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Thema: Ein neues Konzept des Horrors

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    Hallo,

    Horror ist einer meiner Lieblings Genre und ich finde ein gewöhnlicher Unterschied der meist nicht gemacht wird ist der zwischen Horror - Thriller - Splatter. Diesen Unterschied finde ich sehr wichtig um die Hauptelemente eines Films/Spiels/Buch zu verankern. Natürlich kann ein Medium alle diese drei Genre innehalten, doch fokussiert es sich meist auf eines.

    Splatter wird meist mit Horror vermischt, wobei ich dies nicht unterschreiben würde. Das Ziel eines Splatter - Medium ist es, den Konsumer zu eckeln. Ihn wegschauen zu lassen, weil die Szenen so brutal sind, so ecklig, so grausam. Einige Punkte hast du genannt, welche ich als Splatter Punkte sehe: Gewalt, Monster, Blut, (Dunkelheit).

    Thriller sollen den Konsument unter Spannung setzten, er soll voller Erwartungen auf die nächste Szene warten, auf die Auflösung eines Rätsel oder die unerwartete Wendung. Es geht dem Thriller darum, den Konsument an das Medium zu fesseln, so unter Spannung zu setzen, dass er das Ende kaum erwarten kann und eigentlich direkt zum Ende springen möchte.

    Horror wollen Ängste schnüren, sie wollen den Konsument Angst vor etwas geben. Und der Mensch kann vor allem Angst haben, vor Clowns, vor Spinnen, oder vor Armut, kein Geld zu haben und auf der Straße zu leben. Ein Horror kann hell sein (in Form des Lichtes) und kann trotzdem den Konsument Angst vor etwas geben (was ich jedoch als Start herausforderung sehe). Am Ende eines Horror-Mediums soll ich mich vor etwas fürchten, vor der Dunkelheit (was wohl das bekannteste ist) oder vor den Verlust meines besten Freundes (was ich als sehr schwierig zu bewältigen finde).

    Das Hauptthema eines Horrors ist also Angst, aber was ist Angst eigentlich?
    Angst ist es vor etwas oder jemanden zu fürchten. Der Designer eines Horror-Mediums sollte sich überlegen wovor sich der Konsument fürchten sollte und wie er dies schafft. Spiele wie Slenderman sind gute Beispiele. Ein einfaches Wesen vor dem sich der Spieler fürchtet. Physische Gegenstände sind natürlich einfacher dem Konsumer darzu legen, jedoch empfinde ich psychische Gegenstände wirkungsvoller, wie zum Beispiel Isolation. Wurde ein Gegenstand gefunden vor dem sich der Spieler fürchten soll, ist nun die Umsetzung die eigentlich künstlerische Arbeit. Wie schaffe ich, als Designer eines Horror-Genre, dass sich der Konsument davor fürchtet?

    Da wir in einem RPG-Forum sind, werde ich meine Meinung auf Spiele mit RPG-Style einschränken, da ansonsten der Text länger wird, als er vermutlich schon ist.

    Eine Gefahr, die ich sehe, bei der erschaffen eines Horror-Spiels ist die Empathie zum Charakter. Wird dem Protagonist der Gegenstand der Angst zu fürchten gelehrt, wird es nicht unbedingt dem Spieler die wahre Angst gezeigt, sondern nur eine "Empathie-Angst". Deswegen sind viele Horror-Spiele in der Ego-Perspektive. Im RPG-Maker gibt es die Ego-Perspektive nicht, deswegen würde ich den spielenden Charakter so wenig "Person" geben wie möglich.

