert sind? Es beinhaltet imerhin mehr unterhaltung. Aber ist euch Interaktion direkt im Intro wichtiger? Und was wäre denn der optimale Zeitraum dafür?
btw. das mir mieseste bekannte Intro ist jenes aus Ragnarok Online für DS (das eigentlich auch gar ned online ist).
Erst ne etwas actionlose verfolgungsszene, dann muss der Protagonist am Grab der Mutter auch noch über den weggelaufenen Vater schimpfen, dann begegnet er einer jungen hübschen Frau die anscheinend stumm ist und er mit allen mittel versucht ihr wohl ein Wort zu entlocken und wenn du dann glaubst du hast es geschafft... dann kommt noch die erklärung fürs KS...
...
Whuat teh fok?! Ich hab sicher 20 - 25 Minuten damit verbracht mir diesen Mist reinzuziehen. Mir war klar, das man auf einem RO basierenden Spiel nicht viel erwarten kann, aber DAS war weder Informativ noch unterhaltend noch sonstwas...
Jah Leute! Sucht mal auf Youtube danach und seht wie man es NICHT macht!
28.04.2010, 23:04
~Jack~
Zitat:
Zitat von Supermike
Was ich allerdings fragen wollte: Wie siehts mit Laberintros aus, welche nebenbei animiert sind? Es beinhaltet imerhin mehr unterhaltung. Aber ist euch Interaktion direkt im Intro wichtiger? Und was wäre denn der optimale Zeitraum dafür?
Das ist wieder alles Geschmackssache. Solange das Intro unterhält darf es imo auch 20-30 Minuten lang sein. Wenn dabei noch was passiert (also schön animierte Szenen, am besten welche mit Action): umso besser.
Falls man es auch spielen kann: Klasse, insofern man nicht nur dumm rumläuft.
Ein interaktives Intro welches nur deswegen spielbar ist, damit man schon was zum spielen hat obwohl es keinen Sinn macht betrachte ich schlichtweg als unsinnig. Zumal es dann sogar länger dauern kann als wenn ich es mir nur angesehen hätte.
Allerdings muss hierbei gesagt sein, dass ich jemand bin den die Zwischensequenzen von Metal Gear Solid nicht gestört haben. Auch nicht die 1 1/2 Stunden lange Endsequenz von Teil 4 xD
28.04.2010, 23:09
Owly
Das Intro von The Darkness ist klasse. Im Grunde wirst du darin während einer Autofahrt nur zugetextet, kannst dich dabei aber umschauen. So was ist klasse. Man bekommt genauso viel Story mit wie in starren Sequenzen und fühlt sich durch das Minimum an Interaktion nicht außen vor gelassen.
Was ich allerdings fragen wollte: Wie siehts mit Laberintros aus, welche nebenbei animiert sind? Es beinhaltet imerhin mehr unterhaltung. Aber ist euch Interaktion direkt im Intro wichtiger? Und was wäre denn der optimale Zeitraum dafür?
Wenn dus ganz anspruchsvll haben willst, muss das Ganze rein optisch und actionmäßig natürlich ordentlich was hermachen, beim Rest kann man dann nachlassen:
*keine gewähr auf richtigkeit, das ist nur aus meiner pers. erinnerung
Auf jeden Fall fällt auf, dass im Intro mehr passiert als in einigen Teilen der gesamten Demo, wo manchmal nur fröhlich durch die Gegend gewandert wird und Städte besichtigt werden. Und genau diesen komprimierten Infogehalt könnte ich mir auch gut in anderen Spielen vorstellen, einfach einen großen Vorschuss an Spoilern vor den Spieler kippen und ihn dadurch verwirren, dass der darauffolgende Part komplett aus einem anderen Game zu sein scheint, weil er nix mit dem Intro gemein hat.
Man verrät im Grunde viel und gleichzeitig garnichts, weils erst später im Game eine Rolle spielt. Nur sollte man sich hier die prägnantesten und wichtigsten Szenen fürs Intro aussuchen, damit der Effekt auch nicht verfehlt wird.
Zitat:
Allerdings muss hierbei gesagt sein, dass ich jemand bin den die Zwischensequenzen von Metal Gear Solid nicht gestört haben. Auch nicht die 1 1/2 Stunden lange Endsequenz von Teil 4 xD
Endsequenzen können garnet lang genug sein, schließlich will man ja auch was fürs stundenlange Zocken was erreicht haben <3
29.04.2010, 07:13
real Troll
@ Miau
Gerade das Essen hinkt als Vergleich, denn dort lässt sich der Geschmack des Essers streng klassifizieren und einer Grobheits- oder Feinheitsstufe zuweisen.
Aber ich weiß trotzdem, was du meinst, zumindest nehme ich das an. Wenn man radikaldemokratisch jede mögliche Anschauung als gleichberechtigt zu anderen setzt, dann würde etwas schon gut sein, wenn es im Kopf nur eines Einzelnen Freude auslöst. Das Wörtchen gut würde ein Gummiwort, von jeder Aussage entleert, wertloser Ballast im Wörterbuch. Der Gewinn scheint mir schmal, der Verlust an Wertungsfähigkeit groß.
Du hast natürlich Recht, wenn du bemängelst, jemand sortiere per se in gut und schlecht und setze seine eigene Anschaung als etwas Universelles an. Erweitert man das aber um die schon genannten Erfahrungen und um die Erwartungen an eine Handlung, könnte sich doch wieder etwas mit größerer Aussagekraft ergeben. Ich meine Spielgenres. Nehmen wir beispielhaft ein als Horrorspiel angepriesenes Ding. Schon allein der Umstand, ob es sich als solches bewährt, ist ein Kriterium. Gibt der Ersteller noch an, was er nun genau angestrebt hatte, Gothikgrusel oder Actionschocker, verfeinert sich die Aussagekraft weiter. Hier lehnt sich jemand gesetzte Vorstellungswelten an, ich als Spieler kann abschließend (wahrscheinlich schon mittendrin) begründet urteilen, ob ihm das gelang. Verspricht jemand Grusel oder Gänsehaut und löst das bei kaum jemandem ein, war er entweder ein Threadblender oder ein schlechter Erzähler. Unschärfen sind zwar möglich und hängen davon ab, inwieweit ich selbst das Genre kenne, wie abgestuimpft ich gegenüber bestimmten Effekten bin, aber am Ende habe ich doch eine Wertung, die etwas anderes als totale Relativierung ist.
Zitat:
Zitat von sorata08
Du vergisst aber, dass das Hauptzielpublikum unserer Spiele immer noch wir selbst bzw. andere Makerer sind.
Das würde ich unisono gleich mal als Gedanken bezeichnen wollen, der auf Abwege führt. Wenn Techniker für Techniker Gebrauchsanleitungen schreiben, entstehen die üblichen Pamphlete des Schreckens, an deren Lektüre schon so manches zarte Fräulein verkümmerte. Genausowenig werden die meisten Spielebastler einen anderen ihres Schlages als Adressat im Kopf haben. Man sollte sich schon an Spieler richten, auch ganz unabhängig davon, ob sie sich hier im Forum registriert haben oder nicht - wobei mir die Rückmelder in den Threads natürlich auch lieber sind als die größtenteils anonymen Existenzen, die sich das Spiel saugen und dann wieder in ihren Welten abtauchen.
29.04.2010, 14:44
Kelven
@Sushi
Es wird trotzdem nicht funktionieren, weil die meisten von uns gar nicht die Regeln kennen, nach denen in den Literatur- oder Filmwissenschaften bewertet wird. Außerdem gelten solche Regeln nur für die Fachbereiche, universell sind sie nicht. Deshalb wissen auch die Entwickler, die schon länger in der Szene sind, nicht viel mehr als so mancher Newbie (außer dass sie schon viele Spiele kennen und deswegen abgestumpfter sind).
Zitat:
Spiele, die eine gute Handlung haben, sind Spiele, die einen von vornerein fesseln.
Stimmt, aber kein Spiel fesselt alle Spieler und mehr noch, ein Spiel, das viele fesselt, muss nicht notwendigerweise gut geschrieben sein und ein gut geschriebenes Spiel muss nicht notwendigerweise viele fesseln. Darauf wollte ich hinaus. ;-)
Jedenfalls würde ich, wäre ich in einer Jury, nicht anders bewerten, als ich es im weniger offiziellen Rahmen mache. Falls es jemanden interessiert:
@real Troll
Zitat:
Das Wörtchen gut würde ein Gummiwort, von jeder Aussage entleert, wertloser Ballast im Wörterbuch.
Das allerdings gilt sowieso für die meisten wertenden Wörter. Ich halte "anspruchsvoll" oder "tiefgründig" auch für bedeutungslos. Denn diese Wörter erhalten ihre Bedeutung alleine dadurch, was man selber für anspruchsvoll und tiefgründig hält, es gibt keine eindeutige gemeinsame Basis (natürlich liegen die Vorstellungen andererseits nicht kilometerweit auseinander). Nicht anders ist es beim Wort "gut". Wie gesagt, "Die Geschichte ist gut" ist für mich etwas anderes als "Die Geschichte ist gut geschrieben." Bei letzterem beruft man sich auf die Maßstäbe, die man eben heranzieht, wenn es um die Schreibkunst geht (selbst wenn die meisten sie gar nicht kennen, aber egal). Deswegen ist das Wörtchen "gut" tatsächlich ziemlich bedeutungslos oder würdest du immer dann, wenn jemand eine Geschichte als gut bezeichnet, erwarten, dass du sie auch gut finden wirst?
Und du sagst dann "Verspricht jemand Grusel oder Gänsehaut und löst das bei kaum jemandem ein" - ja, dann würde ich dir sofort zustimmen, dass das Spiel nicht gut erzählt ist. Nur gibt es meistens nicht diese klaren Verhältnisse, also dass die Geschichte kaum jemanden oder fast allen gefällt.
29.04.2010, 17:38
Ianus
Zitat:
Nur gibt es meistens nicht diese klaren Verhältnisse, also dass die Geschichte kaum jemanden oder fast allen gefällt.
Hey, du kannst es nie allen recht machen. Inzwischen finde ich Lovecraft auch nicht mehr Gruselig und manche Leute fanden ihn nie gureslig. Ist seine Methode deswegen schlecht? Nee.
Ist sie besonders kompliziert? Haha, nein das auch nicht. Jeder mit ein bischen Verstand könnte sie kopieren.
29.04.2010, 17:48
real Troll
@ Kelven
Ich erwarte auf jeden Fall, dass eine von mir für gut erklärte Geschichte widerspruchslos als eine solche aufgefasst wird. :D
Würdest du nur darauf verweisen, gut als Wort sei halt kontextabhängig zu gebrauchen (gut gekocht, gut gesagt, gut geschlafen), da es immer auf spezifische Vorstellungsbilder abhebt, hättest du Recht. Aber du meinst ja, diese hinreichend umrissenen Vorstellungen und Standards gäbe es nicht. Oder zumindest kaum, denn wahrscheinlich räumst du dann doch ein, ohne halbwegs gute Rechtschreibung und Grammatik würde auch die Geschichte nicht gut. Das ist jetzt noch ein Extremfall und bei solchen ist immer schneller Einigung zu erzielen; zumindest setze ich einfach mal voraus, du nickst das an dem Punkt noch ab. Und wie ist es damit?
Ohne Erzählstruktur kein guter Spannungsaufbau.
Ohne Sinn für Erzähltempo weder gute Pointen noch Drama.
Ohne Publikumsbewusstmachung (Ich mache ein Spiel und schreibe keinen Roman) kein guter Spielfluss.
Gehst du hierbei auch noch mit oder regt sich bereits bei den Punkten prinzipieller Widerstand?
29.04.2010, 21:32
Kelven
@real Troll
Zitat:
Ich erwarte auf jeden Fall, dass eine von mir für gut erklärte Geschichte widerspruchslos als eine solche aufgefasst wird.
Das tun wir doch alle. =3
Es gibt sie schon: die Fälle, bei denen sich jede Diskussion über die Qualität erübrigt, da hast du schon Recht. Die Geschichten solcher Spiele sind aber auch nicht umstritten, da wird niemand eine Lanze für brechen und selbst der neuste Neuling würde nicht auf die Idee kommen, sie zum Vorbild zu nehmen.
Rechtschreibung und Grammatik kann man ja objektiv bewerten und selbst beim Ausdruck lehnt man sich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn man Gossensprache oder eine zu hochgestochene Ausdrucksweise als schlecht bezeichnet. Falls beides nicht zum Milieu oder den Figuren passt, versteht sich.
Selbst deine drei Punkte würde ich sofort abnicken, hätte ich nicht schon zu viele ernüchternde Story-Diskussionen miterlebt, die mir gezeigt haben, dass die Wahrnehmung der Punkte höchst subjektiv ist.
Ich weiß nicht wie genau du's mit der Erzählstruktur nimmst, wirr aneinander gehängte Handlungsfetzen halte ich nicht mal für eine Handlung, in so einem Fall würde ich auch sofort auf den "Schlecht"-Knopf drücken. Aber wenn man diesen eindeutigen Fall mal außer Acht lässt, bin ich gar nicht so sicher, wie viel Erzählstruktur man für die Spannung braucht, denn es gibt genug Geschichten, die ich gähnend langweilig finde und viele andere spannend. Makerspiele finde ich sogar sehr selten spannend, was aber eher an der Inszenierung liegt.
