Soweit ich weiß, geht Nintendo aber schon seit Jahren sehr häufig und konsequent gegen Urheberrechtsverletzungen vor, etwa auch gegen Emulationen, Fanverwertungen von Teilen des Mario-Franchises, auch so Youtube-Videos und eben zahlreiche Spielverwertungen. Dass nicht gegen alle Bereiche vorgegangen wird oder das manchmal sehr langwierig ist, hängt einerseits mit den internationalen Verwicklungen zusammen (lasst euch mal geistiges Eigentum von jemandem mit Wohnsitz in, sagen wir, Somalia klauen und versucht rechtlich dagegen vorzugehen), andererseits mit der Anonymität der Rechtsbrüchigen (vielleicht ist einigen noch die Klagewelle bekannt, als Anwaltschaften begannen, die Identität von Torrentusern über ihre IP-Adresse zu ermitteln, und mit welchen Problemen das behaftet war). Flächendeckend lässt sich das schon seit Jahren nicht mehr angehen.
Man muss sich da auch immer vor Augen halten, dass gerade Firmen wie Nintendo absolut von ihren Franchises und Trademarks abhängen. Man vergleiche das nur mal mit Disney, deren lange Abhängigkeit von Mickey Mouse ja effektiv zum Tod des public-domain-Rechts in den USA geführt hat (ich übertreibe freilich). Damit hängen auch Deutungshoheiten und die Gewalt über die Nutzung der verschiedenen Ressourcen zusammen: Einer der Gründe, warum etwa Blizzard die Wow-Public-Server-Community teilweise gefährlich scheint, dürfte darin liegen, dass da Dinge mit der Lore und den Spielprinzipien getrieben werden, die dem eigenen Ethos und den eigenen Zielen mit dem Franchise widersprechen. So ein Kontrollverlust ist an sich schon geschäftsschädigend (vor allem in einer so toxischen Community wie im Falle von WoW).
Und letztlich sind Fanprodukte eben nicht einfach nur Fanprodukte, sondern sie erwecken in gewisser Weise (das muss nicht mal mit Böswillen passieren, was es ja in aller Regel nicht tut) den Anschein, zum Kanon zu gehören, und sie befriedigen natürlich ein Konsumbedürfnis, von dessen Befriedigung eigentlich die Rechteinhaber profitieren wollen. Wenn ich Mario oder Pokémon haben will und das kostenlos und ohne Bindung an ein Unternehmen haben kann, ist das natürlich fatal für ein Unternehmen, das nicht unmaßgeblich davon abhängt, exklusiv Mario und Pokémon bieten zu können. Besonders wenn ich dann keine Nintendo-Konsolen kaufe, weil ich ja ein vielleicht nicht gleichwertiges, immerhin aber ähnliches Produkt auf dem PC spielen kann. Wenn ich Breath of the Wild spielen will, muss ich mir ne WiiU oder ne Switch zulegen. Wenn ich das Spiel auf dem PC emulieren kann, hat das Unternehmen davon keinen Profit.
Die David-gegen-Goliath-Situation, vor allem bei Spielen, die von Fans für Fans liebevoll aus Ressourcenschnipseln zusammengestellt werden, mag unvernünftig, kleinlich und geizig wirken. Aber Nintendo ist darauf angewiesen, der Exklusive Anbieter und Hüter dieser, gerade dieser Franchises zu sein. Und sie sind übrigens zu großen Teilen auch auf den Retro-Wert angewiesen, weshalb hier die Lage beispielsweise eine andere ist als bei, sagen wir, God of War oder Assassin's Creed, die sich halt schon rein mechanisch und ressourcentechnisch nicht so wirklich nachbauen lassen. Und weil Sony und Ubisoft andere Geschäftsmodelle fahren als Nintendo (ein God-of-War-Emulat für den PC wäre indes trotzdem schwierig, weil man sich dafür schonmal ne PS4 kauft).
Es ist also nicht nur so, dass es Nintendo zusteht, dass sie ihre Urheberrechte geltend machen. Das tut es. Nintendo ist aber gleichzeitig in großem Maße darauf angewiesen, sich die Exklusivität dieses Rechteanspruchs zu erhalten.Wenn ich mich morgen als der brasilianische Botschafter ausgebe, ist das ebenso ein Problem, selbst wenn ich damit die besten Intentionen verfolgen würde (der Vergleich wird witziger, wenn man weiß, dass der aktuelle brasilianische Botschafter Mario heißt).