Auf mehreren Wegen oder Umwegen kann man vielleicht sogar Denkansätze finden, mit denen man sich vorrangig beschäftigen sollte.

Zitat Zitat von Kelven Beitrag anzeigen
Dieser nicht ganz uneigennützige Thread setzt sich mit der Frage auseinander, wie viel handwerkliche Qualität man von einem Makerspiel erwarten kann und sollte. Fast zwangsläufig geht das auch mit einer anderen Frage einher, nämlich der, ob "handwerkliche Qualität" nicht sowieso nur eine hohle Phrase ist.

Die meisten werden mir wohl zustimmen, wenn ich sage, dass "Das Spiel macht keinen Spaß" und "Das Spiel ist schlecht designed" nicht zwangsläufig miteinander zusammenhängen. Ich glaube nicht, dass sich objektiv festellen lässt, ob ein Spiel gut oder schlecht designed ist, aber selbst wenn es doch ginge, kann ein Spiel mit gutem Design schrecklich langweilig sein und ein Spiel mit schlechtem Design irre viel Spaß machen. Das liegt daran, dass uns ein Spiel nicht (oder nicht nur) deswegen gefällt, weil es handwerklich gut ist, sondern weil es auf welche Art auch immer unseren Nerv trifft. Was wir mögen und nicht mögen hängt von sehr vielen Faktoren ab - Persönlichkeit, Vorlieben, Stimmung usw. In diesem Thread soll daher nicht über langweilige Handlungen gesprochen werden oder über unsympathische Charaktere oder Gameplay, das keinen Spaß macht. Hier geht es um die Erklärung, die sich vom Geschmack distanziert, die sich auf handwerkliche Mängel beruft.

Die Aussage "Das Spiel/ein Bestandteil des Spiels/die Handlung ist schlecht designed/geschrieben" erzwingt geradezu eine Frage: auf welcher Grundlage denn? Man muss das ja irgendwie begründen können, sonst ist das nichts weiter als Schaumschlägerei. Nicht was einem nicht gefällt, sondern warum es ein Designfehler ist. Die Antwort auf diese Frage ist meistens statisches Rauschen. Das überrascht mich nicht, denn falls es überhaupt so etwas wie fachliche Kenntnisse gibt, wird sie nur eine sehr kleine Minderheit überhaupt besitzen. Wie sollte man das Vorhandensein dieser Kenntnisse auch beweisen? Die Behauptung, sie zu besitzen, ist natürlich kein Beweis. Auch wenn man vom Fach kommt, in diesem Fall wäre das vielleicht ein Game-Design-Studium, sagt das noch nichts über die Kenntnisse aus. Ich kenne Handwerker, die seit Jahrzehnten Fliesen legen, und trotzdem ständig pfuschen. Man kann also nur eines machen: möglichst schlüssig begründen und sich auf nachprüfbare und allgemein anerkannte Regeln berufen. Das stellt sicher selbst erfahrene Wissenschaftler vor eine große Herausforderung und Laien werden daran wohl meistens scheitern. Deswegen sag ich: Macht es nicht. Lasst das Handwerk aus dem Spiel. Versucht nicht, den Eindruck zu erwecken, als ob ihr von etwas Ahnung hab, von dem ihr bestenfalls eine Idee habt, sonst klingt ihr elitär und borniert. Hier sollte man vielleicht an den Klassiker von Sokrates denken - ich weiß, dass ich nicht weiß - der uns sagt, dass es kein sicheres Wissen gibt, sondern nur Ansichten, von denen wir vorübergehend überzeugt sind. Im Klartext heißt das, dass die Einstellung, es gäbe ein "so macht man es" und "so macht man es nicht", sehr überdenkenswert ist.
Ich fasse deine Aussagen im Kern immer mal grob zusammen, damit es nicht immer so um den heißen Brei geht.
Der Großteil der Individuen, die über Design fachsimpeln wollen, haben eigentlich gar keine Ahnung und sind somit für eine fachgerechte Kritik überhaupt nicht qualifziert. Im Kontext bezogen auf die ständig auswuchernden Diskussionen in Spiele-Threads kommt dies also einer Entwertung gleich, da quasi alle Beiträge, die sich nicht kritisch mit den Inhalten (welcher Sorte sei erstmal egal) auseinandersetzen, in simplen Thumbs-Up Parolen enden (wenn überhaupt).