Erzähltempo und Pointen, ja, darunter kann ich mir was vorstellen, aber ist nicht gerade der Humor wirklich absolut subjektiv? Sicher, selbst der beste Witz bringt niemanden zum Lachen, wenn er schlecht erzählt wird, aber wenn ich danach gehe, dann müsste ich der Makercommunity ein Armutszeugnis ausstellen (liegt aber auch wieder eher an der Inszenierung).
Und dass man am Publikum vorbei entwickeln kann, denke ich auch, aber mit dem Vergleich Roman vs. Spiel hat das wenig tun, denn die Sternenkindsaga erfreut sich ja trotz ihrer Textberge großer Beliebtheit. Andererseits leiden viele Spiele darunter, dass sie es nicht schaffen, das zu sagen, was sie sagen wollen, weil sie zu wenig sagen.
29.04.2010, 22:23
Miau
Zitat:
Zitat von real Troll
@ Miau
Gerade das Essen hinkt als Vergleich, denn dort lässt sich der Geschmack des Essers streng klassifizieren und einer Grobheits- oder Feinheitsstufe zuweisen.
Damit argumentierst du völlig an meinem Punkt vorbei. Hier hast du wieder eine Bewertungsskala eingeführt - Geschmack. Es kann durchaus sein, dass man innerhalb dieser Skala genau einteilen kann, was besser oder schlechter ist. Aber du gehst davon aus, dass ein allgemeingültiges gut, also "gutes Essen" gleichzusetzen ist mit "gutschmeckendes Essen", und das ist eben nicht so. Es ist sicher eine mögliche Bewertungskategorie, aber es ist weder festgelegt noch Konsens, dass Geschmack das entscheidende Kriterium für Essen ist. Wie ich oben schon sagte: Man kann Essen auch als gut bezeichnen, wenn es sättigt, wenn es gesund ist, usw.
Falls dir Essen als Beispiel nicht gefällt, dann kannst du ein beliebiges anderes nehmen. Ein gutes Fussballspiel zum Beispiel. Heißt das, dass mein Team gewonnen hat, dass es viele Torschüsse gab, dass es ein taktischer Leckerbissen war, dass sich niemand verletzt hat? Ohne eine Bewertungskategorie bleibt "gut" eine sehr leere Aussage. Da es aber keine allgemeine Regel gibt, welche Kategorie jetzt für ein Fussballspiel entscheidend ist, können die Meinungen auseinandergehen, ob es ein gutes Spiel war oder nicht. Der Fan von taktischen Spielzügen freut sich an dem 0:0 und lobt das Spiel, der Gelegenheitsschauer mäkelt über das langweilige Spiel ohne Torraumszenen. Gerade die letzte Kategorie an sich bietet eine großartige Möglichkeit, das statistisch zu vergleichen - es lässt sich zählen, wie viele Schüsse es aufs Tor gab und welches Spiel mehr davon hatte. Ähnlich wie bei deinem Beispiel mit Geschmack lässt sich also für eine (oder auch mehrere) Kategorien problemlos eine Skala aufstellen. Aber die Festlegung an sich schon, dass genau diese Kategorie entscheidet, ob das Spiel in seiner Gesamtheit gut war oder nicht ist willkürlich.
Zitat:
Aber ich weiß trotzdem, was du meinst, zumindest nehme ich das an. Wenn man radikaldemokratisch jede mögliche Anschauung als gleichberechtigt zu anderen setzt, dann würde etwas schon gut sein, wenn es im Kopf nur eines Einzelnen Freude auslöst. Das Wörtchen gut würde ein Gummiwort, von jeder Aussage entleert, wertloser Ballast im Wörterbuch. Der Gewinn scheint mir schmal, der Verlust an Wertungsfähigkeit groß.
Das hat nichts mit Radikaldemokratie zu tun, was natürlich als Schlagwort sehr gut klingt. Aber "gut" hat per se nun mal keine weitere Bedeutung als einen positiven Beiklang. Es ist nicht so, als würde ich eine bisherige Bedeutung eintauschen und die Bedeutung von "gut" grundsätzlich umdefinieren.
Zitat:
Du hast natürlich Recht, wenn du bemängelst, jemand sortiere per se in gut und schlecht und setze seine eigene Anschaung als etwas Universelles an. Erweitert man das aber um die schon genannten Erfahrungen und um die Erwartungen an eine Handlung, könnte sich doch wieder etwas mit größerer Aussagekraft ergeben. Ich meine Spielgenres. Nehmen wir beispielhaft ein als Horrorspiel angepriesenes Ding. Schon allein der Umstand, ob es sich als solches bewährt, ist ein Kriterium. Gibt der Ersteller noch an, was er nun genau angestrebt hatte, Gothikgrusel oder Actionschocker, verfeinert sich die Aussagekraft weiter. Hier lehnt sich jemand gesetzte Vorstellungswelten an, ich als Spieler kann abschließend (wahrscheinlich schon mittendrin) begründet urteilen, ob ihm das gelang. Verspricht jemand Grusel oder Gänsehaut und löst das bei kaum jemandem ein, war er entweder ein Threadblender oder ein schlechter Erzähler. Unschärfen sind zwar möglich und hängen davon ab, inwieweit ich selbst das Genre kenne, wie abgestuimpft ich gegenüber bestimmten Effekten bin, aber am Ende habe ich doch eine Wertung, die etwas anderes als totale Relativierung ist.
Ein Genre gibt dir immer noch keine fest definierte Kategorie, an der du die Qualität einer Geschichte festmachen kannst. Wenn wir bei deinem Beispiel an Horror-Geschichten bleiben, dann ist "Ich habe mich viel gefürchtet - es war eine gute Geschichte" absolut möglich. Genauso gut kann aber eine zweite Person herkommen und sagen "Die Geschichte war völlig unlogisch, die Personen handelten dumm wie Brot und durch die Logiklöcher hätte ein Raumschiff fliegen können!". Und die dritte Person ist begeistert von der Art und Weise, wie bekannte Wesensheiten wie Werwölfe und Vampire kreativ neu interpretiert wurden. Drei verschiedene Ansichten, wie man eine Geschichte sehen kann. Jeder beurteilt die Geschichte danach, was ihm am wichtigsten ist. Ob die Geschichte jetzt gut ist oder nicht, kann nicht gesagt werden. Sie ist vielleicht unglaublich gruslig, aber für Logiker nicht geeignet, weil nicht hundertprozentig durchdacht, dafür sehr innovativ. Nichts davon macht die Geschichte in ihrer Gesamtheit allgemeingültig gut oder schlecht.
Zitat:
Ohne Erzählstruktur kein guter Spannungsaufbau.
Ohne Sinn für Erzähltempo weder gute Pointen noch Drama.
Ohne Publikumsbewusstmachung (Ich mache ein Spiel und schreibe keinen Roman) kein guter Spielfluss.
Das sind alles drei handwerkliche Kriterien. Eine Geschichte kann auch als gut empfunden werden, wenn dies alles drei nicht zutrifft - wenn man auf diese handwerklichen Kriterien keinen Wert legt. Die Wahrscheinlichkeit dafür dürfte gering sein, aber das Nicht-Einhalten macht die Geschichte auch nur zu einer handwerklich schlechten Geschichte. Sie kann trotzdem unglaublich lustig sein. Oder voller interessante philosophischer Gedanken. Oder voller Action. Wenn mir das wichtiger ist, kann ich die Geschichte trotzdem als gut empfinden.
30.04.2010, 08:21
real Troll
@ Kelven
Wir vermischen ja eh schon. Wenn wir die Handlung diskutieren, indem wir gar nicht erst über bestimmte Inhalte reden, die sie in den Mittelpunkt stellt, sondern gucken, ob und inwieweit es angemessene Erzähltechniken gibt, sind wir ja schon in einem Teilbereich der Inszenierung. Ich mag auch gar nicht über Inhalte urteilen, denn (von konstruierten Extrembeispielen einmal abgesehen) denke ich, so ziemlich alles, was als Spiel erzählt wird, kann auch funktionieren. Es kommt eben nur darauf an, wie. Und dann komme ich wieder mit meiner Litanei vom guten Handwerk, ohne das es einfach nicht gehe.
Mit Erzählstruktur meine ich vor allem, wie welche Einzelereignisse komponiert und aufeinander bezogen werden (sicher hat die Literaturwissenschaft da eine viel schönere, herrlich ausladende Definition). Geht das Heldenheimatdorf in Flammen auf und die Hauptfigur zieht racheschwörend von dannen und ab da wird das Thema Heimatverwüstung nie mehr erwähnt, kann das Spiel wegen eines geilen Kampfsystems immer noch Spaß machen, doch dieser Handlungsstrang ist dann nicht gut. Wurde das abfackelnde Dorf nicht einmal mit netten Effekten zerstört, ist das sogar ein Akt allerschlimmster Lebenszeitvernichtung des Spielers.
Humor wiederum lässt sich auch klassifizieren. Von Kackewitzen über Mario Barth bis hin zu Dieter Nuhr existiert eine hübsche Spannbreite. Welchen Humor der jeweilige Komiker bedient, wird meist daran festgemacht, welches Publikum er anzieht. Was ich irgendwann schonmal im Thread sagte: Es nützt, sich seine Zielgruppe vor Projektstart auszusuchen. Ein Fungame dessen Brüller sich auf die Tastache stützen, dass Erwin einen Penis hat, ist nicht der große Kracher unter 20jährigen Studenten (unalkoholisiert), aber unter 12jährigen wäre ich mit diesem Machwerk der König. Damit habe ich etwas anderes als totale Beliebigkeit.
Naja und die Sternenkindsaga mag untypisch viel Text enthalten, hat mit ihren Fähigkeitsbäumen, den Minispielen und der Abwechslung in der Spielwelt aber natürlich schon ihr Medium getroffen. Und auch hier greift die Publikumserfahrung. Wer schon einmal einen alten Ritterroman aufgeklappt vor Augen hatte, wird Pathos, Blumigkeit und Länge der Texte als recht stilsicher übertragen verstehen. Wer davon nichts weiß, muss darauf hoffen, dennoch glücklich zu werden.
@ Miau
Wann ist eine Frau schön? Wollte man das für alle Kulturen aller Zeiten beantworten, könnte man ein Kabinett der Extreme reihen. Aber sobald wir anwendungsbezogen reden, tun wir gut daran, das Hier und Heute als Basis zu nehmen, ohne uns in Verumständlichungen zu verlieren. Und schon schnurt die Möglichkeitsmenge auffällig zusammen und daran ändert auch der Freund eines Bekannten nichts, der sich womöglich gegen den Strich verliebte. Darum meine ich, dein Einwurf beim Essensvergleich zielt auch daneben, denn in Deutschland ist der reine Sättigungswert des Essens nichtmehr die Überkategorie, als die er in Tansania gilt. Wenn hierzulande Fernsehköche etwas Gutes zubereiten, unterweisen sie die Leute nicht darin, wie man 50kg Reis gammelsicher im Keller einlagern kann.
Vielleicht verstehe ich falsch und darum formuliere ich das auch nachfragend meinend, aber ich glaube, du gibst nicht viel auf Wahrscheinlichkeiten und Anschauungsmehrheiten, sondern siehst jeden Einzelnen als Wertungsabsolutum. Falls es sich so verhielte, wüsste ich nicht recht zu antworten, denn dann ist man zu schnell bei arg ausgefallenen Exempeln, die ich für nicht wirklich sinnhaftig erachte. Beispiel: Man kann nicht sagen, der Film hätte eine wirklich überwältigende Optik besessen, denn im Publikum saß ein Blinder.
30.04.2010, 09:15
Kelven
@real Troll
Nun, wenn durch das gänzlich unnötig zerstörte Heldendorf ein Handlungsstrang schlecht wird, ist das aber noch lange nicht die ganze Geschichte. Außerdem ist der Rachegedanke ja meistens präsent, weil das Heimatdorf oft vom Gegenspieler zerstört wurde und der Held ständig Rache im Kopf hat, selbst wenn er es nicht direkt erwähnt. Jedenfalls kann der Spieler die Geschichte aber trotzdem gut finden. Weil er mit dem Helden fühlt und sich auf die Rache freut. Weil er die Entwicklung bis zum Endkampf spannend findet. Weil sonst noch was in der Geschichte passiert, was ihn richtig bewegt. Es ist letztendlich Gefühlsebene vs. Handwerk, auch wenn das Hervorrufen von Gefühlen natürlich auch von der Art, wie die Geschichte geschrieben ist, unterstützt wird. Aber dort gibt es nicht nur richtig oder falsch, sondern unzählige Facetten, die man vielleicht gar nicht alle wahrnehmen kann, um das nochmal aufzugreifen was Ianus gesagt hat. Irgendwie gehört ja sogar mit dazu, dass der Spieler selber bereit sein muss, sich von der Geschichte unterhalten zu lassen (was z. B. bei Abneigung gegen ein bestimmtes Genre oder gegen das Gameplay nicht möglich ist).
Vielleicht sollten wir mal eine Makergeschichte im Detail analysieren und darüber diskutieren.