    Um den Spieler das Fürchten zu lehren, sind, meiner Ansicht nach, folgende zwei Punkte ausschlaggebend:

    1) Unvorstellbar / Unvorhersehbar.
    Der Gegenstand der Angst darf nicht vorhersehbar oder Vorstellbar sein. Ist dem Spieler klar, dass im nächsten Moment Slanderman auftauchen wird, dann hat nicht wirklich Angst davor, zumindest auf langer Sicht gesehen. Der Gegenstand der Angst sollte in unvorstellbaren Momenten auftreten, zum Beispiel die Isolation in einer Masse voller Menschen. Um dies zu erreichen, muss es genügend Momente geben, inder die Angst nicht auftritt! Wenn jedes mal, wenn der Spieler eine Tür öffnet er für eine Sekunde das Monster sieht, verliert er die Furcht davor, Türen zu öffnen. Es muss genug Momente, wenn nicht sogar mehr Momente, geben, indem er die Tür öffnet und nichts passiert (aber die Musik und die Grafik suggeriert, dass etwas passieren sollte). Das bringt mich zu Punkt 2.

    2)Das Spiel kontrolliert nicht den Gegenstand der Angst.
    Die Angst ist außerhalb des Spiels. Wenn das Spiel mir zeigt, dass die Angst kommt, dass ich mich fürchten soll, dann habe ich nicht wirklich Angst, sondern das Spiel. Wenn die Musik und Grafik mir die Angst auf den Teller präsentiert, dann wird es schwierig die Angst zu bekommen. Es sollte das Gegenteil sein, das Spiel sollte sich ebenfalls fürchten. Wie im vorherigen Beispiel erwähnt, ändert sich der Musik und die Grafik unabhängig ob der Gegenstand der Angst in der Nähe ist oder nicht, denn selbst das Spiel weiß nicht, ob hinter der nächsten Tür das Monster lauert, doch es fürchtet sich und zeigt es mittels Musik und Grafik.

    Dies ist alles natürlich nur meine Meinung, doch ich hoffe sie hilft dir etwas.

    LG

  2. #2
    Ganz so eintönig ist das Genre Horror dann aber doch nicht. Solche Geschichten gibt es bestimmt. Ich hab sogar selbst schon mal über ein Spiel nachgedacht, in dem die Welt zuerst normal erscheint und dann nach und nach das "Böse" in sie schleicht (mit Gameplay, das in Richtung Interactive Fiction geht, der Spieler "sammelt" Wörter, die er dann bei Personen oder Gegenständen einsetzen muss). Ich würde das Spiel aber schon als Horror bewerben und selbst wenn ich es nicht täte, würde der erste, der es gespielt hat, es wohl verraten. Ich glaub nicht, dass man aus der Stimmung bzw. dem Szenario lange ein Geheimnis machen kann.

    Ich bleib mal bei den Spielen. Das Gameplay ist der Knackpunkt. Ich denke, dass viele Spieler das "herkömmliche" Gameplay am liebsten mögen. Action und Adventure werden höchstwahrscheinlich immer viel beliebter sein, als Interactive Fiction oder das von dir angesprochene Gameplay. Das wissen Unternehmen wie Hobby-Entwickler. Wir sind zwar von unseren Spielen nicht finanziell abhängig, aber auch wir wären enttäuscht, wenn kaum einer unsere Spiele spielt.

    Ich nehme mal unsere Community als Beispiel:

    - Zuerst muss sich ein Entwickler überhaupt für Horrorspiele interessieren. Ich meine, dass die Spiele weder bei Entwicklern noch bei Spielern so beliebt sind, wie es vielleicht zunächst scheint.
    - Der Entwickler muss sich für das Spielprinzip interessieren.
    - Der Entwickler muss glauben, dass genug Spieler am Spielprinzip Interesse haben.

    Das sind schon einige Hindernisse, die Wahrscheinlichkeit, dass so ein Spiel entwickelt wird, ist wohl ziemlich gering.

    Was passiert bei deiner Geschichte eigentlich nach der Szene, als alle die Spielfigur anstarren?

