Konkreter Gedanke direkt nach dem Film: "Jo, war ganz okay, aber jetzt sollten sie es gut sein lassen!"
Je länger ich drüber nachdenke, umso enttäuschter bin ich aber. Es hat irgendwie so ziemlich alles gefehlt, was den ersten und zweiten Film so großartig und den vierten zumindest erträglich gemacht hat: Leichter Slapstick, sympathische Charaktere, piratige Action mit Seeschlachten und Fechtkämpfen und eine klare Story, der man gut folgen konnte.
Aber mal nacheinander. Die Charaktere: Plump. Johnny Depp hatte wohl kaum mehr Lust auf seine eigene Paraderolle. Seine Crew wurde reduziert auf dümmlichen Slapstick. Wills Sohn und Carina waren super blass und vergesslich, billig geschrieben und vollkommen klischeehaft, untereinander vollkommen ohne Chemie. Nach dem Film habe ich zu meinem Kumpel noch gesagt "Die wird man ebenso vergessen wie die beiden aus dem vierten Film!" Seine Antwort: "Hä? Wer war denn da?" - "Na, dieser junge Typ und die Meerjungfrau...?!" - "Kann mich nicht erinnern." Ebenso wirds auch hier sein. Bei Carina wüsste ich schon gar nicht mehr welche Beweggründe genau sie hatte. Das war Welten weg von Bloom und Knightley, die in den ersten Filmen wunderbar miteinander funktioniert haben.
Salazar war ein interessanter Schurke, aber wie schon Blackbeard haben sie auch ihn verhuscht. Starke Einführung, Interesse geweckt und dann nicht mehr sauber inszeniert. Salazars große Eigenschaft war, dass er unaufhaltsam und unbesiegbar ist, außerdem schneller segelt als jedes andere Schiff. Das hätte man genau so verdeutlichen müssen: Es gibt kein Entkommen! Man braucht nicht ständige Überfälle und Schrecken, es müsste ausreichen, dass sein Schiff am Horizont erscheint und alles erkotet sich. Sein Hintergrund wurde schlussendlich dann auch zu billig durch einfaches Nacherzählen aufgezeigt.
Barbossa war enttäuschend. Der beste Charakter der Reihe reduziert auf einen albernen Opa. Danke!
Einzig interessanter und cooler Charakter: Die Hexe! Und die hat auf einmal keine Rolle gespielt. Ich hätte es lieber gehabt, wenn man auf Carina verzichtet, aber die Hexe mehr eingebunden hätte. Vollkommen verschwendetes Potenzial.
Achja. Jacks Onkel war auch cool... irgendwie.
Größtes Problem aus meiner Sicht war aber, dass die Story zu viel wollte.
Wir haben erstmal Wills Sohn, der seinen Vater befreien will, zufällig stößt der auf Salazar, der wiederum Jack Sparrow sucht. Der stößt wiederum auf Carina, die aus... Gründen?! ... nach Poseidons Dreizack sucht, diese wird aber von den örtlichen Behörden verfolgt, die wiederum auf Salazr stoßen, der wiederum Jack jagt, dafür dann Barbossa einsetzt, der und da das alles im Chaos ausartet wird Poseidons Dreizack einfach mal zum McGuffin umfunktioniert, der das alles auflöst indem er nach esoterischem Gebrabbel kaputt gehauen wird - von mir aus!
Der erste Film hatte Jack vs. Barbossa vs. die Armee und einen einzigen klaren Fluch, bei dem ganz klar war was er tut, wieso er es tut und wie er grundsätzlich funktioniert.
Der zweite Teil kam dann ohne Barbossa aus, da war es Jack vs. Davy Jones vs. East India Trade Company, wieder war klar worum es geht und wie es funktioniert.
Ab Teil drei wollten die Autoren dann zu viel. Plötzlich haben wir anstatt Säbelrasseln und Kanonenfeuer eine wachsende Tia Dhalma, komische asiatische Piraten, einen Piratenrat mit Piratenkodex, Vampir-Meerjungfrauen, Zombie-Haie und alles mögliche, was aus dem nichts kam.
Jetzt im fünften Teil war es mir zu viel Inhalt. Das hätte für drei Filme gereicht. Wieso sollte es mich interessieren, ob Will Turner von seinem Fluch befreit werden kann, wenn er den kompletten Film nicht auftaucht und ich von seinen Qualen rein gar nichts mitbekomme? Wie soll ich Salazar als Bedrohung empfinden, wenn zwischen Einführung, Erzählen der Hintergrundstory und seiner Besiegung nur ein paar Slapstick-Szenen liegen und noch vielerlei Parallelstränge geschehen?
Dann noch die Action: Zu viel Effekthascherei, zu viel für den 3D-Effekt gearbeitet. zu wenig kluge Choreographie und Jack-Sparrow-Improvisation, dafür monumentale Szenen, die so übertrieben sind, dass es nur noch weh tut. Der Banküberfall hätte gut und witzig werden können, aber sie ziehen das komplette Gebäude durch die Stadt? Come on....
Offenbar wurde längst vergessen, wieso der erste Film zum Kult wurde: Er hat Spaß gemacht. Es war ein einfacher Fantasy-Film mit derbem Humor und schöner Atmo, leichtem Grusel und gut dosiertem Tempo. Das alles haben die Autoren längst über Bord geworfen und durch abgenudelten Slapstick und pseudo-esoterischen Mumpitz sowie Verwaltung der eigenen Charaktere ersetzt. Bleibt nur zu hoffen, dass sie jetzt endlich fertig sind.
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Ich hatte mal eine Signatur, aber dann bin ich volljährig geworden und hätte Steuern zahlen müssen.