P.S. Es gibt genug (unalkoholisierte) Erwachse, die Peniswitze besser finden als Humor über der Gürtellinie. ;-) Gerade beim Humor gibt es ja die Ansicht, dass gerade der ohne Niveau der beste sein soll. Und das sagen längst nicht nur die, die damit provozieren wollen.
30.04.2010, 09:58
Luthandorius
Zitat:
Zitat von Kelven
Irgendwie gehört ja sogar mit dazu, dass der Spieler selber bereit sein muss, sich von der Geschichte unterhalten zu lassen (was z. B. bei Abneigung gegen ein bestimmtes Genre oder gegen das Gameplay nicht möglich ist).
Vielleicht sollten wir mal eine Makergeschichte im Detail analysieren und darüber diskutieren.
P.S. Es gibt genug (unalkoholisierte) Erwachse, die Peniswitze besser finden als Humor über der Gürtellinie. ;-) Gerade beim Humor gibt es ja die Ansicht, dass gerade der ohne Niveau der beste sein soll. Und das sagen längst nicht nur die, die damit provozieren wollen.
Gerade das mit dem Punkt, dass man sich auf die Geschichte einlassen muss, und bereit sein muss, sich unterhalten zu lassen, spielt stark mit. Das gibt es bei Anime, bei denen der Zeichenstil abschrecken kann, so dass einem die sonst eventuell unterhaltsame Story weniger gefällt. Das gibt es bei Büchern auch, wenn hier mancher einen merkwürdigen Stil hat. So ist das natürlich auch bei Genre und Gameplay möglich. Manchmal ist es auch einfach gar nicht die Abneigung - man mag vielleicht ein Genre "normal" das heißt nicht "wenig"(Abneigung) oder "sehr viel", hat aber einfach gerade viel von diesem Genre gespielt und möchte mal wieder etwas Abwechslung. Spielt man dann gerade etwas von dem Genere, von dem man übersättigt ist, dann legt man es vielleicht schnell beiseite und findet es eher "langweilig", "schlecht". Das hatte ich schon oft.
Intelligente Menschen natürlich erkennen das dann und denken sich, dass sie es später vielleicht noch mal versuchen könnten, wenn sie wieder mehr Lust auf entsprechendes Genre, Setting, whatever haben. Man muss ja nicht zwangsweise alles gleich nach erscheinen spielen - das machen sowieso eigentlich nur Hardcore-Fans.
Humor ist auch so eine interessante Sache. Vielleicht sollte man auch einige sogenannte "Dialogwitze" bzw. "Dialoghumor" untersuchen. Da gibt es ja auch die verschiedensten Arten davon. Gerade Anime, denen oft Dialoghumor nachgesagt wird, finde ich oft langweilig, insbesondere von den Dialogen - vielleicht kenne ich einfach schon zu viel und die betreffende Form von Dialoghumor die dort vorkommt ist nicht mein Geschmack und ich mag anderen Dialoghumor, der den Augen anderer Leute kein Dialoghumor ist. Das lässt sich natürlich auch auf Games übertragen - da gibt es sicher auch genügend "Dialogwitz" auch wenn ich seltenst etwas finde, über das ich lachen kann.
30.04.2010, 10:29
Corti
Zitat:
Zitat von Luthandorius
Humor ist auch so eine interessante Sache. Vielleicht sollte man auch einige sogenannte "Dialogwitze" bzw. "Dialoghumor" untersuchen. Da gibt es ja auch die verschiedensten Arten davon. Gerade Anime, denen oft Dialoghumor nachgesagt wird, finde ich oft langweilig, insbesondere von den Dialogen - vielleicht kenne ich einfach schon zu viel und die betreffende Form von Dialoghumor die dort vorkommt ist nicht mein Geschmack und ich mag anderen Dialoghumor, der den Augen anderer Leute kein Dialoghumor ist. Das lässt sich natürlich auch auf Games übertragen - da gibt es sicher auch genügend "Dialogwitz" auch wenn ich seltenst etwas finde, über das ich lachen kann.
Assoziationsspiel:
Dialoghumor -> Firefly
30.04.2010, 10:40
Kelven
Der Dialoghumor steht dem mit dem Körper ausgeübten Humor (sprich Slapstick) gegenüber, die Bandbreite ist natürlich auch sehr groß. Jeder Witz ist Dialoghumor, aber zwischen einer derben Zote und politischem Kabarett liegen Niveauwelten. Da der Maker für aufwändige Gestik und Mimik nicht geeignet ist, hat man in den Spielen wohl eher Dialoghumor.
30.04.2010, 12:31
Sushi
Zitat:
Zitat von Kelven
...Gestik und Mimik nicht geeignet ist, hat man in den Spielen wohl eher Dialoghumor.
Und auch der ist sehr schwer rüber zu bringen, wenn man denn ein Humorspiel macht. Außer natürlich es geht um irgendwelche Insider.
Selten, dass ich bei einem RPG gelacht habe. Bzw. geschmunzelt.
30.04.2010, 12:48
Kelven
Warum sollte es schwer sein? Funktioniert in Büchern doch auch. Ist natürlich auch wieder etwas, auf das man sich als Spieler einlassen muss. Den Humor von real Troll finde ich z. B. herrlich. Oder die derben Sprüche vom Kriegsherrn aus der Sternenkindsaga. Wilfred, the Hero hat auch einen schönen, hintersinnigen Humor (das Spiel ist ja im Ganzen eine Persiflage, würde ich sagen). Der Humor aus A Blurred Line oder Book of Three ist auch sehr gelungen. Natürlich sind das alles keine Fungames, dass die selten lustig sind, liegt einfach daran, dass der Humor immer mit der Brechstange kommt.
Und auch der ist sehr schwer rüber zu bringen, wenn man denn ein Humorspiel macht. Außer natürlich es geht um irgendwelche Insider.
Selten, dass ich bei einem RPG gelacht habe. Bzw. geschmunzelt.
Das liegt aber eher daran, dass es schwierig ist die Grundlage zu erstellen, und nicht so sehr diese dann gut rüber zu bringen. Selbst Fäkalhumor besteht nicht daraus, dass jemand sinnlos durch die Gegend läuft und "Scheisse" ruft.
30.04.2010, 13:46
Owly
Humor ist nicht nur Lachen. Ich habe bei keinem Game Arts/Working Designs Spiel gelacht und trotzdem waren sie lustig. Das wohlige Gefühl im Bauch tut Spielwelten ohne humoriger Logik (zu solchen zähle ich real_Trolls Spiele und UiD; bei beiden würde es mich nicht wundern, wenn in bester Warner Bros Manier ein Amboss aus heiterem Himmel das Heldenhaupt bügelt.) besser, da diese Humor in erster Linie dazu verwenden den Spieler nach einem Spannungshöhepunkt langsam abzukühlen. Dazu braucht es keine Pointen, nur ein paar smarte Sprüche in den passenden Situationen und da ein durchschnittliches RPG die reinste Situationsparade ist, sollte kein Mensch Humor als unüberwindbare Hürde sehen. Rudimentär lustig ist jeder, man muss die Bälle nur spielen, wenn sie einem vor die Füße rollen.
Dazu kommt, dass Spielwelten mit Witz in der Regel rettenswerter erscheinen. Das ist in etwa derselbe Effekt wie der, dass ernste Situationen in Sitcoms oft viel ernster erscheinen als allgemein ernste Erzählformen das tun.
30.04.2010, 14:27
Kelven
Ja, das sowieso, ich als Norddeutscher kann ja nur im Keller richtig lachen, deswegen muss bei Spielen das wohlige Gefühl reichen. Man muss damit leben, dass auf dem Maker nicht alles so umgesetzt werden kann, wie man es aus Filmen oder kommerziellen Spielen kennt, dafür fehlen die gestalterischen Mittel. Das hat auch wieder eine Auswirkung auf die Geschichte bzw. das Geschichtenerzählen. Mir fällt das immer wieder bei meinen eigenen Spielen auf; das FMV aus dem Kopf sieht in Makergrafik und -animation nur wie ein schlechtes Abbild aus.
Die Armen Sklaven, erst die Doppelbelastung mit 2 Spielen auf einmal und jetzt auch noch irres Bösewichtgelächter.:(
Jetzt aber zurück zum Thema, die beiden lustigsten Spiele Makerspiele die ich gesielt haben waren Die Reise ins All und UiD, bei keinen anderen Spielen haben ich mich derart schief gelacht.:D
Dazu sei gesagtdas ich Fun- und Trashspiele nicht oder zumindest extrem selten anfasse.
01.05.2010, 12:35
Miau
Zitat:
Zitat von real Troll
Wann ist eine Frau schön? Wollte man das für alle Kulturen aller Zeiten beantworten, könnte man ein Kabinett der Extreme reihen. Aber sobald wir anwendungsbezogen reden, tun wir gut daran, das Hier und Heute als Basis zu nehmen, ohne uns in Verumständlichungen zu verlieren. Und schon schnurt die Möglichkeitsmenge auffällig zusammen und daran ändert auch der Freund eines Bekannten nichts, der sich womöglich gegen den Strich verliebte.
Es geht überhaupt nicht um alle Kulturen aller Zeiten. :) Das geht schon wieder in eine völig andere Richtung, die gar nicht den Kern meines Argumentes trifft. Es geht nicht darum, dass sich die Anschauung auf etwas im Laufe der Zeit ändert oder kulturell verschieden ist - das ist es natürlich alles, aber das interessiert in diesem Fall erst mal nicht. Auch wenn wir, wie du ja auch meintest, das "Hier und Heute" als gesetzt annehmen, dann ist gut immer noch nicht klar definiert. Das Grundproblem, dass "gut" ein an sich unaussagekräftigen Begriff ist, bleibt davon völlig unberührt.
Wenn ich dich richtig verstehe, ist dein implizites Argument, dass uns das "Hier und Jetzt" den Bewertungsmaßstab mitgibt, der gut auszeichnet. Das gutes Essen also gut schmecken muss. Meiner Meinung nach ist das aber nicht so, denn es gibt keine verpflichtende Definition. Auch wenn du meinst, dass Essen ein schlechtes Beispiel ist, bleiben wir doch mal dabei. Denn Sättigung ist ja auch bei uns eine Kategorie. Nehmen wir mal wieder Beispiele:
Ein Eis ist sehr lecker, aber leider absolut nicht sättigend.
Ein Topf Gemüseeintopf ist nicht so lecker, aber er macht satt.
Ja, das sind mit Absicht Extrembeispiele. ;) Keines von beiden ist absolut gesehen das bessere Essen. Eis ist leckerer, Gemüseeintopf ist sättigender. Selbst wenn die Extreme rausnimmst, bleibt das Prinzip das gleiche. Ich finde z.B. dass Crêpes viel leckerer sind als Salami-Pizza. Trotzdem glaube ich nicht, dass Crêpes ein besseres Essen ist - denn Salami-Pizza macht satt, und das ist mir meist wichtiger. Natürlich spielt der Geschmack immer noch eine Rolle, Haferschleim macht auch satt, und den finde ich nicht so gut. Aber er ist nicht allein entscheidende Kategorie und deshalb funktioniert die Gleichsetzung von "Essen 1 schmeckt besser als Essen 2" -> "Essen 1 ist besser als Essen 2" nicht. Selbst wenn ich alle möglichen Kategorien (Sättigung, Geschmack, usw.) mit Gewichtung auf eine einzelne Skala umrechne, kann ich trotzdem keine allgemeingültigen Aussagen machen. Ein Vegetarier wäre weit davon entfernt, meine Salami-Pizza als gutes Essen zu bezeichnen, denn sie enthält Fleisch. Andere Leute könnten dagegen argumentieren, dass Crêpes natürlich ein besseres Essen sei als Salami-Pizza - schließlich schmecken sie besser!
Ist jetzt verständlich geworden, was ich meine? Auch das "Hier und Heute" gibt uns keine Regeln vor, nach welchen Bewertungskriterien eine Sache gut oder schlecht ist. Selbst wenn wir annehmen, dass wir uns innerhalb der einzelnen möglichen Kategorien einig sind, also alle sagen würden, dass Crêpes besser schmeckt als Salami-Pizza und diese wiederum mehr sättigt, dann hilft uns das nur bedingt weiter. Denn das sagt uns immer noch nicht, ob wir jetzt den Sättigungsgrad oder den Geschmack stärker bewerten sollen.
Zitat:
Zitat von real Troll
Vielleicht verstehe ich falsch und darum formuliere ich das auch nachfragend meinend, aber ich glaube, du gibst nicht viel auf Wahrscheinlichkeiten und Anschauungsmehrheiten, sondern siehst jeden Einzelnen als Wertungsabsolutum.
Für den ersten Schritt, sich klarmachen, dass es kein absolutes gut oder schlechtes ist, ignoriere ich Wahrscheinlichkeiten tatsächlich. Auf eine Definition haben Wahrscheinlichkeiten keinen Einfluss. Wenn Gegenstände in 90% der Fälle nach unten fallen, wenn ich sie loslasse, aber in 10% der Fälle in der Luft schweben bleiben, dann kann ich keine allgemeingültige Schwerkraft folgern. Dem Mathematiker ist dieses Problem bekannt: Schon ein Gegenbeispiel genügt als Beweis, dass eine Behauptung nicht allgemein gültig ist. Und wenn es das einzige für Millionen von Möglichkeiten ist, dann genügt es trotzdem.