Die Frage ist weniger, ob man den Anspruch erheben will, etwas absolut fachgerecht beurteilen zu können. Vielmehr geht es um den Versuch, gezielt auf Dinge von denen man glaubt, dass sie stören den Finger legen zu können um zur Verbesserung einer allgemeinen Spielerfahrung beizutragen.
Gibt es Maßstäbe für gutes oder schlechtes Design fragst du? Die gibt es sicherlich. Die wurden aber nunmal eben nicht eindeutig von Mathematikern odg. festgelegt, sondern haben sich diese über die Zeit entwickelt. Dabei geht es sicherlich um einen Durchschnittswert der Gesamtpräferenzen der Spieler.
Es hat niemals jemand das Nichtvorhandensein von gut durchdachten Spielanleitungen als schlechtes Gamedesign definiert. Wir hören heute oft: Ein Kampfsystem sollte selbsterklärend sein. Das hat niemand festgelegt, es hat sich lediglich über die Jahre hinweg gezeigt, dass wesentlich mehr Spieler eine solche Umsetzung als spielspaßfördernder betrachten als die eines plumpen und intransparenten KS.

Deine Behauptung, Gamedesign hätte also primär nichts mit Spielspaß zu tun, ist also imo augenscheinlich falsch. Der Folgerungspfeil ist falsch gelegt.
Es gilt nicht:
Je besser das Gamedesign, desto höher der Spielspaß,
sondern:
Je höher der Spielspaß, desto besser das Gamedesign.

Wie du schon sagtest, können Spieler mehrere Dinge begeistern: Charaktere, Setting, Gameplay etc.
All diese Fragmente sind Teil des Gamedesign. Man kann also durchaus Spaß an einem Spiel mit langweiligen Charakteren haben, wenn das Gameplay formidabel ist => Beispiele: Dungeon Crawler etc.

Wie ich schon oft sagte, kann sich die Frage ob ein Spiel gutes oder schlechtes Gameplay hat, lediglich nach neuzeitlichen erfolgreichen Titeln richten, oder um genauer zu sein: dem Durchschnitt der Präferenzen der aktuellen Spielerschaft.

Und das war es dann eigentlich auch schon, was diese ständige Rumrätselei hier im Atelier killt: Das Atelier ist ein Geheimversteck, in das sich keine Masse an Feedback verirrt. Die Meinung von 10 Leuten pro Projekt sind nach der o. g. Definition nichtsaussagend und deshalb dreht man sich auch ständig im Kreis.