  3. #3
    Horror ist eine Spielart der Phantastik und gliedert sich selbst in Spielarten. Dein beschriebenes Szenario ist strukturell vergleichbar mit "Halloween" und anderen Home-Invasion-Filmen, in denen die Alltagsidylle plötzlich oder nach und nach gestört wird. "Halloween" setzt auf das Trauma der Unmittelbarkeit, "Funny Games" (eigentlich kein Horror, sondern Thriller) auf den Kontrast des Erzählten mit dem Nicht-Erzählten, "Get Out" auf eine zunehmende Falschheit. Andere, mit deiner Idee vergleichbare Titel, stehen in der Tradition von "An Occurence at Owl Creek Bridge", darunter fallen so diverse Geschichten wie "Carnival of Souls", "Jacob's Ladder", "Silent Hill", "Dead End", "The Machinist", "Langoliers", "Zwischen neun und neun" - nicht alles davon ist Horror, aber alles Phantastik. Ein jüngeres Beispiel ist "Channel Zero" (insbesondere Staffel 2, aber auch 1). In der zweiten Staffel landen Figuren in einer Parallelwelt und müssen das erstmal begreifen. Nonsens- und Traumdichtung hat manchmal auch solche Anleihen, dass Phantastisches unbemerkt in den Alltag dringt. Horror und horrorähnliche Genres sind also bereits reich an Geschichten, die sich als etwas anderes tarnen.

    Was Angst anbetrifft: Die ist nicht konstitutiv für Horror. Ich empfinde selten Angst bei Horrorfilmen (bei Spielen schon) und selbst wenn man mir die Amygdala entfernen würde, hätte ich weiter Spaß an ihnen. Sie sind unheimlich oder eklig oder kathartisch oder absurd oder lassen mich etwas unsagbar Fremdes erfahren. Dabei kann ich Angst empfinden, muss ich aber nicht.

    Ich meine übrigens, dass es vor Jahren auf rpgmaker.net mal ein Spiel gab, dass in deine Richtung ging. Das fing als High-Fantasy-RPG an und endete als horroreske Absurdität. Leider finde ich es nicht.

  4. #4
    An Jacob's Ladder hab ich auch sofort gedacht. Apropos Film, selbst innerhalb der Geschichte kann man wohl nicht zu lange warten, bis etwas deutlich Mysteriöses passiert. Ein Film, der zur Hälfte aus Alltagsleben besteht, wäre - egal was dann noch für ein Twist kommt - ziemlich langweilig.

    Und dann ist mir noch ein Gedanke gekommen. Pacebook sprach ja eine Romcom an. Ich glaube, ich wäre ziemlich enttäuscht, wenn aus einer Romcom überraschend Horror wird. Man muss ja auch in der Stimmung dafür sein. Ich mag es z. B. überhaupt nicht, wenn eine leichtherzige Geschichte plötzlich dark and edgy wird (ich kann auf dark and edgy komplett verzichten, aber das ist ein anderes Thema). Man könnte den Zuschauern mit solchen Twists also vielleicht sogar vor den Kopf stoßen. Es ist sinnvoll, aus dem Genre kein Geheimnis zu machen.

    Zitat Zitat
    Was Angst anbetrifft: Die ist nicht konstitutiv für Horror.
    Das seh ich auch so. Horror ist heutzutage sehr divers und nicht jedes Subgenre zieht seinen Unterhaltungswert aus dem Grusel (ich finde das Wort passt eigentlich besser als Angst).

  5. #5
    Ich würe sagen, dass die Charaktere der Story in Angst leben - nicht aber der Zuschauer/Spieler/Leser von irgendwas, das Horror ist. Das sind am Ende genau die Sachen Horror die mir weniger gefallen (ich mag eigentlich auch kaum Horror, weil wohl vieles so gestaltet ist): Wenn die Macher versuchen dem Zuschauer quasi nen "Schrecken" einzujagen. (Aber wenn man sich erschreckt ist das noch keine Angst.) Lieber es "düster" gestalten, so dass es glaubwürdig rüberkommt - dass man merkt, dass die Charaktere auch Angst haben und total fertig sich fühlen. Aber eben nich unbedingt mit "Schreckensmomenten" für den Zuschauer - sowas muss ja nicht sein.

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