In der Praxis spielen solche Wahrscheinlichkeiten natürlich eine größere Rolle. Das ändert aber erstens nicht daran, dass allgemeingültige Aussagen schlicht falsch sind. Wenn ich sage "Diese Geschichte ist schlecht" mache ich wieder meine Bewertungskriterien zu allgemeinen Bewertungskriterien von allen. Ich ignoriere, gewollt oder ungewollt, dass andere Leute völlig andere Prioritäten haben können, was die Qualität von Geschichten angeht.
Vor allem haben wir zweitens in dieser Community meiner Meinung nach keinen einheitlichen Massengeschmack, was Geschichten angeht. Es ist nicht so, als würden wir hier von ein oder zwei unverbesserlichen Abweichlern sprechen oder von dem Freund, der völlig gegen den Strich eine bestimmte Geschichte unglaublich toll findet, die sonst keiner mag. ;) Meinungen gehen nun mal weit auseinander, was Geschichten und ihre Bewertung angeht. Das sollte man einfach anerkennen und nicht damit begründen, dass diese Leute eben noch zu jung, schon zu alt, borniert, aus einem anderen Kulturkreis oder einfach unlustig sind. Sondern einsehen, dass es jeder seine Prioritäten für eine gute Geschichte selbst wählen darf, denn es gibt keine Verpflichtung, dass ich mich z.B. nach deinen Prioriäten richten muss. Es gibt auch keine Verpflichtung, sich nach den Prioritäten der Allgemeinheit zu richten, denn auch deren Prioritäten wurden nirgends als verpflichtend gekennzeichnet oder definiert.
Um den Bogen zurück zu schlagen: Wenn man sich nach den Prioritäten der Allgemeinheit richtet, dann hat man gute Chancen, eine Geschichte zu schreiben, die von der Allgemeinheit als gut betrachtet wird. Das macht es aber immer noch nicht zu einer allgemeingültig guten Geschichte und jemand, der diese Geschichte schlecht findet, hat nicht automatisch unrecht oder einfach keine Ahnung.
Interessant wird es vor allem andersrum: Wenn die Allgemeinheit eine Geschichte schlecht findet, heißt das nicht automatisch, dass sie allgemeingültig schlecht ist und Leute, die diese Geschichte gut finden, haben alles Recht dazu und müssen auch nicht bekehrt werden, dass diese Geschichte doch eigentlich sehr schlecht sei.
Allgemeingültig über die Qualität einer Geschichte kann mit Wissen um den Allgemeingeschmack genauso viel ausgesagt werden wie ohne. Mit diesem Wissen können wir nur beurteilen, wie der Allgemeingeschmack diese Geschichte beurteilen wird. Der ja meiner Meinung nach auch nicht sehr einheitlich ist.
Zitat:
Zitat von real Troll
Falls es sich so verhielte, wüsste ich nicht recht zu antworten, denn dann ist man zu schnell bei arg ausgefallenen Exempeln, die ich für nicht wirklich sinnhaftig erachte. Beispiel: Man kann nicht sagen, der Film hätte eine wirklich überwältigende Optik besessen, denn im Publikum saß ein Blinder.
Nein, das ist zum Beispiel purer Unsinn. ;) Der Blinde legt vielleicht andere Maßstäbe an, ob der Film gut war oder nicht (die Optik ist ihm vermutlich egal). Aber das ändert nichts daran, dass wir die Optik eines Films beurteilen können. Was wir nicht sagen können ist: Der Film ist allgemeingültig ein guter Film, weil er eine überwältige Optik hat. Erlaubt ist aber natürlich immer "Ich fand diesen Film gut, weil er eine überwältigende Optik hat."
01.05.2010, 15:32
real Troll
@ Kelven
Ich glaube, beim Humor greift die Erfahrung sogar ganz besonders. Kennt man die Pointe, muss der Witz schon sehr gut erzählt sein, um darüber noch einmal schmunzeln zu können. Die Zündfähigkeit des Witzes steht in einem beträchtlichen Verhältnis zur Überraschung, die er produziert. Wenn der 12jährige darüber lacht, dass Erwin einen Penis hat, grölt der 20jährige erst dann los, wenn man ihm erzählt, was Erwin damit so alles macht. Er ist eben ein paar Stufen weiter.
Der Heimatdorfheld kann natürlich noch eine Menge mehr erleben und wenn es besser erzählt ist, kann es den Anfang wieder gutmachen. Aber offenbar haben wir dann doch eine Art von Lapsus gefunden, der beim Erzählen passieren kann. Je mehr Erzählstruktur verloren geht, desto wackeliger werden die Zusammenhänge der Handlung, desto egaler werden die behandelten Probleme, desto weniger funktioniert die Handlung als Weiterspielmotivator. Die Sensibilitäten auf Seiten der Spieler mögen unterschiedlich ausgeprägt sein, aber ich denke, der Anteil fröhlicher Anarchisten ist zu gering, als dass er an einem anderen Ort als an einem Extrembeispiel gut aufgehoben wäre, also ließe sich sagen: Mit schwindender Erzählstruktur schwindet auch beim Gutwilligsten über kurz oder lang die Anhänglichkeit an die Spielhandlung. Die ist dann nicht mehr gut.
Ich würde jetzt eigentlich gleich zum Erzähltempo und zum Zielpublikum übergehen wollen (es hängt praktisch auch miteinander zusammen), wage das aber gar nicht, denn eventuell zauberst du gleich einen neuen Einwurf herbei, den ich lieber mal abwarte.
@ Miau
Du hast meiner Meinung nach einige Logikprobleme in deiner Argumentation. Einerseits enthalte "gut" nicht wirklich eine Aussage, führst du aus, andererseits dürfe man den Begriff nicht auf etwas verwenden, da sonst Leute zurückgesetzt würden. Wenn ich mit Nichts zuschlage, dürfte sich aber auch keine Beule ergeben.
Bei deinem Essensbeispiel wendest du einfach zwei verschiedene Bezugssysteme (nahrhaft, lecker) auf einen Gegenstand an. Wenn wir das auf die Handlung eines Spiels übertrügen, hießen die Kategorien in etwa "Hat mir lebenswichtige Informationen für meine weitere Daseinsgarantie übermittelt" und "Hat mich unterhalten". Ich rede bei der Handlung über Unterhaltung, wenn ich gut und schlecht als Kriterium anwenden möchte, folglich dächte ich auch nur darüber nach, ob es beim Essen einen relevanten oder nur einen völlig beliebigen Begriff des Leckeren gäbe und vermischte ihn nicht mit anderweitigen Fragen.
Und dein Mathematiker, der halb im Geiste Poppers, aber ein wenig verdreht, Aussagen über die Allgemeinheit vom Wohlverhalten jedes Einzelnen abhängig macht, erscheint mir zumindest unverhältnismäßig, wenn er die Vorhersagbarkeit von toter Materie auf ein so fideles Ding wie einen Menschen, noch dazu eingespannt in die Beziehung zu anderen seiner Art, übertragen möchte. Aus der Behauptung, Aussagen über Menschen seien nur zulässig, wenn sie dadurch wie ein monolithischer Mengenblock erscheinen und der anschließenden Beobachtung, es gäbe durchaus Unterschiede zwsichen den Individuen, fabriziert man einfach nur einen Zirkelschluss, wenn man damit schon alles für gesagt erklärt.
Eigentlich wollte ich weiter zu Handlungen schreiben, aber da wir ganz verschiedene Ansätze und Basen haben, von denen wir erfolgversprechend zu denken annehmen, wird es wohl noch auf ein längeres Aneinandervorbeireden hinauslaufen. ;)
01.05.2010, 16:42
Luthandorius
Das sind dann hier einfach 2 grundlegend verschiedene Definitionen von "gut" bzw. "schlecht". Bei beiden könnte man es wahrscheinlich irgendwie auf die beliebten Nutzenfunktionen(welche von den persönlichen Präferenzen abhängen) zurückführen.
So hat jede Person andere Präferenzen. Für den einen(Nährwert wichtig) bringt ein nahrhaftes, nach A schmeckendes Steak höheren Nutzen als für den anderen(Geschmack wichtig, Lieblingsgeschmack das Gegenteil von A). Dem Vegetarier bringt es sogar Disnutzen.
Weiterhin wird wohl ab einer bestimmten Menge eine Sättigung eintreten - das kann auch mal bei Games, Filmen, Büchern, etc. sein - wenn man von einem bestimmten Genre, Setting, etc. einfach genug hat und mal Abwechslung braucht. Man muss also die "Startmenge" mit einbeziehen und den Nutzen für die nächste Einheit bestimmen.
Die 1. Definition wäre dann ein individuelles "gut". Was bringt der jeweiligen Person in ihrer jetzigen Situation(Startmenge) den besseren Nutzen zuwachs - das hängt von Person und Startmenge ab. Der Vegetarier bevorzugt das Nichtfleischliche. Haben wir hier 2 gleiche Vegetarier und die Nichtfleischprodukte A und B und der eine hat bereits sehr viel A, dann wird er sagen "brint mir noch ein Stück B, das wäre jetzt besser".
Die 2. Definition wäre dann ein kollektives "gut. Da würde man versuchen, den Nutzen aller Personen so groß wie möglich zu halten. Da kann man dann natürlich, wenn man es so interpretiert, sagen, dass etwas gut ist, wenn 9 von 10 Personen es "gut" finden, da wahrscheinlich der Nutzen aller 10 Personen summiert höher wäre, wenn man ihnen dieses Konsumgut verschaffen würde. Würde man man nur den einzelnen(1 von 10) bevorzugen, dann wäre dieser zwar besser bedient(individuelles "gut"), aber die Gesamt heit wäre schlechter.
Selten kennt man aber wohl alle Nutzenfunktionen der anderen betroffenen Personen. Also macht es durchaus Sinn, vom individuellen "gut" zu reden - und das ist ja auch das, was in der Regel verwendet wird - die persönliche Meinung, das worüber man in Foren, etc. redet. "XYZ gefällt mir besser" kommt sicher öfter vor als "XYZ gefällt 90 Prozent der Leute schlechter, ich gehöre zu den übrigen 10 Prozent".
01.05.2010, 17:20
Miau
Zitat:
Zitat von real Troll
Du hast meiner Meinung nach einige Logikprobleme in deiner Argumentation. Einerseits enthalte "gut" nicht wirklich eine Aussage, führst du aus, andererseits dürfe man den Begriff nicht auf etwas verwenden, da sonst Leute zurückgesetzt würden. Wenn ich mit Nichts zuschlage, dürfte sich aber auch keine Beule ergeben.
Nicht ganz, aber vielleicht habe ich mich da auch sehr unklar ausgedrückt. Gut und schlecht als Worte sind ja nicht vollkommen bedeutungsleer - sie sind wie gesagt, positiv bzw. negativ besetzt. Wenn ich etwas schlecht finde, dann gebe ich eine negative Bewertung ab - allerdings sagt "schlecht" nicht, an Hand welcher Kriterien ich etwas nun negativ bewerte. Wenn ich eine Geschichte schlecht finde, dann bewerte ich sie negativ an Hand meiner Prioritätenliste, was für mich gute Geschichten sind. Ich kann das auch so ausdrücken mit einem "Ich finde diese Geschichte schlecht". Dann wird klar, dass meine Prioritätenliste gemeint ist. Alternativ kann ich auch einfach angeben, unter welchem Gesichtspunkt ich die Geschichte betrachtet habe: "Diese Geschichte ist handwerklich schlecht erzählt". Wenn ich aber sage "Diese Geschichte ist schlecht" dann treffe ich eine allgemeingültige Aussage über diese Geschichte - sprich: Diese Geschichte ist immer schlecht, egal welches Prioritätensystem man anlegt. Das wir hier eine andere Aussage treffen, leuchtet ein, oder?
Vor allem wollen wir diese Aussage meist ja auch gar nicht machen - außer wir sind der Meinung, dass sowieso nur unser Prioritätensystem, was eine gute Geschichte ausmacht, das einzig mögliche ist und alle anderen einfach unzulässige Prioritäten setzen oder wir uns gar nicht bewusst sind, dass auch andere Prioritätensetzung möglich ist. Das ist dann der Punkt, an dem es meiner Meinung nach kritisch wird. Und an dem man dann auch wunderbar aneinander vorbeireden kann bei der Diskussion, ob eine Geschichte jetzt gut sei oder nicht. ;)
Zitat:
Zitat von real troll
Bei deinem Essensbeispiel wendest du einfach zwei verschiedene Bezugssysteme (nahrhaft, lecker) auf einen Gegenstand an. Wenn wir das auf die Handlung eines Spiels übertrügen, hießen die Kategorien in etwa "Hat mir lebenswichtige Informationen für meine weitere Daseinsgarantie übermittelt" und "Hat mich unterhalten". Ich rede bei der Handlung über Unterhaltung, wenn ich gut und schlecht als Kriterium anwenden möchte, folglich dächte ich auch nur darüber nach, ob es beim Essen einen relevanten oder nur einen völlig beliebigen Begriff des Leckeren gäbe und vermischte ihn nicht mit anderweitigen Fragen.