Zitat Zitat von Kelven Beitrag anzeigen
Deswegen werde ich jetzt, wenn ich darüber schreibe, was man von Makerspielen erwarten kann, auch nicht von handwerklicher Qualität sprechen. Ich sag aber schon, dass die Spiele ihre Schwächen haben und man als Spieler eine gewisse Kulanz mitbringen sollte. Wir alle sind Amateure, die höchstens in einzelnen Bereichen überdurchschnittliche Fähigkeiten haben. Natürlich gibt es einige außergewöhnlich talentierte Entwickler, aber Ausnahmen können aus naheliegenden Gründen nicht den Maßstab bilden. Außerdem sind wir Entwickler ein wenig in den Einschränkungen der Maker und den Bräuchen der Community gefangen. Ich sprach das an anderer Stelle ja schon mal an. Makerspiele, vor allem wenn sie keine RPGs sind, folgen einem Muster, das außerhalb der Szene wohl nicht funktionieren würde. Die Community hat sich aber stillschweigend darauf geeinigt, dass das Muster ok ist, zumindest hat es bisher noch niemand grundsätzlich infrage gestellt. Selbst die Rollenspiele sind, was den meisten Entwicklern bestimmt auch bewusst ist, ja irgendwie hoffnungslos veraltet, aber es geht eben auch kaum anders und das sollte man beim Spielen im Hinterkopf haben. Ich spiele jetzt seit fast 14 Jahren Makerspiele und kann sagen, dass sich die Spiele, abgesehen von einigen Ausnahmespielen, nicht so viel nehmen und dass sich die Spiele auch nicht wirklich stark verändert haben (allenfalls grafisch). Man sollte schon fair sein, nicht mit zweierlei Maß messen und akzeptieren, dass die Makerspiele "unvollkommen" sind. Davon bleibt natürlich unberührt, dass die Spiele einem trotzdem keinen Spaß machen können, was aber nicht gleich an der Unfähigkeit oder dem fehlenden Herzblut des Entwicklers liegen muss.
Also sind Makerspiele gemessen selbst an anderen Indie-Projekten meist schlecht, da die Entwickler in dem Fall ja Amateure sind und dafür soll man Verständnis zeigen.
Das ist einfach ein Punkt der sich nicht verallgemeinern lässt.
Damals als der Maker rauskam waren Leute von heute Amateure und waren im Genuss des Amateur-Jokers. Leute die heute erst mit dem Makern anfangen sind im Genuss des Amateur-Jokers. Leute die damals mit dem Maker anfingen und bis heute damit nichts gemacht haben sind im Genuss des Amateur-Jokers. Leute von heute die sich schon seit Urzeiten mit dem Erstellen von Spielen auseinandersetzen und die Künste von damals vorweisen können, mag man im Atelier Old School nennen, überall sonst nennt man sie Drop Outs.

Man stellt daher auch keine Ansprüche an die Spiele wenn man ins Atelier kommt, sondern an die Entwickler. Ganz besonders, wenn diese bereits einige Projekte als Referenz aufweisen. Das ist also nicht unfair sondern natürlich. Ich erwarte von Radical Fish-Games ja zum Beispiel auch kein Diablo 4.
Dass man als Entwickler nicht dazu verpflichtet ist, diese Ansprüche zu befriedigen sei ja erstmal als natürlich hingestellt. Aber man sollte halt langsam akzeptieren, dass hier nicht nur ständig mit zweierlei, sondern mit allerlei Maß gemessen wird. Was man als Entwickler davon hält, wenn an einen mehr Anspruch gestellt wird als an andere, das sei jedem Entwickler ja mal selbst überlassen.

Um es auf den Punkt zu bringen: Ein Spiel darf selbstverständlich so schlecht sein, wie es die Künste des Entwicklers hergeben und es darf natürlich so gut sein, wie es die Künste des Entwicklers hergeben. Niemand erwartet von einem Anfänger ein grandioses Spiel.
Eine durchaus relevante Frage bleibt zum Ende offen. Wenn wir den Weg gehen zu sagen, dass niemand der sich hier zu Wort meldet fachlich qualifziert ist um eine valide Kritik abzugeben, dann sind es ja auch nicht die Entwickler. Warum hat sich dann bislang noch kein langjähriger Entwickler hier die Mühe gemacht, sich in dem Bereich ein wenig zu bilden?
Warum man lieber ständig widerlegt, dass niemand wirklich Ahnung hat statt etwas dafür zu tun Ahnung zu haben, dass ist ein mysteriöses Phänomen. Denn genausogut könnte ich ja behaupten dass hier niemand widerlegen kann, dass hier keiner Ahnung hat, weil er ja keine Ahnung hat ob derjenige nun Ahnung hat oder nicht.
Du brachtest den Vergleich des pfuschenden Fliesenlegers. Man kann den Grad seiner fachlichen Kompetenz am Resultat festmachen und genauso ist es hier bei den Spielen auch. Im Endeffekt ist es also schwieriger für den Kritisierten darzulegenw arum die Kritiker unrecht haben als es für die Kritiker ist darzulegen, dass das Spiel nach gewissen Maßstäben nicht gut ist. Im Endeffekt dreht man sich also trotzdem nur im Kreis.
Wichtig ist aber hier, dass es nur einen Verlierer geben kann, und das sind die Entwickler. Die Kritiker erheben selten den gewichtigen Anspruch, Recht behalten zu wollen. Sie beharren zwar auf ihrer Meinung, aber das alleine ändert nichts daran ob die Allgemeinheit das Spiel gut findet oder nicht.