Ja, ich wende zwei verschiedene Bezugssysteme an. Darum geht es ja, dass "gut" kein vorgeschriebenes Bezugsystem hat, sondern ich mir eines aussuchen kann. Die Übertragung auf die Handlung eines Spiels heißt aber auch nur, dass ich mir dort eines aussuchen darf - war handwerklich gut gemacht, war innovativ, hat mich zum lachen gebracht, war in sich logisch, hat mir Denkanstöße gegeben, hat mich berührt, hat mich an alte SNES-Zeiten erinnert, usw.
Wenn du meinst, dass die entsprechenden Bezugsssyteme "Hat mir lebenswichtige Informationen für meine weitere Daseinsgarantie übermittelt" und "Hat mich unterhalten" wären, dann hast du meine Beispielbezugssystemen zu direkt versucht zu übernehmen. Natürlich könnte ich auch dieser Bewertungsskala höchste Priorität verpassen, wenn sich gute Geschichten für mich dadurch definieren, dass sie mir beim Überleben helfen. Dann dürfte ich aber wenige Geschichten in dieser Community finden, die ich gut finde. ;)
Wenn du noch mal meine Antwort auf dein Beispiel mit dem Horror-Genre liest, dann siehst du, dass ich dort drei mögliche Bezugssysteme erwähnt habe (Gruselfaktor, Innovation, logischer Aufbau), alle drei können die Qualität der Geschichte und auch der Unterhaltung beeinflussen ;) Und schon alleine die Aussage "Die Qualität einer Geschichte wird dadurch bestimmt, wie sehr unterhält" ist ja das Anlegen eines Bezugssystems. Eines, auf das sie wohl die meisten Leute einigen können, aber deshalb noch kein allgemeingültiges. Effi Briest hat mich kein bißchen unterhalten, trotzdem gibt es genug Leute die es als eine gute Geschichte bezeichnen.
Selbst wenn wir annehmen, es wäre eine allgemeingültige Aussage, dass die Qualtität einer Geschichte durch die Unterhaltung definiert wird, dann haben wir immer noch das gleiche Problem. Was ist gute Unterhaltung? Auch hier hat gut wieder kein klar definiertes Bezugssystem, "gute Unterhaltung" ist nirgends fest definiert. Ich kann mich gut unterhalten bei einer witzigen Geschichte, bei einer abwechslungsreichen, bei einer spannenden, bei einer mit Tiefgang oder einer gut erzählten. Wir haben das Problem, dass es kein allgemeingültiges Bezugsystem gibt, nur auf einen anderen Begriff verschoben, nicht gelöst. Allgemeingültige Aussagen können wir immer noch nicht treffen.
Zitat:
Zitat von real troll
Und dein Mathematiker, der halb im Geiste Poppers, aber ein wenig verdreht, Aussagen über die Allgemeinheit vom Wohlverhalten jedes Einzelnen abhängig macht, erscheint mir zumindest unverhältnismäßig, wenn er die Vorhersagbarkeit von toter Materie auf ein so fideles Ding wie einen Menschen, noch dazu eingespannt in die Beziehung zu anderen seiner Art, übertragen möchte. Aus der Behauptung, Aussagen über Menschen seien nur zulässig, wenn sie dadurch wie ein monolithischer Mengenblock erscheinen und der anschließenden Beobachtung, es gäbe durchaus Unterschiede zwsichen den Individuen, fabriziert man einfach nur einen Zirkelschluss, wenn man damit schon alles für gesagt erklärt.
Ich verstehe leider nicht ganz, an welchem Punkt meiner Argumentation du hier ansetzt, außer an dem Wort Mathematiker. Die Mathematik war nur ein Beispiel. Das eine Aussage nicht allgemeingültig ist, wenn es ein Gegenbeispiel gibt, ist ein Prinzip, dass sich beispielsweise auch in der Philosophie oder Kommunikationswissenschaft wiederfindet. Es ist ein allgemeines Prinzip und es ist für das Prinzip völlig egal, ob man damit tote oder lebende Dinge betrachtet.
Die Behauptung "Aussagen über Menschen seien nur zulässig, wenn sie dadurch wie ein monolithischer Mengenblock erscheinen" habe ich nie getroffen. Aussagen über Menschen lassen sich auch für unterschiedliche Menschen machen, aber allgemeingültige (!) Aussagen über Menschen lassen sich wie alle allgemeingültigen Aussagen nur treffen, wenn es keine Ausnahmen gibt.
Ich gebe dir natürlich Recht: Eine Aussage, die ihre eigene Prämisse beweist, ist sehr sinnfrei. Meiner Meinung nach habe ich aber keine solche Aussage getroffen. ;)
01.05.2010, 19:46
Ianus
Zitat:
Zitat von Miau
In der Praxis spielen solche Wahrscheinlichkeiten natürlich eine größere Rolle. Das ändert aber erstens nicht daran, dass allgemeingültige Aussagen schlicht falsch sind. Wenn ich sage "Diese Geschichte ist schlecht" mache ich wieder meine Bewertungskriterien zu allgemeinen Bewertungskriterien von allen. Ich ignoriere, gewollt oder ungewollt, dass andere Leute völlig andere Prioritäten haben können, was die Qualität von Geschichten angeht.
Oh, fürchte dich nicht. Niemand verlagt von dir jemanden, der einfach nur "Gefällt mir nicht" schreibt als Bindend zu nehmen. Im allgemeinen sollten noch weitere, mehr ins Detail gehende Argumente und Vergleiche folgen. Von diesen abgeleitet kannst du dann dein eigenes informiertes Urteil bilden. So in etwa wie wenn du zuerst mit jemandem ein Auto kaufen gehst, der alle Farben außer Grün für schlecht hält und danach dasselbe noch mit jemandem machst, der sich darüber informiert hat, was im allgemeinen passiert, wenn ein grünes Auto mit Polyamid geklebte Ledersessel, einen Dieselmotor und ein vom Motorkühler autarktes Klimasystem hat. Um ein totales Bullshitbeispiel zu bringen.
Natürlich kannst du beide Meinungen für gleichwertig halten...aber welche Meinung sagt dir mehr über die Beschaffenheit des Fahrzeuges?
01.05.2010, 20:05
Kelven
@real Troll
Den Einwurf hab ich schon die ganze Zeit in meinem Ärmel versteckt und warte nur darauf ihn herauszuholen. Was du beschreibst sind für mich immer noch die Extreme und eigentlich sogar nur die negativen - also Geschichten, die weder auf inhaltlicher noch emotionaler Ebene überzeugen können. So gesehen passiert bei ihnen wirklich das, was du beschreibst: je weiter die Erzähltechnik den Bach runtergeht, desto weniger funktioniert die Geschichte auch auf emotionaler Ebene. Damit das auch wirklich von den meisten wahrgenommen wird, muss der Entwickler schon schwerwiegende Fehler machen. Wenn man das mal mit dem Mapping vergleicht: Nur die Mapping-Elite wird erkennen, dass zu viele Bäume auf der gleichen Ebene liegen oder ein Stein um ein paar Helligkeitseinheiten zu dunkel ist und so die Bildschirmharmonie stört, aber jeder Mapping-Laie wird spüren, wenn sein Spielerleben zum Hindernislauf wird. Jetzt sind wir zwar wieder bei der Wahrnehmung, aber ich denke schon, dass man nicht voraussetzen kann, dass jeder alles gleich sieht. Außerdem kann man selbst wenn man etwas erkennt nur mit den Achseln zucken, aber das hatten wir ja schon. Der springende Punkt ist folgender: Diskutiert werden hauptsächlich die Geschichten, die jenseits von den negativen Extremen liegen (nach oben hin sieht es etwas anderes aus, es gibt eigentlich keine unbestritten supertollen Geschichten). Absolut ist meine Meinung vom Anfang der Diskussion also nicht, trotzdem glaube ich, dass die Idee von dem was ich sagen möchte schon rübergekommen ist. Ich möchte nicht jede Geschichte in Schutz nehmen oder sie gegen Kritik immunisieren, sondern höchstens zeigen, dass es neben dem "Anspruch" (was immer das auch sein mag) auch noch einen anderen Aspekt beim Erzählen gibt, der ebenso wichtig ist, in der Makercommunity aber oft unterschlagen wird. Zumindest in den Diskussionen.
02.05.2010, 00:44
Miau
Zitat:
Zitat von Ianus
Oh, fürchte dich nicht. Niemand verlagt von dir jemanden, der einfach nur "Gefällt mir nicht" schreibt als Bindend zu nehmen. Im allgemeinen sollten noch weitere, mehr ins Detail gehende Argumente und Vergleiche folgen. Von diesen abgeleitet kannst du dann dein eigenes informiertes Urteil bilden. So in etwa wie wenn du zuerst mit jemandem ein Auto kaufen gehst, der alle Farben außer Grün für schlecht hält und danach dasselbe noch mit jemandem machst, der sich darüber informiert hat, was im allgemeinen passiert, wenn ein grünes Auto mit Polyamid geklebte Ledersessel, einen Dieselmotor und ein vom Motorkühler autarktes Klimasystem hat. Um ein totales Bullshitbeispiel zu bringen.
Natürlich kannst du beide Meinungen für gleichwertig halten...aber welche Meinung sagt dir mehr über die Beschaffenheit des Fahrzeuges?
Ich verstehe leider weder, was du mit diesem Beispiel sagen willst, noch was jetzt dein eigentliches Argument ist. Ich verstehe noch weniger, auf welches meiner Argumente du erwiderst, obwohl du einen Ausschnitt zitiert hast. Ich habe nie etwas gegen "Gefällt mir nicht" gesagt. Nur gegen ein allgemeingültiges "Das ist schlecht." Die Aussage "Das ist schlecht" ist genauso eine allgemeingültige Aussage wie "Das ist schlecht, weil ...". Genauso wie "Ich finde das schlecht" genauso wie "Ich finde das schlecht, weil ..." beides keine allgmeingültigen Aussagen sind. Ob etwas begründet wird oder nicht ändert also nichts an der vorhandenen oder nicht vorhandenen Allgemeingültigkeit einer Aussage. Was hat das also nun damit zu tun?
02.05.2010, 11:26
Ianus
Ich wollte noch einen Witz über Gurkenkrümmung als Indikator technokratischen Geistes vorausschicken...um anzuzeigen, dass ich grundsätzlich mit deinem Rekurs auf Pseudo-Mathematik nicht einverstanden bin.
Meinungen gründen sich nicht darin, dass wir dem Herrgott mittels diskreten Werten ins Handwerk schauen zu gedenken, wie es die statistischen Methoden zu tun gedachten. Da sind auch keine Checklisten wie beim Psychiater, auf denen das Auftreten von schwammigen Merkmalen von 1-5 bewertet und dann auf einen Graph übertragen wird.
Die Methode ist eher platonisch insofern wie wir das vorliegende Werk mit anderen Werken vergleichen. Denn im allgemeinen sind die Menschen wesentlich weniger Originell als Schiller-Propaganda einen glauben machen würde. Du kannst versuchen, Vergleiche mit Vorlagen anzustellen und dich dann fragen, ob dasselbe hier nun besser oder schlechter geklappt hat, wo die Unterschiede lagen und woran es gescheitert ist.
Ist natürlich zum ersten nicht so, als hätten wir hier einen gemeinsamen Kanon auf den sich alle beziehen würden.
Ist hier natürlich zum zweiten nicht so, als hätte jeder die Wahrnehmung im gleichen Maße entwickelt. Was Kelven bezüglich der Maps sagt, gilt auch für die Handlung.
Gilt für viele Bereiche. Irgendwann hast du so viel gesehen, dass du viele Unterschiede erkennen kannst. Irgendwann hast du so viele Brücken gesehen, dass du ohne die Statik zu kennen funktionierende Brücken planen und bauen kannst.
02.05.2010, 12:00
Kelven
Mein Beispiel mit den Maps war aber eher ironisch gemeint. ;-) Das was die selbsternannten Mapping-Experten verbreiten ist meistens nur Dummschwätzerei, sie haben überhaupt kein Auge für Ästhetik, Funktionalität und Stimmung. Diese Art der Wahrnehmung geht also mehr in Richtung phantasieren.
02.05.2010, 12:06
Ianus
Oh, das ist kein Problem. Solange dir auf deinen ersten paar Maps schrecklich grundsätzliche Fehler nicht aufgefallen sind, gilt mein Argument durchaus noch.
02.05.2010, 12:10
real Troll
@ Miau
Dann sind wir uns bei den Bezugssystemen anscheinend einig. Dein Sattmacherbeispiel klang mir erst so, als hieltest du jede Meinung für wert, Beachtung zu finden, unabhängig von ihrer Standortnähe/ferne zum Sujet. Denn wenn wir nur darüber redeten, ob es nicht immer mindestens einen gäbe, der aus der Reihe fällt, wäre das als Thema auch zu dürftig.
Worin wir hauptsächlich überquer liegen, ist die Gruppengröße. Daraus ergibt sich alles andere. Ich unterscheide gern zwischen praktischen, theoretischen und rein akademischen Diskussionen anhand eines simplen Kriteriums: dem Nutzwert. Nehmen wir beispielhaft ein Spiel an (ja, das ist das eigentliche Thema ;)), das 70% der Spieler gut bis toll finden. Nehmen wir nur die übrigen 30% in den Blick und fragen, woher ihre abweichende Meinung rührt, ob sie ihnen überhaupt zusteht, ob sie vielleicht zu doof sind, die Qualitäten zu erkennen, ob sie vielleicht einfach nur ein anderes Leben geführt und damit einhergehend aufgrund anderer Erfahrungen und Wünsche die Messlatte angelegt haben, ob schließlich die Meinung, das Spiel sei gut, bei Bestehen einer abweichenden Minderheitsgruppe im Angesicht universeller Gültigkeit denn statthaft sei, können wir uns vielleicht auf eine philosophisch angehauchte Diskussion über die Theorie vom Glück der größten Zahl zubewegen, eventuell auch nur auf Definitionsgefeilsche. Als Spielebastler - jupp, hier ist wieder der Nutzwert - habe ich weltwahrheitentragende Beglückungsprogramme nicht im Sinn, die zweitgenannte Alternative schon gar nicht.
Darum ein anderer Ansatz:
@ Miau & Kelven
(Eine Sammelantwort, es hängt meiner Meinung nach zusammen.) Als Bastler möchte ich für mein Spiel Spieler gewinnen, das ist mein Gradmesser für Erfolg. Fragen, ob man der Menge immer nach dem Munde reden muss, schiebe ich beiseite - ich tue es ja eh. Viele Spieler finde ich besser als wenige.
Wenn ich auf die Spiel-des-Jahres-Wahlen des Atelier gucke, fällt mir die stete Stimmenballung bei den ersten 5 Plätzen auf. Es gibt eben kein zerfasertes Bild von 50 Spielen mit je 2% Zustimmung, sondern es hebt sich immer eine auffällig populärere Gruppe ab. Sie bündelt nie alle Stimmen, aber die Frage, warum auch abweichende Meinungen existieren, ist für mich weit weniger interessant als mögliche Erklärungen für die genannte Konzentration von Wohlfühlerlebnissen. Ist das nur Herdentrieb? Ist das nur die schnell verwehende Jahresmode? Oder gibt es Muster? Falls jemand salopp "Gesetze" statt "Muster" schriebe, würde ich auch nicht gleich in empirische Panik ausbrechen. Soll er. Nicht alle diese Spiele leben von ihrer Handlung, aber der Großteil der Spielemacher hat sich schon etwas dabei gedacht, mit dem Werkzeug RPG Maker zu arbeiten. Rollenspieler sind größtenteils handlungsaffiner als andere Spielertypen. Also ist ein Vergleich nicht ohne gemeinsame Basis.
Wenn sich ein Bild kristallisierte, dass unter den sehr erfolgreichen Spielen der Vergangenheit nur 1, 2 oder 3 hinreichend konturierte Methoden vorherrschten, wie die Handlungen arrangiert wurden, wäre in meinen Augen mehr gewonnen als in einer Diskussion, die schließlich nur zu einer Liste des sonst noch Möglichen führte, deren Eintragungen aber kaum ein Mensch nutzt.
Mein Problem:
Auch wenn ich nur von einer kleinen Gruppe von Makerspielen spreche (die fünf Bestplatzierten aus jedem Jahr), kenne ich nicht alle. Vielleicht können wir die Diskussion ja in eine in meinen Augen fruchtbarere Richtung lenken, indem wir unsere Spielerfahrungen zusammenwerfen und gucken, ob sich dominante Erzählstile kategorisieren ließen oder ob sich die Gemeinsamkeiten bei genauerer Beschau dann doch nicht wirklich abgrenzbaren Gruppen zuordnen ließen. Bei einer entsprechend offenen Fragestellung klären wir auf jeden Fall den Streitpunkt und womöglich springt auch ein aufschlussreiches Muster für die Spielentwicklung dabei heraus.
02.05.2010, 13:57
Kelven
Warum nicht? Ich nehme dich gleich mal beim Wort und greife mir die ganzen ersten fünf Plätze der "Spiel des Jahres"-Wahlen heraus (nur Vollversionen und Player's Choice). Welche Gemeinsamkeiten gibt es? Haben die Spiele einen ähnlichen Erzählstil bzw. Schwerpunkt? Welche Muster lassen sich erkennen? Das gefällt mir schon alleine deswegen gut, weil ich gleich ein wenig Selbstbeweihräucherung betreiben kann. :D
02.05.2010, 18:12
Corti
Zitat:
Zitat von Kelven
Lassen sich daraus irgendwelche Erkenntnisse ableiten?
Ja. Die Behauptungen vom Typ "gabs es ja alles schon so oft, ist schwer noch was neues zu machen" wurden grade von einer sehr überschaubaren Anzahl an Vollversionen zu Tode getrampelt.
02.05.2010, 18:21
Ianus
Man kann anscheinend sehr viele Spiele mit Horrorthematik machen.
Bzw die Horrorspiele haben den größten Eindruck hinterlassen.
02.05.2010, 18:50
Karl
Das Interesse an klassischen Rollenspielen ist zurück gegangen und andere Spielformen sind im letzten Jahren beliebter - Könnte man schlussfolgern. Aber ich denke, dass die Spiele simpel unterhaltsamer waren als die Klassischen Rollenspiele die rauskamen. Oder das einfach weniger Klassische Rollenspiele Vollversionsstatus erreicht haben. *schulterzuck* Man könnte irgendwas schlussfolgern, aber für eine genaue Betrachtung des "Marktes" sind's zu wenig Daten.
02.05.2010, 19:00
Ianus
Das Interesse unter hiesigen Machern kopien klassisch japanischer Rollenspiele per Vorgabe des Makers zu machen scheint zurück gegangen zu sein, ja.
02.05.2010, 19:43
Kelven
Was aber im Widerspruch zu dem steht, was in Diskussionen immer gesagt wird, nämlich dass die Rollenspiele doch am beliebtesten sind. Vielleicht liegt's auch daran, dass ich die Vollversionen genommen habe. Normalerweise kommen bestimmt 10 Demos auf eine Vollversion.
Ich bin jedenfalls nicht sicher, ob es bei den Genres wirklich einen Generationenwechsel gegeben hat:
Aber lässt sich davon ableiten, dass Spiele mit guter Erzähltechnik besser ankommen? Habe diese Spiele alle eine gute Erzähltechnik (wenn nicht gerade nur das Gameplay im Vordergrund steht)?
Es liegt halt immer im Auge des Betrachters. Ich zum Beispiel spiele
gerne klassische Rollenspiele (sofern die Story gut ist ist westlich oder östlich
egal).
Die Hintergründe der Charaktere spielen bei mir auch eine Rolle.
Und das Gameplay auch.(wenn auch nur 15 %)
Allerdings waren Horrorspiele wie Dreamland bei mir auch ganz oben, weil
die Präsentation und die Charaktere mir (nicht (lag an dem jeweiligen Charakter))
gefielen.
Da ist es nicht verwunderlich, dass AM nie nach oben kam. Immerhin fehlen
bei einigen Charakteren interressante Hintergründe, die NPCs waren meist belanglos
und von der miesen Grammatik will ich mal nicht sprechen. Da hätte man durchaus mehr reinstecken können.
Nunja, wenn man sich den ganzen Tag mit klassischen beschäftigt kann es zu einer Übersättigung führen. (ich weis jetzt nicht wer das gesagt hat, aber ich stimme ihm zu) Und die ist bei mir noch nicht eingetreten.
Und das flaut auch ab. Ich hatte auch manchmal wieder Lust auf Spiele,
die ich ewig nicht mehr gezockt habe.
Ansonsten kann man sich die Eigeninterpretation und -kreation anderer
Leute doch durchaus anschauen. Manchmal kann es besser sein als erwartet. Diese Erfahrung hatte ich schon einige Male.
02.05.2010, 21:28
Ianus
Gibt's jemand, der was vergleichenes zum Erzählstil der ganzen Horrorspiele hier sagen kann?
03.05.2010, 05:09
Miau
Zitat:
Zitat von Ianus
Ich wollte noch einen Witz über Gurkenkrümmung als Indikator technokratischen Geistes vorausschicken...um anzuzeigen, dass ich grundsätzlich mit deinem Rekurs auf Pseudo-Mathematik nicht einverstanden bin.
Meinungen gründen sich nicht darin, dass wir dem Herrgott mittels diskreten Werten ins Handwerk schauen zu gedenken, wie es die statistischen Methoden zu tun gedachten. Da sind auch keine Checklisten wie beim Psychiater, auf denen das Auftreten von schwammigen Merkmalen von 1-5 bewertet und dann auf einen Graph übertragen wird.
Die Methode ist eher platonisch insofern wie wir das vorliegende Werk mit anderen Werken vergleichen. Denn im allgemeinen sind die Menschen wesentlich weniger Originell als Schiller-Propaganda einen glauben machen würde. Du kannst versuchen, Vergleiche mit Vorlagen anzustellen und dich dann fragen, ob dasselbe hier nun besser oder schlechter geklappt hat, wo die Unterschiede lagen und woran es gescheitert ist.
Ist natürlich zum ersten nicht so, als hätten wir hier einen gemeinsamen Kanon auf den sich alle beziehen würden.
Ist hier natürlich zum zweiten nicht so, als hätte jeder die Wahrnehmung im gleichen Maße entwickelt. Was Kelven bezüglich der Maps sagt, gilt auch für die Handlung.
Gilt für viele Bereiche. Irgendwann hast du so viel gesehen, dass du viele Unterschiede erkennen kannst. Irgendwann hast du so viele Brücken gesehen, dass du ohne die Statik zu kennen funktionierende Brücken planen und bauen kannst.
Abgesehen davon, dass du scheinbar Probleme damit hast, dass ich das Wort Mathematik verwendet habe, weiß ich leider immer noch nicht, auf welches Argument du eingehst und mit welchem Argument. Könntest du bitte einmal kennzeichnen/zitieren, auf welches meiner Argumente du antwortest? :) Ein ganzes Argument, nicht nur ein Wort wie "Meinung". ;) Und wenn du mir schon Pseudo-Mathematik vorwirfst - was ist an der Aussage "Eine allgemeingültige Behauptung kann durch einen einzigen Gegenbeweis widerlegt werden" deiner Meinung nach falsch? Oder willst du bestreiten, dass damit in der Mathematik gearbeitet wird?
Zitat:
Zitat von real troll
Worin wir hauptsächlich überquer liegen, ist die Gruppengröße. Daraus ergibt sich alles andere.
Meiner Meinung nach nicht. Ein falsch verwendeter Begriff bleibt ein falsch verwendeter Begriff. Wer ein allgemeingültiges Qualitätsurteil für sich beansprucht, der urteilt damit quasi autoritär über andere Meinungen. Genauer: Wenn ich ein allgemeingültiges Urteil aufstelle (z.B. ob eine Geschichte gut oder schlecht ist), dann kann daneben kein weiteres Urteil existieren - denn das Urteil ist ja allgemeingültig. Das heißt, eine Geschichte kann nicht allgemeingültig gut oder schlecht sein (obwohl sie sowohl gut als auch schlecht bewertet werden kann - aber eben individuell, nicht allgemeingültig). Sie kann auch nicht allgemeingültig gut und individuell schlecht bewertet werden, weil allgemeingültig heißt ... aber das hatten wir schon. Das mag erstmal nach Wortklauberei klingen, aber es ist ein entscheidender Unterschied. Wenn ich nur ein indivuelles Urteil abgebe ("Ich finde diese Geschichte gut") gebe ich zu, dass es meine Meinung ist und ich eventuell auch bereit bin, andere Meinungen zu akzeptieren, auch wenn sie von meiner abweichen. Wenn ich ein allgemeingültiges Urteil abgabe, dann bestimme ich für alle, was gut oder schlecht ist.
Ich fasse gerne noch mal zusammen, warum allgemeingültige Urteile meiner Meinung nach nicht möglich sind:
1. Gut bzw. schlecht sind Wörter, die für sich erst einmal nur eine positive bzw. negative Bedeutung haben.
2. Es gibt keine wie auch immer geartete Definition, welche Teilkomponente oder Zusammensetzung von Teilkomponenten eine Sache wie z.B. eine Geschichte in ihrer Gesamtheit als gut bzw. schlecht auszeichnet.
3. Demzufolge sind verschiedenste Prioritätensetzungen möglich und gleichwertig.
4. Da jede Gesamtbeurteilung einer Sache wie einer Geschichte immer von einer persönlichen Prioritätenliste abhängt, sind alle diese Urteile individuelle Meinungen.
5. Eine Summe individueller Urteile ergibt immer noch kein allgemeingültiges Urteil.
Macht das nun einen Unterschied, wenn sowieso 90% der Leute der gleichen Meinung sind? Du meinst, wenn ich dich richtig verstanden habe, für dich ist es dann nur noch eine philosophische Diskussion. Diese Meinung darfst du natürlich haben, aber ich sehe das etwas anders. Ich zum Beispiel möchte mir nicht - auch nicht implizit - vorwerfen lassen, ich fände die Geschichte von VD ja sowieso nur gut, weil ich noch unreif wäre, könne eine gute Geschichte nicht von einer schlechten unterscheiden, habe keinen Geschmack, würde die Geschichte nur gut finden können, weil ich zu wenige Geschichten dieser Art kenne, sei sowieso seltsam oder könne mir überhaupt kein Urteil erlauben - vor allem, wenn das einzige Argument ist, dass eine andere Meinung mehr Anhänger hat. Meiner Ansicht nach hat eine Mehrheit kein Recht, einer Minderheit ihre Meinung vorzuschreiben. Nicht einmal, wenn es nur darum geht, was eine gute Makergame-Geschichte ausmacht. Wer seine Meinung als allgemeingültig hinstellt, lässt daneben keinen Platz für weitere Meinungen. Wer die Meinungen einer Minderheit für nichtig erklärt und nur an der Meinung der Mehrheit interessiert ist, der ist leider schlicht intolerant. Ich will gar nicht sagen, dass jeder, der allgemeingültige Urteile über Geschichten fällt, diese ganzen Folgen beabsichtigt, aber das ändert meine Meinung nach nichts an den Tatsachen.