Zitat Zitat von Kelven Beitrag anzeigen
Ich hab den Thread jetzt nicht nur wegen mir aufgemacht, obwohl die Diskussion im Thead zu Desert Nightmare R sicherlich der Auslöser war. Ich vertrete die Meinung von oben erstens allgemein und unabhängig vom Medium und zweitens sind nicht nur meine Spiele in puncto Qualität umstritten. Man liest das in letzter Zeit öfters, nicht so oft im Forum, denn da könnte sich ja jemand zur Wehr setzen, aber in weitem Internet auf jeden Fall. Ich schreibe diesen Text auch, weil ich davon überzeugt bin, dass wir übertriebene und persönlich gefärbte Kritik nicht hinnehmen sollten, insbesondere wenn uns jemand einreden will, die Spiele wären handwerklich schlecht, ohne es belegen zu können. Makerspiele haben wie gesagt sicher ihre Schwächen, aber diese Schwächen sollte man wegen der besonderen Umstände, sag ich mal, ein Stück weit auch dulden. Über die besonderen Umstände könnten wir auch noch diskutieren. Es muss ja einen Grund haben, warum Makerspiele so sind, wie sie sind - sogar community-übergreifend.
Damit wären wir also beim finalen Konsens. Es ist in diesem kleinen Raum nicht belegbar, ob die Spiele handwerklich schlecht gemacht sind oder nicht da dies eben einem Urteil einer größeren Spielerschaft unterworfen werden müsste. Solange man sich also nicht darauf einlassen will, sich zu Kritik-Zwecken mit anderen Werken vergleichen zu lassen, bleiben wir lieber auf dem Kurs: Gut so, da niemals das Gegenteil bewiesen werden kann!
Jeder muss für sich selbst entscheiden was er will. Wenn es für einen Entwickler z.B. in Ordnung ist, dass sein Spiel ständig nur von den selben 6 Freunden gespielt wird und die es immer klasse finden, dann soll er das auch gerne so machen. Wenn ein Entwickler ein wenigstens etwas größeres und auch fremdes Publikum begeistern will, dann muss er eben mehr Aufwand hineinstecken und sich selbst fortbilden.

Ich halte beide Wege für legitim und wenn irgendwann auch mal transparent wird, welchen Weg davon welcher Entwickler beschreiten will, dann würden solche Diskussionen auch glaube ich gar nicht mehr so sehr auftreten.

Ich denke manchmal nur, dass du dich selbst nicht für einen Pfad entscheiden hast. Einerseits sprichst du einem Großteil der Gemeinschaft hier ab, fachgerecht über Game-Design urteilen zu können, anderersiets bist du hier wohl der User mit den meisten Threads rund um Themen über Gamedesign hier im Atelier, also richtest du ständig Fragen an ein nicht qualifiziertes Publikum?
Das alleine sagt finde ich schon viel darüber aus, dass du persönlich eigentlich gar kein großes Interesse an Weiterbildung hast, sonst hättest du dir erstens schon längst eine andere Gruppenbasis gesucht und zweitens hättest du über viele Bereiche eine schon viel festgefahrene Meinung und würdest somit auch nicht so oft eine Diskussion starten.
Das ist auch keine Bewertung, sondern eher eine für mich schlüssige Feststellung. Allem in allem ist die o.g. Tatsache trotzdem ein wenig paradox. Das wirkt für mich immer eher so wie als würdest du dich gerne weiterbilden, weißt aber nicht wo. Nunja, hier ist zumindest nicht so der richtige Ort, das würde man aber schon längst bemerkt haben, also ist es dann vllt eher die Bequemlichkeit oder dann doch die Zwiespältigkeit?
Naja, da will ich auch gar nicht zuviel spekulieren.

MfG

Inno