Was hindert dich denn daran, deine Aussagen als das zu kennzeichnen, was sie sind - deine Gedanken, deine Meinungen, deine Ansichten, deine gesammelten Erfahrungen?
Ich habe kein Problem, wenn du davon sprichst, was für dich eine gute Geschichte ausmacht. Ich habe auch kein Problem, wenn du glaubst, dass dieser Geschmack von der Mehrheit der Leute hier geteilt wird und deshalb empfiehlst, deinen Ratschlägen zu folgen. Ich finde es gut, wenn du darüber diskutieren willst, welche Geschichten der Allgemeinheit hier gefallen und was diese Geschichten ausmacht. Wenn du viele Spieler haben willst und deshalb nach Geschichten suchst, die einer breiten Masse gefallen, spricht nichts dagegen. Wenn du deine Erkenntnisse darüber teilen willst - großartig, gerade von deinem Erfahrungsschatz (deine Spiele haben ja mittlerweile eine gewaltige Popularität erreicht) können sicher viele Leute profitieren.
Aber ich habe nach wie vor ein Problem damit, wenn du oder jemand anders deine oder eine andere Meinung als allgemeingültig bezeichnet. Ich habe oben schon geschrieben, warum. Ich bezeichne dich vor allem auch nach wie vor im Unrecht, wenn du sagst, dass allgemeingültige Urteil über Geschichten möglich sind. ;)
Und nebenbei halte ich die Ergebnisse der Wahl zum Spiel des Jahres für eine schwierige Quelle für Auswertungen von Geschichtengeschmack, weil auch Rollenspiele ja mehr sind als ihre Handlung und wir keine Ahnung haben, ob diese Spiele nun wegen ihrer allgemein als gut angesehenen Handlung oder wegen anderer Faktoren wie Gameplay oder Grafik so weit vorne gelandet sind. ;)
03.05.2010, 09:20
real Troll
45 Spiele, durchgespielt habe ich 10. Das ist nicht gerade eine tolle Basis, aber dank meiner angeborenen Trauheimeligkeit halte ich alles, was Kelven über die mir unbekannten Projekte sagt, für richtig und wahr.
Bündeln die 5 populärsten Spiele wirklich eine Mehrheit? Wie groß ist die? Ich packe das in Zahlen, dann kann jeder, der mag, selbst gucken, für wie aussagekräftig er alles Weitere hält. Pro Jahr hat für die 5 Bestplatzierten folgender Anteil der Spieler abgestimmt (Grauzone der Wahlabstinentler findet naturgemäß keine Berücksichtigung):
2001: 90,7% (Gab es damals überhaupt schon viele Spiele?)
2002: 64,4%
2003: 78,2%
2004: 69,2%
2005: 81,8%
2006: 60,3%
2007: 65,3%
2008: 53,2%
2009: 64,7%
(Durchschnitt: 69,8%)
Es schwankt ordentlich. Mal sind es so gut wie alle (2001), mal ist es die Hälfte (2008). Ein Grundzug immerhin bleibt bestehen und der ist für mich bedeutsam: Immer bündeln sehr wenige Spiele die Vorlieben der Meisten, im Schnitt stehen 2/3 der Spieler hinter diesen Projekten. Damit lässt sich doch arbeiten, wenn man popularitätssteigernde Muster sucht.
Sind Spiele mit Handlungen überhaupt beliebt oder ist die Genrestreuung derart groß, dass sich die Frage erledigt? Strichliste nach Kelvens Auswertung: 19 erzählende Spiele: 13 Action-, Knobel- oder Geschicklichkeitsspiele* 13 Andere**
* inklusive Action-Adventure und Survival Horror, hier auch Desert Island
**Fungame, Simulationen oder Spiel ist unbekannt
Die Aufzählung krankt noch an den vielen Fragezeichen bei der Spieleeinordnung. Ich konnte Kelvens Liste nur in einem Fall ergänzen, beim Rest wusste ich auch nicht, was sich hinter dem Titel verbarg. Die 13 Titel der Rubrik "Andere" ließen sich bei Kenntnis also teilweise noch auf die beiden anderen Rubkriken verteilen. Survival-Horror ließe sich auch anders einordnen, hebt es sich doch gerade durch die einrahmende Handlung von einem reinen Actionspiel ab. Dennoch sehe ich die Spielmechanik bei diesem Genre im Vordergrund stehen. Was kann man nun aus den Zahlen lesen (oder hinein lesen)?
1. Das Bastelprogramm heißt zwar RPG Maker, dennoch wird weit mehr damit angestellt, als nur alte Konsolentitel im Final-Fantasy-Stil nachzubauen.
2. Niemand wird mit Ignoranz bestraft, wenn er etwas anderes als ein Rollenspiel herkömmlichen Zuschnitts aufsetzt. Die Publikumstoleranz ist messbar, wir sind keine Sekte. Hurra. :)
3. Der Spielecharakter der Spiele wird geschätzt, wie die Beliebtheit von auf Spielmechanik abhebenden Programmen zeigt.
4. und hier wichtigstens: Erzählende Spiele häufen die meiste Gunst auf sich. Das finde ich angesichts des Publikumszuschnitts auch wenig überraschend. Ergänzend: In 7 von 9 Fällen rangierten die erzählenden Spiele auf Platz 1 (2x Survival-Horror).
Mir sind aber noch zu viele Fragezeichen bei zu vielen Spielen. Kann jemand Kelvens Listen ergänzen? Die Genre-Einteilung und die knappen Einschätzungen zur Erzählweise finde ich sehr aussagekräftig und würde dann gegebenfalls weiter ansetzen.
@ Miau
Was sich nicht in die Gruppen 100% und 0% sortieren lässt, dürfe nicht als Grundlage herangezogen werden. Ein Mensch ist tot, ist als Aussage zulässig, ein Mensch ist sportlich, wäre dann schon fraglich, ein Mensch ist schön, wäre eine unerlaubte Feststellung. Mir ist dein Punkt schon klar, ich halte nur deinen Ansatz, ausschließlich binäre Logik auf Menschen anzuwenden, für verkürzt. Was ist mit den Daseinsaspekten, die nicht in die starre Schublade von ja und nein passen? Wo ist irgendeine Betätigung schon ohne ihre Minderheit? Es gibt nicht nur das Absolute, sondern auch das Relevante. Sie können, müssen aber nicht deckungsgleich sein. Dem Zweiten kommt man auch mit Häufigkeitsverteilungen und Wahrscheinlichkeitsannahmen auf die Schliche, also mit mit plausiblem Raten. Das ist fehleranfällig, aber für sehr komplexe dynamische Systeme wenigstens eine Möglichkeit, überhaupt Aussagen treffen zu können. Mit deinem Einwand zur Spielegruppe hast du recht, er ist aber müßig, denn du wirst eine Spielehandlung nie losgelöst vom umgebenden Spiel antreffen. Was ist also deine Alternative? Denkversuch einstellen, denn nur absolute Gewissheit zähle? Verwechsle das Forum nicht mit einer Laborsituation, gucke bei Bedarf ruhig noch einmal, warum ich in praktische, theoretische und rein akademische Nutzwerte unterscheide und vergegenwärtige dir einfach unseren Gegenstand: Makerspiele.
Bei deinen Ausführungen zum geschmacksbildenden Vorrecht der Mehrheit, das dir nicht passt, bist du genau dort angelangt, wohin ich schon im Vorpost nicht wollte, mitten in eine Dikussion über das gute Leben, über die Herrschaftsphilosophie. Was du bekrittelst, ist die Kröte, die die Minderheit der Wähler in einer Demokratie zu schlucken hat. Das behagt dir nicht, aber nur deswegen hört der Umstand nicht auf, zu existieren. Nur lass uns das nicht hier breittreten.
Ich denke mal, für dich hat sich der Thread schon verselbstständigt und du würdest lieber um des Redens willen über die Beziehung zwischen Menschenmeinung und unumstößlichem Gottesgebot reden. Aber ich möchte die Frage lieber anwendungstauglicher halten. Aus den genannten Gründen sehe ich deinen Ansatz mit Schwächen behaftet.
03.05.2010, 09:28
Kelven
@Ianus
Die meisten Maker-Horrorspiele übernehmen das Konzept von Silent Hill 2. Man spielt eine Rätselgeschichte, die Spielfigur kommt in einer fremdartigen Stadt an, wird mit surrealen Ereignissen konfrontiert und lernt im Laufe der Zeit mehr über sich und die Mechanismen dieser Stadt kennen. Es geht also nicht darum den Spieler zu erschrecken und auch nicht um den Kampf gegen irgendwelche Monster, sondern eher um Selbsterkenntnis. Das sage ich jetzt wertneutral, in den Maker-Spielen ist es dann meistens eher schlecht als recht umgesetzt.
Den Kontrast dazu bilden dann ein paar Resident-Evil-Klone, in denen es eher um den Kampf ums Überleben geht. Die Handlung beschränkt sich darauf, dass man erfährt, wer was für Experimente gemacht hat und dadurch die Katastrophe in Gang setzte.
Es gibt nur wenige Ausreißer, z. B. Dreamland R, bei dem man wie gesagt Antihelden spielt und die Geschichte daraus besteht, dass man erfährt, was sie in ihrem Leben verbrochen haben und wie sie dafür bezahlen. Oder so was wie "Das Haus am See", bei dem das klassische "Spieler ist im alten Herrenhaus gefangen"-Setting benutzt wird und die Flucht im Mittelpunkt steht. Über die Helden und Gegenspieler wird wenig erzählt.
@Miau
Wobei man natürlich immer weiß, dass ein "Die Geschichte ist gut" eigentlich "Ich finde die Geschichte gut" bedeutet, denn niemand kann für die Allgemeinheit sprechen. Problematisch wird es erst, wenn man darüber spricht, was eine Geschichte gut macht.
Zitat:
Zitat von Miau
Und nebenbei halte ich die Ergebnisse der Wahl zum Spiel des Jahres für eine schwierige Quelle für Auswertungen von Geschichtengeschmack, weil auch Rollenspiele ja mehr sind als ihre Handlung und wir keine Ahnung haben, ob diese Spiele nun wegen ihrer allgemein als gut angesehenen Handlung oder wegen anderer Faktoren wie Gameplay oder Grafik so weit vorne gelandet sind.
Ja, das sehe ich auch so, aber einen Nutzen hat das Ergebnis schon; es zeigt, dass die erzählerischen Gemeinsamkeiten eher gering sind.
Aber wir haben ja auch noch den Goldenen Deiji, bei dem explizit nach der besten Handlung gefragt wurde. Nochmal die ersten sieben Plätze:
Unterwegs in Düsterburg (23 Stimmen)
Die Reise ins All (21 Stimmen)
Phoenix Wright - Hidden Traces (15 Stimmen)
Feuer um Mitternacht (12 Stimmen)
Sternenkind-Saga (11 Stimmen)
Von Menschen und anderen Dämonen (11 Stimmen)
Quintessence - The Blighted Venom (5 Stimmen)
Velsarbor (5 Stimmen)
Gemeinsamkeiten besitzen vor allem UiD und die Allreise (westlich, halb-linear und linear), dann folgen aber auch wieder ganz andere Spiele.
- beim "Phoenix Wright"-Klon geht's um Kriminalfälle, erzählerisch vermutlich ganz anders (hab's nie gespielt). Da die Originale aus Japan kommen, gehe ich mal davon aus, dass der Erzählstil östlich ist.
- Feuer um Mitternacht unterscheidet sich sehr stark von den beiden ersten Plätzen, weil hier wie gesagt die Charaktere und ihre Entwicklung im Mittelpunkt stehen. Östlich und linear.
- die Sternenkind-Saga ist wegen ihrer ernsten Stimmung auch anders, aber zumindest wie UiD und die Allreise westlich vom Erzählstil.
- Von Menschen und anderen Dämonen geht schon eher wieder in Richtung UiD und Allreise.
- Quintessence - The Blighted Venom ist ein sehr auf die Handlung fokussiertes Spiel, östlich vom Erzählstil und absolut linear, im Mittelpunkt stehen die Charaktere und ihre persönlichen Schicksale
- Velsarbor ist auf jeden Fall ein östliches, absolut lineares Rollenspiel
@real Troll
2001 war die Auswahl zumindest sehr überschaubar. Aber auch später kamen nur relativ wenige Vollversionen heraus. Die Makercommunity ist eine Baustellenlandschaft. ;-)
03.05.2010, 10:30
sorata08
Vielleicht um nochmal Klarheit zu schaffen:
Was besagen nun die Termini "westlich", "östlich", "linear" und "offen" bei dir genau, Kelven?
03.05.2010, 10:37
Kelven
Naja, westliche Spiele holen sich ihre Inspiration von den amerikanischen und europäischen PC-Rollenspielen, die östlichen von den japanischen Konsolenrollenspielen. Der Erzählstil unterscheidet sich, obwohl ich den Unterschied jetzt auch nicht aus dem Stegreif genau beschreiben könnte. Linear bedeutet, dass der Spieler von einer unsichtbaren Hand durch die Geschichte geführt wird (ich weiß, es gibt viele Abstufungen), während offen bedeutet, dass der Spieler sehr viel Freiheiten hat (und die Interaktion mit der Spielwelt im Vordergrund steht).
03.05.2010, 11:27
Luthandorius
Zitat:
Zitat von real Troll
Es gibt eben kein zerfasertes Bild von 50 Spielen mit je 2% Zustimmung, sondern es hebt sich immer eine auffällig populärere Gruppe ab. Sie bündelt nie alle Stimmen, aber die Frage, warum auch abweichende Meinungen existieren, ist für mich weit weniger interessant als mögliche Erklärungen für die genannte Konzentration von Wohlfühlerlebnissen. Ist das nur Herdentrieb? Ist das nur die schnell verwehende Jahresmode? Oder gibt es Muster? Falls jemand salopp "Gesetze" statt "Muster" schriebe, würde ich auch nicht gleich in empirische Panik ausbrechen. Soll er. Nicht alle diese Spiele leben von ihrer Handlung, aber der Großteil der Spielemacher hat sich schon etwas dabei gedacht, mit dem Werkzeug RPG Maker zu arbeiten. Rollenspieler sind größtenteils handlungsaffiner als andere Spielertypen. Also ist ein Vergleich nicht ohne gemeinsame Basis.
Das ist in der Tat eine interessante Frage. Hier können auch viele rein psychologische Vorgänge mitspielen, denke ich mal. Jemand der sich mit Psychologie näher befasst kann vielleicht mehr dazu sagen. Ich würde vermuten, dass hier ähnliches passieren kann wie bei gehypten Fernsehserien, Filmen, etc. Vermutlich fängt irgendjemand halt mal damit an und findet irgendwas gut. Das wird dann irgendwie durch positive Artikel, etc. verbreitet und andere schließen sich an. Da reicht es, wenn bestimmte machtvollere Meinungsbilder etwas gut finden(Leute, die bekannte Blogs betreiben, Autorten in viel gelesenen Zeitschriften) - der Rest folgt einfach. Man erwartet, dass andere den Artikel gelesen haben und das beworbene Konsumgut auch gut finden. Wenn man abweicht, fürchtet man eben, dass man als "dumm" angesehen wird(man ist zu blöde den "gehobenen Humor" zu verstehen, etc., zum Beispiel). Dadurch, dass man sich nach außen hin positiv gibt, ändert sich letzendlich die innere Einstellung und man findet tatsächlich etwas besser, das man eigentlich vorher nicht mochte. Am Ende finden dann alle das Spiel X gut, z. B. wegen einem Char Y, der irgendwelche coolen Sprüche bringt und wegen der supertollen Story. Aber wenn man genauer nachfragt können sie wahrscheinlich gar nicht sagen, weshalb die Sprüche des Chars so toll waren oder weshalb die Story so toll war.
Zitat:
Zitat von Miau
Ich zum Beispiel möchte mir nicht - auch nicht implizit - vorwerfen lassen, ich fände die Geschichte von VD ja sowieso nur gut, weil ich noch unreif wäre, könne eine gute Geschichte nicht von einer schlechten unterscheiden, habe keinen Geschmack, würde die Geschichte nur gut finden können, weil ich zu wenige Geschichten dieser Art kenne, sei sowieso seltsam oder könne mir überhaupt kein Urteil erlauben - vor allem, wenn das einzige Argument ist, dass eine andere Meinung mehr Anhänger hat.
Genau darum geht es doch. Deshalb postet man doch in Foren. Gerade weil man irgendwas gut oder schlecht findet und Zustimmung sucht, damit man sich besser fühlen kann. Ist dann A beliebt, dann reihen sich die A-Fans hier gerne und und sagen "A ist gut"(und ich bin ein besserer Mensch als die, die A nicht gut finden und fühle mich jetzt supertoll). B-Fans sind natürlich der Meinung, dass A-Fans beispielsweise "leicht zu unterhalten sind", etc. - deshalb entstehen auch oft bei bekannteren Sachen gerne Streitigkeiten.
Oft sagt man auch einfach "A ist gut", einfach nur weil es bequemer ist, als zu sagen "ich fand A gut". Das hat Kelven schon erwähnt. Hier muss einfach jeder klug genug sein, das richtig zu interpretieren. Der Mensch ist nun mal so und vereinfacht gerne. Wenn in jedem Satz "Meine Meinung ist blabla" einbauen würde, dann wäre es umständlich Posts zu verfassen. Diese würden viel länger werden und es wäre auch umständlicher diese zu lesen.
Dass man nicht sagen kann "A ist gut" und meinen kann "alle Menschen auf der Welt sind der Meinung, dass A gut ist", das ist doch sowieso klar.
Zitat:
Zitat von real Troll
Was du bekrittelst, ist die Kröte, die die Minderheit der Wähler in einer Demokratie zu schlucken hat.
Das stimmt natürlich. Irgendwelche Leute(die Mehrheit) stellen irgendwelche Regeln auf. Nach diesen Regeln wird gewertet und alle der Mehrheit angehörigen Leute kommen zu gleichen Ergebnis über gut und schlecht. Die der Minderheit angehörigen Leute müssen dann eben auch hier wissen, dass die Mehrheit mit "A ist gut" meint "A wird nach den von der Mehrheit akzeptierten Regeln als gut eingestuft".
Zu den Umfragen und Wahlen(Awards, etc.): Hier ist bei den communityoffenen Sachen auch das Problem, dass man nicht alles gespielt haben muss(was man ja von einer ausgewählten Jury natürlich schon verlangen kann). Oft hat man schon ein Lieblingsspiel - das ist sowieso besser als alle anderen, da spielt man gar nicht erst die andern an bzw. man hat schon den schlechten Vorabeindruck und geht befangen an die anderen Spiele ran und empfindet diesen dann auch irgendwie schlechter. UiD ist halt schon etwas älter - das kennen viele noch von früher. Da haben es spätere Spiele schwerer, wenn man nicht gerade was supersupertolles bringt, was deutlich auf den ersten Blick schon vom Vorstellungsthread viel viel besser scheint.
Zu östlich/westlich/linear/offen - da hat wohl auch jeder andere Vorstellungen. Gerade über östlich/westlich wurde ja hier glaube ich schon in einem gesonderten Thread diskutiert. Linear und offen ist natürlich etwas einfacher zu beschreiben - natürlich gibt es aber viele Abstufungen. Viele Nebenquests und frei begehbare Welt(mit den Nebenquests, die über die ganze Welt führen) wäre hier wohl sehr offen. Nur Hauptstory, nicht mal Wahlmöglichkeiten beinhaltend, nur die nächste handlungsrelevante Stadt(oder gar Map) begehbar sind wohl sehr linear.
Ich würde auch sagen, östliche Spiele sind eher linear. Bei westlichen hat man doch öfter die Freiheiten überall rumzulaufen... wobei sich die Freiheiten auch im Gameplay niederschlagen und man mehr den Charakter formen kann.
03.05.2010, 14:05
Miau
Zitat:
Was sich nicht in die Gruppen 100% und 0% sortieren lässt, dürfe nicht als Grundlage herangezogen werden. Ein Mensch ist tot, ist als Aussage zulässig, ein Mensch ist sportlich, wäre dann schon fraglich, ein Mensch ist schön, wäre eine unerlaubte Feststellung. Mir ist dein Punkt schon klar, ich halte nur deinen Ansatz, ausschließlich binäre Logik auf Menschen anzuwenden, für verkürzt. Was ist mit den Daseinsaspekten, die nicht in die starre Schublade von ja und nein passen?
Ich wende ja die binäre Logik (die allgemeingültigen Aussagen nun mal inne ist) ja auch nur auf allgemeingültige Aussagen an. Ich habe doch schon mehrmals erwähnt, dass auch andere Aussagen möglich sind, aber eben nicht allgemeingültiger Natur. Manche Menschen sind schön, die meisten Japaner kommen aus Japan, wer einen deutschen Pass hat lebt in der Regel in Deutschland, usw. Ohne jetzt Gewähr für die Richtigkeit dieser Aussagen übernehmen zu wollen. ;) Das sind alles Aussagen, die sich mit deinem Wunsch nach Wahrscheinlichkeit und Häufigkeit decken. Du kannst die ganze, von dir gewünschte anwendungsbezogene Diskussion nach wie vor führen und ich verstehe nicht, warum du weiterhin darauf bestehst, dass du diese Aussagen allgemeingültig formulieren willst.
Zitat:
Wobei man natürlich immer weiß, dass ein "Die Geschichte ist gut" eigentlich "Ich finde die Geschichte gut" bedeutet, denn niemand kann für die Allgemeinheit sprechen. Problematisch wird es erst, wenn man darüber spricht, was eine Geschichte gut macht.
Für die Allgemeinheit sprechen wird meiner Meinung nach leider sehr oft gemacht und mindestens genauso oft missverstanden, dass jemand das gerade machen würde. Aber die Aussage kann man noch entsprechend (um)interpretieren, das stimmt - und genauso gebe ich dir Recht, dass es danach trotzdem problematisch wird, wenn darüber gesprochen wird, was eine gute Geschichte ausmacht.
Zitat:
Bei deinen Ausführungen zum geschmacksbildenden Vorrecht der Mehrheit, das dir nicht passt, bist du genau dort angelangt, wohin ich schon im Vorpost nicht wollte, mitten in eine Dikussion über das gute Leben, über die Herrschaftsphilosophie. Was du bekrittelst, ist die Kröte, die die Minderheit der Wähler in einer Demokratie zu schlucken hat. Das behagt dir nicht, aber nur deswegen hört der Umstand nicht auf, zu existieren.
Das passt meiner Meinung nach nicht als Vergleich. In einer Demokratie bestimmt die Mehrheit, welche Meinung sich durchsetzt, aber sie schreibt niemandem vor, welche Meinung er zu haben hat. Aber wie du möchte ich hier nicht über Demokratie reden. ;)
Zitat:
Mit deinem Einwand zur Spielegruppe hast du recht, er ist aber müßig, denn du wirst eine Spielehandlung nie losgelöst vom umgebenden Spiel antreffen. Was ist also deine Alternative?
Es gibt mit dem von Kelven erwähnten Denji ja auch einen Award, der nach Kategorien aufschlüsselt. Ansonsten kannst du auch einfach selbst eine entsprechende Umfrage ("Welche Makerspiele haben eurer Meinung nach die beste Geschichte?") aufmachen oder schauen, ob es sowas nicht schon gab. Die Community ist ja gerade bei solchen Threads immer sehr eifrig dabei.
Zitat:
Ich denke mal, für dich hat sich der Thread schon verselbstständigt und du würdest lieber um des Redens willen über die Beziehung zwischen Menschenmeinung und unumstößlichem Gottesgebot reden
Das war nie mein Punkt. Aber ich sehe ein, dass die Diskussion fruchtlos ist und werde jetzt auch nicht um des Redens willen weitere Post nach diesem schreiben.
03.05.2010, 14:21
Kelven
Zitat:
Ansonsten kannst du auch einfach selbst eine entsprechende Umfrage ("Welche Makerspiele haben eurer Meinung nach die beste Geschichte?") aufmachen oder schauen, ob es sowas nicht schon gab.
Das sollte man aber explizit aufschlüsseln und nach "gut geschrieben" und "gut unterhalten" fragen. Die Idee ist jedenfalls gut, so bringen wir am ehesten Licht ins Dunkel. Ich denk mir mal eben eine Umfrage aus. Solche Threads gab es zwar schon öfter, aber noch nie waren sie so zielgerichtet. ;-)
04.05.2010, 08:48
real Troll
Bei der Umfrage sehe ich schon, dass bis auf sehr grundlegende Übereinstimmungen keine überwölbenden Gemeinsamkeiten im Speziellen existieren. Mal gucken, ob sich am Ende 2 bis 3 Gruppen herausschälen, die sich voneinander abgrenzen lassen. Käme es so, würde das ganz hübsch zu den Annahmen der Existenz verschiedener Spielertypen passen. Käme es anders, spielte ich meinen Annahmen eine Trauerweise auf der kleinsten Geige der Welt.
04.05.2010, 13:12
Kelven
Man erkennt jetzt schon ein ganz grundsätzliches Problem, nämlich dass die Auffassungen, was das Handwerk ausmacht, sehr weit auseinander gehen.
04.05.2010, 13:41
Owly
Das sehe ich so nicht. Eher hat jeder schwammige Erläuterungen parat, so dass Überschneidungen deshalb weniger offensichtlich sind.
Grundsätzlich gibt es da bisher zwei Lager: Die einen, die das Handwerk nicht als solches konkretisieren und die anderen, die es versuchen und sich zumindest bei der Schreibe treffen.